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lischer Theologie zu unterscheiden, und rührt, wie sehr wahrscheinlich, das unter dem Pseudonym Ottho Germanus erschienene Empfehlungsschreiben zu Luthers Kommentar zum Galaterbrief von ihm her1), dann stand er nicht mehr fern von dem harten abfälligen Urteile Luthers 2) über den Meister der Scholastik, der jetzt auch ihm als Feind der Wahrheit galt, so dass es zu beklagen sei, wenn jemand auf seine Possen Zeit und Mühe verschwende. Dagegen betonte er die alleinige Autorität der heiligen Schrift, nachdem Carlstadt sie zuerst als Grundsatz ausgesprochen 3) bereits prinzipieller als Luther 4). Mit sichtlicher Selbständigkeit zog er seine Schlüsse. Die Thesen, die er, um auf Luthers Veranlassung die Würde eines Baccalaureus der Theologie zu erwerben, am 9. September 1519 verteidigte), durfte Luther, der den jungen Freund täglich mehr be

1) Das wird neuerdings als grundlose Vermutung bestritten von Knaake (Luthers W. W., Weim. A. II, 437) erscheint aber wegen des vielfachen Zusammenklingens mit sonstigen von Melanchthon in dieser Zeit ausgesprochenen Gedanken im höchsten Masse wahrscheinlich. Für Otto Beckmann, an den Knaake denkt, spräche doch nichts als der Vorname. Vgl. C. R. I, 121 ff.

2) Vgl. Fr. Nitzsch, Luther und Aristoteles, Kiel 1883.

3) In seinen Thesen vom Mai 1518 bei Löscher, Reformationsakten II, 80: Textus bibliae non modo uni pluribusve ecclesiae doctoribus sed etiam totius ecclesiae auctoritati prefertur.

4) Quandoquidem unus aliquis et simplex scripturae sensus est, ut et coelestis veritas simplicissima est, quem collatis scripturis e filo ductuque orationis licet assequi. In hoc enim iubemur philosophari in scripturis divinis ut hominum sententias decretaque ad ipsas ad Lydium lapidem (Probirstein) exigamus. C. R. I, 113 f.

5) Dieselben sind von dem um die Reformationsgeschichte hochverdienten D. Karl Krafft in Elberfeld aufgefunden und in seinem Werke „Briefe und Dokumente aus der Zeit der Reformation", Elberfeld (i. J. 1876) S. 6 mitgeteilt worden. Da dieses Buch nicht die verdiente Verbreitung gefunden hat, und Melanchthons Thesen schon grundlegende Gedanken der loci enthalten, sind dieselben unten als Beilage noch einmal abgedruckt worden.

wunderte, als ziemlich kühn bezeichnen1). Sie enthielten nicht nur das, was sich Melanchthon bisher als Resultat seines Schriftstudiums ergeben hatte, und sind darum in gewisser Beziehung als Vorstufe seiner späteren Loci zu bezeichnen, sondern bedeuteten zugleich einen scharfen Vorstoss gegen das ganze römische System. Von dem Satze aus, dass der Christ keine anderen Artikel zu glauben brauche, als die durch die Schrift bezeugten, und dass die Schrift auch über dem Konzil stehe, leugnete er u. a. kühn die Verbindlichkeit der Lehre von der Transsubstantiation und dem durch die Priesterweihe erlangten Character indelebilis. In diesen Punkten ging der junge Magister Luther voran, während sich sonst die Beeinflussung durch Luther nicht verkennen lässt, namentlich auch hinsichtlich der Auffassung der Rechtfertigung, die er lediglich als eine aus Gnaden verliehene imputatio dei bestimmt 2).

Das Aufsehen, das seine Sätze erregten, lässt sich begreifen, ebenso dass ein Mann wie Eck eilte, deshalb die Wittenberger bei dem Kurfürsten zu denunzieren und darauf hinzuweisen, wie das „heilige Sakrament des zarten Frohnleichnahms angetastet werde 3)“.

Aber Melanchthon liess sich nicht irre machen. Auf die Frage von der Transsubstantiation kam es ihm offenbar um diese Zeit nicht besonders an, es war ihm auch nicht unbekannt, wie verschiedentlich die jüngeren Scholastiker darüber urteilten, die Hauptsache war ihm, die

1) L. an Staupitz 3. Okt. 1519: Philippi positiones vidisti aut nunc vides audaculas sed verissimas. Ita respondit, ut omnibus nobis esset id quod est, scilicet miraculum. Si Christus dignabitur, multos ille Martinos praestabit, diabolo et scholasticae theologiae potentissimus hostis; novit illorum nugas simul et Christi petram ; ideo potens potuit. Enders, Luthers Briefwechsel II, 183 f.

2) These 10. Omnis iustitia nostra est gratuita dei imputatio. Dass er damit noch nicht die lutherische Auffassung ganz und voll verband, wird das Folgende ergeben.

3) Ebenda S. 244. Eben auf diese Denunciation bezieht sich Mel. im Eingang seiner Widmungsepistel an Hess. C. R. I, 137.

alleinige Normativität der Schrift zu betonen, woraus dann freilich, was er mehr beispielsweise erwähnte, mit Notwendigkeit folge, dass man kein Recht habe, Meinungen wie die von der Transsubstantiation, die er selbst noch glaubt annehmen zu können1), als Glaubensartikel hinzustellen. Uebrigens wurde die Frage nach Zahl und Wesen der Sakramente damals lebhaft zwischen Luther und Melanchthon verhandelt, namentlich was es mit der Ordination für eine Bewandtnis habe. Und da Luther an der Stelle, wo er auf Grund der Erkenntnis vom allgemeinen Priestertum aller Gläubigen zuerst seine Lehre vom Amt andeutet, den nach den Pflichten des Priesters fragenden Spalatin auf Melanchthons mündliche Belehrung verweist, wird man vielleicht ein Recht haben, jene Gedanken auf Melanchthons Anregung zurückzuführen 2), dessen Neigung jetzt nur noch dem Studium der Schrift zu gehören schien. Es ist ihm ein Labsal, „himmlische Ambrosia", und er wird nicht müde, die Freunde zu gleichem Eifer anzuregen3). Im Sommer 1519 las er zum ersten Mal über den Römerbrief. Was er dabei an Erläuterungen (commentarios) diktiert, versprach er seinem Freunde und Landsmann Joh. Schwebel nach Pforzheim

1) Equidem sententiam de transsubstantiatione haud gravatim amplector, sed inter articulos fidei non temere numeraverim. Verum Christi corpus manducari, fidei articulus est: quocunque tandem modo sacro sanctum corpus figuram panis induat. C. R. I, 145.

2) Officia sacerdotis, quae ex me quaeris, ignoro, cum quanto magis cogito non inveniam, quod scribam, nisi ceremonialia; deinde valde me urget Petrus apostolus, 1. Pet. 2 dicens, nos omnes sacerdotes; idem Johannes in Apocalypsi; ut hoc genus sacerdotii in quo nos sumus, prorsus non differe videatur a laicis nisi ministerio, quo sacramenta et verbum ministrantur. Caetera omnia sunt aequalia, si ceremonias et humana statuta demas, et satis miramur, unde ordo nomen sacramenti invenerit. Mira haec tibi nonne? sed praesens plura una cum Philippo, quoniam has res et saepe et acute tractavimus. Enders II, 279.

3) C. R. I, 128.

zu schicken'). Wohl erst seit dem Winter las er zu Luthers grosser Freude, der nur bedauerte, nicht alle seine Ordensbrüder in diese Vorlesung schicken zu können, auch über das Evangelium des Matthäus 2). Seine da gegebenen Erklärungen gedachte er zu veröffentlichen. Er hat es dann doch unterlassen, weil sie ihm nicht genügten3).

Einen um so wertvolleren Einblick in Melanchthons theologisches Werden gewährt darum eine andere Arbeit aus dieser Zeit. Nach den Statuten der Universität wurde zu Ehren des Apostels Paulus, des Patrons der theologischen Fakultät, am Tage Pauli Bekehrung eine Festfeier veranstaltet. Diesmal hielt am 25. Jan. 1520, und zwar in Gegenwart des zufällig anwesenden kaiserlichen Gesandten Heinrich Bronner, Philipp Melanchthon die Festrede. Sein Thema war das, was ihn in dieser Zeit vor allem bewegte, „die paulinische Theologie).

Diese wenig beachtete Rede gehört zu den interessan

1) Ebenda am 11. Dez. 1519: per aestatem hanc interpretati sumus epistolam ad Romanos Pauli, omnium longe gravissimam et seu scopi vice fungentem in universam scripturam sacram, quam vellem te exactissime tenere. Proinde in illam commentarios meos missurus eram, ni et temere abiiset nuntius, et ego vererer, ne evolarent: dictavi ex tempore multa.

2) Ebenda vgl. Luther bei Enders II, 281: Doleo me non posse vel omnes fratres ad lectionem theologicam Philippi in Matthaeum hora sexta matutina mittere. Superat iste Graeculus me quoque in ipsa theologia. (Hora sexta matutina ist früh um 6, nicht wie Plitt 1. Aufl. S. 72 annahm, um 12 Uhr.)

3) C. R. I, 158 vom 17. April 1520: Mattheum nondum absolvi. Nec est quod annotationes seu scholia nostra desideres. Brevius aequo tractavimus Evangelistam magis лoooμiaóμɛvoi et praeludentes iustae narrationi.

4) Declamatiuncula in D. Pauli doctrinam". Da diese Rede im C. R. fehlt, ist sie von Plitt im Anhang der ersten Ausgabe abgedruckt worden, wozu jetzt nicht minder Veranlassung war, da sie z. B. auch Hartfelder entgangen ist, der sie S. 580 Nr. 23 mit der C. R. XI, 34 abgedruckten Ad Paulinae doctrinae studium adhortatio identifiziert. Siehe den Abdruck unten Beilage II.

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testen Zeugnissen aus den Anfängen der Reformation. Kaum dürfte man irgendwo sonst unmittelbarer erkennen können, welchen gewaltigen Eindruck das erneute Studium der Briefe des Paulus machte, wie man glaubte, ihn erst wieder entdeckt zu haben, und wie hinter diesem Apostel und seiner Lehre alles Andere, was die Schrift bot, verblasste 1). Was Melanchthon hier liefert, ist nicht etwa eine wissenschaftliche Darstellung der wichtigsten Gedanken des Paulus, eher ein dithyrambischer Preis des Apostels, unter dessen Vorzügen die maiestas doctrinae oben ansteht. Sie ist es, mit der jeder sich bekannt machen muss, denn sie enthält die Summe des Heils. Nur durch sie kann man finden, was den Philosophen unbekannt ist, Christum und mit ihm den Geist vollkommener Tugend und des Friedens, die Seligkeit, um die sich die Philosophen vergebens bemüht haben und von der die dem Aristoteles verfallene moderne Theologie nichts weiss. Diese Gegenüberstellung ist das Beherrschende; sie hindert, wie begreiflich, den Redner daran, irgendwie der Eigenart des Paulinismus gerecht zu werden. Aber darauf kommt es ihm gar nicht an. Erfüllt von der Ueberzeugung, nur aus

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1) Nam in eo sum, ut putem nullius litteris, nullius litteris, nullius commentariis propius cognosci posse Christum atque adeo salutis nostrae summam quam Paulinis. Spiritus absolutae virtutis ac pacis auctor quem nostris temporibus ex unius Pauli literis cognoscere datum est. Novus hic certe mundus est, cui amarescunt vita, gloria, voluptas, denique quidquid est rerum, in quas propensa caro fertur. Talem quendam mundum, talem spiritum, tales animos unde petamus Paulus indicat, ubi antiquata lege exciso peccati legisque regno, regnum gratiae et pacis describit. Sacri libri reliqui fere legibus nos erudiunt. Hic vero, cum constet humanos animos a legibus natura abhorrere, Christum oculis mortalium proponit, a quo spiritum virtutum ac pacis auctorem impetremus etc. Et hactenus quanta iactura scholae Theologicae Paulum neglexerint, horreo dicere. Postquam enim contempta huius doctrina Aristotelem complexae sunt, vix Christi nomen reliquum est.

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