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auch beim Kaufgelder-Belegungs-Verfahren den nachstehenden Gläubigern freisteht, die Verität und Rechtsgültigkeit einer vorstehenden Hypothek anzufechten. Ueber den Wortlaut und Sinn dieses Grundsakes hinaus glaubt der vorige Richter annehmen zu dürfen, daß überhaupt alle Einwendungen, welche dem Schuldner selbst zustehen würden, auch von dem nachstehenden Gläubiger gegen den vorstehenden Gläubiger geltend gemacht werden dürfen. Daß der Plenarbeschluß dem ́nachstehenden Gläubiger eine so allgemeine Befugniß nicht hat einräumen wollen, geht aus dessen Gründen (Entscheid. Band 11. S. 47. ff.) unzweifelhaft hervor. Sie ergeben zunächst, daß in allen den Rechtsfällen, welche den durch ihn beseitigten Konflikt hervorgerufen haben, nur die Verität und Rechtsgültigkeit der Hypotheken in ihrer ursprünglichen Entstehung (z. B. wegen nicht gezahlter Valuta und wegen Mangels des agnatischen Konsenses) streitig gewesen war; es lag daher gar keine Veranlassung vor, über diese Streitfragen hinaus eine Entscheidung zu treffen. Außerdem ist (S. 57. ff. daselbst) in den Gründen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß nur die Verität und Rechtsgültigkeit der Hypothek selbst es sei, deren Anfechtung einem nachstehenden Gläubiger zu gestatten sei. Ueber diese Grenze hinaus aus anderen Gründen gegen die Bezahlung einer vorstehenden Hypothek Widerspruch zu erheben, namentlich dem liquidirenden Mitgläubiger etwa den Mangel seiner Aktiv-Lcgitimation oder den Einwand der Zahlung oder Kompensation entgegen zu sehen, liegt auch in der That ganz außer dem Interesse des nachstehenden Gläubigers. Denn wenn die ihm vorstehende Hypothek rechtsgültig bestellt ist, so gelangt sie zur Hebung ohne Unterschied, wer ihr dermaliger Inhaber sein möge, und der nachstehende Gläubiger hat auf den zur Hebung gelangenden Betrag niemals Anspruch zu machen, die vorstehende an sich gültige Hypothek mag demjenigen, welcher sich gerade als deren Inhaber gemeldet hat, oder einem Dritten angehören. Ebenso verhält es sich in dem Falle, wenn die Schuld,

Archiv f. Rechtsf. Bd. XXIV.

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für welche die vorstehende Hypothek bestellt worden, durch Zahlung oder Kompensation getilgt ist; denn auch in diesem Falle bleiben die Rechte des nachstehenden Gläubigers unverändert, weil die Hypothek, so lange ihre Löschung nicht erfolgt ist, nach § 52. des Anhangs zum Allgem. Landrechte und der Kabinetsorder vom 3. April 1824 (Gesezsammlung Seite 77.) in Wirksamkeit geblieben und dem Schuldner zum Eigenthum anheimgefallen ist, und sonach dieser an Stelle des befriedigten Gläubigers sein prioritätisches Hypothekenrecht bei der Kaufgeldermasse geltend zu machen, und den nachstehenden Gläubiger von der darauf fallenden Hebung auszuschließen befugt sein würde. Der Einwand: daß ein Gläubiger als Inhaber einer an sich rechtsgültigen Hypothek nicht legitimirt, oder daß die durch die Hypothek sichergestellte Forderung bereits getilgt sei, kann daher beim Kaufgels der-Belegungs-Verfahren nur von dem Schuldner, welcher allein dabei interessirt ist, geltend gemacht werden, und der Appellations-Richter hat, indem er ihn auch dem dabei gar nicht betheiligten Gläubiger einräumt, den im Plenarbeschlusse vom 19. September 1845 niedergelegten Rechtsgrundsat verkannt, und aus dem Rechte des Schuldners eine Befugniß des Gläubigers hergeleitet, welche diesem nicht zusteht. Die auf diese irrige Ansicht gegründete Entscheidung mußte daher vernichtet werden.

Für die Hauptsache ergiebt sich hieraus von selbst, daß die verklagte Konkursmasse den Klägern gegenüber ihr rechtsgültig bestelltes und von dem Schuldner nicht bestrittenes Hypothes kenrecht an der Stelle, welche ihm das Hypothekenbuch anweist, also mit Ausschluß der ihr nachstehenden Forderung der Kläger, auszuüben befugt, und die Kläger der Befriedigung der Verklagten wegen ihrer vorstehenden Hypothek zu widersprechen nicht berechtigt sind, und daher, unter Abänderung des ersten Urtheils, die Kläger abgewiesen und als Widerverklagte nach dem Antrage der Widerklägerin verurtheilt werden mußten.

No. 32. — III. Senat. Sißung v. 23. März 1857.

Nichtigkeitsbeschwerde.

Gericht I. Instanz: Kreis- Gerichts - Deputation in Unna.
Gericht II. Instanz: Appellations-Gericht in Hamm.

Berücksichtigung des Inhalts von Beiakten. Verfügung über die ges meinschaftliche Sache seitens eines Miteigenthümers.

a. Der Richter kann seine Entscheidung nicht auf Thatsachen und Rechtseinwendungen gründen, welche sich zwar aus vorgelegten Beiakten ergeben, auf die jedoch die betreffende Partei sich nicht berufen hat, und über welche die Gegenpartei nicht gehört worden ist.*

Verordnung vom 14. Dezember 1833 § 5. No. 1. (Gesch-Sammlung S. 302.); Deklaration vom 6. April 1839 Art. 3. No. 1. (Geset - Sammlung S. 126.); Instruktion vom 7. April 1839 No. 12. (Gefeß-Sammlung S. 133.)

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b. Hat ein Theilnehmer über die gemeinschaftliche Sache, deren Besiß oder Benuzung ohne Beistimmung der übrigen Theilnehmer verfügt, so ist das eingegangene Geschäft zwar rücksichtlich des widersprechenden Theilnehmers ungültig; der Verfügende selbst ist aber dasselbe auzufechten nicht befugt. **

Daher muß auch der Subhastat, wenn er dazu im Stande ist, das veräußerte Grundstück herausgeben, ohne sich nachträglich damit, daß dasselbe nicht ihm allein gehöre, schüßen zu können.

A. 2. N. I. 17. § 10.

c. Die in der Kleve-Märkischen Gütergemeinschaft lebende Ehefrau, sowie der später mit ihr in dieselbe Güter

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Vergl. Archiv für Rechtsfälle B§. 23. S. 228.

** Vergl. Präjudiz No. 437. (II. Senat) von-1837, Präjudizien-Samm= lung I. S. 96., Entscheidungen Bd. 3. S. 242.

gemeinschaft getretene zweite Ehemann muß die Dispositionen des ersten Ehemannes über eine vermeintlich zur Gütergemeinschaft gehörige Sache, insofern die Ehefrau derselben nicht rechtzeitig und in provinzialrechtlich vorgeschriebener Weise widersprochen hat, auerkennen, wenngleich zur Zeit der Disposition nur ein Theil dieser Sache der Ehefrau gehörte, und der übrige Theil von ihr später erworben ist.

Revidirter Entwurf des Kleve-Märkischen Provinzialrechts (Berlin,

1836.) §§ 12-15.

Durch den im Wege der nothwendigen Subhastation ergangenen Zuschlagsbescheid vom 4. Juli 1846 war dem Kaufmann Franz Schulz das Erbpachtsrecht an dem zu Nieder - Ahden in der Grafschaft Mark belegenen Grundstücke des Heinrich Becker, der f. g. Dornhecke, und das darauf befindliche Wohnhaus adjudizirt, auch war zugleich auf Präklusion der unbekannten Realprätendenten erkannt worden, und war sodann der Subhastat durch das Urtheil vom 3. Juli 1848 zur Räumung dieses Grundstücks rechtskräftig verurtheilt worden. Nach seinem hiernächst erfolgten Tode schritt seine Wittwe, Christine geb. Budde, mit dem Tagelöhner Wilhelm Hüppe zur andern Ehe.

Von diesem verlangte der Adjudikatar Franz Schulz mit einer neuen Klage die Herausgabe des Grundstücks und die Räumung des Hauses, indem er behauptete, daß der Verklagte sich eigenmächtig in deren Besitz gesezt habe.

Der Verklagte beantragte die Abweisung des Klägers, weil das Eigenthum des streitigen Grundstücks den Erben Friedrich Budde, zu denen auch seine Ehefrau gehöre, zustehe, und Kläger daher gegen ihn auf die gegen den unberechtigten Subhastaten im Subhastations- und Ermissionsverfahren ergangenen Judikate sich nicht berufen könne. Das Gericht erster Instanz verurtheilte den Verklagten nach dem Klageantrage,

weil Kläger nach § 342. I. 11. des Allgem. Landrechts durch die Adjudikatoria Eigenthümer des streitigen Grundstücks geworden sei, und der Verklagte gar kein, mithin auch kein besseres Recht nachzuweisen vermocht habe.

Der Verklagte appellirte. Er führte aus, daß der Kläger durch die Adjudikation nicht mehr Rechte erworben, als der Subhastat Becker beseffen habe. Nicht dieser, sondern die Eheleute Friedrich Budde seien wahre Eigenthümer des Grundstücks und Hauses. Aus den Grundakten, worin sich die Verträge befänden, wodurch die Eheleute Budde das Eigenthum erwor ben, werde dies hervorgehen. Sie und ihre Vorbesizer hätten den Grund und Boden über 30 Jahre ruhig und ungestört besessen und ein Haus darauf erbaut, also auch den Verjährungsbesih für sich. Die eigentliche Präklusion der unbekannten Realprätendenten habe diesen wahren Eigenthümern an ihren Rechten um so weniger Abbruch thun können, als sie nicht zu den Realprätendenten, namentlich nicht zu den unbekannten Realprätendenten gehörten. Uebrigens sei der Subhastat vor seinen Schwiegerältern, den Eheleuten Budde, gestorben, habe also auch das Eigenthum des Grundstückes so wenig von denselben geerbt, als sie ihm dasselbe etwa übertragen hätten. Erben der Eheleute Budde seien vielmehr deren Kinder, wozu auch die Ehefrau des Verklagten gehöre. Der Beklagte besige für sich und für die Miterben seiner Frau. Der Kläger bestritt diese Ausführungen des Verklagten und hielt jedenfalls den Umstand für durchgreifend, daß der Verklagte die Wittwe des Subhastaten geheirathet habe. Die Klage sei zunächst eine auf Adjudikation und Präklusion aller unbekannten Realprätendenten gestüßte Vindikation. Der Zuschlag sei, zumal da die Subhastation gegen den wirklichen Besizer erfolgt sei, entscheidend zu Gunsten des Klägers. Demselben stehe aber auch sowohl auf Grund des Zuschlagsurtheils, als auf Grund des Urtheils vom 3. Juli 1848 ein judikatmäßiger Anspruch auf Räumung gegen den Subhastaten und folgeweise nach dem

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