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AN

PROFESSOR HUGO MARETA

IN WIEN.

Gestatten Sie mir, lieber Herr Professor, Ihren Namen vor eine Sammlung setzen zu dürfen, die in ihren ersten Anfängen auf die von Ihnen empfangenen Anregungen zurückreicht. Sie haben uns jederzeit mit Liebe und Nachdruck auf jene reichen Schätze hingewiesen, die in unserer vaterländischen Literatur ungehoben und ungemünzt verborgen liegen; den Schriftsteller, mit welchem ich die Reihe der 'Wiener Neudrucke' eröffne, habe ich zuerst aus jenem Programme kennen gelernt, in welchem sie eines seiner besten Werke auszugsweise für unsere Jugend gerettet haben, und die lebhafte Theilnahme, welche. Sie dem Plane und Fortgang der neuen RaimundAusgabe gewidmet haben, bestärkt mich in der Zuversicht, dass Sie auch diesen Heftchen in freien Stunden ab und zu einen freundlichen Blick gönnen werden.

Die deutsche Literatur hat sich in den Gegenden, welche das heutige Oesterreich umfasst, nicht immer in demselben Masse entwickelt als in den anderen Gebieten deutscher Zunge. Zwar die mittel

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alterliche Blüteperiode unserer Literatur spielt sich zum guten Theile an der Donau ab und bis zum Ausgang des Mittelalters hat sich von der Adria bis zur Moldau ein reiches geistiges Leben in steter Verbindung mit den anderen Provinzen Deutschlands erbalten. Seit den Zeiten der Reformation aber, seit den Zeiten der Gegenreformation in den österreichischen Erblanden ist dies anders geworden. Die Schranken gegen Norden und Westen, welche immer vorhanden waren, wurden jetzt höher und stärker, und durch fast drei Jahrhunderte hindurch wandern wir in der Geschichte des österreichischen Geisteslebens auf einem öden, wüsten Gebiete, nur selten durch eine fruchtbare Oase erfreut und erquickt. Noch zu der Zeit, als in Deutschland ein neuer Geist erst strebend und ringend, dann stürmend und drängend sich Bahn brach, lagen die österreichischen Gebiete fast in völliger Stagnation und als in Mitteldeutschland unsere grossen Dichter eine zweite glänzendere Blüteperiode deutscher Literatur hervorzauberten, verhielt sich Oesterreich gegenüber diesen Erzeugnissen durchaus nur receptiv. Es hat der langen Reihe deutscher Dichternamen im achtzehnten Jahrhundert keinen auch nur annähernd ebenbürtigen an die Seite zu stellen; was an Nachahmungen zu Tage trat, hat selbst im engeren Kreise keine sehr bedeutende Wirkung ausgeübt: nur die Nachdrucke der ausländischen Geistesproducte überschwemmten massenhaft das Land und ergossen den Strom deutscher Bildung auch in die fernsten Adern des vielsprachigen Reiches. Erst am Ende des vorigen Jahrhunderts und zu Beginn des neuen regte auch

Oesterreich kritisch und dichterisch seine Schwingen, und von dem zweiten Decennium des 19. Jahrhunderts an erlebt die deutsche klassische Literatur eine Nachblüte in Oesterreich, die ihr einige ihrer edelsten und besten Dichter zugeführt hat. Es sind Epigonen, die da wirken, aber die alte Kraft und Macht unserer Classiker lebt in ihnen fort. Dieser neue Aufschwung eines lange darnieder gelegenen Volksstammes soll beiläufig die Grenze für das gegenwärtige Unternehmen abgeben. Denn die Dichter, die von da ab in Oesterreich erstanden, leben in ungeschwächter Wirkung noch heute im deutschen Volke fort.

Die wüsten Gebiete aber bitte ich Sie mit mir zu durchwandern und die wenigen Aehren, die auf dem steinichten, unfruchtbaren Boden dennoch hie und da erwuchsen, mit mir zu einer Garbe zu binden.

Wir werden sie vor allem im vorigen Jahrhunderte zu lesen haben. Denn ein Gebiet gab es doch, wo auch in den tristesten Zeiten der österreichische Stamm sich seine Originalität bewahrte und sich in seiner Abgeschlossenheit urwüchsig entwickelte: die komische Bühne. Wien ist von jeher eine günstige Stätte für das Theater gewesen; die moderne Phäakenstadt hat einen ihrer anziehendsten und begehrtesten Genüsse im Schauspiele gefunden; das Capua der Geister hat Wohl und Wehe seiner Theater zu brennenden Tagesfragen erhoben und sich durch dieses Interesse für den Mangel eines politischen, für den Mangel eines eigentlich literarischen Lebens schadlos gehalten. Das gesprochene Wort war freier als das geschriebene, die Spässe der Schau

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