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insbesondere über Justin hinaus, dass er einen Versuch macht, den so gedachten Abendmahlsleib, der auch bei ihm Brod und Wein bleibt, durch den Gedanken in eine möglichst nahe Beziehung zu dem wirklichen Leibe Christi zu setzen, dass wir, wie überhaupt, so auch im Abendmahl, Glieder Christi sind.

d. Die Lehre von der Kirche.

Schon in dem Einleitungsabschnitt unsrer Darstellung der Theologie des Irenäus, der von der Autorität handelte, welche ihm die höchste in der Kirche ist, trat die grosse Bedeutung hervor, welche der Begriff der Einen katholischen Kirche für den ganzen Standpunkt des Irenäus hat. Es frägt sich, wie sich derselbe bei Irenäus herangebildet hat, und ferner, ob und wiefern derselbe einen Fortschritt gegenüber allen früheren Standpunkten in der Entwicklung der Kirche enthält.

Die Prädikate der Allgemeinheit, Einheit und alleinseligmachenden Kraft, welche im Urchristenthum nur dem Evangelium und seinem geistigen Inhalt zukamen, mussten sich auf die Kirche selbst und ihre Institutionen übertragen, sobald die Kirche durch zu starke Verschiedenheiten in ihrem Inneren das Christenthum selbst gefährdet glaubte. Was ursprünglich nur geistig gemeint war und sich äusserlich nie erkennen und abmessen lässt, das wurde in Folge der immer wachsenden Verschiedenheit der Auffassungen des Christenthums innerhalb der christlichen Gemeinschaft auf die sich bildende Kirche selbst oder auf die Gemeinschaft aller derer übertragen, die in allem Wesentlichen übereinstimmten und auch äusserlich an einem festen gemeinsamen Mittelpunkt festhielten. So entstand der Begriff der katholischen Kirche zugleich mit dem Begriff der Häresie und im Gegensatz gegen dieselbe. Dieser Begriff ist aber schon im Jahre 169 in dem Schreiben der Gemeinde von Smyrna über den Märtyrertod des Bischofs Polykarp') deutlich ausgesprochen und zuerst auch namentlich bezeichnet, indem hier von einer xx2ŋoía xaolinn die Rede ist. Dieser Ausdruck bezeichnet dem Wesen der Sache und dem Wortlaute nach nicht bloss die allgemeine Verbreitung, sondern ebensosehr

1) Bei Euseb. K. G. 4, 15.

die Universalität und die strenge Einheitlichkeit der Kirche, d. h. die Zusammengehörigkeit der in der ganzen Welt verbreiteten einzelnen Gemeinden und Glieder der Kirche zu einem Ganzen, welches in allem Wesentlichen übereinstimmt und durch ein gemeinsames Band zusammengehalten wird. Ebendarin aber liegt auch der Anspruch, dass ausserhalb der Kirche das Heil nicht zu suchen sei, also der Anspruch auf das Prädikat der Einzigkeit und Ausschliesslichkeit, der gegenüber jede abweichende Ansicht als Willkür, als Sondermeinung, als Häresie erscheint. Es liegt darin endlich der Anspruch auf Uebereinstimmung mit dem ursprünglichen Wesen des Christenthums, mit den Stiftern der christlichen Gemeinden, auf Apostolicität, welches Prädikat der Kirche wir schon in dem Kapitel über die Autorität der Kirche erörtert und bei Irenäus nachgewiesen haben '). Da aber das Christenthum ferner seinem Wesen nach die Herstellung der wahren sittlichen Gemeinschaft des Menschen mit Gott sein will, da es den Anspruch macht, den Menschen vor dem heiligen Gotte gerecht zu machen und eine Gemeinschaft gerechtfertigter Menschen zu sein, so muss dieser Gemeinschaft auch das Prädikat der Heiligkeit zugeschrieben werden, und auch dieses Prädikat muss bei der Bildung des katholischen Kirchenbegriffes, um die es sich bei Irenäus handelt, von der Gemeinschaft, wie sie der Idee nach sein sollte, auf die Gemeinschaft, wie sie ist, übertragen werden. Es wird sich fragen, ob Irenäus auch dieses schon thut, und ob er auf den Widerspruch zwischen den Forderungen dieses Begriffes und der Wirklichkeit aufmerksam wurde.

Es kommt aber, wie wir sahen, auch für dieses Lehrstück im Wesentlichen der Kampf mit drei Mächten in Betracht, den das Christenthum bis zur Zeit des Irenäus zu bestehen hatte: erstens der Kampf zwischen der judenchristlichen und heidenchristlichen Richtung, zweitens der Kampf der Kirche gegen den Gnosticismus und drittens der gegen den Montanismus. Aus dem ersten Kampfe ging das Christenthum als das universale, an keine Schranke der Nationalität gebundene Heilsprincip für alle Welt hervor. Dieser Kampf liegt hinter dem Irenäus. Nicht nur die Einreihung des Apostels Paulus in

1) Vergl. oben S. 144 ff.

den heiligen Chor der Jünger und die Aufnahme seiner Briefe in den kirchlichen Kanon, nicht nur die Kennzeichnung jeder Art von Judenchristenthum als Ketzerei bezeugt dies, sondern vor Allem der Umstand, dass in Bezug auf den einen praktischen Hauptpunkt, um den es sich in diesem Kampfe handelte, den Genuss der eidoló9vta von Seiten der Christen, der noch von Justin verabscheut wird'), bei Irenäus völlige Indifferenz eingetreten ist. Es steht deshalb ausser allem Zweifel, dass der Begriff der Kirche bei Irenäus ein universaler, aller partikularistischen Schranken entkleideter ist: die trennenden Schranken der vorchristlichen Welt sind gefallen, und die Versuche, sie in andrer Form aufs Neue ins Christenthum einzuführen und die christliche Kirche zu einer partikularistischen Gemeinschaft zu machen, sind abgeschlagen. Wo die Gefahr zu einem Zurücksinken der Kirche von dieser Höhe sich auch nur von ferne zeigte, da ist Irenäus auf der Hut und kämpft eifrig für die Allgemeinheit der Kirche. Es geschieht dies im Kampfe gegen den Gnosticismus und gegen den Montanismus und zwar so, dass sich dabei aus dem Begriff der Kirche als einer universalen Heilsanstalt mit innerer Nothwendigkeit auch die andern genannten Prädikate der Einheitlichkeit, Ausschliesslichkeit, Apostolicität und Heiligkeit entwickelten, dem Irenäus zum klaren Bewusstsein kamen und Gegenstand seiner Lehre wurden. Der Gnosticismus insbesondere drohte das Christenthum auf die Stufe einer philosophischen Schule oder Sekte zu reduciren und seine universale Bedeutung durch die Scheidung zwischen Wissenden und Glaubenden aufzuheben. Wo aber war gegen die willkürliche Verflüchtigung seines historischen positiven Inhalts, gegen die Auflösung seines moralischen und universalen Werthes in das endlose Meer der gnostischen Sekten und Meinungen eine Garantie, wenn nicht in einer Fortbildung der Kirche nach ihrer Verfassung und nach ihrem Begriff? Nur der letztere Punkt soll uns hier beschäftigen. Grade Irenäus zeigt uns am deutlichsten, wie der Gnosticismus das Christenthum auf ein neues Stadium der Entwicklung des Kirchenbegriffes hin

*) Die Christen, sagt Justin, πᾶσαν αἰκίαν καὶ τιμωρίαν μέχρις ἐσχάτου θανάτου ὑπομένουσι περὶ τοῦ μήτε εἰδωλολατρῆσαι μήτε εἰδωλόθυτα qayεiv Dial. c. Tr. c. 34 fin. - Den Gnostikern rechnet er es zum schwersten Verbrechen an, dass sie das Götzenopferfleisch geniessen c. 35.

drängte. Zwar war die Allgemeinheit und Universalität des Christenthums als Heilsprincip schon im Kampfe mit dem Judenchristenthum zum Bewusstsein gekommen, aber wenn diese Errungenschaft nicht wiederum gänzlich in Frage gestellt werden sollte, wenn das Christenthum sich nicht selbst aufgeben und zu einer Schulmeinung, einer Religionssekte herabdrücken lassen wollte, deren Wahrheit vollständig dem Ermessen und der Willkür der Einzelnen anheimgegeben war, so musste diese Universalität nunmehr auch als Lehreinheit, als allgemeine und höchste dogmatische Autorität, zur Geltung kommen. Darum bildet die Kirche jetzt den Kanon und erhebt ihn zur festen Lehrgrundlage, darum legt sie fortan das grösseste Gewicht auf die apostolische Tradition als allgemeine Regel und Norm der Lehre wie der Auslegung der Schrift, und darum vindicirt sich die Kirche selbst in ihren Organen, den Bischöfen, als den rechtmässigen Nachfolgern der Apostel das alleinige Eigenthumsrecht auf die wahre Lehre und rechtmässige Tradition. Irenäus, der mitten in diesem Kampfe der Selbsterhaltung der Kirche gegen die verflüchtigenden Mächte des Gnosticismus steht, hat, wie wir sahen, in der Anpreisung der römischen Kirche als des nothwendigen einheitlichen Mittelpunkts der ganzen Kirche mit ihrem Bischof als dem rechtmässigen Nachfolger des Apostel Petrus den weitesten Schritt zur Begründung der äusseren Einheit der Kirche in der Verfassung gethan, der nach den Verhältnissen seiner Zeit möglich war. - Aber auch die dem Gnosticismus entgegengesetzte Richtung des Montanismus konnte, weil sie auf einem durchaus willkürlichen Offenbarungsprincip beruhte und alle Einrichtungen, welche zur äusseren Einheit und Ordnung der Kirche nothwendig waren, als Concessionen an das Princip der Welt verwarf, Irenäus nur zu einer bestimmteren Gestaltung und weiteren Entwicklung dieses universellen Kirchenbegriffes hindrängen. Gleichviel ob, wie ich vorher nachzuweisen suchte'), einzelne Stellen des Irenäus sich antimontanistisch auslegen lassen oder nicht, so ist jedenfalls der Geist seines Werkes gegen die Häretiker dem montanistischen Partikularismus ebenso entgegengesetzt wie dem gnostischen; und die Anfänge des Montanismus, die Irenäus noch erlebte, konnten sein Streben

1) Vergl. oben S. 60. 61,

nach äusserem Abschluss der katholischen Kirche durch eine feste bischöfliche Verfassung nur verstärken, denn es galt, damit die Ordnung und der gesicherte Bestand des Christenthums erhalten bliebe, was der Montanismus an seinen pneumatischen und prophetischen Führern hatte, durch eine geordnete, von Amts wegen im Besitz des heiligen Geistes befindliche, die grosse Menge leitende Hierarchie zu ersetzen und das montanistische Offenbarungsprincip dadurch als unnöthig und falsch zu erweisen. Dieser Zweck aber erforderte ebenso wie die Beseitigung der durch den Gnosticismus drohenden Gefahren eine bestimmtere dogmatische Gestaltung des irenäischen Kirchenbegriffs.

In der That ist auch Irenäus der erste Kirchenlehrer, der im Angesicht solcher Gefahren die Prädikate der Allgemeinheit und Katholicität wie der alleinseligmachenden Kraft, die dem Christenthum seit der Ueberwindung des Judenchristenthums von seinen Bekennern allgemein zugestanden wurden, von dem Begriffe des Reiches Gottes auf das Institut der äusserlich abgeschlossenen Kirche klar und entschieden überträgt. Die Kraft des alleinseligmachenden Glaubens der einen Kirche, welche ein einziges grosses Haus ausmacht, welche nur einen Sinn und nur ein Herz hat und über alle Verschiedenheiten der Nationen und Sprachen erhaben ist, wird von Irenäus den Häretikern und ihren Lehren immer wieder entgegengehalten: τοῦτο τὸ κήρυγμα παρειληφυῖα καὶ ταύτην τὴν πίστιν, ὡς προέφαμεν, ἡ ἐκκλησία, καίπερ ἐν ὅλῳ τῷ κόσμῳ διεσπαρμένη, ἐπιμελῶς φυλάσσει, ὡς ἕνα οἶκον οἰκοῦσα· καὶ ὁμοίως πιστεύει τούτοις, ὡς μίαν ψυχὴν καὶ τὴν αὐτὴν ἔχουσα καρδίαν, καὶ συμφώνως ταῦτα κηρύσσει καὶ διδάσκει καὶ παραδίδωσιν, ὡς ἓν στόμα κεκτημένη. Καὶ γὰρ αἱ κατὰ τὸν κόσμον διάλεκτοι ἀνέμοιαι, ἀλλ ̓ ἡ δύναμις τῆς παραδόσεως μία καὶ ἡ αὐτή 1, 10, 2. p. 120. Wie die Sonne überallhin in der ganzen Welt das Licht verbreitet und denselben Schein giebt, so verbreitet die Kirche in der ganzen Welt die eine, alleinseligmachende Wahrheit: ὥσπερ ὁ ἥλιος, τὸ κτίσμα τοῦ Θεοῦ, ἐν ὅλῳ τῷ κόσμῳ εἷς καὶ ὁ αὐτός, οὕτω καὶ τὸ κήρυγμα τῆς ἀληθείας πανταχῇ φαίνει καὶ φωτίζει πάντας ἀνθρώπους τοὺς βουλομένους εἰς ἐπίγνωσιν ἀληθείας ἐλθεῖν 1, 10, 2. p. 122. Die Kirche kennt keine Schranken und Grenzen, sie ist non jam circumvallata sed expansa in universum

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