Obrazy na stronie
PDF
ePub

Vierter Abschnitt.

Die Culturstätten der mosaischen Religion.

I. Stiftshütte. Einheit der Cultusstätte zum Opfern.

142. Bis auf Moses hatten die Nachkommen Abrahams kein festes Gesetz über die Orte zur Gottesverehrung, wie es scheint. Man baute an verschiedenen Orten Altäre und diese waren Sammelplätze der Andacht. Man war in der Wahl der Altarstätte wenig beschränkt, obwohl man sicher reine Orte wählte. Die spätere Vorliebe für „Höhen" macht es wahrscheinlich, dass gerne Hügel oder Berge gesucht wurden, um Opfer zu bringen. Durch die mosaische Gesetzgebung wurden alle Israeliten an Eine Cultusstätte gewiesen. Nur da sollte geopfert, dorthin sollten die Zehnten und andere kirchliche Abgaben gebracht werden. Die Abweichung von dem Gesetze der Einheit der Cultusstätte wird nicht nur streng getadelt, sondern sogar mit der Todesstrafe belegt. (Levit. 17, 4. Deut. 12, 5 ff. 13.)

Gleichwohl finden wir vor dem Exile zahlreiche Ausnahmen von diesem Gesetze, vorzüglich in der Zeit der Richter. Nach dem Exile gab es, wenn man den samaritischen Tempel nicht berücksichtigen will, nur in Aegypten Ausnahmen. Es bestanden eine Zeit hindurch mehrere Opferstätten, wie aus den Mittheilungen des Flavius Josephus und noch bestehenden Spuren zu erhellen scheint. 93)

93) Auf der Insel Gerbe ist eine Synagoge, an welcher man die Haneberg, religiöse Alterthümer der Bibel.

11

Sicher ist, dass bei Heliopolis in Leontopolis? zweihundert Jahre lang ein eigener Tempel bestand, der mit dem jüdischen wetteiferte.")

Diese Ausnahme wurde von Seiten des Erbauers dieses ägyptischen Tempels gegenüber dem mosaischen Gesetze durch Berufung auf die Weissagung des Isaias (Kap. 19, 19.) gerechtfertigt. Wenn diese Rechtfertigung von den palästinensischen Lehrern nicht anerkannt wurde, so geschah diess nicht darum, weil diese dem Propheten die Vollmacht absprachen, ausser der Einen Cultusstätte ausnahmsweise andere für den Augenblick zu bestimmen, sondern weil die Aeusserung des Isaias nicht deutlich genug schien. Der Prophet konnte im Namen Gottes vorübergehend') eine besondere Cultusstätte bestimmen; dadurch erklärt sich die Vielheit der Altarstätten unter Samuel, ohne dass darum die ursprüngliche mosaische Verfügung hinsichtlich der Einheit der Cultusstätte in Schatten gestellt wäre.

Anfangs hatte natürlich der Auftrag, nur an Einem Orte zu opfern, einzig den Sinn, dass nicht zu gleicher Zeit nebeneinander mehrere Cultusstätten gewählt und unterhalten werden durften. Nach und nach war aber ein starker Wechsel so lange zulässig, ja nöthig, bis Jerusalem zum bleibenden Mittelpunkte des religiösen Lebens erkoren wurde. Der Beweglichkeit der Zustände entsprach jenes bewegliche heilige Zelt, welches (s. zweites Buch Mosis), bald nach dem Auszuge am Sinai gebaut, und sammt den dazu gehörigen Paramenten und Opfergeräthen bei allen Wanderungen mitgetragen wurde.

143. Hinsichtlich der Literatur über die Stiftshütte verweisen wir auf die Gesammtübersicht unten beim zweiten

Spuren eines jüdischen Tempels erkennen kann. S. den Bericht des Missionärs Christ. Ferd, Ewald, Reise nach Tunis etc. Nürnberg 1837. S. 123. Vgl. unten Anm. 185.

a) S. meine Geschichte der Offenbarung. 3. Aufl. S. 465.

b) S. oben §. 80.

Tempel (§. 188) und bemerken vorläufig folgendes. Unter allen Schriftstellern, welche diesen heiligen Bau behandelt haben, konnte keiner von andern Angaben ausgehen, als von jenen, die uns in der Bibel vorliegen, wozu noch die Ergänzungen des Berichtes bei Josephus (Antiq. III. C. 6.) kommen. Wenn man die auf den Vorarbeiten des Oratorianers Bernh. Lamy (De Tabernaculo foederis, de sancta civitate Jerusalem et de templo ejus 1717) beruhende Analyse und Erörterung von Smits (Liber Exod. t. II. De Tabernaculo ejusque atrio, p. 169-614) vor sich hat (vom Jahre 1760), und die gründlichen Abhandlungen von Bähr (im ersten Bande von ,,Symbolik des mosaischen Cultus" 1837) berücksichtigt, so kann man nicht im Unklaren darüber sein, wieviel von den biblischen Angaben deutlich und was von ihnen dunkel ist. Der Grundriss des Baues, die Farben, die Stellung der Geräthe, das Wesentliche von ihrer Gestalt, kann mit Sicherheit angegeben werden. Wenn es sich aber darum handelt, den Styl und die Ausführung des Einzelnen soweit zu bestimmen, dass man sich zutrauen möchte, der Wissbegierde ein getreues Bild von der Bundeslade, dem Brandopferaltar, dem goldnen Rauchwerkaltärchen u. dgl. vorzulegen, offenbart sich die Grenze des Gewissen und Ungewissen. Man hat in neuester Zeit sicher grosse Fortschritte im Studium der Alterthümer einerseits, und der Kunstepochen andrerseits gemacht. Von der Anwendung der sichern Ergebnisse aus beiden Gebieten konnte man neue Aufschlüsse zur Beleuchtung der artistischen und archäologischen Probleme der Stiftshütte erwarten. Die Erwartung ist aber noch nicht erfüllt worden. Das gilt auch von den Versuchen, den Tempel bildlich darzustellen. Wenn man z. B. die künstlerische Darstellung des Rauchaltares bei Villalpandus (in Ezechielem Proph. t. II. p. 335) mit jener Abbildung der Bundeslade vergleicht, welche uns jüngst Wilh. Neumann (die Stiftshütte. Gotha 1861. S. 126) geboten hat, so wird kein Kunstfreund auch nur einen Augenblick zweifeln, auf

welcher Seite das Bessere sich finde. Man begreift, wie es kam, dass die villalpandischen Abbildungen, mit und ohne Nennung seines Namens, nicht etwa bloss von katholischen, sondern auch von protestantischen Schriftstellern, und zwar auch zur Illustration von jüdischen Abhandlungen, entlehnt wurden. 9*) Aus ästhetischen Gründen scheint Villalpandus den Versuch gemacht zu haben, die Cherubim in Serafim zu verwandeln, um sie als menschenähnliche Figuren mit Einem Kopfe abbilden lassen zu können.

[ocr errors]

archäologisch eben so

Hat er hierin, wie in seiner unrichtigen, wie künstlerisch schönen Abbildung des Rauchopferaltares einen eminenten Kunstsinn verrathen, so war es ihm doch nicht möglich, das Ganze des Tempels auch nur annähernd im Bilde zu veranschaulichen. Die zum Theil prachtvollen Kupferstiche seines Werkes nehmen fast alle ihr Material aus den Vorrathskammern des Renaissancestyles. Gleichwohl sehen wir diese Conceptionen, freilich in unvollkommenen Nachahmungen, bei Lundius wieder. Calmet liess (1722) die villalpandischen Kupfer grossentheils zu seinem Dictionnaire bibl., und zwar recht trefflich, wiederholen; dazu fügte er verschiedene Bilder aus eigener Conception. Unter diesen darf Eines als ein wahrer Fortschritt bezeichnet werden; die Darstellung des Tempels mit seinen Vorhöfen (Dict. bibl. s. v. Salomo und das Bild des Tempels im Commentar zu III. Reg. C. VI). Dieses Bild kann zwar keinen Anspruch darauf machen, mit einiger Treue den salomonischen Bau zu

94) Joh. Saubert hat zur lateinischen Uebersetzung des Werkes von Juda Leo (de Templo Hieros. 1665) auf dem Titelblatt den Brandopferaltar und das Allerheiligste mit der Bundeslade und S. 179 den Rauchopferaltar aus Villalpand copiren lassen. Er bemerkt darüber in der Vorrede Effigies insertae pleraeque ab auctore nostro seorsum editae sunt: una et altera desumta est ex Villalpando ... In titulo libri juxta cum sancto sanctorum et altari holocausti, inter alias exhibetur imago Edsechielis ex pervetusto manuscripto Codice Vaticano depromta. Beide Bilder finden sich bei Villalpand.

veranschaulichen; dagegen ist die Totalauffassung selbst in der flüchtig gearbeiteten Nachahmung der lateinischen Uebersetzung (Würzburg 1791) mit soviel Rücksicht auf den griechischrömischen Styl) durchgeführt, dass der jüngste Kunstarchäologe, welcher eine bildliche Darstellung gewagt hat, de Vogue, Calmets Construction noch im Jahre 1864 (Temple de Jerusalem pl. XVI.) zu Grunde legte.

Hat es nun so grosse Schwierigkeit, selbst den zweiten Tempel bildlich zu reconstruiren, so muss um so grössere Zurückhaltung herrschen, wenn es gilt, die einzelnen Theile der Stiftshütte bildlich oder in beschreibender Schilderung kunstgemäss zur neuen Anschauung zu bringen. Aus demselben Grunde, welcher uns bestimmt hat, die artistischen Kräfte von München zu keinem neuen Versuche der Art in Anspruch zu nehmen, die zwei Tafeln am Ende und das Bild vor dem Titel ausgenommen, sind wir wohl entschuldigt, wenn wir hinsichtlich der Literatur uns darauf beschränken, ausser den genannten Werken nur jene zu nennen, welche mit dem Tempel auch das Schwierigste an der Stiftshütte, das Opfergeräthe und die Attribute des Heiligthums schildern.")

144. Ehe wir auf die archäologische Darstellung des Gegenstandes eingehen, erinnern wir uns, dass früher die Bibelkritik das, was im Exodus von der Stiftshütte gesagt ist, aus archäologischen Gründen, theilweise oder ganz, in's Gebiet der Sage verwies.)

Was würden die ältern dieser Kritiker, welche nicht für möglich hielten, dass ein so kunstvoller Bau in der öden. Sinaiwüste errichtet werden konnte, dazu sagen, wenn sie nun nicht ferne vom Sinai, in Sarbet el châdim, die Ueberreste

a) Einige Schnörkel an der Fronte des Tempels und an den gegitterten Mauerbrüstungen muss man übersehen.

b) Die ausführlichere Literatur über die beiden Tempel s. unten §. 188. c) S. die Ansichten von Vater, Bohlen, Gramberg, de Wette, Vatke u. A. bei Bähr (Symbolik. I. 17) und Winer (Realw. Art.: Stiftshütte).

« PoprzedniaDalej »