Obrazy na stronie
PDF
ePub

auch in dem einfachen, klaren, natürlichen Ausdruck waltet, der zwar schon durch seine Gewandtheit und Mühelosigkeit auf eine vorausgegangene Ausbildung in Heldenliedern hinweist, höchst selten aber Anlass giebt, an eine Erziehung zum Epos durch Werke naiver Sprachkunst auch nur zu denken. —

Was den Rhythmus betrifft, welchen die naiven Lautspiele suchen und auf dem sie zuweilen ausschliesslich beruhen, so ist zu bemerken, dass er mit metrischen Gesetzen nichts zu thun hat. Er dient ihnen im Verein mit den Gleichklängen als das die einzelnen Laute zusammenhaltende Band; aber er herrscht vielmehr, als er dient, und eine feste Regelung seines Ganges wäre bei den leicht überschaubaren Sprachmassen auch überflüssig gewesen. Rhythmik statt Metrik findet sich auch bei allen sogenannten Volksliedern, z. B. bei den Lais oder Leichen. Damit stimmt überein, dass auch die Volksgesänge sich mehr rhythmisch als nach strengem Takt bewegen, wie es z. B. bei den mittelalterlichen Kirchengesängen der Fall war. Schon in Bezug auf die altgriechischen Orakelsprüche gilt Lobeck's Wort (Aglaoph. II, p. 853): poesin sacram neque olim legibus metricis inserviisse neque nunc adstrictam teneri; und so sagte Beda (bei Putsche, Grammat. Lat. auct. ant. p. 2380) von den Gesängen, welche er als vulgaria, rustica bezeichnet: „,videtur autem rhythmus metris esse consimilis, qui est verborum modulata compositio, non metrica ratione, sed numero syllabarum ad judicium aurium examinata, ut sunt carmina vulgarium poetarum Plerumque tamen casu quodam invenies etiam rationem in rhythmo, non artificii moderatione servatam, sed sono et ipsa modulatione ducente, quem vulgares poetae necesse est rustice, docti faciant. docte." Die Hebräische Poesie, welche im Wesentlichen den Charakter der Sprachkunst nicht aufgiebt, zeigt in ihrem Parallelismus der Versglieder auch nur rhythmische Form, zu welcher sich als eine Art von musikalischem Ersatz für den Mangel strengeren Taktes Assonanzen und Alliterationen einstellen. Es versteht sich, dass die bewusste Sprachkunst in Zeiten, welche durch die Entwickelung der Poesie eine Metrik gewonnen haben, auch von dieser technischen Förderung, die jedem Sprachkundigen geläufig wurde, für die Formirung ihrer Werke Gebrauch macht. Die Darstellung eines Einzelmoments verlangt dies an sich nicht,

und nicht immer, wie dies z. B. die Geschichte der Fabel zeigt, ist ihr solche Anlehnung an die Darstellungsform der Poesie von Vortheil gewesen.

[ocr errors]

Wir geben einige Beispiele solcher Volkslieder, welche wir der Sprachkunst zurechnen. Da ist etwa das weit verbreitete Maikäferliedchen zu nennen, welches bei Bucher (Bilder aus der Fremde, Bd. I, p. 377) lautet:

Maikäfer fliege!

Vater ist im Kriege;

Mutter ist in Pommerland;
Pommerland ist abgebrannt.

in England mit derselben Melodie:

Lady-bird fly!

Your horse is on fire,

Your children must roam.

Ein Sinn ist hier nur soweit vorhanden, dass er den Tönen ein Colorit mittheilt, wie etwa ein musikalisches Instrument durch seine Klangfarbe. Ebenso bekannt ist, wenn das Kind auf dem Knie reitet, das Lied (Dichtung. aus der Kinderw. p. 14.): Schacke, Schacke, Reiterpferd!

Das Pferd ist nicht drei Heller werth.

Wenn die Kinder klein sind,

Reit'n sie auf den Stöcken 'rum;
Wenn sie aber grösser werden,

Reit'n sie auf den Hottopferden.

Geht das Pferdchen tripp trapp,
Geht das Pferdchen schick, schack,
Fall'n die Kinder all' herab.

In Paris hörte Bucher (1. c.):

Une, deux, trois,

Du bois;

Quatre, cinq, six;

Des cerises.

Le roi vous demande

Pour aller en France,

Pour manger du pain béni

Dans les mains de Jésus Christ.

Pompon d'or,

La plus belle sera dehors.

Von jüngerem Datum:

Belle pomme d'or

De la république.

C'est un roi qui vous fait enfans.

Allons mes amis!

La guerre est finie.

Belle pomme d'or
De la république;

Belle pomme d'or,
Sortirez dehors.

und:

Une poule sur un mur

Qui picotte du pain dur,

Picoti, Picota,

Lève ta queue et puis t'en va!

(Vieles der Art bei Simrock: „Das deutsche Kinderbuch." (Deutsche Volksb. Bd. IX.)) Aehnlich bei den Griechen etwa das Lied mahlender Weiber (Plut. Conviv. Sept. sap. XIV): Αλει μύλα ἄλει.

καὶ γὰρ Πιττακὸς ἄλει,

μεγάλας Μιτυλάνας βασιλεύων.

und gewiss nach Art der gebräuchlichen Hochzeitlieder bei Aristoph. (Pax, 1332):

Ὑμὴν Ὑμέναι ὦ

Ὑμὴν Ὑμέναι ὦ.
Τί δράσομεν αυτήν;
Τί δράσομεν αὐτήν;
Τρυγήσομεν αυτήν,
Τρυγήσομεν αὐτήν.
Αλλ' αράμενοι φέρωμεν
Τὸν νυμφίον ὦνδρες.
Ὑμὴν Ὑμέναι ὦ

Ὑμὴν Ὑμέναι π.

Auch viele Skolien waren dieser Art, wie etwa (Anth. lyr. ed. Bergk p. 530):

Σύν μοι πῖνε, συνήβα, συνέρα, συστεφανηφόρει

Σύν μοι μαινομένῳ μαίνεο, σὺν σώφρονι σωφρόνει.

Beim Erzählen werden Worte, welche für die Vorgänge entscheidend sind, nicht selten durch Rhythmus oder Gleichklang her

vorgehoben, und auf diesen Wortlaut gründen sich dann Hauptund Wendepunkte z. B. in vielen Märchen. So spricht (bei Grimm, Kinder- und Hausmärchen) in dem Märchen „Von dem Fischer un syner Fru“ „der Mann" eine Art Zauberformel, um de Butt zum Schenken zu bringen:

Manntje, Manntje, Timpe te,

Buttje, Buttje in der See,
myne Fru de Ilsebill

will nich so as ik wol will.

Im „Aschenputtel" singen die Tauben:

rucke di guck, rucke di guck,

Blut ist im Schuck,

der Schuck ist zu klein,

die rechte Braut sitzt noch daheim.

oder (1. c. Bd. III, p. 36) der Hund bellt:

wu, wu, wu!

Schuh voll Blut! und:

hau, hau, hau, hau,

mein Herr hat nicht die rechte Frau.

In Frau Holle" ruft der Hahn:

,,

,,Kikeriki,

Unsere goldene Jungfrau ist wieder hie."

und dann spottend:

„Kikeriki,

Unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie."

Scherzend im „Eisenofen":

Da kam eine Maus.

u. d. m.

[ocr errors]
[blocks in formation]

Manches Märchen mag auf Anlass eines schon vorhandenen Spruchreims didaktischer Art erfunden sein; so wohl : „Spindel, Weberschiffchen und Nadel" mit den Versen: Spindel, Spindel, gehe aus, bring den Freier zu Haus.

Schiffchen, Schiffchen, webe fein,

führ den Freier mir herein.

Nadel, Nadel, spitz und fein,

Mach das Haus dem Freier rein.

Zuweilen wurde auch wohl zu einer älteren Melodie ein Lied gefertigt, dessen Worte sich nur dadurch erklären, dass sie jene

zulassen.

Einen Spottvers aus dem Paderbörnischen führt

Grimm (1. c. Th. III, p. 221) an:

O hilge sünte Anne,

help mie doch bald tom Manne!

O hilge sünte Viet,

et is jetz die hogeste Tied!

Ebenso (1. c. p. 199) zu „Die sieben Schwaben“:

,,Veitla, gang du voran,

denn du hast Stiefel an,

dass er dich nit beissen kann.“

Bekannt ist das spöttische Marschlied:

„Immer langsam voran, immer langsam voran,

Dass die östreich'sche Landwehr nachkommen kann“

mit seinen zu improvisirenden Fortsetzungen; ähnlich werden die sogenannten Leberreime nach Gelegenheit verwendet (über sie vd. Gervinus Gesch. d. dtsch. D. III, p. 313); viele Spottverse wurden auf gewisse Beschäftigungen gemacht, so auf die Leineweber:

Die Leineweber haben eine saubere Zunft
Harum ditscharum fupp fupp fupp.
Mitfasten halten sie Zusammenkunft
Harum ditscharum fupp fupp fupp.

Aschgraue, dunkelblaue, mir ein Viertel, dir ein Viertel,
Fein oder grob, Geld giebts doch, harum ditscharum fupp

fupp fupp

u. s. f.; auf die Schneider u. a. m. (cf. Simrock dtsch. Volksb. Bd. VIII, No. 280, 281, 286, 287, 290, 291 u. a. m. Auch Göthe hat im Volkston eine „Schneider-Courage".) Von Leberreimen einige Beispiele aus, G. Lederer, Aus alten Tröstern" (Westermann's Illustr. Monatsh. No. 207):

Die Leber ist vom Hecht und nicht von einer Dohlen,
Man will die Redekunst aus tausend Büchern holen.

Die edle Schweigekunst, die aller Ehren werth,

Wird kaum mit einem Blatt in aller Welt beehrt.

Die Leber ist vom Hecht und nicht von einem Finken,

Mein Nachbar wischt das Maul, ich will anjetzo trinken.
Die Leber ist vom Kalb und nicht vom Kater,
Ultra posse nemo obligatur.

« PoprzedniaDalej »