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Lebenden, theils auch die Nachkommen, zu löblichen Thaten aufzumuntern. Eine wahre Ehrliebe ist eine ganz unschuldige Neigung, und giebt einen Sporn zu vielem Guten ab, wie in der Sittenlehre gewiesen wird. Diese aber wird durch nichts besser erwecket, als durch ein billiges lob: welches denen wiederfährt, die sich wohl verhalten, ihrem Vaterlande dienen, gerecht, freygebig, bescheiden, mäßig, sparsam, leutselig, standhaft, dienstfertig und geduldig sind. Hier malet ein rechtschaffener Poet das an sich selbst schöne Wesen der Tugend, in der Person eines tugendhaften Mannes so lic benswürdig ab, daß es alle, die es sehen, in sich verliebt macht. So hat, z. E. unser großer Opitz in den Büchern von Widerwärtigkeit des Krieges, die Vortrefflichkeit eines im Unglücke gelassenen und standhaften Mannes, unter dein Bilde des unüberwindlichen Ulysses abgeschildert. Wie aber dieser große Mann, gleich darauf die falsche Standhaftigkeit des berühmten Römers Cato, der sich selbst ums Leben gebracht, entblößet, und den nichtigen Schein seiner so gepriesenen Unerschrockenheit entdecker hat: also hat er durch sein Erempel gewiesen, daß ein rechtschaffener Dichter sich durch das äußerliche Ansehen gleißender Laster nicht müsse blenden lassen. Das thun aber die Schmäuchler, theils aus Unverstande, theils aus Bosheit, und stiften eben durch dieß unvernünftige Lob viel Schaden.

Bor Alters, wo mir recht, ward nie ein Held besungen,
Wenn er nicht durch Verdienst sich in die Höh geschwungen:
Und eine Redensart, die göttlich sollte seyn,

Die ward zu solcher Zeit den Sclaven nie gemein.
Wo lebt ist der Poet, der dieß' Geheimniß schonet ?
So bald er einen merkt, der ihm die Arbeit lohnet,
Wird seinem Pegasus der Sattel aufgelegt,
Der ein erkauftes Lob bis an den Himmel trågt!
Den wir durch solche Post so eft zum Zorne reizen,
Und öfter noch vieleicht, als sich die Sterne schneuzen.
Daß mehrentheils die Welt in tråger Luft verdirbt,
Und sich um wahren Ruhm so selten mehr bewirbt,
Ist der Poeten Schuld. Der Weihrauch wird verschwendet,

Und manchem Leib und Seel, um die Gebühr, verpfändet:

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Daß die Unsterblichkeit ihm 'gat nicht fehlen kann;
Der als ein Erdenschwamm sich kaum hervorgethan,
Und den sonst anders nichts vom Pöbel unterscheidet,
Als daß ein blöder Fürst ihn an der Seite leidet:
Da er für jedes Loth, das ihm an Tugend fehlt,
Ein Pfund des eiteln Glücks und schnöden Goldes zählt.
Canitz Sat. von der Poesie.

22. S. So groß nun die Niederträchtigkeit der Schmauchler ist; eben so groß ist die Bosheit der Lästerer. Jene wollen das Laster zur Tugend, wie diese die Tugend zum Laster machen. Sie folgen nicht der Billigkeit und Vernunft in Beurtheilung der menschlichen Eigenschaften; sondern ihrem Neide, ihrer Rachgier, oder wohl gar eigennüßigen Absichten; wenn sie nåmlich ihre Feder zum Dienste neidischer oder rachgieriger lcute misbrauchen. Sie werden dadurch Tagelöhner der Bosheit, und Feinde der Tugend; wiewohl sie selten im Stande sind, derselben wirklich zu schaden. Es ist ein ganz ander Werk mit der satirischen Poesie. Diese ist die Frucht einer gründlichen Sittenlehre, und hat ordentlich die Liebe der Tugend zur Mutter, und den Haß der Laster zum Vater. Die wahre Satire greift also nicht unschuldige, sondern schuldige Leute an: ja sie strafet das Böse an fich, ohne die Personen, die es an sich haben, zu nennen, oder auf eine anzügliche Art zu beschimpfen. Eben der Hos mer, der ein so herrliches Talent zum loben gehabt, hat auch, nach Arißtorels Berichte, auf einen gewissen Margites eine Satire gemacht: der weder ein Ackersmann, noch ein Winzer, noch ein Schäfer, das ist, gar kein nüßliches Glied der menschlichen Gesellschaft war. Denn auf diese dren Lebensarten legte sich, bey der damaligen Einfalt der Welt, alles, was sein Brodt ehrlich erwerben wollte. Ein Mensch also, der keines von allen trieb, war ein Müßiggånger, und verdiente freylich wohl eine Satire. Daß ein alter König der Deutschen befohlen, auf die Lasterhaften gewisse satirische Lieder zu machen; ist in dem vorigen Hauptstücke erinnert

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worden. Und also ist es gewiß, daß man die wahre Satire mit gottlosen Pasquillen oder Lästerschriften nicht zu vermifchen habe. Jene ist die Seele aller Komödien, die doch in so vielen wohlbestellten Republiken, nicht ohne großen Nußen geduldet, ja auf gemeine Kosten gespielet worden: diese aber sind Stifterinnen unzähliches Unheils; weswegen sie auch durch die Gefeße der Obrigkeit allezeit verbothen und scharf bestrafet worden. Rachel hat, im Schlusse seiner Satire vom Poeten, beyde sehr wohl unterschieden, welche Stelle ich herseßen, und dadurch dieß Hauptstück beschließen will:

Zuweilen fihet er, hålt der Vernunft entgegen
Die Laster seiner Zeit, die irgend sich erregen;

Schont aller Menschen zwar, doch keiner Thorheit nicht:
Und ob sein Urtheil selbst ihm ins Gewissen spricht,
So schweigt er mit Geduld, beseufzt die bösen Thaten,
So kann die Wahrheit ihm zum höchsten Heil gerathen,
Ist dieser Eßig scharf, so ist er doch gesund,

Und beißt das faule Fleisch heraus bis auf den Grund.
Gleichwie Machaon brennt und heilt mit klugen Händen:
So mag auch ein Poet zwar strafen, doch nicht schånden.
Und wer denn solchen Mann zu den Verläumdern schreibt,
Der wisse, daß ihn selbst der Erzverlåumder treibt.
Es ist Poetenwerk, mit fremden Namen spielen,
Und dergestalt mit Glimpf auf wahre Laster zielen.
Nimmt aber jemand selbst sich solcher Lafter an:
Wer ist in aller Welt, der solches åndern kann?
\Hat jemand Codrus Art, der mag den Namen erben:
Wer Hirsenpfriemer ist, mag Hirsenpfriemer sterben.
Wenu beym Horatius einmal geschrieben steht:
Gorgon stinkt wie ein Bock, Ruffin reucht nach Zibeth;
Da kann es ja gleich viel dem guten Dichter gelten,
Wer will, mag sich Gorgon; wer will, Ruffinus schelten.
Ein Frommer eifert nicht, sein Herz das spricht ihn los:
Wer schuldig ist, der schreyt, und giebt sich selber bloß.
Wen sein Gewissen beißt, mag seine Thorheit hassen.
Hab ich den Geck erzürnt? Ich kann es noch nicht lassen.
Ich biethe rechten Truk, dem, der mir solches wehrt:
Wer Laster straft, der hat die Tugend recht gelehrt.

23. §. Ich weis nicht, ob ich zum Beschlusse noch eine gute Eigenschaft eines Dichters beybringen foll: weil es beynahe eine Schande ist, sie namhaft zu machen, da sie sich eigentlich von sich selbst verstehen sollte. Es ist diese, daß ein guter Dichter, auch seine Sprache recht verstehen, und nicht nur ohne Fehler, sondern in der größten Vollkommenheit schreiben solle. Es würde ganz überflüßig seyn, dieses zu erinnern, wenn sich nicht seit einiger Zeit folche Sprachverderber gefunden hätten, die durch ihr Erempel, ja wohl gar durch ausdrückliche Regeln, die feltsame Vorschrift geben: Lin Dichter wäre über alle Regeln der Sprachkunst erhoben. Was für ungereimtes Zeug dieser abgeschmackte Lehrsaß uns schon hervorgebracht, liegt am Tage. Misgeburten, die dem deutschen Wiße Schande machen, und dem Gehirne, dars aus sie entsprossen, ähnlich sehen, verkehren auch noch die Sprache; und zwar unter dem schönen Vorwande: daß man schönen Gedanken zu Liebe, die Sprachkunst benseite sehen müsse. Ein so lächerliches Vorurtheil zu widerlegen, würde überflüßig seyn, da es gewiß einen armseligen Wig verråth, wenn man seine Einfälle nicht ohne Sprachschnißer zu Markte bringen kann. Ich will also nur des Boileau Machtspruch anführen, der auf eben diese Sprachrichtigkeit gedrungen, und sie feinen Schülern folgendergestalt eingeschärfet hat:

Sur tout, qu'en vos Ecrits la Langue reverée

Dans vos plus grands Exces Vous foit toujors facrée !
En vain vous me frappes d'un Son melodieux,
Si le Terme eft impropre ou le Tour vicieux.
Mon Esprit n'admet point un pompeux Solecisme;
Ni d'un Vers empoulé l'orgueilleux Barbarisme.
Sans la Langue, en un mot, l'Auteur le plus divin
Eft toujours, quoi qu'il faffe, un mechant Ecrivain.

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Das III. Hauptstück.

Vom guten Geschmacke eines
Poeten.

-I. S.

b es gleich scheint, daß ich im vorigen alle gute Eigenschaften eines wahren Poeten erzählet habe: so ist doch

noch etwas von großer Wichtigkeit übrig, daß ich in einem besondern Hauptstücke abhandeln will. Es ist in den neuern Zeiten sehr viel vom guten Geschmacke geredet und geschrieben worden. Man hat ihn gewissen Dichtern zugestanden, andern aber abgesprochen; und endlich gar die Regel ge= macht: Ein Poet müsse einen guten Geschmack haben. Diese Regel nun deutlich zu erklären, und zu erweisen, das ist meine Absicht in diesem Hauptstücke.

2. §. Ich will mich hier nicht in die historische Unterfuchung einlassen, wenn und wo das Wort Geschmack zuerst in dieser neuen Bedeutung angenommen worden. Das haben schon andre vor mir gethan, deren Schriften ich mit Vergnůgen und Vortheil gelesen habe. Ich weis auch, daß in Frankreich nur neulich der Pater Dubose und Herr Rollin verschiedene Streitigkeiten darüber gehabt. Man kann diese Redensart nunmehr für eine bekannte und völlig eingeführte halten; und man darf sichs nur angelegen seyn lassen, fie im rechten Verstande zu gebrauchen. Diesen aber zu bestimmen, das ist nicht eines jeden Werk. Wem es damit gelingen soll, der muß erstlich die Kräfte der menschlichen Seelen, und sonderlich die Wirkungen des empfindenden und urtheilenden Verstandes aus der Weltweisheit verstehen. Hernach muß er eine Fertigkeit in der Vernunftlehre besigen: so, daß er fähig ist, sich von jedem vorkommenden Dinge und Ausdrucke, nach logischen Regeln, eine gute Erklärung

zu

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