symbol der versöhnung zweier verschiedener göttersysteme zu verstehn sein, sondern diesem austausch die naturanschauung zu grunde liegen, dass an die stelle des glanzes die belebende wärme, an die stelle des unbelebten wassers die schiffahrt trat. War im 9 jh., als die Normannen die Färöer besiedelten, Höni für sie ein solches frühlingswesen, welches man an dem glanz erkannte, wenn die ersten lichten tage zurückzukehren begannen, und welches nachher durch die stärkeren lichtgötter abgelöst ward, so ist der zusammenhang mit den schwänen nicht mehr auffallend. für die Färöer ist der cygnus musicus heutzutage zwar ein zugvogel, der im frühling und im herbst bisweilen nur wenige tage bleibt, der aber früher auf diesen inseln gebrütet haben muss 1. die schwäne, die sichtbaren beweise der nach und nach zurückkehrenden sommerlichen jahreszeit, wurden mit dem wesen des ersten frühlingsglanzes auf den Färöern in verbindung gebracht, sei es spontan, sei es als eine einwürkung der vielleicht bei Picten und Iren damals noch lebendigen tradition von dem lichtgott, der seine schwäne vorausschickte. so aufgefasst begreift es sich, warum Höni machtlos ist ohne schwäne: der frühlingsglanz am himmel war wertlos, so lange die schwäne nicht angekommen waren. Für die spontane verbindung, ohne einfluss von Kelten also, spricht einmal die späte zeit des entstehens in bezug auf die religiösen verhältnisse der keltischen nachbarn im 9 jb.; vor allem aber das locale der Färöer. denn da die Färinger nur auf das meer und das gebirge angewiesen sind, der winter mit den häufigen niederschlägen dunkel ist der längste tag dauert aufserdem über 20 stunden, so hat die rückkehr des frühlings für die bewohner der einsamen inseln besondere bedeutung: dann regen millionen von vögeln zur jagd an. und so muss in früherer zeit die rückkehr des singschwans, als des ersten zugvogels, der aufserdem für die bewohner uralte mythologische bedeutung hatte, neben Höni mit freude begrüfst worden sein. Auch diese verbindung eines gottes mit schwänen wäre demnach weder eine urgermanische noch eine urnordische, sondern eine auf den entlegenen inseln entstandene, wie ein jahrtausend früher eine analoge verbindung sich am Rheine vollzog. beide verbindungen wurzeln in einer zeit, da die schaffende phantasie noch frei ihre wurzeln ausschlägt, allerdings nicht willkürlich, sondern sie entfaltend aus dem ererbten stamm mythologischen denkens, unter der einwürkung localer verhältnisse oder von auswärts kommender triebe. durch solche einwürkung erklärt es sich, warum die sage am Rheine sich an einen andern gott anschloss als auf den Färöern, und der charakter beider sagen ein verschiedener ward, obgleich beide aus verwanten anschauungen hervorsprossten. 1 Dresser aao. 435. Tilburg i. Holland. J. F. D. BLOETE. INHALT DER ZEITSCHRIFT Ein neues bruchstück der Nibelungenhandschrift K, von Schröder 304 333 Zur isländischen Hectorsage, von Meifsner 336 Das Kloster der Minne, von Schaus 361 Das Münchener bruchstück der Österreichischen reimchronik, von Seemüller 368 DES ANZEIGERS Sievers, Altgermanische metrik, von Franck Kuntze, Wizlaw III von Rügen, von Seelmann Luthers bibel, im auftrage der evang. kirchenconferenz durchgesehen, Strack, Goethes Leipziger liederbuch, von RMWerner Seite 289 337 343 350 353 365 383 Litteraturnotizen (Roediger, Paradigmata zur as. grammatik, von Jellinek; Berichtigungen 406 408 408 409 Die redaction sowol der Zeitschrift wie des Anzeigers wird von den beiden herausgebern gemeinschaftlich geführt. nur eine arbeitsteilung ist festgesetzt, der zu folge wir die herren mitarbeiter bitten, alle für die Zeitschrift bestimmten manuscripte an prof. SCHROEDER in Marburg i. H. zu schicken, in allen den Anzeiger betreffenden angelegenheiten sich an prof. ROETHE in Göttingen zu wenden. bücher, die zur besprechung im Anzeiger bestimmt sind, bitten wir ausnahmslos an die Weidmannsche buchhandlung in Berlin SW, Zimmerstr. 94, nicht aber direct an die herausgeber zu senden. Vom 15. juni bis 25. august 1894 sind folgende bücher, abgesehen von solchen, welche als zur besprechung ungeeignet zurückgesant werden musten, bei der redaction eingelaufen: DESTOUCHES, Geschichte des hist. museums in Fortsetzung auf der dritten seite des umschlages. EIN NEUES BRUCHSTÜCK DER NIBELUNGENHANDSCHRIFT K. Dass ich das nachfolgende fragment als neu bezeichnen darf, ist wunderlich genug. mein verehrter freund und nachbar hr archivrat dr Könnecke hat es in der Berliner kgl. bibliothek entdeckt, deren hsskatalog es seit länger als einem menschenalter als Ms. germ. fol. 814. access. 6712 verzeichnet und somit jedem zugänglich hält. es ist auch schon einmal öffentlich genannt worden: freilich nur im kgl. preufs. Staatsanzeiger, dessen jahrg. 1860 nr 176 in einem jahresbericht der kgl. bibliothek für 1859 unter den geschenken verzeichnet (s. 1438a): ‘ein schönes doppelblatt einer wertvollen hs. der Nibelungen in folio aus dem 14 jh. von hrn archivrat dr Beyer in Koblenz'. eine notiz auf der innenseite des einbands rührt vom ‘1. 12. 1859' her, der eintrag im hsskatalog stammt erst aus d. j. 1860. so der director der handschriftenabteilung hr geh. rat prof. dr VRose, dem ich für diese und weitere auskunft meinen verbindlichsten dank sage. 289 Der auffinder des bruchstücks, dr Beyer, hatte 20 jahre früher ebenfalls im Koblenzer archiv jenes andere doppelblatt des NL. ans licht gezogen, welches 1839 vdHagen in seiner Germania ш 1--19 als fund seines freundes EDronke publicierte und dann nach seiner art jahrelang zurückbehielt, bis im j. 1846 die kgl. bibliothek endlich in den besitz des ihr von Beyer bestimmten geschenkes gelangte. es führt die signatur Ms. germ. fol. 587 und wird seit Lachmanns 2 ausgabe mit der sigle K bezeichnet. seine zugehörigkeit zu der mischgruppe Id ist alsbald erkannt worden; die laa. sind auch für die beurteilung des A-textes von entschiedenem werte. Das neue doppelblatt (K 11) ist wie das frühere am äussern und untern rande beschnitten worden; wie der fundort wird auch die herkunft die gleiche sein: Ki diente als umschlag von rechnungen des Manderscheidschen archivs, die hs. mag also aus der alten bibliothek von Blankenheim stammen, die durch die Berliner niederrheinische sammelhs. mit dem Tristan (Ms. germ. 4o 284, vgl. vd Hagens Germ. vi 266 ff) am bekanntesten ist. geschrieben freilich ist unsere hs. sicher im westlichen Oberdeutschland, ähnlich wie die gleichfalls dreispaltige hs. von Türheims und Türlins Willehalm aus gleichem besitz, deren bruchstücke Lohmeyers diss. s. 9 unter nr 4 aufzählt. 2. F. D. A. XXXVIII. N. F. XXVI. 19 In K ist am äussern wie am untern rand weniger fortgeschnitten als in K1: von der schrift fehlt unten nichts und am rande nur etwa die hälfte der letzten columne. auf sp. d lässt sich das verlorene genauer berechnen, als auf sp. c, da zwar alle zeilen in gleicher höhe beginnen, aber nicht gleichmässig schliessen. ausserdem sind freilich fol. 1 sp. cd noch durch zwei oblonge quereinschnitte, einen schmälern von 1 zeile und einen breitern von 4 zeilen höhe, verstümmelt (vgl. unten str. 1382. 1392). Die pergamenths. K des NL., von der vdHagen einen spaltenausschnitt fascimiliert eine bessere abbildung wird die neue auflage von Könneckes Bilderatlas s. 35 bringen - gehört zu den schönsten buchhss. des ma.s, die ich zu gesichte bekommen habe. das pergament ist hell und glatt, die schrift gleichmässig und sauber, die ganze erscheinung stattlich und vornehm. dr Könnecke setzt die hs. um 1300 an, eher früher als später1. der beschriebene raum ist 30.5 cm. hoch und nach zuverlässiger berechnung 26.6 cm. breit. waren der äussere und der untere rand gleich breit wie der innere und der obere (1.9 cm.), was minimalansatz sein würde, so ergäbe sich als höhe des ganzen 34.3 cm., als breite 28.5 cm. Die hs. ist 3 spaltig (wie O und d), die spalte zu 52 zeilen. rahmen und linien sind vorgezogen, auf den schmalen vorraum (vor sp. a, d) resp. zwischenraum (vor sp. b, c, e, f) sind die abwechselnd roten und blauen stropheninitalen hinausgerückt. jede 6 bis 8 strophe aber beginnt mit einem grösseren buchstaben, der über zwei linien reicht und in die spalte selbst eingerückt ist. der beginn einer aventüre überschriften fehlen wird durch eine rot und grüne initale angekündigt, die gleichfalls eingerückt und 4 zeilen tief ist. Die strophen also sind abgesetzt, nicht die verse, deren schluss nur durch einen punct markiert wird. auf die strophe kommen in der regel 5 zeilen, hin und wider wird eine 6 zeile nötig, sodass auf das blatt bei 312 zeilen rund 60 strophen entfallen. den gleichen umfang konnte schon Dronke für das fragment 1 feststellen und daraus berechnen, dass es das äufserste blatt eines quinio (event. auch das 2 und 11 blatt eines senio) sein werde. fragment mit seinen rund 120 zusammenhängenden strophen ist das innerste blatt des 3 quinio, fragment 1 begann und schloss den 1 indessen kommen nach meinen erfahrungen dreispallige hss. erst um 1300 auf, viel älter wird die hss. also kaum sein. |