Obrazy na stronie
PDF
ePub

vollkommene Kirche Christi sein, das Bethlehem, in welchem Christus geboren werde, gleichwie auch jeder wahre Bogomile Gottesgebärer sei und heisse, da er den Logos, das Wort Gottes, durch die Unterweisung anderer gebäre. Dagegen sei die katholische Kirche der Herodes, der den von ihnen gezeugten Logos der Wahrheit tödten wolle. Desgleichen waren sie in ihren Augen diejenigen, die Christus prophetisch selig gepriesen hatte, die Armen im Geiste, die Trauernden, das Salz der Erde, das Licht der Welt; die Katholiken aber waren die Schweine und Hunde, denen man das Heilige und die Perlen (ihre Lehre nämlich) nicht vorwerfen dürfe, bis das Thierische in ihnen durch Fasten und Gebet ertödtet worden. Die katholischen Geistlichen bezeichneten sie als die Pharisäer und Sadducäer dieser Zeit; und wie Christus verlangt habe, dass die Gerechtigkeit seiner Jünger grösser sei als die der Pharisäer und Schriftgelehrten, so sei auch in der That ihre, der Bogomilen, Gerechtigkeit besser als die der heutigen Pharisäer, da sie der Ehe, des Fleisches und ähnlicher Dinge sich enthielten. Gelehrte verachteten sie; das seien die Schreiber, mit denen Christus sich nicht habe einlassen wollen und die darum auch von ihrer Kirche ausgeschlossen bleiben sollten.

Nach ihrer Ansicht von dem Verhältnisse des Satanaël zum menschlichen Geschlechte mussten die Bogomilen einen grossen Theil des Alten Testaments verwerfen. Ihr Kanon bestand, ihrer Zählung gemäss, aus sieben Schriften; diese sollten die sieben Säulen sein, auf welche sich (nach ihrer Deutung der Stelle Sprüche 9, 1) das von der Weisheit gebaute Haus, d. h. die wahre Kirche der Bogomilen, stütze. Ihre sieben heiligen Bücher waren aber die Psalmen, die sechzehn Propheten, die vier Evangelien und die apostolischen Schriften, Briefe, Apostelgeschichte und Apokalypse. Indess dienten ihnen auch Stellen aus den verworfenen Schriften des A. T. zu Beweisen für ihre Lehre. Das ganze Mosaische Gesetz

galt ihnen als ein zum Verderben und zur Knechtung der Menschen ersonnenes Werk des Satanaël, welches Christus vollständig aufgehoben und an dessen Stelle er das neue evangelische Gesetz gesetzt habe. Zur Bestätigung ihrer Ansicht hatten sie eine seltsame Deutung der Stelle Matth. 3, 4 erfunden, die zugleich als Probe ihrer allegorischen Auslegungsweise dienen mag. Wenn es dort heisst: Johannes hatte ein Kleid von Kameelhaaren und einen Gürtel von Fellen um seine Lenden; seine Speise waren Heuschrecken und wilder Honig", so verstanden sie unter den Kameelhaaren die Gebote des Mosaischen Gesetzes, welches unrein sei wie das Kameel, weil es seinen Anhängern unreine und schändliche Dinge zur Pflicht mache. Der lederne Gürtel sollte das auf Schafhäute geschriebene Evangelium bedeuten. Die Heuschrecken seien die Ermahnungen und Verheissungen des Mosaischen Gesetzes, in denen das Rechte nicht erkannt und das Bessere nicht unterschieden sei. Der wilde Honig bedeute wieder das Evangelium, welches (nach Ps. 118, 103) süss sei für die, welche es annähmen, wild aber für jene, welche sich demselben, wegen des dazu führenden engen Thores und schmalen Weges, entzögen. Der Vorläufer, sagten sie, sei nämlich in der Mitte gestanden zwischen dem alten und dem neuen Gesetze und habe an beiden Theil genommen, früher zu dem ersten, später zu dem zweiten sich haltend.

"

In ähnlichem Sinne deuteten sie die Worte Christi (Matth. 5, 38): Ihr habt gehört, dass gesagt worden: Auge um Auge, Zahn um Zahn." Unter den Augen sollten die beiden Gesetze, das Mosaische und das evangelische, und unter den Zähnen die zwei Wege, der breite und der schmale, zu verstehen sein; Christus nun habe, als er gekommen, statt des einen Gesetzes das andere, statt des breiten Weges den schmalen gegeben. Den Widerspruch Christi (Matth. 5, 18), dass kein Jota und kein Strichlein vom Gesetze vergehen solle, suchten sie

dadurch zu beseitigen, dass sie unter dem Jota und Strichlein bloss den Dekalog verstanden, der allerdings von den Juden würde beobachtet werden, bis Himmel und Erde vergingen. Die vorausgehenden Worte des Herrn: „Ich bin nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen, sondern es zu erfüllen," erledigten sie theils mit Berufung auf diese fortdauernde Beobachtung des Dekalogs durch die Juden, theils durch einen Zusatz, durch den der Sinn der Stelle geändert wurde. Nach ihrer Behauptung sollte nämlich Christus so gesagt haben: „Ich bin nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen, sondern um den von seinen ehemaligen Bewohnern, den Engeln, entleerten Himmel wieder zu bevölkern und die Reihen der gefallenen Mächte wieder auszufüllen."

Gemäss solcher prophetisch-allegorischer Deutung fanden die Bogomilen in den biblischen Stellen, welche Sünder, Gottlose, Götzendiener schildern oder strafen, durchweg vorgreifende Beziehungen auf die herrschende Kirche und ihre Anhänger. Jede Stelle dagegen, welche die Auserwählten, die Gerechten und Erben des Gottesreiches erwähnt, bezogen sie ausschliesslich auf ihre Gemeinschaft. Sie seien, rühmten sie, jene Lilien auf dem Felde, deren Pracht Salomo nicht erreicht habe, und diese ihre Pracht bestehe in dem Glanze der Seelenreinheit und dem Wohlgeruche ihrer Tugenden. Wenn es im Evangelium heisst, dass Christus Nazareth verlassen habe und nach Kapharnaum gegangen sei, um dort zu wohnen, so verstanden sie unter Nazareth die katholische Kirche, unter Kapharnaum die der Bogomilen, bei welcher nun Christus, nachdem er jener Kirche den Rücken gewandt, wohne. Das blutflüssige Weib, welches zwölf Jahre an dieser Krankheit gelitten, sollte nach ihrer Deutung die alte Kirche von Jerusalem sein, die in ihren zwölf Stämmen die Vergiessung des Blutes der Opferthiere geduldet habe, bis Christus gekommen sei und durch die bald nachher verlängte Zerstörung Jerusalems diesen Blut

fluss gestillt habe. Auch die Geschichte der drei Weisen aus dem Morgenlande galt ihnen für eine auf ihre Partei sich beziehende Allegorie. Jene Magier, sagten sie, seien die Bogomilen, Jerusalem sei die Kirche der Katholischen und das Mosaische Gesetz der Stern, welcher sie bis zum katholischen Glauben geführt habe; dann aber hätten sie von den Hohenpriestern und Schriftgelehrten, d. h. von den Geistlichen der katholischen Kirche, in Erfahrung gebracht, dass Christus in Bethlehem geboren, d. h. nur in der Gemeinschaft der Bogomilen zu finden sei; denn ihre ersten Lehrer seien von der katholischen Kirche ausgegangen. Wenn Johannes der Täufer die zu seiner Taufe sich drängenden Pharisäer und Sadducäer Otterngezücht nannte, so wandten sie diess unmittelbar auf die Katholischen an; diese seien ja der Same jener Schlange, die ehemals der Eva beigewohnt habe, und sie sollten nur über diese Beziehung sich nicht erzürnen, da es ja der Täufer selbst sei, der sie prophetisch ihnen gegeben habe. Die Wurfschaufel Christi sei das evangelische, von seinem Munde ausgegangene Wort, die Tenne seien die theils rechtgläubigen, theils dem Irrwahn ergebenen Christen, der Waizen sei der Glaube der Bogomilen, welcher rein und nährend sei, die Spreu aber die unnütze und des Feuers würdige katholische Lehre. Die Schuhe Christi, sagten sie ferner, seien die Wunder, die er seinen Jüngern und dem Volke gezeigt habe; Johannes habe seine Schuhe nicht tragen können, d. h. er sei nicht im Stande gewesen, solche Wunder zu wirken.

Es war zu erwarten, dass sich die Sekte der Bogomilen, ungeachtet der in der Hauptstadt gegen sie ergriffenen Massregeln, wenn auch mehr verborgen, erhalten würde; auch geschah es zuweilen, dass einzelne Lehren der Bogomilen bei Geistlichen und Mönchen der orientalischen Kirche Beifall und Eingang fanden, so gross und entschieden auch im Ganzen der Widerwille und Abscheu der Griechen gegen alles von dieser Sekte komDollinger, Geschichte der Sekten.

4

mende war.

Grosses Aufsehen erregte die Entdeckung, dass die Schriften des kürzlich verstorbenen Constantin Chrysomalus Dogmen enthielten, die von den Bogomilen entlehnt zu sein schienen, wesshalb der Patriarch Leo Styppiota im J. 1140 auf einer deshalb berufenen Synode diese Schriften verdammte. Was dieser Mönch von der Taufe lehrte, bot in der That manche Berührungspunkte mit den Principien der Bogomilen dar; er behauptete, die Taufe der katholischen Kirche sei für sich völlig kraftlos; vielmehr müsse jeder, um wahrer Christ zu werden, sich erst der Katechisation, der Einweihung und geistigen Umwandlung unterziehen. Bei dieser Katechisation wurde wahrscheinlich die Mittheilung und Ablegung eines Glaubensbekenntnisses als die Hauptsache betrachtet; die Einweihung sollte durch eine Salbung mit Öl und Händeauflegung geschehen und, durch die Mittheilung einer zweiten, unsündlichen, zu der ersten, der Sünde unterworfenen hinzukommenden Seele, eine Umwandlung des Menschen bewirken. Chrysomalus lehrte daher, jeder Christ habe zwei Seelen, eine unsündliche und eine sündliche; so lange der Mensch nur Eine Seele habe, sei er noch nicht Christ geworden. Er behauptete ferner: Gott hasse und verabscheue alles, was Getaufte, die aber noch nicht durch jene mystische Vermittlung umgewandelt seien, vornähmen, auch ihr Kirchengehen und ihr Gebet; wer ohne jene Katechisation und Einweihung seine nach der Taufe begangenen Sünden bereue und abbüsse, der mühe sich ganz vergeblich ab; denn um die Vergebung der Sünden zu erhalten, sei die Katechisation und der Glaube an das dabei Mitgetheilte völlig unerlässlich, und nur durch die Handauflegung empfange er die Gnade Gottes, welche nach dem Maasse des Glaubens, nicht nach den Werken gegeben werde; der Eingeweihte aber sei dem Gesetze nicht mehr unterthan und könne nicht mehr sündigen. Dass Chrysomalus unter dieser Einweihung durch Salbung und Händeauflegung nicht etwa das katholische Sacrament

« PoprzedniaDalej »