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„Mit weinen hebet sich

Diß kurtze Leben an / mit hoffen vnd mit zagen /
Vollführt man seine Zelt / mit seufftzen / ach vnd klagen
Gesegnen wir die Welt. Da hilfft kein wiederstehn!"
„Drumb handelt dieser wol / der seiner Zeit gebraucht / "
„Hierzu / Du Hüffte-Kind / sind Deine Reben gut."
Du erhebst die Sinnen und gibst uns neue Kraft.

Vers 63-98.

Wer nüchtern bleibt, hat Kummer und Sorgen. Wer nur an sein Geld denkt, hinterläßt lachende Erben. Wer aber sein Geld richtig verwendet, der kauft auch Dich und gewinnt so neue Freunde. Gerade beim Wein wird die Duzbruderschaft geschlossen.

Frau.

„Du trägest einen Sinn / so gerne Freundschafft helt."

Vers 99-122.

Auch die Liebe förderst Du. Du fesselst auch die sprödeste

„Wo aber Du nicht bist / da lässt die Liebe nach / Sie schöpfet jhre Lust auß Deiner Reben-bach." Aber nicht zuviel.

„Der hier sol triumphiren
Muß voll vnd nüchtern sein."

Vers 123-150.

Wer zu viel trinkt, kann nichts verschweigen.

„Das Fewer prüfet Gold / der Menschen Herzen Wein." Drum prüfen die Fürsten die Gesandten beim Wein.

Vers 151-166.

Auch dem Soldaten nützt Dein Wein. Durch Dich gewinnt er die Tapferkeit, und hat er sein Hab und Gut im Weine vertrunken, so greift er doch wieder zum Eisen, um lieber den Heldentod zu sterben, als an der Hungersnot in der Stadt zu

verderben.

Vers 167-182.

„Wem darumb Deine Kost / Du Feind des Wassers/stinckt / Der strafft sich selber gnung in dem er Dich nicht trinkt."

Vers 183-198.

Zuviel ist ungesund. Das Mittelmaß ist gut.
Kein Säuffer bin ich nicht / thu dreymal doch bescheid
Am ersten für den Durst hernach zur Fröligkeit

Das dritte für den Schlaff / der treibet von dem Hertzen
Diß alles was mich kränkt / ertödtet Leid vnd schmertzen.
So bleib' ich in der zahl der Gratien bestehn.

Vnd kan noch ungeführt nach meiner Stuben gehen."

Vers 199-214.

Der Wein, der Erden Blut, ist der Poeten Pferd.

Vers 215-222.

„Thyoneu sey gegrüßt / komm / komm Du Sorgenbrecher /
Vnd folge mir hernach / man setzet schon die Becher
Komm her auf einen Schmauß. Lauf / Junger / fülle Wein /
Was grämet man sich viel? Die Sorgen so mich kränken /
Die wil ich allzumal heut in das Weinfaß senken.
Nicht lebe morgen erst wer heute leben kan.
Herumb / trinckt eines her / die Zunge klebt mir an."

Wir sehen also, daß der Aufbau des Tscherningischen Werkes ein wesentlich anderer ist als der des Opitzischen. Dagegen zeigt sich der Dichter in der Ausdrucksweise wieder stark von Opitz abhängig. Ich stelle in den Anmerkungen wieder eine Anzahl Parallelstellen und Anklänge nebeneinander.11) Mit dieser Anführung soll nicht gesagt sein, daß es sich stets um einen literarischen „Diebstahl" handelt. Vielmehr sind die bei Opitz vorgefundenen Gedanken bei Tscherning verändert und variiert. Wörtliche Übereinstimmungen finden sich seltener als im „Lobgesang auf Jesus Christus". Man kann sogar den Versuch, sich selbständig zu machen, an den Versen sehen, wo Opitz sich an die Antike angeschlossen hatte. Der ältere Dichter hatte eine Anzahl Stellen aus der griechischen Anthologie entlehnt. Tscherning war diese seit Küchler sicherlich geläufig. Er scheint die betreffenden Stellen mit dem Originaltext verglichen zu haben. So wird es erklärlich, daß er trotz der Abweichungen von Opitz eine ziemlich genaue Übersetzung gebracht hat. Immer finden sich Mittelglieder, die Tscherning gekannt haben dürfte. Die einzelnen Stellen, wo Gedanken der griechischen Anthologie zu Grunde liegen, sind nach Rubensohns Ermittlungen in den Anmerkungen zusammengestellt.15)

Interessant ist es auch, den Anteil festzustellen, den die Horazische Dichtung an dem Werke hat.16)

Wieder finden sich auch in diesem Tscherningischen Werke einige recht geschmacklose Stellen, aber daneben eine Anzahl schöner poetischer Gleichnisse, die durchaus Eigentum des Dichters zu sein scheinen.

Der Eindruck des ganzen Werkes ist ein ziemlich schwacher. Das Ganze ist langweilig, die Anpreisung der Mäßigkeit zu wenig originell. Nur der nach antiken Mustern gearbeitete Schluß vermag einen jugendlicheren, frischeren Eindruck zu machen. Nach dem Vorbilde von Opitzens „Vielguet" und „Vesuvius" hat Tscherning seinem „Lobe des Weingottes" gelehrte Anmerkungen beigegeben, in denen er eine Anzahl lateinischer und griechischer Schriftsteller, vor allem Horaz und Ovid, zitiert. Für seine Belesenheit geben aber diese Anmerkungen kein sicheres Zeugnis, da man mit der Möglichkeit rechnen muß, daß er diese Notizen aus anderen Werken geschöpft hat, statt daß sie auf Quellenstudium beruhen.

Das Ergebnis der Untersuchung über die Rostocker Dichtungen ist nun folgendes: In der Anlage der Werke ist Tscherning selbständig, in der Durchführung aber steht er in Gedanken, Worten und Bildern völlig unter dem Banne Opitzens.

Wenn der „Lobgesang Jesu Christi" erfreulich bleibt, so liegt das vor allem daran, daß sein gläubiges Gemüt für diesen Stoff den einfachen, schlichten Ton fand, den er allerdings bis zu einem gewissen Grade schon bei Opitz vorgebildet sah. Um das „Lob des Weingottes" zu singen, dazu fehlte ihm die Begeisterung des fröhlichen Zechers und der Humor, der sich bei Opitz zeigt. Immerhin ist der Fortschritt von der „Rachel" auch zu diesem Werke nicht zu übersehen. Wenn Tscherning schlichtere, natürlichere Worte findet, so ist dies wohl in erster Linie auf Peter Lauremberg zurückzuführen.

E

Achtes Kapitel.

Bunzlau und Breslau 1636-1642.

nde Juni oder Anfang Juli 1636 scheint Tscherning Rostock ☑verlassen zu haben; seit dem August jenes Jahres ist er also in Bunzlau zu suchen.

Der Verkauf seines Hauses war, wie er an Kirchmann schrieb, die Ursache seiner Reise nach Bunzlau gewesen. Leider sollte er auch diesmal keinen Erfolg haben. Dabei scheinen auch die Erbschaftsangelegenheiten ziemlich schwierig gewesen zu sein 1).

Ganz mittellos stand er da. In dieser Not scheint ihm wieder einmal der Ratsherr Andreas Tscherning und vor allem der Apotheker Tilemann Boltein geholfen zu haben.

Über seinen Bunzlauer Aufenthalt wissen wir sonst nichts. Neben den genannten Männern stand wohl Matthias Machner in engem Verkehr mit ihm. Daneben scheinen sich nähere Beziehungen zu Andreas Scultetus, dem Findling Lessings, angebahnt zu haben2).

Ein weiterer Bekannter war der Bunzlauer Physicus Christian Theodor Schosser, der dann, durch den Fortgang der Gegenreformation zur Auswanderung gezwungen, 1641 seinen „Schediasmatum liber IX." in Lissa in Polen erscheinen ließ. Er gehörte dem Kreise Johann Heermanns an.

Die Verhältnisse in der Stadt hatten sich nicht gebessert. Nach dem Prager Frieden hatte der Landeshauptmann wieder mit der Katholisierung begonnen. Die Kirche war den Katholiken zurückgegeben, ein katholischer Magistrat war wieder eingesetzt worden. Trotzdem waren keine eigentlichen Bedrückungen zu tragen, wie zu den Zeiten der Lichtensteiner. Überhaupt wurden die Anordnungen Bibrans nicht überall durchgeführt. Man wandte dagegen ein, daß der Landeshauptmann keine Instruktion vom Kaiser aufzuweisen habe, und die Fürstentümer Schweidnitz-Jauer machten sogar den Versuch, gelegentlich des zu erwartenden Regierungswechsels für sich günstigere Bedingungen zu erlangen3).

Diese Hoffnung erwies sich als trügerisch. Der Zustand vom Jahre 1631, dem Jahre der Lichtensteinschen Dragonaden, sollte als Grundlage für die Religionsverhältnisse dienen. Damit war das Schicksal der Protestanten in Schlesien besiegelt. Als bald darauf Ferdinand III. zur Regierung kam, wurden die Maßnahmen verschärft; die Amtsentsetzung des verhaßten Landeshauptmanns von Bibran hielt die Bewegung nicht auf. In Löwenberg und Bunzlau wurden die Bürger direkt mit Landesverweisung bedroht, wenn sie nicht regelmäßig am katholischen Gottesdienste teilnahmen, der Besuch des katholischen Schulunterrichts wurde erzwungen, die Ablieferung protestantischer Bücher wurde bei Strafe gefordert.

Diese Maßregeln setzten im Frühjahr 1637 ein. Daher mußte Tscherning wieder die Heimat verlassen. Die Bitterkeit über diese trostlosen Zustände klingt aus den Briefen Tschernings heraus 4).

Von Boltein anscheinend mit Geld versehen, wandte er sich im Frühjahr 1637 nach Breslau zurück 5). Hier hatte ihm Magister Klose vom Magdalenen-Gymnasium eine Hauslehrerstelle verschafft. Aber es gefiel ihm dort nicht, nach 10 Tagen gab er den Unterricht auf, nachdem er mit einem Taler entschädigt worden war (Brief 15). Wieder in der Not, wandte er sich diesmal an Machner um Geld. Bald darauf erhielt er auf Senftlebens und Majors Empfehlungen hin eine Hauslehrerstelle bei den beiden Söhnen des Senators Christian Schmidt. Hier scheint er sich ganz wohl gefühlt zu haben: „In hanc Urbem (sincere testor!) in coelum videor delatus, quod eruditâ conversatione avertere à miseriis cogitationes possum." Die Stellung in Schmidts Hause scheint er bis zum Frühjahr 1639 innegehabt

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