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1. WAHLSTREIT.

1198.

Lachm. 8.

Die drei folgenden Gesetze bilden ein Ganzes, wie über die Dreizahl nicht hinausgehende Sprüche stäts auf das Engste verbunden sind, auch wenn sie nicht wie diese hier der gleichlautende Anfang als zusammengehörig bezeichnet. Lachmann hat zweien derselben das Jahr 1198 als Entstehungszeit angewiesen, das dritte setzt er fünf Jahre später; aber gerade dieses enthielt den Vorwurf, daß der Pabst zu jung sei: wäre das 1203, oder wie Abel wollte, auch nur 1201 gedichtet, so käme es sehr zur Unzeit, denn damals hatte Innocenz III. sich schon als einen der mächtigsten Päbste bewährt. Was aber Lachmann für die dritte Strophe nahm, ist in der That die zweite: für unsere Anordnung streiten zwei Handschriften gegen eine, und was wichtiger ist, die Anlage des ganzen Gedichts, dessen Gedanke bei der bisherigen Stellung nicht hervortrat: die Macht und Ehre des Reichs, die gebieterisch Philipps Erhebung forderte. Diese letzte Strophe wird allgemein in das Jahr 1198 gesetzt. Die vorhergehende früher anzusetzen giebt es keinen Grund. Die beiden Könige Z. 30 sind Philipp und Otto: Abel führt selber aus, »der Pabst habe in Bezug auf die Kaiser wohl ein so feines Spiel gespielt, daß, wie er selber schreibe. bis zum Frühling 1199 beide Könige (Otto und Philipp) sich seiner Gunst rühmen konnten und in Deutschland laut die Rede gieng, nicht auf die Wohlfahrt des Reichs, sondern auf seine Erniedrigung und Zerrüttung habe er es abgesehen. Wenn er nun gleichwohl die beiden Könige auf die Hohenstaufen Philipp und Friedrich bezieht, so ist das die reinste Willkür, für die er nichts aufbringen kann, als daß es auffallend bleibe, daß Walther so bald nach Kaiser Heinrichs Tode dessen Sohn, den erwählten König Friedrich, ganz vergeßen haben sollte. Aber dieses unmündige, dreijährige Kind konnte die hohenstaufische Partei durchzusetzen nicht hoffen: deswegen richtete sie ihre Zuversicht auf Philipp, des verstorbenen Kaisers Bruder, den sie am 6. März 1198 zu Thüringen gewählt hatte. Die Worte »si bienen die si wolten« Z. 41 gehen auf den vorgegebenen Bann Philipps und seiner Anhänger, von dem freilich Abel sagt, er sei in Deutschland nicht bekannt und von einem so eifrigen Anhänger wie Walther nicht anerkannt

gewesen. Aber Philipp selbst erkannte ihn darin an, daß er sich, wie Lachmann auch anführt, im März oder April davon lösen ließ warum hätte ihn Walther nicht erwähnen sollen? Wär er in Deutschland nicht bekannt gewesen, so würden die Pfaffen schon dafür gesorgt haben, daß er bekannt wurde. Wenn Abel darthun will, jener von Innocenz behauptete Bann sei geschichtlich nicht erweisbar, so ist das ganz gleichgültig, denn schon die Behauptung, daß ein Bann verhängt sei, ist so gut oder so schlimm wie ein Bann, wenn sie von dem aufgestellt wird, der die Macht hat, die Kirchen zu schließen. Uebrigens ist unter den Pfaffen die päbstliche Partei verstanden, die es mit Otto hielt, unter den Laien die kaiserliche, der Walther anhieng. Als jene mit den Waffen den Kürzern zog, berief sie sich wieder auf den Bannfluch. Wär unsere zweite Strophe erweislich im J. 1203 oder 1201 gedichtet, so könnten auch die beiden andern nicht früher angesetzt werden. Aber Alles hier Erwähnte, auch Zerstörung der Gotteshäuser, ja ganzer Städte wie Bonn und Andernach, hatte sich schon 1198 begeben. Unser Gedicht ist keineswegs, wie fast allgemein behauptet wird, von allen bestimmbaren Gedichten Walthers das älteste: selbst unter denen, welche sich auf die Angelegenheiten des Reichs beziehen, scheint der Spruch Nr. 5 älter. Er ist noch in Oesterreich und im Wiener Hofton, bei der ersten Nachricht von Ottos Wahl, gedichtet, während unser Gedicht wohl erst entstand, als Walther den Wiener Hof mit dem Philipps zu vertauschen gedachte. Hier steht es nur voran, weil es in den Handschriften die Sammlung der Gedichte Walthers eröffnet, und das ihnen in B und C, zwei der besten Handschriften, beigegebene Bild ihn in der Stellung darstellt, in der er sich hier zeichnet, nachdenklich auf einem Steine sitzend, wie das Epos die Tiefbetrübten schildert. Walthers Trauer gilt dem zerrißenen Vaterlande, um das auch wir noch klagen müßen.

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Wahlstreit.

diu zwei sint êre und varnde guot,
daz dicke ein ander schaden tuot:
daz dritte ist Gotes hulde,

der zweier übergulde.

15 die wolte ich gerne in einen schrîn.
jâ leider des enmac niht sîn,
daz guot und weltlich êre

und Gotes hulde mêre

zesamene in ein herze komen.

20 stîg unde wege sint in benomen: untriuwe ist in der sâze,

gewalt vert ûf der strâze:

Fride unde reht sint sêre wunt.

31

diu driu enhabent geleites niht, diu zwei enwerden ê gesunt.

25 Ich sach mit mînen ougen

manne unde wîbe tougen,
daz ich gehôrte und gesach

swaz iemen tet, swaz iemen sprach.
ze Rôme hôrte ich liegen,

30 zwêne künege triegen.

dâ von huop sich der meiste strît,
der ê was oder iemer sît,
dô sich begunden zweien
pfaffen unde leien.

35 daz was ein nôt vor aller nôt:

lîp unde sêle lac dâ tôt.
die pfaffen striten sêre;
doch wart der leien mêre.

diu swert diu leiten si dernider, 40 und griffen zuo der stôle wider: si bienen die si wolten,

und niht den si solten.
dô stôrte man diu goteshûs.
ich hôrte verre in einer klûs

45 vil michel ungebære:

dâ weinte ein klôsenære.

Er klagete Gote sîniu leit:

'ouwê der bâbest ist ze junc: hilf, hêrre, dîner kristenheit.'

Ich hôrte ein wazzer diezen
50 und sach die vische fliezen,

ich sach swaz in der welte was,
velt walt loup rôr unde gras.
swaz kriuchet unde fliuget
und bein zer erden biuget,
55 daz sach ich, unde sage iu daz:
der keine lebet âne haz.

daz wilt und daz gewürme
die strîtent starke stürme,
sam tuont die vogel under in;
60 wan daz si habent einen sin :
si endûhten sich ze nihte,
si enschüefen starc gerihte.
si kiesent künege unde reht,
si setzent hêrren unde kneht.

65 sô wê dir, tiuschiu zunge,
wie stêt dîn ordenunge!

daz nû diu mugge ir künec hât,
und daz dîn êre alsô zergât.
bekêrâ dich, bekêre.

70 die cirken sint ze hêre,

Die armen künege dringent dich:

Philippe setze en weisen ûf, und heiz si treten

hinder sich.

Z. 12 der ietweders B, dwederz dem andern Pfeiffer. Z. 40 wider: sie hatten sich also schon früher dieser geistlichen Waffe bedient. Z. 41 bezeichnet den Gebannten nicht näher, sondern hebt nur die Willkür hervor, mit der ihn der Bann trifft: so wird auch Z. 42 nur den Vorwurf der Ungerechtigkeit enthalten, so daß man dabei weder mit Lachmann an den Pabst noch mit Andern an Otto denken darf. Der klôsenære Z. 46 bedeutet hier und öfter die vormalige strenge Frömmigkeit im Gegensatz zu der nunmehrigen Ausartung des geistlichen Standes. J. Grimm vermuthete, es sei damit ein bekannter geistlicher Dichter gemeint, etwa Gualtherus Mapes oder Henricus Septîmellensis; neuerdings rieth J. O. Opel auf den eifrig kaiserlich gesinnten Bischof von Halberstadt

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(1200-1208). Z. 49–67. Hier erst tritt Walther mit positiven Vorschlägen hervor, welche der in den ersten Strophen geschilderten Zerrüttung des Reichs abhelfen sollen. Hierin liegt die Einheit des Gedichts, dessen Composition bei jener andern Anordnung verfehlt wäre. Auch Uhland stellt die Str., welche Philipps gedenkt, an den Schluß. Zu Z. 70 ff. Die Cirkel sind die einfachen Fürstenkronen, der »weise« meint die Königskrone. Z. 72 steht Philippe im Dativ, angeredet wird diu tiusche zunge, die Gesamtheit aller deutsch redenden, d. i. das deutsche Volk.

WIENER HOFTON.

2. DAS FEST ZU WIEN.

Um 1194.

L. 25.

Der junge Fürst, der das hier geschilderte Fest gab, war Friedrich der Katholische, der seinem Vater Leopold VI., dem Gönner Reinmars des Alten, 1194 in der Herzogswürde folgte. Seinen Tod beklagt Walther noch in Nr. 21, vgl. auch Nr. 17. Mit Lachmann an Friedrichs jüngern Bruder, Leopold VII., der 1200 das Schwert nahm, zu denken ist kein Grund, denn warum hätte Friedrich ausdrücklich genannt werden müßen, und nicht auch Leopold? Der Herzog, an dessen Hofe, ja in dessen Gegenwart dieser Spruch gesungen wurde, war mit Händen zu greifen. Auch kann aus Z. 14 nicht auf eine Schuld gegen den Herzog geschloßen werden, deren der Dichter jetzt nicht mehr zu entgelten brauchte: die Zeile spricht nur von der Lösung der Pfänder der Fahrenden, die bei Hofgelagen gebräuchlich war: solcher alten Pfandschulden musten sie entgelten, wenn sie nicht noch rechtzeitig getilgt wurden, denn dann verfielen die Pfänder. Diese Erklärung giebt auch Pfeiffer, ja er nimmt mit uns an, daß dieser Ton zu Herzog Friedrichs Ehren erfunden ward: gleichwohi bezieht er diesen und den folgenden Spruch auf Herzog Leopold, wofür er gar keine Gründe mehr hatte. Er folgt gedankenlos der Annahme Lachmanns.

Ob ieman spreche, der nû lebe,

daz er gesæhe ie grazer gebe,

als wir ze Wiene haben dur êre enpfangen?

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