'Mir tuot einer slahte wille sanfte, und ist mir doch dar under wê. Ich minne einen ritter stille: dem enmag ich niht versagen mê 5 Des er mich gebeten hât: tuon ichs niht, mich dunket daz mîn niemer werde rât. Dicke dunke ich mich sô stæte mînes willen. sô mir daz geschiht, Swie vil er mich denne bæte, 10 al die wîle sô enhulfe ez niht. Ieze hân ich den gedanc: waz hilfet daz? der muot ist kûme eines tages lanc. Wil er mich vermîden mêre, sô versuochet er mich alze vil. 15 Ouwê des fürht ich vil sêre, daz ich muoz verjehen swes er wil. Gerne het ich nû getân, wan deich im muoz versagen und wîbes êre sol begân. In getar vor tûsent sorgen, 20 die mich twingent in dem herzen mîn Beide den åbent und den morgen leider niht getuon des willen sîn. Daz ich iemer einen tac sol fristen, dêst ein klage diu mir ie bî dem herzen lac. 25 Sît daz im die besten jâhen daz er alsô schône künne leben, Dâ noch nieman in getrat. 30 si hânt daz spil verlorn, er eine tuot in allen mat.' Zweifel. 195 167. ZWEIFEL. L. 71. Die beiden ersten Strophen, die einen Wechsel bilden, passen nicht zu wohl aufeinander. Zwei andere ebenfalls unter sich wie mit diesen unverbundene Strophen gleichen Tons werden Reinmar zugeschrieben, dem auch die ersten gehören möchten. Der Gang ist durchaus jambisch. 'Ich hoere im maneger êren jehen, der mir ein teil gedienet hât. 5 Daz er mir rehte erscheine. nû fürht ab ich daz erz mit valsche meine. tæt er mir noch den willen schîn, hæt ich iht liebers danne den lîp, des müezer hêrre sîn.' Wie kumt daz ich sô wol verstân 10 ir rede, und sî der mîner niht, Und ich doch grôzer swære enhân, Ein ander man ez lieze: nû volg ab ich, swie ich es niht genieze. 15 swaz ich dar umbe swære trage, da enspriche ich niemer übel zuo, wan sô vil daz ichz Ich lebte ie nach der liute sage 20 und si mich wol gemuoten sehent, Daz hazzet einer sêre, der ander gihet, mir si fröide ein êre. nun weiz ich weme ich volgen sol, klage. wan hete ich wîsheit unde sin, ich tæte gerne wol. 25 Ist daz mich dienest helfen sol als es doch manegen hât getân, So gewinnet mir ir hulde wol ein wille, den ich hiute hân. Der riet mir deich ir bæte 30 und zurnt ab siz, daz ich ez dannoch tæte. nû wil ich tuon swaz mir geschiht: ein reine wîse sælec wîp lâz ich sô lîhte niht. 168. WIE UND WO. L. 119. Auch dieß schreib ich Walthern nicht zu; eher möchte ihm 186 gehören, das mit diesem durch Körner verbunden ist. Auch die mit Ausnahme von Z. 7 jambisch gehaltene Lied ist ein Wechsel. Got gebe ir iemer guoten tac und lâze mich si noch gesehen, Diech minne und niht erwerben mac. 5 Wie holt si mir entriuwen wære, und sagte mir ein ander mære, des mîn herze inneclîchen kumber lîdet iemer sît. ich hân ein senfte unsenftekeit. 10 'Got hât vil wol ze mir getân, dô schôz mir in mîn herze daz mir iemer nâhe lît unz ich getuon des er mich bat. ich tætez, wurde mirs diu stat.' Erhörung. 169. ERHÖRUNG.: Wechselrede, ganz jambisch gehalten. Sol der mit fröide an mir zergân, 'Mit valschelôser güete lebt 15 Sîn state mir mit fröide gebt, Die mîne fröide hât ein wîp nu endarf es nieman wunder nemen, 197 170. TAGELIED. L. 88. Der Minnedichter kann über die Schönheit und Güte der Herrin nicht weit hinaus; wohl darf er noch den Lohn erflehen; aber die Sitte verwehrt ihm, sich der genoßenen Gunst zu rühmen: darum muß er Alles verschweigen woraus auf den Gegenstand seiner Huldigungen geschloßen werden könnte, vgl. zu 144. Dieß bringt eine Einförmigkeit in den Minnegesang, die in der obigen langer Reihe werbender Lieder gewiss manchmal fühlbar geworden ist. Jene Schranke konnte nur auf künstliche Weise durchbrochen werden. Dazu diente das Tagelied, das von dem Morgengesang, womit der Tag begrüßt wird, den Namen hat. Die Provenzalen nennen es Alba, d. h. Morgenroth; Fr. Diez (Poesie d. Tr. S. 115) schildert es mit treffender Kürze: »es feiert das Glück zweier Liebenden, indem es den Tagesanbruch verwünscht.<< Bei dem Wächterliede, einer Art des Tageliedes, fällt dabei dem Wächter die Rolle zu, den Anbruch des Tages zeitig zu melden, damit der begünstigte Ritter sich nicht versäume und mit seinem Leben zugleich die Ehre der Herrin gefährde. In solchen Darstellungen, welche die Minnesänger mit den reizendsten Farben ausstatteten, genoßen sie des Vortheils, das Gebiet ihrer Kunst auf das anmuthigste Feld zu erstrecken ohne gegen Sitte und Anstand zu verstoßen. Auch verriethen sie dabei nichts, denn diese Schilderungen waren ganz unpersönlich. Das einzige Tagelied, das unserm Dichter zugeschrieben wird, trägt nicht ganz den Charakter seiner Poesie, die einen hellern, vollern Ton liebt; doch mochte er dieß bange Helldunkel, das ungewisse Zwielicht, das den nahenden Tag androht, jeder andern Färbung seines Tageliedes vorziehen. Die innig flüsternde Heimlichkeit, welche der Genuß verstohlener herzlicher Liebe bedingt, konnte nicht beßer als durch das gewählte, seltsam abgebrochene Maß und die entfernt stehenden Reime ausgedrückt werden. Der Nachahmung von Wolframs Stil, den man hier hat finden wollen, steht doch die Zweitheiligkeit dieses Liedes und die Abwesenheit des Wächters, der Z. 65 nur genannt wird, aber nicht als dritte Person mit auftritt wie in Wolframs Wächterliedern, entgegen. Ist das Lied von Walthern, so hat er sich wohl nur in einer beliebten volksmäßigen Gattung versuchen wollen. Es ist auch in alterthümlicher Metrik, mit fehlenden Senkungen und Vorschlagssilben gehalten. Die Einschnitte sind klingend, indem sie zwei Hebungen tragen. |