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schehen seyn werde? Jmgleichen schreibt Flemming auf den Namenstag einer Jungfer dergestalt:

Daß der Lenz die Welt umarmet,
Daß der Erden Schooß erwarmet,
Daß die Nächte werden klein;
Daß der Wind gelinder wehet,
Daß der lockre Schnee vergehet,
Das macht.euer Sonnenschein.

Wo man augenscheinlich sieht, daß der natürliche Anfang hätte heißen müssen: Euer Sonnenschein macht, daß der Lenz 2. Eben so hätte Rachel folgende Zeilen,

Zu einem sammtnen Rock die groben Leinwandhosen,
Wer hatt' es sonst erdacht, als Narren und Franzosen?

natürlicher Weise ganz und gar umkehren müssen: wenn er fie nicht dergestalt viel nachdrücklicher befunden håtte. Ueberhaupt könnte man Horazens Worte hieher ziehen, wiewohl er sie in anderer Absicht geschrieben:

In medias res,
Non fecus ac notas, Auditorem rapit.

28. §. Doch verlange ich mit dem allen der unverschåmten Frechheit der Sprachverderber keinesweges Thür und Thor zu öffnen, die ohne Verstand und Nachsinnen das unterste zu oberst kehren, und doch für gute Poeten angesehen seyn wollen. Die Versetzungen sind nicht aus Noth erlaubet, um das Sylbenmaaß vollzustopfen; denn dieß gehört für die elendesten Stümper: sondern nur alsdann steht es frey, sich derfelben zu bedienen, wenn ein besonderer Nachdruck, oder eine neue Schönheit des Ausdruckes daraus entsteht. Wer diefes nicht in Acht nimmt, und ohne Scheu, wider die Natur unfrer Mundart, alle Regeln der Sprachkunst aus den Augen fehet, der verdienet, ein Pohl oder Wende genennt zu werden, der nicht einmal Deutsch kann, geschweige, daß er ein Poet zu heißen verdienen sollte. Denn das werden lauter Solæcifmi und anvgohoylay, die kein Kenner seiner Mut

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Muttersprache ertragen kann: wenn gleich manche Neulinge den Mangel ihres Geistes und Wiges, den sie bey der ordentlichen Wortfügung nicht zeigen können, nur durch die Verhunzung der deutschen Sprache zu verbergen suchen. Wallisius sagt dieses zwar seinen englischen Poeten nach, daß sie die Grammatik sehr aus den Augen feßten: und ein gebohrner gelehrter Engländer, hat mir solches insonderheit vom Milton bekräftiget; dessen vornehmste Schönheiten in grammatischen Schnißern bestünden. Bey uns hergegen, wird keine solche Frechheit gelten, die nicht auch in ungebundner Rede, im Affecte, zu dulden ist. Eben so seltsam würde es seyn, wenn man die Wortfügung fremder Sprachen in der unsrigen anbringen wollte; welches vielen, die mehr Französisch als Deutsch können, sehr leicht zu entfahren pflegt. 3. E. wenn ich schriebe: Die Augen über das Feld ausspazieren lassen; oder, Linem Frauenzimmer den Hof machen, weil die Franzosen sprechen: Promener fes yeux fur les champs, und faire fa Cour à une Dame. Das sind lauter handgreifliche Barbarifmi in unfrer Mundart, die kein Mensch versteht, der nicht französisch kann: wohin denn auch die Mittelwörter gehören, die gleichfalls von einigen geschwornen Participianern, sehr unverschämt gebraucht werden. Schlüßlich, ein Poet muß überall Boileaus Regel beobachten:

Sur tout, qu'en vos Ecrits la Langue reveréė,

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Dans vos plus grands Excés, vous foit toujours facrée.
En vain vous me frappez d'un Son melodieux;
Si le Terme eft impropre, ou le Tour vicieux,
Mon Esprit n'admet point un pompeux Barbarisme,
Ni d'un Vers empoulé l'orgueilleux Solecifme,
Sans la Langue, en un mot, l'Auteur le plus divin
Eft toujours, quoiqu'il faffe, un méchant Ecrivain.

Das

Das X. Hauptstück.

Von den Figuren in der Poesie.

I. S.

ie Abhandlung von den Figuren gehöret eigentlich für die Meister der Redekunst: und ich könnte also meine Leser dahin verweisen, oder gar zum voraus sehen, daß fie sich darum schon bekümmert haben würden. Allein fürs erste hat die gebundne Schreibart eben so viel Recht dazu, als die ungebundne, ja noch wohl ein größeres. Sie hat sich nicht nur dieser Zierrathe bedienet, ehe diese noch erfunden worden: sondern sie pfleget sich auch damit weit häufiger zu pußen, als dieselbe. Hernach kann man nicht allezeit zum Grunde seßen, daß die Liebhaber der Dichtkunst sich vorher in der Redekunst fest gesezt haben sollten. Dieser Gattung Lesern zu gefallen, habe ich mein Buch lieber vollständiger machen, als sie auf einen anderweitigen Unterricht in diesem Stücke verweisen wollen.

2. §. Einige neuere Lehrer der Beredsamkeit haben mit großem Eifer wider den Unterricht von Figuren, der in allen Rhetoriken vorkommt, geschrieben. Sie haben dafür gehalten: man könnte diese ganze Lehre ersparen, und dorfte die Jugend mit so vielen griechischen Namen nicht plagen; zumal da sie daraus nichts mehr lernte, als wie man eine Sache benennen könnte, die auch dem einfältigsten Pöbel bekannt wäre. Zu dieser Zahl ist noch neulich ein schweizerischer Kunstrichter getreten, der anstatt der Figuren, ein unverständliches Mischmasch, und eine sclavische Nachahmung des, in seiner eignen Sprache barbarischen Miltons einzuführen wünschte. Man giebt es zu, daß viele Schullehrer der Sache zu viel gethan, und sich gar zu lange daben aufgehalten haben. Man giebt auch zu, daß die griechischen Namen oft eine unnöthige Schwierigkeit verursachen, und daß man bef

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ser thåte, wenn man an ihrer Stelle deutsche einführete. Man gesteht auch endlich, daß die Natur selbst lebhafte Leute in Figuren reden lehret, die sonst ihr lebenlang keine Anleitung dazu bekommen haben. Aber aus dem allen folget noch nicht, daß die Lehre von Figuren aus den Anweisungen zur Wohlredenheit gar zu verbannen sey. Wenn man etwa ein kleines Kapitel dazu widmet; wenn man sich bemühet, die Namen derselben leicht und deutlich zu machen; wenn man endlich ihren Gebrauch und Misbrauch unterscheiden lehret: so ist man, meines Erachtens, wohl nicht zu schelten. Zu geschweigen, daß nur die muntersten Köpfe von sich selbst auf die Figuren gerathen, wenn sie wovon reden oder schreiben. Die andern, die nicht so viel Feuer haben, würden sich Darauf gar nicht besinnen; wenn man ihnen nicht auf die Spur helfen wollte. Wenn man ihnen aber gute Erem, pel davon vorlegt, und die Schönheit derselben empfindlich macht: so werden fie auch entzündet, und bemühen sich hernach, ihre schläfrige Schreibart auch dadurch ein wenig zu erwecken und anzufeuren.

3. §. Es giebt aber zweyerley Figuren. Einige bestehen nur in einzelnen Worten, andre aber in ganzen Sprüchen oder Säßen: daher hätte ich von den erstern schon nach dem sechsten Hauptstücke handeln können. Wir wollen sie hier durch einander nennen, beschreiben und mit Erempel aus unsern Poeten erläutern. Ich will der Ordnung des berühmten P. Lami hierinn folgen, welche er in seiner Redekunst beobachtet hat. Dieser hat die innere Natur der Figuren sehr wohl eingesehen. Er hålt sie für eine Sprache der Affecten, für einen Ausdruck starker Gemüthsbewegungen, und vergleicht fie mit den verschiedenen Gesichtszügen oder Lineamenten; daran man gleichfalls die innere Gemüthsbeschaffenheit eines Menschen von außen abnehmen kann. Die Vergleichung ist glücklich und wohl angebracht: denn in der That sind die Figuren etwas mehr, als bloße Zierrathe. Die ganze Stårke einer Rede zeiget sich darinn, weil sie ein gewisses Feuer in fich enthalten, welches auch den Lesern oder Zuhörern, durch

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eine geheime Kunst, Funken ins Herz wirft, und sie gleichergestalt entzündet. Daher vergleicht sie Lami, zweytens, auch mit den verschiedenen Stellen und Bewegungen eines lebhaften Fechters, der sich dadurch zu schüßen, und feinem Gegner Abbruch zuthun suchet. Die heftige Rede, die Virgil der Dido zugeeignet hat, kann überhaupt hier zum Beweise dienen. Lami hat sie in einer französischen Uebersehung zu dem Ende angeführt, und ich will sie nach Amthors Verdeutschung hieher sehen: weil sie ein Muster wohlangebrachter Figuren abgeben kann, und eben diejenige ist, von welcher Ranit dort geschrieben:

Wir lesen ja mit Lust Aeneens Ebentheuer.

Warum? Stößt ihm zur Hand ein grimmig Ungeheuer;
So hat es sein Virgil so künstlich vorgestellt,

Daß uns, ich weis nicht wie, ein Schrecken überfällt:

Und hör ich Didons Mund von Schimpf und Undank sprechen; So möcht ich ihren Hohn an den Trojanern råchen.

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4. §. So lautet indessen die Rede selbst, die von dem Poeten der erzurnten und verzweifelten Dido, nach der schnellen Abfahrt des Aeneas, in den Mund geleget worden.

Sollt eine Göttinn sich wohl deine Mutter nennen,
Und ein Trojanerheld dich für sein Blut erkennen?
Nein! Du Verräher, leugft! Ein harter Fels und Stein,
Der grimme Caucasus muß selbst dein Vater seyn.
Ein freches Tygerthier hat dir die Brust gereichet.
Das durch Hirkaniens verbrannte Wüsten streichet.
Ich rede, was ich muß; verstellen hilft mir nicht,
Weil aller Hoffnungsgrund auf ewig mir gebricht.
Hat dieser heiße Bach, der meine Wangen nåsset,
Jhm auch den kleinsten Hauch von Seufzern ausgepresset?
Wirft sein verstockter Sinn auch wohl noch einen Blick,
Durch diese Fluth erreicht, auf seine Braut zurück?
Mein Leid ist tausendfach! Was soll ich erst betrauren ?
Ich weis, selbst Juno wird mich armes Weib bedauren:
Ich weis, daß Jupiter sich drüber hat entrüft,

Daß die verdorbne Welt so voller Falschheit ist.

Ein Bettler! der durch Sturm an meinen Strand gekommen, Wird, von mir Thörichten! zum König aufgenommen?

Der

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