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fürchtet nichts so sehr, als den Tadel edler Männer *). In Stimme, Blick und allen Bewegungen liebt er Würde **) und Haltung ***). Mit unaustilgbarer Liebe liebt er seine Vaterstadt †), mit treuer Liebe blieb er den Freunden verbunden ††), bleibt ewig dankbar seinen Wohlthätern †††). Ein frommer katholischer Christ S), gedenkt er stets des Todes FS), ist eifrig im Gebete SSS), Verehrer der hl. Lucia und der allerseligsten Jungfrau o).

Dante war, wie C. Balbo 35 sich ausdrückt, der italienischste unter den Italienern, wie es keinen zweiten mehr gegeben hat, und der Name Italien geht durch seine ganze Dichtung hindurch als der höchste Gegenstand seiner Sehnsucht und Liebe. Er war zudem ein Italiener des dreizehnten Jahrhunderts, das mit seinen gewaltigen Erschütterungen und wechselvollen Schicksalen, seinen großen Schöpfungen auf dem Gebiete der Wissenschaft und Kunst, aber auch mit seinen Leidenschaften und mächtigen Zornausbrüchen ganz in ihm sich darstellt. Den Grundzug seines Wesens bildet der Glaube an eine ideale Weltordnung, die auf dem Christenthume sich aufbaut, von ihm seinen Inhalt, seine Ziele und Motive empfängt; alle Leiden seines Lebens führen ihn zum Ideale hin, zu Gott, den er in Allem findet, der Alles be

*) Infern. XXX. 141
**) Parad. XVI. 95.
***) Infern. IV. 112.
†) Purgator. II. 88.
†) Parad. VIII. 55.

Infern. XXIII. 95.
Purgator. III. 10-89.
XX. 111.

S) Parad. XXVI. 60.

Monarch. III. 3. Convit. II. 6.

+) Parad. XVII. 84. IV. 121. XXV. 46. 85. 52. XXIV. 46. De

SS) Infern. XXXI. 128. Purgator. XXIV. 76. Parad.

XXIV. 23.

SSS) Parad. XXXI. 85. II. 146. XIV. 88. XX. 94. XXXII. 144.

") Convit. III. 5. Infern. II. 97. Parad. XXIII. 88. Purgator. passim. Vita nuova § 5.

wegt, und zu dem darum Alles hinstrebt. Und diesem seinem Ideale, von dem ein verklärender Schein auf Alles fällt, was er geliebt hat, Beatrice, sein Vaterland, die Freiheit und die Menschheit, ist er treu geblieben bis zu seiner leyten Stunde. Daher sein hoher Wahrheitssinn, der nicht um zeitlicher Interessen willen marktet und feilscht; der, welcher wegen zeitlichen Gewinnes die Wissenschaften betreibt, verdient nicht den Namen eines Philosophen *), ist Dante's Grundvoraussetzung. Daher sein mannhafter, nie gebrochener Muth; daher sein unendlicher Fleiß in der Arbeit und unermüdeter Eifer, daher seine Siegesgewißheit, weil er das Zeitliche vom Gesichtspunkte des Ewigen aus erblickt, und an die Macht und Weisheit dessen glaubt, der die Geschicke der Völker lenkt.

Doch auch Dante war Mensch. In seinen Werken hat er sich selbst gezeichnet, und das Bild, das er dort ent= worfen, birgt zwei dunkle Schatten: Stolz und Zorn. Aber es versöhnt uns wieder mit diesen seinen Fehlern, indem er selbst demüthig sich wegen derselben anklagt.

Der Augen werd' ich einst hier noch beraubt sein 36,
Doch kurze Zeit, sprech' ich, denn wenig Unrecht
Beging ich nur, umwendend sie aus Scheelsucht.

Viel größer ist die Furcht, die meine Seele

In Spannung hält ob jener tiefer'n Marter,

Denn schon drückt mich die Last des unter'n 37 Simses **).

Aus diesen Worten und so manchen andern, besonders dem reuigen Bekenntnisse vor Beatrice ***), schöpfen wir darum die sichere freudige Zuversicht, daß der Dichter die Wanderung durch die Hölle und das Fegfeuer zuerst innerlich in sich selbst vollbracht, und er so von dem Haß der Sünde zur Reue, zur Liebe und zur Seligkeit in Gott sich emporgerungen hat.

*) Convit. III. 11

**) Purgator. XIII. 133.

Das Brustbild Dante's, von Giotto in der Kapelle des Podestà zu Florenz gemalt, entspricht vollständig dem Charakterbilde, das er in seinen Schriften von sich entworfen hat. Es ist der Gesichtsausdruck eines jungen Mannes im Anfange der dreißiger Jahre; schon liegt eine tiefe Melancholie auf diesen Zügen, als sollte sie seine harten Schicksale an= künden. Die der Familie Torrigiani gehörige Büste ist nach der von der Leiche abgenommenen Todtenmaske geformt; diese sowie die zweifache Darstellung des Dichters durch Raffael (Parnaß und Disputa) tragen denselben unverkennbaren Stempel des gewaltigen Geistes.

7.

Dante's Schriften.

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Dante's früheste poetische Producte waren lyrische Dichtungen. Viele derselben sind in seine Vita nuova aufgenommen. Die Vita nuova neues Leben ist ein Jugendwerk des Dichters, noch in Florenz geschrieben und seinem älteren Freunde Guido Cavalcanti († 1300) gewidmet. Sein Inhalt bildet das in ihm sich erneuende Leben durch die Begegnung und die ideale Liebe zu Beatrice. Das neue Leben besteht aus lyrischen Theilen Sonetten, Balladen, Canzonen, welche mit prosaischer Darstellung abwechseln. Letztere erzählt zum Theil die Ereignisse seines Lebens, welche Anlaß zu den einzelnen dichterischen Ergüssen wurden, theils erklärt sie die lyrischen Stücke. Dante zeigt sich bereits hier als Meister der Sprache; seine Prosa ist klar, natürlich, durchsichtig; die lyrischen Stücke zeichnen sich aus durch die Wahrheit und Tiefe der Empfindung, die hohe ideale Weltund Lebensanschauung, die keusche, durch und durch geistige Auffassung seiner Liebe, die religiöse Weihe, die über dem Ganzen liegt. Der Wohllaut seiner Sprache, der Reichthum

an edlen Bildern, die ursprüngliche, gewaltige Kraft seiner Phantasie lassen auch in diesen kleineren Dichtungen den Sänger der Göttlichen Komödie nicht verkennen.

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Das Convito Gastmahl ist der äußeren Anordnung nach der Vita nuova ähnlich; auch hier wechselt Poesie mit Prosa, die erklärend an jene sich anschließt. Dasselbe, vielleicht in Erinnerung an Platon's Symposion so genannt, zerfällt in vier Bücher, ist jedoch nicht vollendet. Der Plan des Werkes war eine encyclopädische Darstellung des Gesammtgebietes des damaligen Wissens, um es durch dessen Darstellung in der Volkssprache auch den Ungelehrten zu vermitteln. Daher heißt es in der Einleitung: „ beglückt diejenigen Wenigen, welche an jenem Tisch sizen, wo man das Brod der Engel genießt, und elend jene, welche mit dem Vieh gemeinsame Speise haben! Doch da jeder Mensch von Natur eines Jeden Freund ist, und jeder Freund sich betrübt über den Mangel dessen, den er liebt, so sind diejenigen, welche an so erhabenem Tische gespeist werden, nicht ohne Mitleid gegen die, welche sie auf die Weide des Viehs gehen sehen, um Gras und Eicheln zu essen. Und insofern das Mitleid die Mutter des Wohlthuns ist, theilen diejenigen, welche die Erkenntniß besitzen, immer freigebig den wahren Armen mit von ihrem schönen Neichthum, und sind gleichsam die lebendige Quelle, durch deren Wasser jener obengenannte natürliche Durst gelöscht wird . . . Deßhalb beabsichtige ich jezt ... ein gemeinsames Mahl zu veranstalten... Die Speisen dieses Gastmahles werden auf vierzehn Weisen zugerichtet sein, nämlich vierzehn Canzonen, die sowohl die Liebe als die Tugend zum Inhalte haben, und welche ohne das gegenwärtige Brod von einigem Dunkel umschattet sind; dieses gegenwärtige Brod, d. i. die Erklärung, wird das Licht sein, das jede Farbe ihres Sinnes durchscheinen läßt."

Die drei Canzonen, deren Erklärung das Ganze ge=

örterung fällt dagegen in die Zeit nach seiner Verbannung, wahrscheinlich um 1309. Eine systematische Darstellung des reichen Wissens, welches der Dichter mittheilt, können wir nicht erwarten, da Alles an die einzelnen Ausdrücke der allegorisch gedeuteten Canzonen sich anknüpft und eben darum nur lose und äußerlich miteinander verbunden ist, so daß Fragen aus den verschiedensten Wissensgebieten einander berühren. Der eigentliche Werth dieses Buches liegt aber darin, daß wir hier das Rohmaterial gewissermaßen vor uns erblicken, aus welchem der Dichter seine Göttliche Komödie aufgebaut hat, und wir daher aus ihm viele Aufschlüsse über den Inhalt dieser selbst empfangen. Dante's Verdienst war es aber, daß er in begeisterter Liebe für sein Volk von den herkömmlichen Fesseln der Schulsprache sich befreite und in der Sprache des Volkes schrieb. Denn „ohne Unterredung und vertrauten Umgang erwirbt man unmöglich die Kenntniß von Menschen, und der Lateiner hat nicht mit so Vielen Umgang, als der gemeine Mann in der Volkssprache, mit welcher Alle befreundet sind, und folglich kann er die Freunde dessen, der die Volkssprache redet, nicht kennen 39.

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Im Convito spricht die Wissenschaft zum ersten Male die Sprache der Laien und des Volkes, aber sie bleibt religiös; sie tritt ein in den Kreis des bürgerlichen Lebens, bleibt aber im innigsten Bunde mit der Kirche; des Dichters kühner Geist behandelt alle Fragen der Wissenschaft, aber er bewahrt tief in der Seele den demüthigen Glauben. Die ‚Philosophie des himmlischen Athen“ ist das Ziel, dem all' sein Wissen hier auf Erden in Glaube, Hoffnung und Liebe entgegenstrebt 40.

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Schon in dieser Schrift hatte Dante darauf hingewiesen, daß er mit Gottes Hülfe ein eigenes Buch über die Volkssprache schreiben wolle. Dieß geschah in seiner Schrift De vulgari eloquio von der Volkssprache. Auch diese,

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