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Schmähwort bis heute dort erhalten hat, der Name Bulgaren, auf den östlichen Ursprung der Sekte. Wir haben bereits gesehen, dass die bulgarischen Häretiker von der monarchianisch gesinnten Sekte der Bogomilen waren, und so könnte man erwarten, dass die südfranzösischen Katharer, welche Dualisten und Abkömmlinge der Paulicianer waren, vorzugsweise Popelikaner, die nordfranzösischen dagegen als Monarchianer regelmässig Bulgaren genannt würden. Aber dieser Unterschied ist von den damaligen Chronisten nicht genau beobachtet worden und es findet sich, dass auch den Katharern in Languedoc der Name Bulgaren gegeben wird.')

In einigen Gegenden hiessen die Katharer Texerands, Textores, weil viele von ihnen der Weberzunft angehörten (S. 91). Der Name Piphili, Piphles, den man ihnen in Nordfrankreich und Flandern gab und unter welchem sie die Synode von Rheims im J. 1157 verdammte, soll ein Ausdruck der Verachtung gewesen sein.2) Von den Provinzen, in welchen sie besonders zahlreich waren, erhielten sie die Namen: Provenzalen, Agennenser, Tolosates und namentlich Albigenser, von der Stadt Albi und der Provinz Albigeois in Languedoc.

1) Der Chronist Robert von Auxerre (im Recueil XVIII) hat beide Namen, z. B. p. 262: Haeresis Populicana omnium haereseon feculentissima; p. 273: Haereticos, quos Bulgaros vocant, vehementer studuit insectari; p. 274: Bulgarorum haeresis execranda . . . invaluerat maxime in terra comitis Tolosani. Die Bulgarei heisst bei Villehardouin (bei Buchon, Collection des chroniques III, 172) Bougrie. So wurde Bougres der Name für die Katharer, dann für Ketzer überhaupt. So redet die Chronique de S. Denys (im Recueil XVII, 416) von den Bogres d'Albijois und von der dortigen Boguerrie, und p. 396 wird die Irrlehre Amalrichs bougrerie, d. i. Ketzerei überhaupt, genannt. Auch borquezie ist daraus geworden, so in der Chronique de S. Denys p. 314: Quant lî évesque ot la borquezie entendu.

2) Einige haben den Namen mit dem deutschen Worte Pöbel in Verbindung gebracht; C. Schmidt II, 281 hält ihn für eine Corruption von Poblicans.

Doch bezeichnet dieser Name, der erst seit dem Anfange des 13. Jahrhunderts gebräuchlich wurde, nicht bloss gnostische Sektirer, sondern überhaupt alle in jenen Gegenden wohnenden Personen, die der herrschenden Kirche entfremdet waren, namentlich auch die Armen von Lyon oder Valdesier.

Zehntes Kapitel.

Die Lehre der Katharer.

1. Die Lehre der Dualisten.

Da der Lehrbegriff der dualistischen Katharer, d. h. der Albaneser in Italien und der Albigenser in Südfrankreich sich von dem der Monarchianer, nämlich der Concorregier und Bagnoleser und ihrer Glaubensgenossen im nördlichen Frankreich, in wesentlichen Punkten unterschied, so erfordern die beiden Systeme eine gesonderte Darstellung. Die Lehre der Dualisten war folgende:

Von Ewigkeit an stehen zwei Grundwesen einander entgegen der gute Gott des Lichtes, der Urheber der unsichtbaren Dinge oder der höheren Weltordnung, der Vater aller guten Wesen, der, da er nie sich unmittelbar geoffenbart hat, in der Schrift vorzugsweise, zum Unterschiede von dem andern, öfter sichtbar gewordenen, der Unsichtbare heisst, 1) und der Gott der Finsterniss, der den Sinn der Ungläubigen verblendet, der Urheber aller sichtbaren Dinge und bösen Wesen, überhaupt das Princip alles Bösen; denn das Böse ist nicht etwas Gewordenes, sondern wie sein Gegentheil, das Gute, etwas von Natur Vorhandenes und hat also gleich jenem ein ewiges Princip. Dieses böse Urwesen, von Christus der Fürst, von Paulus der Gott dieser Welt

1) Kol. 1, 15.

genannt, hat die vergängliche, sichtbare Ordnung der Dinge, die Elemente und den niedern Himmel mit seinen Gestirnen, alles, was auf dieser Erde, in diesem Wasser, dieser Luft ist, geschaffen, d. h. aus der von Ewigkeit existirenden Materie gebildet, während der gute Gott nur Bleibendes und Ewiges hervorgebracht hat; denn die Ursache ist wie die Wirkung, und Gott, der Urgute, der wesentlich selbst unveränderlich ist, kann nicht der Urheber einer dem Wechsel und der steten Veränderung unterworfenen Welt sein. Demnach ist die sichtbare Welt, in welcher alles eitel und vergänglich ist, ein dem Lichtgotte völlig fremdes Reich; sie gehört dem bösen Gotte, der sie ins Dasein gerufen, ') und der daher auch als Versucher Christus alle Reiche der Welt anbot, was er nicht gekonnt hätte, wenn sie nicht sein Eigenthum wären. Darum spricht auch Christus von dem unvereinbaren Dienste zweier Herren, von dem guten und dem bösen Baume und ihren Früchten, von einer Pflanzung, die nicht der himmlische Vater gepflanzt habe, von einem ihm fremden Reiche dieser Welt, in welchem er nicht hatte, wo er sein Haupt hinlegen konnte; darum wird den Gläubigen untersagt, die Welt und was in ihr ist zu lieben.) Wenn es aber heisst, der Vater im Himmel lasse seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und regnen über Gerechte und Ungerechte, 3) so ist hier die Geistersonne, die Sonne der Gerechtigkeit, Christus, und der Regen des göttlichen Wortes gemeint. Wären die Dinge dieser Welt vom guten Gotte, so würde Paulus sie nicht wie Koth achten.4) Der gute Gott dagegen,

1) Belege für die Annahme eines guten und eines bösen Gottes in den Doc. p. 18. 23. 31. 40. 58. 218. 231. 273. 321. 374 u. a. 2) 1. Joh. 2, 15.

3) Matth. 5, 45.

4) Phil. 3, 8. Moneta adv. Catharos et Wald. ed. Ricchini, 1743, p. 3. 7-24. 81. Bonacursius, Manifestatio haeresis Catharorum bei Baluze, Miscellanea ed. Mansi II, 581. Vergl. die Aussagen der

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der Vater der Gerechten, hat sich seine eigene, bleibende und unvergängliche Welt geschaffen, die gleichfalls aus vier, aber höheren Elementen besteht und mit einer anderen Sonne, mit einem eigenen Monde und anderen Sternen geschmückt ist. In dieser seiner himmlischen Welt hatte er neben sich ein Volk von Geistern oder Engeln, welche er nicht etwa durch einen Akt seines Willens aus dem Nichts ins Dasein gerufen, sondern welche er vor aller Zeit aus einem von Ewigkeit existirenden Stoffe gebildet hatte.

Wenn die dualistischen Katharer, gleich den älteren Gnostikern, nach dem Zeugnisse des Moneta 1) so entschieden den Begriff einer Schöpfung aus dem Nichts verwarfen und nur eine Bildung aus einer schon vorhandenen Materie gelten lassen wollten, so liegt die Annahme sehr nahe, dass sie, zur Emanationslehre sich bekennend, die Geister des Himmels als aus der Substanz der Gottheit selbst hervorgegangen sich dachten. Dieser Annahme könnte auch Moneta günstig zu sein scheinen; denn er sagt: „Vielleicht wird der Häretiker sagen, dass die präexistirende Materie die göttliche Wesenheit selbst ist, welche im Buch der Weisheit (11, 18) die unsichtbare Materie genannt wird," worauf er dann darthut, dass daraus eine Wesensgleichheit der Geschöpfe mit Gott folgen würde. Indess zeigt schon die Art, wie er diesen Einwurf vorführt, dass er denselben nicht wirklich von den Katharern vernommen hatte, und in der That konnte, wenn die Katharer die Emanationstheorie bis in ihre nothwendigen Consequenzen verfolgten, jene Ansicht nicht die ihrige sein, da sie, im Widerspruch gegen die katholische Lehre von der Zeugung des Sohnes aus dem Wesen des Vaters, Christus für ein blosses, von dem göttlichen

Katharer im Liber inquis. Tolosan. hinter Limborchs Hist. inquis. p. 5. 37. 92.

1) Moneta 1. c. p. 70.

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Wesen durch eine weite Kluft getrenntes Geschöpf erklärten und sich dabei völlig die ehemals von den Arianern vorgebrachten Gründe aneigneten.1) Man müsste demnach annehmen, dass sie sich begnügten, die Schöpfung materieller Wesen aus Nichts zu leugnen, dass sie daher auch eine Bildung der den Engeln beigelegten. himmlischen Leiber aus einem von Ewigkeit neben und ausser Gott existirenden Stoffe, dabei aber eine ewige Schöpfung der Geister lehrten. Erwägen wir aber die genaue Verwandtschaft ihrer Lehren mit den alt-gnostischen, mit Hilfe der Emanationstheorie erbauten Systemen,

- erwägen wir, dass die Gnostiker mit dem Begriffe der Emanation zugleich den einer Verringerung der göttlichen Vollkommenheit, eines stufenweise eintretenden Mangels, also doch einer Wesensdifferenz verbanden: so bleibt es das wahrscheinlichste, dass die Katharer die Geister, wie die alten Gnostiker ihre Aeonen, durch Emanation aus Gott hervorgehen liessen. Dass aber diese Geister gleich ewig mit Gott, wie die Sonnenstrahlen gleichzeitig mit der Sonne existirten, das sollte die Stelle darthun: „Das Leben des Menschen hat seine bestimmte Zeit, Israels Tage aber sind unzählig";2) unter den „Menschen" nämlich seien hier die der bösen Schöpfung, unter Israel aber die der guten, oder die Geister des Pleroma zu verstehen. Desgleichen beriefen sie sich auf die Worte des Predigers, dass nichts Neues unter der Sonne und alles schon in früheren Zeiten dagewesen sei,3) auf Jeremias: „Mein Volk hat meiner unzählige Tage vergessen, " 4) und auf die Worte des Psalmisten: „Gedenke an deine Gemeinde, die du von Anfang an besessen hast."5) Dabei waren sie jedoch hinsichtlich der Frage, ob diese

1) Moneta 1. c. p. 234 ff.

2) Sirach 37, 28.

8) Pred. 1, 9.

4) Jerem. 2, 32.

5) Ps. 73, 2.

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