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Melanchthons theologische Entwicklung

bis zur

Herausgabe der Loci communes.

Melanchthons Loci.

1

Philipp Melanchthons Heimat ist die Stadt Bretten,

die damals zur Kurpfalz gehörte. Dort wurde er am 16. Februar 1497 geboren. Früh verlor er den Vater, Georg Schwarzerd oder Schwarzert, einen Waffenschmied, einen in seinem Handwerk tüchtigen Mann, der von den Fürsten und Herren weit und breit geschätzt wurde. In lebhafter Erinnerung behielt der Sohn die Worte, die er zwei Tage vor seinem Tode an den damals zehnjährigen Knaben richtete die ernste Mahnung zu Gottesfurcht und Frömmigkeit und die bange Prophezeiung schwerwiegender politischer Umwälzungen 1). Sicher war Melanchthons Neigung, trüben Blickes in die Zukunft zu schauen, ein Erbe vom Vater her. Dagegen scheint der Einfluss der Mutter, obwohl er in späteren Jahren manchen praktischen Ausspruch von ihr zu berichten weiss 2), zurück zu treten. Dass Joachim Camerarius in der Lebensbeschreibung des Freundes sie als valde prudens atque pia bezeichnet 3) und nicht minder die Panegyriker ihre singularis sapientia et morum gravitas rühmen 4), versteht sich von selbst. Sie war die Tochter des Bürgermeisters Johannes Reuter. Auf dessen Veranlassung er

1) Corpus Reformatorum ed. Bretschneider VIII, 370.
2) Vgl. C. R. XX, 549; XXV, 464.

3) Camerarius vita Melanchthonis ed. Strobel, Halle 1777.
4) C. R. X, 189 ff.

hielt Philipp mit seinem Bruder Georg, dem späteren Schultheiss der Vaterstadt, und seinem Vetter, Joh. Reuter, dem nachmaligen Propst zu Speier, den ersten gelehrten Unterricht durch Jacob Unger aus Pforzheim. Dem strengen aber trefflichen Lehrer, der später in seiner Vaterstadt mit Eifer das Evangelium predigte, verdankte Melanchthon seine grammatische Schulung. In jene Zeit schon fielen seine ersten Versuche im Lateinsprechen 1). Bedeutsamer noch für die philologische Richtung des Knaben wurde der Aufenthalt in Pforzheim, wohin er nach des Vaters Tode mit Bruder und Vetter unter dem Schutze

der Grossmutter übersiedelte. Hier war es Georg Simler aus Wimpfen, der Melanchthons hohe Begabung erkannte und ihn in das Studium des Griechischen einführte. Hier scheint er auch den berühmten Bruder der Grossmutter, Johann Reuchlin kennen gelernt zu haben 2). Fortan bestimmte das Interesse desselben an seinem Grossneffen, dessen Eifer für die klassischen Stücke er auf jede Weise anzuspornen suchte, den Entwicklungsgang Melanchthons. Auch diese Gräcisierung des väterlichen Namens, die er seitdem von 1531 an allerdings in der Form Melanthon annahm, verdankte er dem Oheim 3). In einem Alter, in dem sonst die ersten Anfänge gelehrter Bildung zu liegen pflegen, war Melanchthon bereits ein Kenner und begeisterter Anhänger der Alten. Als solcher schon zog

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1) Camerarius a. a. O. S. 6 ff.

2) Vgl. Geiger, Joh. Reuchlin, sein Leben und seine Werke, Leipzig 1871.

3) Camerarius S. 10. Vgl. darüber K. Hartfelder Philipp Melanchthon als Praeceptor Germaniae (Mon. Germ. paedag. Bd. VII, Berlin 1889, S. 9) und die dort angegebene Litteratur. Vielleicht wird man die Veränderung der Schreibung des Namens lediglich als eine Schrulle anzusehen haben, der eine tiefere Begründung überhaupt abgeht. Jedenfalls halte ich es nicht für gerechtfertigt, wie Plitt schon im Titel des vorliegenden Werkes gethan, die Änderung Melanthon zu wählen, da die erste Ausgabe der Loci von Melanchthon herrührt.

er 1509 nach Heidelberg, wo er am 14. Oktober immatrikuliert wurde 1).

Heidelberg, die Residenz der pfälzischen Kurfürsten, war zwar weit davon entfernt, jemals ein Sitz der Humanisten gewesen zu sein. Sie hatten bisher dort nicht aufkommen können, aber doch hatte daselbst der grösste Vertreter des älteren deutschen Humanismus, Rudolph Agricola, gelehrt. Dort hatte Joh. von Dalberg, begünstigt von Kurfürst Friedrich, Männer wie den gelehrten Abt Johannes Trithemius, Joh. Reuchlin und den unstäten Conrad Celtis zeitweilig zu einem glänzenden Kreise um sich versammelt 2).

Das war längst vorüber. Aber man dachte noch daran zurück, wie an eine schöne Zeit, und welchen Eindruck die Rede davon auf den jugendlichen Melanchthon machte, das zeigt die Lobrede auf Rudolph Agricola, die er im Jahre 1539 einen Schüler halten liess 3), noch mehr ein Brief, den er wenige Monate vor seinem Tode (am 1. Januar 1560) gelegentlich der Berufung seines Neffen Sigismund an Rector und Senat in Heidelberg richtete 4). Die Kunde von früheren glänzenden Tagen Heidelbergs

1) Töpke, Die Matrikel der Universität Heidelberg. Heidelberg 1884 I, 472. Vgl. zu dem ganzen Abschnitt Hartfelder a. a. O. S. 12 ff.

2) Vgl. F. v. Bezold, Rudolf Agricola ein deutscher Vertreter der italienischen Renaissance. München 1884. Silbernagel, Joh. Trithemius. Landshut 1868. — K. Morneweg, Joh. v. Dalberg. Heidelberg 1887. F. v. Bezold, Conr. Celtis in

v. Sybels Zeitschrift 1883.

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3) C. R. XI, 439 cf. III, 673.

4) Ich teile diesen Brief, der im C. R. und bei Bindseil fehlt (wie bereits Hartfelder, Mel. S. 15 bemerkt hat) hier unter Verbesserung sichtlicher Lesefehler mit aus Seisen, Gesch. der Reformation in Heidelberg, Heidelberg 1846, S. 96:

Magnifico Rectori inclytae Academiae Heidelbergensis et Senatus Academici viri(s) clarissimi(s) eruditione et virtute praestantibus, amicis colendis S. D. Magnifice Domine Rector et viri clarissimi! Saepe cum alias historias Academiae vestrae cogito, tum vero et illud tempus, quo simul ibi vixerunt Dalburgius, Rudolphus Agri

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