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Mandentur juveni partes, pueroque viriles:
Semper in adjunctis, ævoque morabimur aptis.

Aut agitur res in scenis, aut acta refertur.
Segnius irritant animos demiffa per aurem,
Quain quæ funt oculis fubjecta fidelibus, & quæ
Ipfe fibi-tradit fpectator. Non tamen intus
Digna geri, promes in fcenam; multaque tolles
Ex oculis, quæ mox narret facundia præfens.
Nec pueros coram populo Medea trucidet:
Aut humana palam coquat exta nefarius Atreus:
Aut in avem Progne vertatur, Cadmus in anguem.
Quodcunque oftendis mihi fic, incredulus odi.

Neve minor, neu fit quinto productior actu
Fabula, quæ pofci vult, & fpectata reponi.
Nec deus interfit, nifi dignus vindice nodus

len geben; fondern einem Jünglinge der im Schauspiele selbst einen jungen Menschen vorstellen soll, nicht die Gemüthsart eines Alten andichten. Denn da jenes sehr wohl angeht, so läuft dieses wider alle Wahrscheinlich teit. Hicher gehört, daß man die Rolle einer tugendhaften Person, die des Zuschauers Hochachtung erwerben soll, nicht einem verhaßten oder verächtlichen Komödianten; und hingegen die Person eines Lasterhaften, keinem bes liebten und angenehmen Schauspieler auftrage. Siehe davon des Zuschauers VI. Band 446. Stück.

65. Erzählt man bloß. Man kann nicht alles sichtbarlich auf der Schaubühne vorstellen, was in einer Tragödie oder Komödie vorkommt. Bisweilen ist die Zeit, bisweilen auch der Ort Schuld daran; bisweilen aber auch die Natur der Sache selbst. Die Franzosen lassen sowohl, als die alten Griechen, auf ihren Bühnen kein Blut vergießen, weil sie so weichlich und wol

Inci

lustig von Natur find, als jene waren. Wenn also ein Todtschlag vorgeht, so wird er nur erzählt, als wenn er hins ter den Scenen vorgegangen wäre. Die Engeländer und wir Deutschen haben dergleichen blutige Dinge gern; wenige Personen ausgenommen, die kein Blut sehen können. Doch ist es der Wahrscheinlichkeit wegen besser, sich dieser Vorstellungen zu enthalten.

66. Medea. Wir haben oben gehöret, daß sie ihre beyde Kinder ermor det habe. Wenn nun ein Poet ein Trauerspiel davon machte, so darf er sie diese schändliche Mordthat nicht vor den Augen der Zuschauer begehen laffen. Seneca hat es indessen in sei ner Tragödie doch gethan, und also des Horaz Regel überschritten: der aber, wie leicht erhellet, nicht alle, sondern nur die grausamsten Mordthaten auf der Schaubühne für unanständig erkläret; wie denn alle drey griechischeTragödienschreiber sich nicht

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Kein Greis sey Knaben gleich. Man muß in allen Sachen,
Auf das, was sich geziemt, und auf den Wohlstand sehn.

Was sich nicht spielen läßt, so wie es ist geschehn,
Davon erzählt man bloß (65) die Nachricht auf den Bühnen.
Doch, was das Ohr nur hört, so kraftig es geschienen,
Dringt lange nicht so tief in die Gemüther ein,

Als was man selber sieht. Doch solltens Dinge seyn,
Die man nicht zeigen mag, die darf das Volk nicht sehen:
Man trägt sie mündlich vor, als wären sie geschehen.
Medea (66) darf den Mord an ihrer Leibesfrucht
Nicht öffentlich begehn. Des Atreus Eifersucht,
Giebt dem Thyestes zwar das Fleisch gekochter Knaben;
Doch darf man Topf und Heerd nicht selbst gesehen haben,
Wo sie gesetten sind. Verwandelt Progne sich; (67)
Wird Kadmus eine Schlang; alsdann bediene dich
Der Freyheit nimmermehr, dergleichen sehn zu lassen:
Ich glaub es wahrlich nicht, und werd es ewig hassen.
Ein Schauspiel, das beliebt und angenehm soll seyn,
Das theile man genau nur in fünf Auszúg' ein. (68)
Man mische keinen Gott (69) in seiner Helden Thaten,
Bis es nicht möglich ist, der Wunder zu entrathey.

gänzlich der blutigen Handlungen ent: halten haben.

67. Progne foll sich in eine Schwalbe, Philomele in eine Nach tigall, Kadmus aber in eine Schlan ge verwandelt haben. In der Fabel ist dies angenehm zu lesen, aber es wird lächerlich, ja unglaublich, wenn man es sichtbar vorstellen wollte. Daher kann man urtheilen, was von der Verwandlung eines Mannes in einen Hund zu halten sey, die uns gleichwohl in einer gewiffen neuen Komödie auf der Schaubühne hätte gezeiget werden sollen, wenn sie jemals gespielet worben wäre.

68. Fünf Aufzüge. Einige Neu ern haben zwar zuweilen nur brey ge macht: aber alsdann bekömmt jeder Aufzug gar zu viel Scenen oder Nuf tritte, so, daß dem Zuschauer Zeit und Weile darüber lang wird. Es it also beffer, man bleibe bey dieser Regel des Horaz, und folge lieber lem Erempel dér-älten Griechen nach,

Es

als den heutigen Italianern: die ohne Zweifel die Urheber der Stücke mit dreyen Aufzügen sind. Man hat bey uns die Actus schon vor 100 Jahren Aufzüge genennet.

69. Reinen Gott. Die alten Tra gddienschreiber pflegten zuweilen ohne Noth, die Götter in ihre Fabeln zu mischen: sonderlich wenn sie ihren Helden in solche Umstände hatten gera then laffen, daß er ohne ein solches Wunder nicht aus oder ein gewußt hätte. Dieses verbiethet Horaz, ohne die höchste Noth nicht zu thun. Es ist auch in der That eine schlechte Kunst, die Verwirrung, darein man seinen Held gestecket, durch eine götts liche Hülfe zurecht zu bringen. Das heißt, den Knoten zerschneiden, nicht auflösen. Daher erhellet denn, daß die größte Schönheit der Opern, die den Wöbel so blendet, ich menne die Maschinen, nichts als theatralische Fehler sind; zumal die meisten recht ben den Haaren herzugezogen werden.

70. Jha

Inciderit: nec quarta loqui perfona laboret.
Actoris partes chorus, officiumque virile
Defendat; neu quid medios intercinat actus,
Quod non propofito conducat, & hæreat apte.
Ille bonis faveatque, & concilietur amicis:
Et regat iratos, & amet peccare timentes.
Ille dapes laudet menfe brevis: ille falubrem
Iuftitiam, legesque, & apertis otia portis.
Ille tegat commiffa, deosque precetur, & oret,
Ut redeat miferis, abeat fortuna fuperbis.

Tibia non, ut nunc, orichalco vincta, tubæque
Emula; fed tenuis fimplexque, foramine pauco,
Adfpirare, & adeffe choris erat utilis; atque
Nondum fpiffa nimis complere fedilia flatu.
Quo fane populus numerabilis, utpote parvus,
Et frugi, caftusque, verecundusque coibat.
Poftquam cœpit agros extendere victor, & urbem

70. Ihrer drey. Dieses ist eine Regel, dawider fast in allen neu ern theatralischen Poesien gehandelt wird. Die Alten hatten gemeinig lich nur zwen, selten drey, und fast niemals viere auf einmal mit ein ander sprechen lassen. Der lateinische Ausdruck läßt sich auch so er: klåren, daß die vierte Person, sich nicht ohne Noth zum Reden dringen folle. Die Franzosen indessen haben zuweilen wohl fünf Personen auf der Schaubühne in einem Auftritte reden laffen. Es ist auch zuweilen fast unentbehrlich, nur es muß keine Ver: wirrung dadurch verursacht werden.

71. Der Chor. Das war bey den Alten eine Menge von Leuten, die auf der Schaubühne, als Zu schauer der Handlung, die daselbst gespielet ward, vorgestellet wurden. Die Wahrscheinlichkeit erfoderte es damals so. Die Thaten der Köniz ge und Helden giengen fast immer auf offentlichem Markte, oder doch auf solchen Plägen vor, wo eine Menge Volks ihnen zusah. So muß

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Latior

ten denn diese auch auf der Schaubühne vorkommen. Die Bürger der Stadt hatten auch mehrentheils an den Handlungen ihrer Könige Theil: daher sagt hier Horaz, der ganze Chor soll auf der Bühne die Stelle einer mitspielenden Person vertreten; das heißt, zuweilen etwas darzwischen reden. Es sprachen aber nicht alle Personen des Chores auf einmal; sondern der Führer (Choragus oder Coryphåus) redete im Namen der übrigen.

72. Nichts ungeschicktes. Einige Poeten hatten den Chor nur das zu gebrauchet, daß er zwischen den Handlungen was singen mußte: und die Lieder schickten sich gar nicht zu der Tragödie. Das kam nun eben so heraus, als wenn iso die Musikanten allerley lustige Stücke darzwis sehen spielen. Aber Horaz will, dağ alles, was der Chor redet und singet, sich zur Sache schicken, und mit dem ganzen Spiele zusammen hängen soll: wie es Sophokles in seinen Tragödien gemacht hat.

Es sprechen auf einmal nicht mehr als ihrer drey; (70)
Man sorge, daß der Chor zwar mit im Spiele fey; (71)
Doch daß sein Singen nicht die Handlung unterbreche,
Und er nichts thörichtes, nichts ungeschicktes spreche. (72)
Er sey der Tugend hold, er gebe guten Rath, (73).
Und båndige den Zorn. Wer eine Frevelthat
Sich scheuer zu begehn, den muß er willig preisen.
Er lobt die Mäßigkeit der aufgetragnen Speisen,
Liebt Recht und Billigkeit, und der Geseße Flor,
Erhebt ein ruhig Volk bey unbewachtem Thor,

Berhehlt des andern Fehl, und ruft mit heißem Flehen
Zu Gott: den Armen reich, den Stolzen arm zu sehen.

Vorzeiten durfte nur die Pfeife schlecht und klein, (74)
Nicht mit Metall (75) geziert, Trompeten ähnlich seyn,
Und dennoch ließ sie sich, bey den beliebten Chören,

Auch mit vier Löchern (76) schon ganz hell und lieblich hören:
Indem der Schauplaß noch durch jene kleine Schaar
Des tugendhaften Volks, so sehr besetzt nicht war.
Allein nachdem das Schwert der Römer durchgedrungen,
Bald dieß bald jenes Land bestritten und bezwungen;

73. Er sey 2c. Hier erklärt der Poet die ganze Pflicht des Chores. Er foll den Tugendhaften geneigt seyn, den Hülfbedürftigen mit Rath an die Hand gehen, die Zornigen besänftigen, die Unschuldigen vertheidigen, die Sparsamkeit loben, Recht und Bil: ligkeit lieben, u. s. w. Dadurch ward nun eben die Tragödie der Alten eine Schule des Volkes, und die Poeten, Die dem Chore solche nüßliche Sa chen in den Mund legten, wurden öffentliche Lehrer der Tugend. Man lernte im Schauplahe mehr Morale und rechtschaffenes Wesen, als in den Lempeln der Heyden von so vielen müßigen Gößenpfaffen, die nichts, als ibre Ceremonien zu beobachten wuß: ten. So sollten von rechtswegen alle Schauspiele eingerichtet werden, nicht aber so, daß sie zu Lastern reizen.

74. Die Pfeife 2c. Womit man bey dem Gefange des Chores in Tragödien zu spielen pflegte. Wie nun biefe, sowohl in Griechenland, als nachmals in Rom, anfänglich schlecht waren; nachmals aber allmählich ims Cric, Dichtk.

Seit

mer künstlicher und kostbarer gemacht wurden; nachdem die Republik selbst in Flor kam, und die Musik vollkom= mener wurde: so gieng es auch mit der Poesie, oder den Liedern des Chores; davon der Poet hier noch fort= fährt zu reden. Erst waren sie eins fåltig, hernach wurden sie immer beffer, und endlich gar so künstlich und tiefüinnig, daß sie den Orakeln nicht viel nachgaben.

75. Metall 2c. Orichalcum war eine Art kößliches Metalls, das wir iso nicht mehr kennen. Plinius schreibt, man habe es gar eine Zeit: lang dem Golde vorgezogen. Einige mennen, es muffe Aurichalcum, d. i. Golderst heißen; aber es ist griechis scher Abkunft, og‹xaλxov, und heißt Bergerzt.

76. Vier Löchern 2c. Nach dem Berichte Varrons sind die ältesten Pfeifen nicht mit mehr als vier Löz chern versehen gewesen: ich habe als so dieses mit eingerückt, ungeachtet Horaz nur von wenigen Löchern ges dentet.

C

77. Bey

Spectator, functusque facris, & potus, & exlex.
Verum ita rifores, ita commendare dicaces
Conveniet Satyros, ita vertere feria lado:

Ne, quicunque deus, quicunque adhibebitur heras,
Regali confpectus in auro nuper, & oftro,
Migret in obfcuras humili fermone tabernas;
Aut, dum vitat humum, nubeis & inania captet.
Effutire leves indigna tragœdia versus,
Ut-feftis matrona 'moveri juffa diebus,
Intererit Satyris paullum pudibunda protervis.
Non ego inornata, & dominantia nomina folum,
Verbaque, Pifones, Satyrorum fcriptor, amabo:
Nec fic enitar tragico differre colori,

Ut nihil interfit, Davusne loquatur, & audax
Pythias, emuncto lucrata Simone talentum;

wird, womit er sich aus Polyphems Händen befrenet hat.

85. An Feyertagen. Die heidnische Religion war sehr luftig. Der vornehme He Gottesdienst bestund im Opfern, da: ben man wacker schmousete, und dem Gotte Bacchus zu Ebren, sich einen Rausch trunk. Die ersten Tragödien waren nichts anders, als Lieder, die demselben zu Ehren gesungen wurden, und die Stelle der Nachmittagsan dachten vertraten. Da man nun zwi schen die Lieder desChores die redenden Personen eingeschaltet hatte, die eine besondere Fabel spieleten,dazu sich auch der Chor hernach schicken mußte: so hatte durch diese neue Erfindung der Pocten, der Gott Bacchus gleichsam feine ganze Verehrung eingebüßet. Das trunkene Volk hergegen war dieser beliebten Gottheit noch sehr gewogen: daher bequemte sich dieser Poet eines theils dieser Neigung, und mischte un ter die ernsthaften tragischen Vorstel lungen Chöre von Satiren, die auch etwas Lustiges mit darunter machten.

86. Wagt sich unter uns. In

An

Nom sind dieser Art Schauspiele niemals eingeführet worden: obgleich einige die Fabulas Acellanas dahin haben rechnen wollen. Gleichwohl giebt Horez auf allen Fall Regeln, die allen Satyrenschreibern dienen kön nen. Unsere Nachspiele, wenn sie ehr: bar sind, vertreten ihre Stelle.

87. Ein Gott, ein Held. Diese Perfonen gehören eigentlich nicht in die Komödien, sondern in die Tragödien : doch in den atellanischen Fabeln, pfleg ten die Römer auch diese anfzuführen, und was Lustiges mit unterzumischen. Eine solche Atellana war gleichsam das Nachspiel einer Tragödie in Rom, wie Dacier will; und ward von eben densetben Personen gespielt,die im Vorspiele in Kron und Purpur erschienen waren. Wollen wir uns diese Anmerkung zu Nuße machen,so verdammit Horaz hier auch diejenigen Komödianten, die in der Hauptvorstellung einen König oder Helden vorgestellet, und gleich im Nachspiele ein lächerliche Person spielen. Dieses ist vernünftigen Zuschau ern þöchst zuwider. Ein tragischer

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