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Irenäus spricht zwar den Gedanken einer Täuschung des Teufels durch Christum, der, wie wir sahen, die nothwendige Konsequenz seines Gedankenganges ist, nirgends ausdrücklich aus, aber, wie Baur (a. a. O. S. 35) mit Recht bemerkt, wahrscheinlich nur deshalb nicht, weil er den gnostischen Vorstellungen darüber nicht zu nahe kommen und auch dem Schein nicht Raum lassen wollte, als sei die Erlösung auf irgend eine Weise nicht rechtmässig zu Stande gekommen.

So ist also der Tod Jesu das eigentlich erlösende Moment seines Werkes. Er ist insofern ein Sühnopfer, als der Teufel kein Recht auf ihn hatte, und als dadurch sein Recht über die Menschen überhaupt verloren gegangen, seine Herrschaft als ein unrechtmässiger Raub erschienen ist. Der Tod Jesu ist das rechtmässige Lösegeld für die bis dahin unter der Gewalt des Teufels Gefangenen. Weiter entwickelt aber sind die Bestimmungen über den Tod Jesu als erlösendes Moment nicht, sie müssen mehr aus dem Gesagten geschlossen werden, als dass Irenäus sie ausdrücklich ausgesprochen hätte. Origenes

druck den Gedanken einer Täuschung des Teufels zu gründen, sondern er sagt nur, der Ausdruck bedeute: „der Teufel sollte sich selbst von der Rechtmässigkeit des gegen ihn eingeschlagenen Weges überzeugen“, d. h. er sollte sich davon überzeugen, dass ihm rechtmässig und auf völlig freie Weise, nicht durch Unrecht, der Mensch entrissen worden sei. Duncker deutet den Ausdruck ebenso, nur dass er ihn lediglich auf den Menschen bezieht, der sich rechtmässig und auf freie Weise der Herrschaft des Teufels entziehe. Auch in diesem nebensächlicheren Punkte aber hat Duncker Unrecht, denn die ganze Stelle spricht von dem unrechtmässigen, gewaltthätigen Handeln des Teufels Gotte gegenüber und von der Rechtmässigkeit des Handelns Gottes dem Teufel gegenüber. Unter der Gewalt ist allerdings die gegen den Menschen geübte Macht zu verstehen, aber doch nur gegen den Menschen als ein Geschöpf Gottes, und darum bezieht sich auch das Gegentheil der Gewalt, die suadela, die von Gott ausgeht, auf den Teufel und nicht bloss auf den Menschen. Die Erlösung wäre nach Irenäus eine nicht gerechtfertigte, Gottes nicht würdige, wenn der Teufel selbst nicht die Rechtmässigkeit des gegen ihn eingeschlagenen Verfahrens erkennen müsste. Die ganze Auseinandersetzung Duncker's über den Unterschied von suadere als nur von Gott und dissuadere als nur vom Teufel gebraucht, ist erkünstelt und hinfällig, denn 5, 21, 3. p. 776 wird suadere vom Teufel ausgesagt. Ferner aber ist der Kampf Duncker's gegen die Meinung, als habe schon Irenäus die origeneische Vorstellung von einem an den Teufel gezahlten Lösegeld, ein Kampf gegen Windmühlen, denn Niemand behauptet es,

knüpft an diesem Punkte an: er spricht den Gedanken, dass der Teufel durch Jesum getäuscht worden sei, gradezu und in verschiedener Beziehung immer wieder aus und bildet die Lehre vom Sühnopfer dahin weiter aus, dass er den Teufel für denjenigen erklärt, dem das Lösegeld, die Seele Jesu, gezahlt worden sei, ohne dass jener doch die Macht gehabt habe, diese Seele in seiner Gewalt zu behalten '). Dem Irenäus genügt es, erwiesen zu haben, dass Jesu Erlösung des Menschengeschlechtes eine in jeder Beziehung vollkommen gerechte war; erstens insofern als er selbst vollkommen gerecht und unsündlich war und trotzdem vom Teufel als ein seiner Gewalt Untergebener behandelt wurde, zweitens insofern als er ein rechtmässiges Sühnopfer und Lösegeld für die Gefangenen gab, drittens insofern als die ganze Herrschaft des Teufels über die Menschen zwar eine gerechte dem Menschen gegenüber, aber eine durch Lüge und angemaasste Gewalt herbeigeführte und darum Gotte gegenüber durchaus ungerechte war, die der göttliche Logos daher mit vollkommenem Rechte aufheben konnte, und viertens insofern, als Jesus dieses Werk der Erlösung nicht mit Gewalt als einen Raub vollführte, wie der Teufel sein Werk, sondern auf eine Gott würdige Weise: durch die Mittel der Ueberzeugung, der duldenden Sanftmuth, des vollkommenen Gehorsams und des rechtlichen Nachweises.

Als Resultat aller Bestimmungen des Irenäus über die Erlösungslehre also ergiebt sich Folgendes. Irenäus betrachtet die Erlösung im Allgemeinen als eine Wiederbringung des menschlichen Geschlechts und als die nothwendige Vollendung alles dessen, was ursprünglich im Wesen des Menschen angelegt war. In Jesu ist Wirklichkeit und persönliche Wahrheit geworden, was ursprünglich Bestimmung des Menschen überhaupt gewesen ist; nicht bloss so, dass, was die Menschen ohne die Störung der Sünde von selbst hätten erreichen können, ihnen durch Jesum auf dem Wege der Beseitigung dieses Hindernisses nunmehr möglich gemacht worden ist, sondern so, dass es ebenso zum Wesen Gottes gehört, sich der Menschheit ganz zu offenbaren, wie es zum Wesen des Menschen gehört, sich mit der göttlichen Natur zu vereinigen. Die Erlösung ist also nach Irenäus nicht bloss eine Wiederherstellung dessen, was

1) Z. B. Comment. in Matth. T. 16. 8. zu Matth. 20, 28 u. sonst.

durch die Sünde schlecht gemacht worden ist, sondern sie ist die an sich nothwendige Vollendung des Begriffes der Menschheit, ja aus dem, was wir als Lehre des Irenäus über die Bedeutung des Bösen in der ganzen Weltordnung erkannten, lässt sich hinzusetzen: der Weg durch die Sünde hindurch ist der an sich und nach Gottes Bestimmung nothwendige Weg zur Vollendung der Menschheit. Liegt in diesen Gedanken eine sehr hohe und reine Fassung des Verhältnisses der göttlichen und der menschlichen Natur in Christo und des Sohnes Gottes zur gesammten Menschheit, so haben die näheren Bestimmungen des Irenäus über den Ersatz, den Jesus für die Sünde leistete, und den Kampf, den er gegen den Teufel führte, bei der, wenigstens überwiegend vorhandenen, Auffassung der Sünde als einer äusseren Macht doch nothwendig eine mythologische Färbung erhalten. Aber auch diese an den Mythus streifenden Bestimmungen über die Erlösung als den Kampf zweier äusserlich und objektiv sich gegenüberstehenden Mächte drehen sich wesentlich um den freilich juridisch gefassten, aber doch sittlichen Begriff der Gerechtigkeit, und es wird sogar ein, freilich nicht weiter geführter, Ansatz dazu gemacht, den Kampf Jesu mit dem Bösen als das Urbild und die höchste Steigerung dessen zu betrachten, was jeder Mensch in sich durchzumachen hat.

c. Die Lehre von den Sakramenten.

Wenn schon frühe in der christlichen Kirche in gewissen. Akten des Cultus, namentlich in der Taufe und im Abendmahl, der geheimnissvolle Inhalt des Evangeliums in besonders emphatischer Weise ausgetheilt und empfangen wurde, so ist von vorneherein anzunehmen, dass auch Irenäus diese Sakramente oder vorgia als wichtige und wesentliche Bestandtheile der Religion und nicht bloss als gleichgiltige Ceremonien betrachtet haben wird. Dass Irenäus die Sakramente für wirkliche Mittheilungen der Gnade und des Heils angesehen haben wird, kann aber insbesondere deshalb von vorneherein erwartet werden, weil ja grade in ihnen als kirchlichen Handlungen, die der Einzelne aus der Hand der Kirche empfängt, der praktische Mittelpunkt der ganzen irenäischen Theologie, der Begriff der Kirche als der alleinigen Vermittlerin des

Heils an den Einzelnen, zur vollen Geltung kommt. Nun spricht zwar Irenäus nirgends von den Sakramenten als solchen und lässt uns sogar gänzlich im Ungewissen über den Begriff, welchen er mit diesen kirchlichen Handlungen verband, aus der Art jedoch, wie er die von der kirchlichen abweichenden gnostischen Ansichten darüber mittheilt, lässt sich schliessen, dass er die Sakramente für mehr als blosse Ceremonien, für thatsächliche Mittheilungen der göttlichen Gnade und für wesentliche Bestandtheile der christlichen Religion gehalten hat. Er erzählt nämlich, dass ein Theil der Gnostiker alle Ceremonien für unnöthig und schädlich gehalten habe, weil das Unaussprechliche und Unsichtbare niemals durch sichtbare und vergängliche Handlungen und Gegenstände vollzogen werden dürfe; die vollkommene Erlösung bestehe in der Erkenntniss τοῦ ἀῤῥήτου μεγέθους, weil jeglicher Mangel und jegliches Leid aus dem Mangel an Erkenntniss stamme, und weil der innere Mensch, nicht der körperliche, der Geist allein und nicht die Seele durch die Erkenntniss, die Taufe des Geistes, gereinigt und erlöst werden solle 1, 21, 4. p. 230 f.'). Wir schliessen nicht zu viel, wenn wir behaupten, dass Irenäus dieser von ihm als häretisch betrachteten Lehre gegenüber die Sakramente nur für wirkliche, thatsächliche Mittheilungen des in Christo gewonnenen Heils gehalten haben könne. Schon in der von ihm verworfenen gnostischen Lehre liegt das wichtige Moment, dass an die Stelle des blossen äusseren Zeichens die Sache, d. h. eine höhere geistige Entwicklungsstufe, ein diviouós) treten solle, und wenn Irenäus die von einem Theile der Gnostiker gelehrte gänzliche Weglassung oder Missachtung der äusseren Form auf jeden Fall verwarf, so ist die Annahme um so begründeter, dass er, da seine kirchliche Erfassung des Christenthums in keinem Falle hinter der gnostischen zurückbleiben durfte, den ganzen geistigen Inhalt des Christenthums, die Erhebung des Menschen zu neuem und göttlichem Leben mit den Formen der Sakramente verknüpft und an sie gebunden haben wird, wie uns denn seine Lehre vom Abendmahl dies bald deutlich zeigen wird. Der Gnosticismus hat also auch hier den positiven und

1) Vergl. 1, 21, 2. p. 224.
2) Vergl. 1, 14, 8. p. 176.

negativen Anstoss zur vollen und bewussten Ausbildung der kirchlichen Lehre gegeben. Denn ist das Sakrament nur ein äusseres Zeichen, wie ein beschränktes Judenchristenthum annehmen musste, so war seine Beobachtung gleichgiltig und der Standpunkt der Gnostiker nothwendig. Darum muss Irenäus Zeichen und Sache in nothwendige Verbindung gebracht haben. Als Akte der Vermittlung des einzelnen Christen mit Gott durch die Kirche können die Sakramente nur für wirkliche Mittheilungen des durch die Kirche dem Einzelnen vermittelten Heils bei Irenäus angesehen worden sein.

a. Die Taufe.

Von der Taufe spricht Irenäus nur an einer einzigen, und zwar nicht ganz richtig erhaltenen Stelle. In seinem Beweise an einer dafür, dass der Gott des alten Bundes, welcher die Strafgerichte der Sündfluth und der Zerstörung Sodoms und Gomorrhas über die Menschen gebracht hat, nicht ein andrer, sondern derselbe wie der Gott des neuen Testamentes sei, argumentirt er folgendermaassen: unum et idem quum semper sit Verbum Dei, credentibus quidem ei fontem aquae in vitam aeternam dans, infructuosam vero fici arborem arefaciens statim, et temporibus Noë diluvium inducens, ut exstingueret pessimum genus eorum, qui tunc erant homines, qui jam fructificare Deo non poterant, quum angeli transgressores commixti fuissent eis, et ut peccata eorum compesceret, servaret vero (per) arcae typum Adae plasmationem 4, 36, 4. p. 685. - Feuardent hat nach meiner Ansicht das Richtige getroffen, wenn er vor arcae typum ein "per" einschaltete. Er hat dadurch die Stelle wenigstens gewiss deutlicher gemacht als Massuet, welcher zwichen arcae typum und Adae plasmationem ein „et" einschieben will. Jedenfalls ist sicher, dass Irenäus in diesen Worten die Sündfluth als ein vorbildliches Symbol der christlichen Taufe bezeichnen will; das beweist der oben genannte „,Quell des Wassers zum ewigen Leben“ und die unläugbare Anspielung auf die neutestamentliche Stelle 1. Petr. 3, 20ff., namentlich auf die Worte: ὃ καὶ ὑμᾶς ἀντίτυπον νῦν σώζει βάπτισμα. Hieraus aber lässt sich soviel mit Sicherheit als Lehre des Irenäus schliessen, dass er die Taufe als den Akt der Aufnahme in die Kirche

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