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wendig.1) Huß zitiert an diesen Stellen zwar den Petrus Lombardus und Richard von S. Victor, aber es kann keinem Zweifel unterliegen, daß er auch hierin auf den Schultern Wiclifs ruht, denn auch dieser hat sich in gleicher Weise gegen die Ansicht ausgesprochen, daß das mündliche Sündenbekenntnis zur gültigen Vollendung des Bußsakramentes notwendig sei. Wiclif hat außer den auch von Huß angenommenen Gründen noch einige mehr. Er nennt die Ohrenbeichte eine Erfindung Innozenz III.2), die Sünden dem Priester zu bekennen, sei zum Seelenheil nicht notwendig; viele seien im alten und neuen Bunde auch ohne Beichte heilig geworden. Sei sie aber in der Zeit Innocnz III. notwendig geworden, so sei sie dies auch früher schon gewesen und demgemäß hätten die Menschen durch Außerachtlassung dieser Art von Buße gesündigt.3)

In dem Traktate De Dissensione paparum spricht Wiclif über die Ursachen des ausgebrochenen Schismas und findet sie in der Gier der Päpste nach Ehren und weltlichem Besitz. In der Zeit des Apostels Petrus, da die Kirche keine,,Dotation" besessen habe, habe es auch keinen Streit gegeben. Nehme man sie der Kirche wieder ab, so werde auch dieser ohne große Schwierigkeiten beendet werden. Sache der weltlichen Gewalt sei es, in kluger Weise die Pflanzstätte des Unfriedens zu beseitigen.4) In ähnlicher Weise forscht auch Huß nach den Ursachen dieses teuflischen Streites und findet sie gleichermaßen in der Dotation der Kirche.") So scharf und schneidig wie Wiclif hat Huß die Folgerungen aus dieser Lehre freilich nicht gezogen, wenn er vom Schisma spricht, dagegen erörtert er in seiner Streitschrift gegen Stanislaus, daß des Papstes wegen von jeher die meisten Irrtümer und Spaltungen eingetreten seien. Solange die kaiserliche Dotation nicht vorhanden gewesen sei, habe die Kirche fortwährend an Tugenden zugenommen, seit jener Zeit aber seien alle Übel vervielfältigt worden. Stolz und Ehrgeiz, Habsucht und Simonie

1) Recte quidem dicitur, quod Dominus vere penitentem a vinculo damnacionis absolvit. Sola enim cordis confessio veraciter penitenti ad salutem anime sufficit. Tamen articulus necessitatis oris confessionem et sacerdotis absolucionem excludit. Opp. CCXV a.

2) Impossibiles errores incidunt Antichristi filii de penitencia, cum nesciunt fundare istam penitenciam, quam papa de novo instituit.

3) Non est de necessitate salutis, quod quilibet beatificandus... confitebatur omnia peccata sua proprio sacerdoti, quia antequam ista lex fuerat edita, multi sancti fuerunt salvati tam de lege antiqua quam de lege gracie...

4) Bei Wiclif (Cod. un. Prag. X. E. 9) liest man: Igitur videtur... tamquam probabile, quod ista dissensio propter cupiditatem mundani honoris et temporalium adiacencium est tanta. Nam supposita in papa sicut fuit in Petro dotacione... videtur, quod supra bona virtutum et gracie non sonabit . . . sed propter ista nunquam fuisset tanta contencio. Ideo relinquitur quod propter honores mundanos et secularia dominia que sunt adiecta papatui, ista contencio est exorta.

5) Bei Huß heißt es Opp. 1, CCXXXb: Unde autem ista diabolica contencio originatur a causa movente potest cecus palpare, quia a dotacione.

machen sich breit und die Streitigkeiten und Spaltungen werden nicht aufhören, bis,,dieses Haupt mit seinem Körper" auf die Regel der Apostel zurückgeführt ist. Damit stellt Huß die gleiche Forderung auf, wie Wiclif,1) von dem er sie ja auch zunächst übernommen hat.

1) Opp. 1, CCXXXIX: Constat enim Christi fidelibus quod maximi errores et maxime scissiones propter illud caput in ecclesia sunt exorte et usque hodie augmentantur. Donec enim illud caput non fuit institutum a cesare, crevit continue in virtutibus ecclesia, sed post constitucionem illius capitis multiplicata sunt mala... nec cessabunt, donec illud caput cum suo corpore ad apostolorum regulam sit reductum. Quanti autem sint errores in capitis curia et quanti orti sunt principaliter a tempore, quo papa non in Christi sed in cesaris habitu et damnacione floruit, patet in gestis paparum et chronicis. Vgl. auch Opp. 1, CCLXXXIIIb, CCCXXXI a.

Exkurse.

I.

Zur Verbreitung der Wiclifhandschriften in Böhmen. (Zeitschrift des deutschen Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens, 20. Jahrgang 1916.)

Schon in meiner Abhandlung,,Die ältesten Streitschriften Wiclifs“1) habe ich einige Angaben,,Zur Überlieferung der Wiclifhandschriften" machen können. Die Untersuchung bezog sich aber damals mehr auf die Anzahl der auf uns gekommenen Handschriften als auf ihren inneren Wert oder auf die Frage ihrer Entstehung oder Zusammengehörigkeit. Ich war in der Lage, zu dem bekannten und geschätzten,,Catalogue of the Original Works of John Wyclif“ von Walter Waddington Shirley reiche Nachträge zu liefern.2) Wenn ich nun nochmals auf die Frage der Überlieferung der Wiclifhandschriften zurückkomme, geschieht es nicht in der früheren Absicht, sondern vielmehr, um auf die Tatsache hinzuweisen, daß es unter den schon längst bekannten Handschriften einige gibt, denen in bezug auf ihre Herkunft eine besondere Bedeutung zuzumessen ist und die etwas mehr Licht auf die Beziehungen des tschechischen zum englischen Wiclifismus im ersten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts werfen. 3) Es sind dies die Handschriften bzw. Texte von Wiclifs De Dominio Divino, De Civili Dominio, De Veritate Sacre Scripture und De Ecclesia. Man wird auch die übrigen Werke aus Wiclifs Summa Theologiae berühren müssen, wenngleich die Untersuchung vornehmlich den erstgenannten gilt, da nur in ihnen noch eine Reihe von Hinweisen auf ihre Entstehung und auf den Ort und die Zeit dieser Entstehung enthalten ist. In den Randnoten dieser Handschriften findet man nämlich Bemerkungen, die von den Herausgebern der Texte nicht unbemerkt geblieben sind, trotzdem aber bisher nicht zum Gegenstand einer Untersuchung gemacht wurden, wiewohl sie uns über die angezogenen Fragen zu belehren vermögen.

1) Sitzungsberichte der phil.-hist. Klasse der Wiener Akademie, Bd. 160, S. 62. 2) Die Nachträge sind jetzt vermerkt in Shirley's Catalogue of the extant Latin Works of John Wyclif, revised by J. Loserth, London 1924 (Wyclif-Society). 3) S. den Exkurs Nr. 2.

Loserth, Huß und Wiclif.

13

Man weiß aus den Angaben der englischen Historiker Thomas Walsingham und Heinrich Knighton, daß es in England einige Mittelpunkte des Lollardismus gab. Wenn jetzt böhmische Studenten englische Schulen aufsuchten, geschah es nicht, um wie in den Tagen der guten Königin Anna etwa die berühmte Hochschule in Oxford aufzusuchen, sondern vielmehr zu dem bestimmten Zwecke, den Erinnerungen an Wiclif nachzugehen, nach seinen Werken zu forschen und sie zu kopieren. Es kamen sonach außer Oxford, wo die Erinnerungen an ihn gewiß am lebendigsten waren, auch andere Orte in Betracht, in denen man solche Werke finden konnte. Noch lebten so viele seiner Schüler und Freunde und fanden sich gewiß auch noch Werke von seiner eigenen Hand vor. Solche Studien wurden in den Jahren 1406 und 1407 von den beiden böhmischen Studenten Nikolaus Faulfisch und Georg von Kniechnicz gemacht und solche Orte Englands von ihnen zu diesem Zwecke aufgesucht. Diese beiden Männer sind es, denen wir die Abschriften der genannten Werke in den bezeichneten Handschriften verdanken. Indem sie darin einmal ihre Namen eintrugen, ein anderes Mal über den Ort, an dem, und die Zeit, zu der sie schreiben, Meldung tun, werden wir hierüber in wünschenswerter Weise belehrt.

Man findet die betreffenden Notizen in der Handschrift 1294 der Wiener Hofbibliothek. Indem diese Handschrift eine eigenartige Ausstattung besitzt, die in gleicher Weise noch in einigen anderen Handschriften wiederkehrt und diese auch die anderen Eigentümlichkeiten besitzen, die wir bei 1294 bemerken, ist es unzweifelhaft, daß auch diese Handschriften entweder noch in England von denselben Schreibern kopiert oder von dort genommenen Kopien abgeschrieben wurden.

Die Handschrift 1294 enthält, wie bemerkt, die Werke De Veritate Sacre Scripture, De Ecclesia und De Dominio Divino. Diese drei Traktate wurden von den beiden genannten Böhmen in England kopiert, wie man der Note am Schluß von De Veritate Sacre Sripture entnimmt: Correctus graviter anno domini 1407 in vigilia Purificationis sancte Marie Oxon(ii) per Nicolaum Faulfiss et Georgium de Kniechnicz. Das Wort graviter deutet an, daß ihnen die Korrektur große Mühe machte. In der Tat wird man, wenn man die vielen Korrekturen in schwarzer und roter Tinte in Betracht zieht (das gleiche ist in der den Traktat De Mandatis Divinis enthaltenden Handschrift A 34 des Prager Domkapitels der Fall), an eine mehrfache Durchsicht des Textes denken müssen. Alle drei Traktate im Kodex 1294 sind von einer einzigen, derselben Hand geschrieben, die die obige Note angefügt hat, woraus ersichtlich wird, daß die Kopie von den Genannten nicht bloß durchkorrigiert, sondern auch angefertigt wurde, was übrigens auch die vielen tschechischen Noten, die sich in allen drei Traktaten finden und von derselben Hand geschrieben sind, beweisen.

Wenn man den großen Umfang von De Veritate Sacre Scripture ins Auge faßt, so wird man nicht irre gehen, wenn man den Beginn des Abschreibens mindestens noch in die letzten Monate des Jahres 1406 verlegt; im Zeitraum von 31 Tagen hätte, trotz allen Fleißes, der aus der Kopie von De Dominio Divino ersichtlich ist, die große Arbeit schwerlich vollendet werden können. Nach De Veritate Sacre Scripture wurde die Abschrift von De Ecclesia und De Dominio Divino in Angriff genommen. De Ecclesia wurde nicht in Oxford kopiert. Wir finden nämlich am Schluß des zweiten Kapitels die Randnote Kenmerton psano, d. h. geschrieben zu Kenmerton. Dieser Ort Kemerton liegt in der Nähe von Tewkesbury in Worcestershire. Daß übrigens seitens des Schreibers in einem Tage viel Arbeit geleistet wurde, entnehmen wir zwei Anmerkungen am Schlusse des 10. und 11. Kapitels im Traktate De Dominio Divino. Das erste Mal heißt es: v welyky czwrtek psano, am Gründonnerstag geschrieben, das zweite Mal v weliky patek, am Karfreitag, demnach wurde das Kapitel II an einem einzigen Tage geschrieben, es sind über acht Spalten, und die Niederschrift in einem Tage muß bei der darauf verwendeten Sorgfalt immerhin als eine bedeutende Leistung bezeichnet werden.

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Die drei Traktate, wie sie jetzt im Kodex 1294 aufeinanderfolgen, sind erst in Böhmen zusammengebunden worden. So hat noch ein jeder seine besondere Blattzählung; dann ersieht man die Sache aus dem Umstand, daß das vordere und rückwärtige Schutzblatt Teile einer und derselben Urkunde sind, die aus Mähren stammt und für die Geschichte dieser Handschrift auch sonst noch Bemerkenswertes bietet. In der Urkunde wird Simon von Tischnow, einer der feurigsten Anhänger des tschechischen Wiclifismus genannt. Zu seinen Gunsten wird eine Stiftung gemacht.1) Man darf daraus den Schluß ziehen, daß die Urkunde sich einst in seinem Besitz befand und von ihm selbst in späterer Zeit, als sie für ihn ihre Bedeutung verloren hatte, zur Herstellung des Einbandes benutzt wurde. Daher wird man wohl sagen dürfen, daß der Kodex 1294 sich einst im Besitz Simons von Tischnow befand. Man wird geneigt sein, auch auf den Umstand hinzuweisen, daß sich Simon in ganz besonderer Weise den Inhalt von dem Buch De Ecclesia angeeignet hat.

In den drei Traktaten sind die Ortangaben von besonderer Wichtigkeit, da wir daraus einige Schlüsse auf die Herkunft der Handschriften ziehen können. Zunächst sei gesagt, daß diese nicht in der Reihe geschrieben wurden, wie sie jetzt aneinander gebunden sind. Zuerst wurde De Veritate Sacre Scripture geschrieben, dann folgte De Dominio Divino, zuletzt De Ecclesia; dies letztere nimmt jetzt den Platz in der Mitte ein.

1) 1401, März 7. Gedr. Mitt. des Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen. 22. Bd., S. 223.

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