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benten Tag sollst du ruhen, und keine Arbeit verrichten." Da nun bloss das Anzünden von Feuer (Exod. 35, 3.), das Auflesen von Holz (Num. 15, 32.) und das Weggehen von einem eingenommenen Orte (Exod. 16, 27.) ausdrücklich im Pentateuch verboten wird, so ist eine mündliche Bestimmung darüber nöthig, was die göttliche Gesetzgebung alles unter dem Ausdruck,,Arbeit am Sabbath" verstanden wissen wolle.

Deuter. 6, 6-9. befiehlt Gott, die bisher ausgesprochenen Worte zum Zeichen an die Hand und zum Gedächtniss zwischen die Augen zu binden. Ohne Tradition wäre man nicht im Stande, diesen Befehl genau auszuführen. (Phylakterien, Tfillin.)

Levit. 23, 40. wird geboten, am Lauberhüttenfest 1) Palmzweige, 2) Myrthen, 3) Bachweiden als Symbol der Festlichkeit zu einem Strauss zu binden und dazu noch die Frucht vom Hadar-Baume (Ez-hadar) zu nehmen. Welches ist diese Frucht?

Besonders einleuchtend ist der Fall Deuter. 12, 21. „Du sollst von den Schaafen und Rindern, die dir Gott gegeben hat, schlachten, wie ich dir befohlen habe." Nirgends ist ein solcher Befehl aufgezeichnet, das geschriebene Wort appellirt also ausdrücklich an die mündliche Ueberlieferung und diese hat wirklich sehr genaue Bestimmungen über das Schlachten des Viehes aufbewahrt.

Levit. 16, 29. wird gefordert: ,,Am zehnten Tag des siebenten Monats sollt ihr euern Leib kasteien." Worin soll diese Kasteiung bestehen? Die Tradition antwortet: In Enthaltsamkeit von Essen, Trinken, Salben u. s. w.

Unbedingt nothwendig war eine Tradition über die Cultusformen. Die Bestimmungen über Opfer u. dgl. sind zwar im Pentateuch sehr detaillirt, setzen aber den Leser doch nicht in den Stand, mit Sicherheit die Art der Liturgie zu bestimmen, welche durch Moses geboten ist. Wer nie hätte Messe lesen sehen, würde aus den Rubriken des Missale sich gewiss eine Cultusform construiren, welche von der wirklich in der Kirche vorkommenden vielfältig abweichen würde.

82. II. Leichter noch, als eine mündliche Fortpflanzung der geoffenbarten Lehre lässt sich eine Fortleitung des historischen Bewusstseins namentlich über die Umstände der sinaitischen Offenbarung nachweisen.

Dass Vieles geschehen sei, was nicht aufgeschrieben wurde, ist ohnehin einleuchtend. Dass das israelitische Volk ein Interesse daran hatte, das Andenken an jene Thatsachen festzuhalten, ist ebenso natürlich. Es hatte aber auch eine religiöse Verpflichtung dazu.

Als Moses vor seinem Tode die Israeliten aufforderte, die Begebenheiten, auf welche ihre Religion gegründet war, immer im Andenken zu erhalten, verwies er sie nicht auf die Schrift, sondern auf den mündlichen Unterricht. Deuter. 32, 5. ,,Frage deinen Vater, er wird dir's sagen, deine Aeltesten, sie werden dir's kund thun."

Wer dem neuen Testament göttliche Autorität zuschreibt, wird das Vorhandensein nicht bloss einer historischen Tradition überhaupt, sondern auch einer gegen Irrung bewachten, annehmen müssen.

1) Der heilige Stephanus sagt (Apostelg. 7, 33.) mit Bestimmtheit, Moses sei in aller Weisheit der Agyptier unterrichtet gewesen. Davon steht nichts im Pentateuch.

2) Der heilige Paulus kann nur auf dem Weg der Tradition erfahren haben, dass die Zauberer, welche dem Moses widerstanden, Jannes und Jambres geheissen haben. 2 Tim. 3, 8.

3) Ebenso ist es mit der Notiz, dass das Manna - Gefäss golden gewesen sei. Hebr. 9, 4.

4) Das Nämliche ist der Fall mit der Hinweisung auf den Kampf des Satans mit Michael um den Leib des Moses. Jud. 9. 5) Die Zersägung des Propheten (Isaias) ist ebenfalls nicht aus der heiligen Schrift bekannt. Hebr. 11, 37. Vgl. Hebr. 12, 21.")

b) S. Peter Allix, the Judgement of the ancient Jewish Church against the Unitarians. Oxford 1821. S. 10 ff.

Haneberg, religiöse Alterthümer der Bibel.

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Bei den Propheten kommen Notizen aus der Zeit des Zuges durch die Wüste vor, welche im Pentateuch nicht aufgeschrieben sind. So sprechen mehrere von einem Aufhüpfen der Berge, als einem Wunder, das der Scheidung des rothen Meeres zur Seite geht (ein starkes Erdbeben). (S. Habakuk 3, 6. Psalm 29, 8. Besonders Psalm 114, 4. Vgl. Richt. 5, 4. Psalm 68, 9.). Dass beim Auszuge aus Aegypten kein Kranker unter den Stämmen Israels gewesen sei, muss der Psalmendichter (Psalm 105, 37.) durch Tradition erfahren haben.

Die Fortleitung der historischen Ueberlieferung war nun allerdings auch Sache der Hausväter und überhaupt des ganzen Volkes, die Controle aber darüber kam natürlicher Weise dem Collegium zu, welchem die Fortpflanzung des mündlichen Gesetzes oblag.

83. III. Unläugbar ist es ferner, dass dieses Collegium, das wir Synagoge nennen, die Vollmacht hatte, zu richten und durch Ausübung ihrer lebendigen Gewalt, neue Normen für die Zukunft zu bilden. Dass neue Fälle entstehen konnten, die im mosaischen Gesetze nicht ausdrücklich berücksichtigt waren, ist zum Voraus klar. Jedermann weiss, dass im Pentateuch wenige allgemeine Rechtsgrundsätze ausgesprochen sind. Es war also ein lebendiges Rechtsprincip um so nothwendiger.

Das geschriebene Gesetz weist dem obersten Gerichtshofe ausdrücklich eine solche Vollmacht zu. Deuter. 17, 9 ff. ist angeordnet, dass die Priester, Leviten und der jeweilige weltliche Chef richten und anordnen sollen und dass, wer ihrem Ausspruche Trotz entgegen setze, sterben solle. Aber nicht nur dieses Recht ist dem Tribunal der Synagoge vindicirt, sondern selbst das bereits geschriebene Gesetz soll nur insofern und so gelten, in wiefern und wie es von dieser lebendigen Autorität vorgetragen würde. (Das.)

Faktisch zeigt sich dieses, indem jene Synagoga magna, welche am Schlusse des Exils die höchste Autorität besass, mehrere wichtige Anordnungen traf; auch ist zu beachten, dass

nach den Rabbinen die Propheten sogar für einzelne Fälle vom bereits gegebenen Gesetze abweichen durften.

So z. B. wich Elias von dem Verbote ab, ausserhalb der Centralstätte des Cultus Opfer zu bringen. (Vgl. Maimonides, Jad, Jesode Thorah c. 9.) So kam es, dass die ägyptischen Juden sich für berechtigt hielten, im Oniastempel bei Heliopolis zu opfern, da ihnen ein Wort des Isaias hiefür günstig schien. (Isai. 19, 19.) Wenn die palästinensischen Juden diesen Tempel nicht als legitim anerkannten, so konnten sie nur zwei Gründe geltend machen: 1) dass der Prophet ein Gebot, oder Verbot zwar für den Augenblick, aber nicht für immer suspendiren könne, und 2) dass die angeführte Stelle nicht deutlich von einem Opferculte in Aegypten spreche.

Sonst musste ein beglaubigter Prophet gehört werden; mit der einzigen Ausnahme des Falles, dass er eine Grundlehre des Mosaismus angetastet oder zum Götzendienst verleitet hätte. Mischnah, Sanhedrin X. 5 und 6. Deuter. 18, 18.

Durch die ordentliche Autorität des obersten Priester- und Richtercollegiums und durch die ausserordentliche der Propheten war eine Glaubensregel gegeben, welche neben dem geschriebenen Worte Gottes bestand. Beide Arten von Normen stützten und begrenzten sich wechselseitig. War ein Prophet einmal anerkannt und hatte er irgend eine Lehre im Namen Gottes ausgesprochen, so konnte er sie selbst nicht mehr ungestraft umstossen; ob aber dieses oder jenes eine von Gott kommende, oder Gott gefällige Anordnung sei, bestimmte der Prophet.

Das, was der Prophet im Namen Gottes vortrug, war eine.,, Belehrung",,,Offenbarung" Gottes, eine Thorah (); mochte das nun bloss mündlich vorgetragen sein

.(תורה שבכתב) oder sich schriftlich fixirt halben ,(פה

Insofern indess seit dem Exile die ältern Schriften unseres Canons des alten Testamentes und namentlich die Bücher Moses geschrieben vorlagen und ihnen gegenüber die mündlichen

Ueberlieferungen, Urtheilssprüche und Satzungen des Synedrimus und der Propheten eine eigene Art von Dokumenten bilde

,תורה שבכתב ten, nannte man später die heiligen Bücher תורה שבעל פה dagegen die letztern Bestimmungen

Wenn Maimonides (Jad, Mamrim C. I. 1) den Satz aufstellt: Der grosse Gerichtshof in Jerusalem ist die Wurzel oder Grundlage der mündlichen Thorah (n 17 2

so fasst er eben ,(שבירושלם הם עיקר התורה שבעל פה

nur die einzelnen Momente des Organismus der lehrenden Kirche des alten Bundes in einem bestimmten Ausdruck. 6)

III. Strenge Maassregeln gegen Irrglauben und Gotteslästerung.

84. In dem Grade als von Anfang an bis zu den letzten Zeiten her eine Autorität über die Reinerhaltung der Lehre wachte, wurde eine Abweichung davon auch bestraft. 69) Unter den Augen Mosis fand die Abweichung vom rechten Glauben und der rechten Gottes verehrung eine strenge Strafe. Es gab hiefür keine andere Sühne, als den Tod. Die Verehrer des goldenen Apisbildes am Sinai fielen unter dem Schwerte der glaubenstreuen Leviten. (Exod. 32, 27 ff.) Der Enkel Aarons, Pinchas, strafte die Theilnahme an heidnischen Orgien mit augenblicklichem Tode. (Num. 25, 7.) Moses gab hier den Befehl Occidat unusquisque proximos suos, qui initiati sunt Beelphegor. Num. 25, 5. Auf die Gotteslästerung war die Todesstrafe gesetzt:,,Wer den Namen des Herrn lästert, soll des Todes sterben." Lev. 24, 16. (Vgl. das. V. 23.) Natürlich

68) Vgl. die Auseinandersetzung des Maimonides über die Bedeutung der lebendigen Autorität gegenüber dem Buchstaben der Karäer das. C. 3. Juda Levi liber Cusari III. c. 34 ff. ed. Cassel. S. 250 ff.

69) Eine jenseitige Strafe, und zwar die der Vernichtung stellt Maimonides (Jad, Poenit. C.III. §. 6) in Aussicht: den Ketzern (), den Epikuräern, denen, welche die Thora läugnen, oder die Auferstehung, oder das Kommen des Erlösers ().

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