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Eine klare und scharfe Scheidung zwischen kanonischen und apokryphischen Schriften, wie sie im s. g. Muratorischen Bruch

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auffallend, dass die beiden letzten Capitel des Römerbriefes, die schon seit Semler Gegenstand sehr ernster Zweifel gewesen sind, von Irenäus nicht ein einziges Mal citirt werden, während alle übrigen Capitel von ihm gebraucht und zum Theil sehr häufig angeführt werden, und während doch der Inhalt dieser Capitel sich sehr wohl zum Gebrauch gegen die Gnostiker eignete. Dagegen tritt bei Irenäus als kanonische Schrift hinzu der in dem Fragment gar nicht erwähnte erste Petrusbrief, welcher von ihm an sechs Stellen zum Beweise citirt (1 Pet. 1, 8. 4, 9, 2. p. 585. 5, 7, 2. p. 734. 1 Petr. 1, 12. 2, 17, 9. p. 337. 5, 36, 3. p. 820. 1 Petr. 2, 16. 4, 16, 5. p. 607. 1 Petr. 2, 22. 4, 20, 3. p. 623. 1 Petr. 2, 23. 3, 16, 9. p. 513) und darunter an drei Stellen mit dem Namen des Apostels eingeführt wird. Ausserdem wird neben dem ersten auch der zweite Johannesbrief, der in dem Fragment zu den Schriften zweiten Ranges gehört, an zwei Stellen (3, 16, 8. p. 511. 1, 16, 3. p. 200) als kanonische und apostolische Schrift angeführt, während der dritte Johannesbrief, sowie der Brief Judae, die in dem Fragment ebenfalls in zweiter Linie stehen, wahrscheinlich aus demselben Grunde wie der Philemonbrief bei Irenäus gar nicht erwähnt werden. Unter den sonstigen, seit Origenes als avukɛyóμɛva bezeichneten Schriften wird der Jakobusbrief nur an einer Stelle citirt, nämlich 4, 16, 2. p. 604: Abraham credidit Deo et reputatum est illi ad justitiam et amicus Dei vocatus est, cf. Jac. 2, 23: ἐπίστευσε δὲ Ἀβραὰμ τῷ Θεῷ καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος Θεοῦ ἐκλήθη. Da diese Stelle aber aus zwei alttestamentlichen Citaten (Gen. 15, 5 und Gen. 22, 16) zusammengesetzt ist, so würde nur noch ihre Zusammenstellung und ihre Verbindung durch zaí einen Wahrscheinlichkeitsgrund dafür abgeben, dass wir darin eine Citation von Jac. 2, 23 zu suchen hätten. Diese Wahrscheinlichkeit aber sinkt sehr in ihrem Werth, wenn wir bedenken, dass es wegen der inneren Verwandtschaft beider Stellen sowie wegen ihrer dogmatischen Bedeutung sehr nahe lag, sie zusammen zu citiren, und dass der für die Zwecke des Irenäus höchst brauchbare Jakobusbrief, welcher doch ebenso wie der Hebräerbrief in den morgenländischen Sammlungen der Peschito, des Clemens und Origenes zweifellos als kanonische Schrift anerkannt wurde, sonst von ihm nirgends erwähnt wird. Auch wird des Jakobus überhaupt nur an einer Stelle gedacht (3, 12, 15. p. 494) und zwar als eines Judenchristen, der trotz seiner judenchristlichen Richtung den Heiden die Observanz des mosaischen Gesetzes frei gegeben habe. Es bleibt dabei aber völlig unbestimmt, ob damit der Verfasser unseres Briefes gemeint ist.

Was ferner den Brief an die Hebräer angeht, so erscheint derselbe im Muratorischen Fragment entweder gar nicht, oder, was mir wahrscheinlicher ist, er wird unter dem Namen der epistola ad Alexandrinos als marcionitisch (ficta ad haeresin Marcionis) verworfen, cf. Hebr. 8, 5.

stück geübt wird und seit Origenes allgemeiner zu werden begann, tritt zwar in dem Werke des Irenäus nirgends hervor,

13. 9. 9, 23. 10, 1. Auch von Irenäus ist der Hebräerbrief jedenfalls nur als eine Schrift zweiten Ranges gebraucht worden. In dem Werke gegen die Häretiker finden sich nämlich nur an zwei Stellen Anklänge an ihn. Erstens: solus hic Deus invenitur, qui omnia fecit, solus omnipotens et solus pater, condens et faciens omnia, et visibilia et invisibilia et insensata et caelestia et terrena, verbo virtutis suae, 2, 30, 9. p. 400. coll. Hebr. 1, 3: 1 ¿ýμati tñs dvváμews άvrov und zweitens: et ipse autem Moyses, homo Dei existens, Deus quidem datus est ante Pharaonem: non autem vere dominus appellatur, nec Deus vocatur a prophetis, sed fidelis Moyses famulus et servus Dei, 3, 6, 5. p. 445. coll. Hebr. 3, 5 (nicht Hebr. II. 15 wie Stieren schreibt I. p. 44): xal Μωσῆς μὲν πιστὸς ἐν ὅλῳ τῷ οἴκῳ αὐτοῦ ὡς εἰς μαρτύριον τῶν λαληθησομévwv. Die letztere Stelle aber fällt gar nicht ins Gewicht und kann nicht für ein Citat aus dem Hebräerbrief angesehen werden, da sie im Wortlaut sehr von demselben abweicht, und da deshalb wahrscheinlich beide Stellen als selbstständige, von einander unabhängige Citate von Num. 12, 17 (nicht Num. 7, 7 wie Stieren schreibt I. p. 446) anzusehen sind. Aber auch von der ersteren Stelle ist es durchaus nicht nothwendig, dass sie dem Hebräerbrief entnommen sei, obgleich in der Eigenthümlichkeit des Ausdrucks und in der Uebereinstimmung des lateinischen und griechischen Textes wohl ein Wahrscheinlichkeitsgrund dafür gesucht werden kann. Es ist doch jedenfalls sehr auffällig, dass Irenäus, so oft er auch Gelegenheit gehabt hätte, wie sonst aus den paulinischen Briefen, so auch aus dem Hebräerbrief Beweisstellen gegen die Häretiker anzuführen, die sich ihm in Menge darbieten mussten, dies nicht gethan hat. Nun berichtet ausserdem Stephanus Gobarus bei Photius (biblioth. cod. 232 ed. Hoeschel. Rothomagi 1653 p. 903: Ιππόλυτος καὶ Εἰρηναῖος τὴν πρὸς Ἑβραίους ἐπιστολὴν Παύλου οὐκ ἐκείνου εivaι qaoi), dass Irenäus den Brief an die Hebräer nicht für paulinisch gehalten habe, und Photius (cod. 121. p. 302: λέγει (Ιππόλυτος) δὲ ἄλλα τε τινὰ τῆς ἀκριβείας λειπόμενα καὶ ὅτι ἡ πρὸς Εβραίους ἐπιστολὴ οὐκ ἐστὶ τοῦ ̓Αποστόλου Παύλου) bestätigt diese Angabe wenigstens vom Hippolytus. Ferner hebt auch Eusebius die Citation des Hebräerbriefs in einer andern Schrift des Irenäus in einer Weise hervor, die nur als ein indirekter Beweis gegen seine Anerkennung durch Irenäus gelten kann. Er sagt nämlich (h. e. V. 26. ed. Valesius p. 158: xaì ßißlíov τι διαλέξεων διαφόρων, ἐν ᾧ τῆς πρὸς Ἑβραίους ἐπιστολῆς καὶ τῆς λεγομένης σοφίας Σολομῶντος μνημονεύει), Irenäus habe in dem Buche διαkésɛis diάyogai des Hebräerbriefes sowie auch der Weisheit Salomonis Erwähnung gethan. Schon der Umstand, dass er dieser Citate von Stellen des Hebräerbriefes besonderer Erwähnung für werth hält, besonders aber, dass er den Gebrauch des Hebräerbriefes zugleich mit dem Gebrauch des Buches der Weisheit aufführt, beweist, dass Eusebius eine

er benutzt vielmehr den in der Mitte des zweiten Jahrhunderts geschriebenen Hirten des Hermas in gleicher Weise wie die

Anerkennung dieses Briefes als kanonische und paulinische Schrift nicht kannte, ja es wird dadurch in hohem Grade wahrscheinlich, dass nach seiner Ansicht Irenäus wie vor ihm der Verfasser des Muratorischen Fragments und wie nach ihm seine Schüler Cajus und Hippolytus, den Hebräerbrief mindestens mit den übrigen kanonischen Schriften nicht auf eine Stufe stellte und also nicht für paulinisch hielt. Rothe (a. a. O.) p. 363) bemüht sich daher nach meiner Ansicht vergeblich, das zweite der nach Pfaff herausgegebenen Fragmente des Irenäus, in welchem eine Stelle aus dem Hebräerbrief mit dem Namen des Apostel Paulus citirt wird (Fr. XXXVIII. p. 854: καὶ ὁ Παῦλος παρακαλεῖ ἡμᾶς παραστῆσαι τὰ σώματα ἡμῶν θυσίαν ζῶσαν, ἁγίων, ευάρεστον τῷ θεῷ, τὴν λογικὴν λατρείαν ἡμῶν. Καὶ πάλιν· ἀναφέρωμεν θυσίαν αινέσεως τουτέστι zagnòv zɛikéwv coll. Hebr. 13, 15), durch den Nachweis zu stützen, dass Eusebius kein ausdrückliches Urtheil des Irenäus gekannt haben könne, welches dem Hebräerbrief den paulinischen Ursprung absprach. Wenn Eusebius unter allen Schriften des Irenäus nur in einer einzigen einige Citate des Hebräerbriefes kannte, die er deshalb besonders hervorhebt, und die er mit der Citation einer apokryphischen Schrift des A. T. zusammenstellt, so genügt dies vollständig, um zu erweisen, dass der Hebräerbrief nach seiner Ansicht dem Irenäus nicht für paulinisch und kanonisch galt. Damit aber verliert auch alles dasjenige seine Bedeutung, was Rothe (a. a. O. p. 364 f.) zur Erschütterung der Nachricht des Stephanus Gobarus beibringt. Irenäus kann also den Hebräerbrief höchstens als eine Schrift zweiten Ranges gebraucht und zum Privatgebrauch zugelassen haben, und sein Kanon zeigt sich also auch in dieser Beziehung dem des Muratorischen Fragments nahe verwandt.

Der zweite Brief Petri fehlt bei beiden Schriftstellern gleichmässig, denn dass die Citation von Ps. 90, 4 bei Irenäus (dies domini sicut mille anni, 5, 23, 2. p. 780) erst aus 2 Ptr. 3, 8 (ön μía ǹμéga naqà κυρίου ὡς χίλια ἔτη και χίλια ἔτη ὡς ἡμέρα μία) entnommen sei, wie Stieren vorauszusetzen scheint, ist eine völlig unbegründete und willkürliche Annahme, die der Widerlegung nicht erst bedarf.

Ja aus

4, 9, 2. p. 585: Petrus ait in epistola sua, geht mit Sicherheit hervor, dass Irenäus einen zweiten Brief des Petrus gar nicht gekannt haben kann.

Auch darin zeigt das Verhältniss des Irenäus zum Kanon Aehnlichkeit mit dem des Verfassers des Fragments, dass er den Hirten des Hermas, welcher dort, obwohl er erst unter dem römischen Bischof Pius verfasst sein sollte, neben der Apokalypse des Petrus, wenigstens zum Privatgebrauch zugelassen wird, an einer Stelle sogar ganz naiv als roay citirt (4, 20, 2. p. 622 f. coll. Euseb. h. e. V. 8. p. 140: καλῶς οὖν εἶπεν ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· πρῶτον πάντων πίστευσον, ὅτι εἷς ἐστὶν ὁ Θεός, ὁ τὰ πάντα κτίσας καὶ καταρτίσας καὶ ποιήσας ἐκ τοῦ μὴ 7 Ziegler, Irenäus.

kanonischen Schriften, 4, 20, 2. p. 622 1), er erkennt ferner aller Wahrscheinlichkeit nach dem Jakobusbrief sowie dem Hebräerbrief keine kanonische Dignität zu (s. die Anmerk.) und lässt sich offenbar mehr von einem gewissen Gefühl und Takt für die Erkenntniss des dem kirchlichen Bedürfniss Entsprechenden als von einer scharfen Kritik leiten. Aber eben dieses richtige Gefühl hat ihn meist sicher auf Dasjenige hingeleitet, was dem Bedürfniss der Kirche entsprach, was in allgemeinem Ansehen stand und später kirchliche Anerkennung und Kanonisation empfing. Wenn wir also durch Irenäus auch noch nicht denjenigen Zustand der Kirche repräsentirt sehen, in welchem der Kanon des N. T. officiell abgeschlossen und in allen Theilen fertig und unveränderlich vorlag, so wird doch eine Ausscheidung apokryphischer Evangelien und Briefe, die gleiche Autorität mit den kanonischen beanspruchten, bei ihm entschieden schon vorausgesetzt. Während z. B. Hegesippus, ohne irgendwie Anstoss zu erregen, das Hebräerevangelium brauchte (Euseb. h. e. IV. 22. p. 116: ἐκ τε τοῦ καθ ̓ Ἑβραίους Εὐαγγελίου καὶ τοῦ Συριακοῦ καὶ ἰδίως ἐκ τῆς Ἑβραΐδος διαλέκτου τινὰ τίθησιν ἐμφαίνων ἐξ ̔Εβραίων ἑαυτὸν πεπιστευκέναι), während sogar bei Kirchenlehrern wie Tertullian, Clemens und Origenes sich noch eine Benutzung ausserkanonischer Evangelien als Quelle zweiten Grades nachweisen lässt, vertheidigt Irenäus mit dem grössten Eifer die kanonische Vierzahl der Evangelien und sucht sie aus der Vierzahl der Weltgegenden, aus den vier Hauptwinden, aus der viergestaltigen Natur der Cherubim und aus den

övros els tò ɛivaι τà návrα. Hermae Past. Lib. II. Mand. 1), und es zeigt sich namentlich an dieser Stelle, dass bei Irenäus wie bei seinem Zeitgenossen Clemens von Alexandrien, der den Hirten des Hermas ebenfalls als kanonische Schrift benutzt, trotz des Hindrängens auf Ausscheidung alles Schwankenden in den Urkunden des Christenthums, was der Häresie Vorschub leisten konnte, sich doch eine scharfe Scheidung zwischen kanonischen und apostolischen Schriften noch nicht durchführen liess.

1) Die Stelle ist im Urtext bewahrt bei Euseb. h. e. 5, 8. Es wird in ihr Mand. 1 mit den Worten angeführt καλῶς οὖν εἶπεν ἡ γραφή. Hilgenfeld (Apostolische Väter p. 180) benutzt dieses Citat gegen die Tradition des Muratorischen Bruchstücks von Hermas, dem Bruder des römischen Bischofs Pius, als Verfasser des Hirten. cf. Clemens Al. Strom. I. c. 29. II. 1. VI. 15.

vier Bündnissen, die Gott mit den Menschen abschloss, als eine an sich nothwendige und göttlich geordnete, den heiligen Geist aber als den gemeinsamen, einheitlichen Urheber des einen quadriforme evangelium zu erweisen, welches ihm die alleinige kanonische Quelle der evangelischen Geschichte war (3, 1, 1. p. 423 f. 11, 8. p. 476 ff.).

Wenn schon die Aeusserungen des Papias zu Gunsten unseres Matthäus- und Markusevangeliums (Euseb. h. e. III. 39. p. 89. 90), wenn ferner der Gebrauch unseres MatthäusEvangeliums oder einer ihm nahe verwandten Schrift in den ignatianischen Briefen (z. B. ad. Philad. c. 8, 9 cf. Hilgenfeld, die apostolischen Väter p. 251. 280 ff.) sowie auch die Benutzung und Bestreitung der kanonischen Evangelien durch die Gnostiker wenn schon alles dieses mit Sicherheit auf eine immer allgemeiner werdende kirchliche Anerkennung und Bevorzugung der neutestamentlichen Schriften als der alleinigen Quelle gegenüber den apokryphischen Schriften hinweist, so liegt grade bei Irenäus sogar deutlich ein Fortschritt in dieser Richtung vor. Vor Allem geht aus dem Verhältniss, in welches bei Irenäus nicht mehr bloss die neue Religion des Evangeliums, sondern die schriftlich fixirten Religionsurkunden derselben, die schriftlichen Evangelien, den Schriften des A. T. an die Seite gestellt werden, unzweifelhaft hervor, dass er mit vollem Bewusstsein die neutestamentlichen Schriften als selbstständige Quelle und Urkunde der christlichen Religion benutzt. Dieselben Citationsformeln, welche im Gebrauch des A. T. üblich waren, wendet er auf Stellen der Evangelien und der neutestamentlichen Briefe an: Matth. 1, 18. coll. 3, 16, 2. p. 505. Luc. 2, 20. coll. 3, 10, 4. p. 459. Röm. 8, 11 ff. coll. 3, 16, 9. p. 513 (Apok. 13, 18. coll. 5, 30, 4. p. 303). Aller Zweifel über die Stellung des Irenäus zum N. T. im Grossen und Ganzen wird dadurch gehoben, dass er an einer Stelle (hic [Joannes] est enim plus quam propheta, quoniam primo apostoli, secundo prophetae, 3, 11, 4. p. 465, 1 Cor. 12, 28) ausdrücklich die Propheten als Verfasser der alttestamentlichen Schriften niedriger stellt als die Apostel, die Verfasser der Schriften des N. T. Irenäus beweist daher nicht mehr bloss aus dem A. T. wie die christlichen Schriftsteller des ersten und der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts, er stellt auch nicht mehr, wie Justin

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