auf- und niedersteigen über dem Menschensohne 1; auf ihr erheben sich zu ihrem ewigen Vater alle, die da guten Willens find. Wie der einzelne durch den Genuß der Eucharistie in die innigste Gottesnähe gezogen wird, so ruht das Auge des Allgütigen mit nicht geringerem Wohlgefallen auf der ganzen Gemeinschaft, auf der Kirche um Chrifti willen. Sie sind sein Volk und die Lämmer seiner Weide 2, bis die Schatten der Zeitlichkeit sich neigen und die triumphierende Kirche im Frühlicht des Weltenmorgens erscheint, der keinen Abend mehr kennt, um mit der leidenden und streitenden Kirche zu einem ewigen Gottesreiche strahlender Glückseligkeit sich zu vereinen, dessen sonnenhaft verklärter König Christus der Weltheiland sein wird. Können wir uns darüber wundern, daß die Kirche Gottes das Fronleichnamsfest, die Gedächtnisfeier solch großer, freudiger Geheimniffe, die der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft angehören, mit einem Glanz und einer Pracht begeht wie vielleicht kein anderes? Hierfür kann offenbar die Karwoche nicht als passend erscheinen; sie ist ja der Trauer und der schmerzlichen Betrachtung des sterbenden Erlösers gewidmet. Der Gründonnerstag ist überdies mit gottesdienstlichen Funktionen ausgiebig beladen. So hat denn die Kirche das Fronleichnamsfest in die Zeit nach Pfingsten und in den aufstrebenden Sommer verlegt, um natürliche und übernatürliche Kräfte desto besser in den Dienst des höchsten Herrn stellen und der Freude und liebenden Dankbarkeit über die Einsehung des wundervollen und segensreichen Altarsgeheimnisses voll und ganz sich hingeben zu können. 2. Ursprung des Fronleichnamsfestes. Die Hochfeste des Weihnachts- und Osterfestkreises reichen großenteils ins hohe christliche Altertum hinauf; der dritte kirchliche Festkreis erhielt dagegen seine Ausgestaltung und Ausschmückung in der Haupt= sache erst in mittlerer und neuerer Zeit. Um so mehr muß man sich darüber wundern, wie trefflich dieses und so manches andere neuere Fest in den Geist und Organismus des ganzen Kirchenjahres sich einfügt. Allein die Kirche hat nicht aufgehört, die Pflanzschule kernhafter Frömmigkeit zu bleiben, seit sie aus der griechisch-römischen Kulturwelt herausgetreten ist. Die Fruchtbarkeit der göttlichen Wahrheit, welche der Herr seiner Kirche für alle Zukunft anvertraut hat, ist unerschöpflich, und die Wirksamkeit des Heiligen Geistes, welcher das Reich Gottes beseelt und regiert, ist an keine Schranken des Ortes oder der Zeit gebunden; sein schöpferischer Hauch weckt die Blüten neuer Feste, wann und wie er will 1, nach den Gesezen seiner ewigen Weisheit und Macht. Diesen Werdegang durchschritt auch das Fest, welches die Kirche am Donnerstag nach der Pfingstoktav zu Ehren des heiligsten Altars= sakramentes feiert. An die Einsetzung des großen Geheimnisses der Liebe am Abende vor dem Leiden und Sterben des Herrn erinnerte von alters her jeweilen der Gründonnerstag. Ja jede Darbringung des heiligen Meßopfers ist eine Wiederholung und eine Gedächtnisfeier zu Ehren des wunderbaren Opfermahles, welches Jesus Christus im Speisesaale zu Jerusalem veranstaltet hatte. Immer erblickte die Kirche in der Eucharistie das allbelebende Herz ihres Organismus; immer hütete sie es wie ihren Augapfel; immer erwies sie ihm, ent= sprechend seiner erhabenen Würde, die größte Sorge und Ehrerbietung. Die Äußerung dieser Gesinnung vollzog sich allerdings nach Maßgabe der Zeiten und ihrer Verhältnisse sehr verschieden. Die ersten Christen zeichneten in schlichter Einfachheit auf die Wände der Katakomben ihre geheimnisvollen Fischbilder und Mahlszenen, um ihre Glaubensbrüder an das heiligste Geheimnis zu erinnern, dessen Inhalt fie nach der Mahnung des Heilandes 2 vor den Ungläubigen sorgfältig verbargen. Einfach, aber lebensvoll und populär war die eucharistische Feier, wie wir früher gesehen, im 2. Jahrhundert zur Zeit des heiligen Märtyrers Justinus. Wie ergreifend mußte es wirken, wenn das ganze Volk in den wiederholten, demütigen Fleheruf ausbrach: Kyrie eleison Herr, erbarme dich unser!" Wie großartig, glanzvoll und erhebend ist dagegen ein Hochamt, welches der Bischof mit seinem Klerus in golddurchwirkten Prachtgewändern in seinem hohen Dome an einem Hochfeste des Kirchenjahres heutigestags feiert! Es ist allbekannt, wie mächtig und wie mannigfaltig das heiligste Sakrament den Kunstsinn aller christlichen Jahrhunderte 2 Vgl. Mt 7, 6. 1 Vgl. Jo 3, 8. befruchtet hat. Denken wir an die Bauwerke der basilikalen Stilperiode bis herab zur Zeit, da ein Kölner- und ein Petersdom erstanden; denken wir an die herrlichen Kompositionen eines Palestrina, eines Raffael Santi, eines Vinci, Thomas von Aquin, Calderon usw. Wie verschiedenartig, wie bewunderungswürdig alle Leistungen und Veranstaltungen der chriftlichen Jahrhunderte auch gewesen sein mögen, aus ihnen allen spricht doch ein und derselbe lebenswarme und starke Geist des Glaubens und der heiligen Liebe, der begeisterten Freude und zartesten Verehrung gegenüber dem heiligen Sakramente des Altars. Besondere Verhältnisse veranlaßten indessen die Einführung eines eigenen Festes. Das 12. Jahrhundert war eine Zeit, in welcher der religiöse Geist seine Schwingen mächtig erhob. Reiche Blüten tiefen christlichen Sinnes verbreiteten weithin ihren himmlischen Duft. Allein daneben regten sich auch schwere Mißstände, ja sogar die verderblichsten Häresien gewaltig. Schon im 11. Jahrhundert hatte der Archidiakon Berengar von Tours die wirkliche Gegenwart Christi im heiligen Sakramente zu leugnen gewagt, war aber von mehreren Synoden in Vercelli, Tours und Rom zurückgewiesen worden; er verstummte unter dem einhelligen Widerspruch der ganzen christlichen Welt. Zu Ende des 12. Jahrhunderts erneuerten die Waldenser und die weitverbreitete, grundstürzende Sekte der Albigenser unter anderem auch Berengars irrige Meinungen. Das erhabenste Geheimnis des Reiches Gottes war bedroht; der Irrglaube verwarf es in seinem blinden Haffe vollständig, und weitverzweigte Lauigkeit unter den Christen sezte es wenigstens geringschäßend beiseite. Das vierte allgemeine Konzil im Lateran (1215), der große Innozenz III. und andere Päpste sahen sich daher genötigt, gegen beide Feinde aufzutreten. Den Gläubigen gebot die Kirche, die heilige Kommunion jährlich wenigstens einmal zur österlichen Zeit zu empfangen; den Ungläubigen gegenüber rechtfertigte sie ihren Glauben an die wunderbare Verwandlung des Brotes und Weines in den Leib und in das Blut des Herrn. So hatte die Kirche ihre Winke gegeben. Diese, sowie die Bedürfnisse der Zeit wohl verstehend, wandte sich seither das christliche Volk mit größerem Eifer der Betrachtung und Verehrung Jesu Christi im heiligsten Sakramente zu. Im Augustinerinnenkloster zu Mont Cornillon bei Lüttich lebte zu Anfang des 13. Jahrhunderts eine Nonne, Juliana von Retinne mit Namen (geb. 1193, gest. 1258). Von Jugend auf trug sie eine zarte Verehrung gegen das Geheimnis der göttlichen Liebe in ihrem Herzen. Ungefähr seit dem Jahre 1210 würdigte Gott der Herr seine treue Dienerin einer merkwürdigen Vision. Sie sah die volle Mondscheibe am Himmel schweben; jedoch fehlte dem nächtlichen Gestirn ein Stücklein. Gleichzeitig wurde ihr durch innere Erleuchtung klar, daß der Mond das Kirchenjahr bedeute, welches Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, widerstrahlt; daß dagegen die Lücke den Mangel eines Festes zu geziemender Verherrlichung des heiligsten Sakramentes finnbilde. Die gottesfürchtige Jungfrau unterbreitete die Sache nach langem, leichtbegreiflichem Zögern gelehrten Männern zur Prüfung. Darunter befanden sich Johannes von Lausanne, Kanonikus bei St Martin, Jakob Pantaleon, Archidiakon der Diözese Lüttich, der Kardinallegat Hugo von St Caro, ein Dominikaner. Durch das Urteil dieser Männer veranlaßt, ordnete der Bischof Robert von Lüttich im Jahre 1246 die Feier des Fronleichnamsfestes in seiner Diözese an. Allein der Bischof starb noch im nämlichen Jahre, ehe er seine Ver= ordnung in Vollzug sehen konnte. Immerhin feierten die Chorherrn zu St Martin das Fest im folgenden Jahre 1247 zum erstenmal unter dem Beifalle des päpstlichen Legaten Hugo, welcher den Erlaß des verstorbenen Bischofs veröffentlicht hatte. Allmählich fand das Fest auch in andern Diözesen, besonders im Westen Deutschlands, Eingang. Im Jahre 1261 bestieg der erwähnte Archidiakon Jakob Pantaleon unter dem Namen Urban IV. den Stuhl des hl. Petrus. Auf Bitten des neuen Bischofs von Lüttich und der hl. Eva, einer Freundin der Hl. Juliana, ordnete dieser Papst das Fronleichnamsfest durch die Bulle Transiturus vom 8. September 1264 für die ganze Kirche an, zeichnete es durch eine Oktav aus und gab dem größten Gelehrten seiner Zeit, dem hl. Thomas von Aquin, den Auftrag, entsprechende Formularien für die Meßfeier und das Stundengebet zu verfassen. Noch einmal trat eine Stockung ein; schon am 2. Oktober raffte der Tod den Papst hinweg und hemmte die allgemeine Einführung des Festes. Erst Klemens V. vollendete 1314, was Urban IV. begonnen. Die feierliche Prozession mit dem Allerheiligsten war anfänglich nicht vorgeschrieben. In Köln kannte man sie jedoch schon 1279, in Würzburg 1298, in Hildesheim 1301, in Augsburg 1305, in Prag 1355 usw. Die Päpste Martin V. (1429) und Eugen IV. (1433) anerkannten und förderten dieselbe. In deutschen Gegenden kam im 15. Jahrhundert die Sitte auf, während der Prozession an vier Altären im Freien Halt zu machen, die Anfänge der vier Evangelien zu lesen und den Segen mit dem Allerheiligsten zu erteilen. Dieser Gebrauch erhielt die Billigung der römischen Kongregation der heiligen Riten am 23. September 1820. Um die Christen zu eifrigem Besuche des Gottesdienstes aufzumuntern, haben die Päpste denjenigen, welche an den Tagzeiten oder an der Prozession des Fronleichnamsfestes andächtig teilnehmen, zahlreiche unvollkommene Ablässe bewilligt. 3. Die Mette des Fronleichnamsfestes. Die Tagzeiten des Fronleichnamsfestes sind ihres großen Schöpfers, des hl. Thomas von Aquin, durchaus würdig. Nicht minder würdig sind sie des erhabenen Gegenstandes, zu dessen Verherrlichung sie dienen. Der Reichtum und die Tiefe der Gedanken, die Feinheit der Beziehungen des einzelnen zum ganzen Gegenstande der Feier, die schlichte Klarheit und Angemessenheit des Ausdruckes, endlich die Wahrheit und die Kraft der Gefühle erheben diese Tagzeiten zu einem wahren Kunstwerke literarischer Darstellung, welches um so bewunderungswürdiger erscheint, weil dessen Verfasser die von der Kirche für ihr Stundengebet festgesezten Formen durchaus einhält und beinahe ganz im Gedankenkreise der Heiligen Schrift sich bewegt. In dem überherrlichen Kranze des liturgischen Festgebetes“, sagt Alexander Baumgartner, haben aller Jubel, alle Andacht, alle Liebe, alle Seligkeit des Fronleichnamsfestes ihren adäquaten künstlerischen Ausdruck gefunden. Es weht hier derselbe Geist, der die mittelalterlichen Dome geschaffen." Sogar der Ungläubige wird dem Festgebete wie dem Kölner Dom gegenüber den Eindruck kaum vermeiden können, daß beides schön, großartig, von himmlischer Inspiration getragen sei“1. " Der Eingang oder das sog. Invitatorium der Metten enthüllt, wie immer, kurz, prägnant, aber in lebhaft bewegter Sprache den Gegenstand der hehren Festfeier: 1 Baumgartner IV 457. |