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aus der Verweigerung der Erfüllung geklagt wird, so ist nicht mehr der Anspruch auf Lieferung und Abnahme der Papiere gegen Zahlung des bedungenen Preises, sondern vielmehr nur der Anspruch auf Entschädigung aus der Nichterfüllung, bestehend in der Zahlung der Differenz summe zwischen dem festgesezten Kaufpreise der Papiere und dem Kourse derselben an dem verabredeten Erfüllungstage, zulässig, wobei jedoch nach Umständen auch der Anspruch auf noch anderweitige Entschädigung nicht ausgeschlossen ist.*

A. L. R. I. 5. 88 285. ff. 360. 369. ff.

Der Kaufmann F. in Danzig verkaufte mittelst dreier Schlußscheine vom 11. März, 20. März und 13. September 1854 der Handlung F. und W. L. daselbst im Ganzen 8000 Nthlr. Steele-Vohwinkler Eisenbahnaktien zu dem Kourse von 25 Rthlrn. und resp. 291⁄2 Rthlrn. und vier Prozent Zinsen pro anno vom Nominalwerthe, nach seiner Wahl bis Ende Dezember 1855 gegen Bezahlung täglich zu liefern." Mehrfacher Aufforderungen im Laufe des Jahres 1855 ungeachtet erfolgte die Lieferung dieser Aktien nicht. Die gedachte Handlung wurde deshalb gegen ihn auf Lieferung der Aktien nebst vier Prozent Zinsen vom Nominalwerthe flagbar. Der Verklagte wendete ein, daß er dadurch, daß er am Stichtage, dem leßten Dezember 1855, die Aktien nicht geliefert, seinen Rücktritt vom Vertrage zu erkennen gegeben habe; er erklärte in der Klagebeantwortung seinen Rücktritt nochmals ausdrücklich, hielt bei dem vorliegenden Zeitkaufgeschäft über Eisenbahnaktien sich nur für verpflichtet, die Differenz der in den Scheinen verabredeten Kourse mit denen am Stichtage zu zahlen und beantragte, da

* Vergl. Archiv für Rechtsfälle Bd. 10. S. 348., B. 13. S. 243., Bb. 14. S. 120.

hierauf der Antrag nicht gerichtet sei, Abweisung der Klägerin in der angebrachten Art. Durch das Erkenntniß beider Jnstanzen wurde jedoch der Beklagte nach dem Klageantrage verurtheilt.

Das Ober-Tribunal hat auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Verklagten das Appellations-Urtheil vernichtet und, unter Abänderung des ersten Urtheils, die Klägerin abgewiesen.

Gründe:

Implorant macht dem Appellations-Richter eine Verlegung des aus der Natur der Geschäfte der vorliegenden Art sowie beziehungsweise aus den §§ 285. ff. 360. 369. ff. I. 5. des Allgemeinen Landrechts abgeleiteten Rechtsgrundsatzes zum Vorwurfe:

daß bei Zeitkäufen über kursirende öffentliche Papiere, die einen Börsenkours haben, namentlich über Eisenbahnaktien und Staatspapiere, das Recht der Kontrahenten, die Erfüllung aus dem an sich klagbaren Vertrage durch Lieferung und Abnahme der Papiere gegen Zahlung des festgesezten Preises oder Erlegung der Differenzsumme zwischen dem legteren und dem Tageskourse der Papiere zu fordern, sich in der Ausübung auf den verabredeten Erfüllungstag beschränkt, und daß, wenn an diefem Tage die Erfüllung in der gedachten Art von dem einen oder dem andern Kontrahenten nicht geleistet, in Folge dessen aber von dem andern Theile aus der Verweigerung der Erfüllung geklagt wird, nicht mehr der Anspruch auf Lieferung und Abnahme der Papiere gegen Zahlung des bedungenen Preises, sondern vielmehr nur noch der Anspruch auf Entschädigung aus der Nichterfüllung, bestehend in der Zahlung der Differenzsumme zwischen dem festgesezten Kaufpreise der Papiere und

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dem Kourse derselben an dem verabredeten Erfüllungstage, zulässig erscheint. — Entscheidungen Bd. 15. S. 460.

Er legt dem vorigen Richter zugleich einen Verstoß wider die erwähnten Vorschriften zur Last, und diese Rüge ist denn auch in der That für begründet zu erachten.

In dem angefochtenen Urtheil sind im wesentlichen folgende Argumente wider die Richtigkeit und resp. die Anwendbarkeit des obigen Rechtsgrundsages geltend gemacht. Verträge müßten nach ihrem ganzen Inhalte erfüllt werden. Dieser sei hier unzweideutig auf Lieferung der Aktien gerichtet und, die eigene Mora des Verklagten, als des Verpflichteten, könne demselben nicht zum Vortheile gereichen. Allerdings möge dem Käufer die Erfüllung zu einer bestimmten Zeit oft so wichtig sein, daß ihm eine spätere Leistung Nichts nüße, und es möge in solchen Fällen angemessen erscheinen, anstatt der Erfüllungsklage sofort die Entschädigungsklage zuzulassen. Doch frage es sich hier keinesweges, ob dèm Kläger ein Wahlrecht zustehe, sondern vielmehr, ob er blos die Differenzklage habe anstellen dürfen.

Die über marktgängige, Preis-Schwankungen unterworfene Waaren geschlossenen Geschäfte wären entweder Realisirungsoder Spekulationsgeschäfte. Bei den ersteren sei es den Kontrahenten um die Waare selbst zu thun, und es müsse in jedem einzelnen Falle nach dem Vertrage beurtheilt werden, ob ein Geschäft der einen oder der anderen Art vorliege.

Die Schlußscheine, aus denen hier geklagt worden, besagten keineswegs, daß die Parteien Spekulationsgeschäfte beabsichtigt hätten. Man würde daher, wenn man ihnen eine den Worten der Verträge nicht entsprechende Willensmeinung unterlegen wollte, diese Verträge für simulirt erachten müssen, und eine solche Annahme lasse sich weder durch die Geseze noch durch Handlungsusanzen rechtfertigen, namentlich aber sei weder behauptet noch unter Beweis gestellt, daß in Danzig unter Kaufleuten geschlossene Lieferungsverträge nur verkleidete Differenz

geschäfte wären. Wollte man annehmen, daß Lieferungsgeschäfte nach dem Willen des Lieferanten belicbig in Spekulationsgeschäfte umgesetzt werden könnten, so würden beide Arten von Geschäften sich nicht mehr unterscheiden lassen, oder man müßte noch eine besondere Erklärung verlangen, daß die Worte diesmal anders, als sie niedergeschrieben worden, verstanden werden sollten, und wenn nun auch nach dem Ablaufe des Stichtages die Erfüllung an diesem Tage nicht mehr stattfinden. könne, so werde doch dadurch die Lieferung selbst nicht unmöglich gemacht. Ein strenges Festhalten an dem obigen Grundsahe würde dahin führen, daß überhaupt kein Vertrag mehr erfüllt zu werden brauchte, indem eine Veränderung der Eigenschaften der Sache, worüber kontrahirt worden, sich bei jeder verspäteten Erfüllung herausstellen dürfte, und zugleich lasse sich auch der Grund, daß die Marktgängigkeit der Waare den Käufer sichere, nicht für durchgreifend erachten, da nicht abzusehen sei, weshalb der Käufer, der sich vielleicht nicht einmal im Besize der Differenzsumme befinde, verpflichtet sein sollte, sie für den Käufer vorzuschießen, während überdies nicht einmal feststehe, daß an der Danziger Börse im täglichen Verkehre Steele-Vohwinkler Aktien zu haben wären.

Ebensowenig Gewicht sei aber auf den ferneren Grund, daß die später noch geforderte Erfüllung ein unstatthaftes Fortspekuliren des eines Theils zum Nachtheile des anderen enthalte, zu legen. Denn sei der Käufer etwa zur Abnahme nicht verbunden, so könne dies nur in der ungeeigneten Fassung des Vertrages seinen Grund haben, und wenn er dieselbe verzögere, so befinde sich der Verkäufer ebenfalls in der Lage, wider ihn fortspekuliren zu können.

Die Mora ziehe allerdings bei jedem Geschäfte nachtheilige Folgen nach sich, und diese könnten sich bei Lieferungsgeschäften für den Säumigen in etwas härterer Art äußern. Doch könne dies nicht dahin führen, dem Verzuge in Fällen der vorliegenden Art eine besondere Wirkung beizulegen, sondern es sei viel

mehr die Sache des Schuldners, jene Folgen durch pünktliche Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten von sich abzuwenden.

Die vorstehende Ausführung verfehlt jedoch ihren Zweck. Denn wenn Verträge, wie allerdings der § 230. I. 5. des Allg. Landrechts verordnet, in der Regel ihrem ganzen Inhalte nach erfüllt werden müssen, und bei Zeitgeschäften der vorliegenden Art der Lieferungs- und resp. Abnahmetermin ein wesentliches Moment des geschlossenen Vertrages bildet; so folgt hieraus gerade, daß nach Ablauf jenes Termins von der wirklichen Abnahme oder Lieferung der Papiere, worüber kontrahirt worden, nicht mehr die Rede sein kann, und es ändert hierin Nichts, wenn auch der Vertrag, wie hier, dahin lautet, daß die betref= fenden Papiere geliefert werden sollten, sofern nur diese Lieferung an eine gewisse Frist gebunden, war.

Die in solcher Weise getroffene Vereinbarung machte die vorliegenden Verträge, ohne daß es deshalb noch einer besonderen ausdrücklichen Erklärung bedurfte, an sich schon zu Spekulationsgeschäften, und es steht in keiner Weise mit den Worten derselben im Widerspruche, sondern es muß ihnen vielmehr, ohne daß man deshalb genöthigt ist, ihnen einen anderen Sinn unterzulegen oder zu der Voraussetzung einer Simulation seine Zuflucht zu nehmen, für völlig entsprechend crachtet werden, wenn die Klage auf Lieferung oder Abnahme der Papiere aus den gedachten Verträgen nach Ablauf des vereinbarten Termins oder der bedungenen Frist nicht mehr für zulässig erachtet wird.

Darauf, daß es dem Verkäufer bei dergleichen Geschäften auch späterhin immer noch möglich bleiben mag, die Papiere dem Käufer wirklich zu gewähren, kann kein Gewicht gelegt werden, weil die nach dem Ablaufe des Termins vorhandene Unmöglichkeit, sie an demselben zu liefern, bei der Bedeutung, die der diesfälligen Festsehung als einem wesentlichen Bestandtheile des Vertrages zuzuschreiben ist, für entscheidend erachtet werden muß, und es kann nur auf einem Mißverständnisse des

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