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benen jambischen Gange liebt der Dichter unter gewissen Bedingungen abzuweichen; nur thut er es eben nicht immer und zuweilen auch noch unter andern, ja unter denselben Bedingungen weicht er umgekehrt vom trochäischen Gang in den jambischen aus, so daß wir sehen, der Dichter entäußerte sich seiner Freiheit nicht völlig der gemäße Ausdruck des Gedankens galt ihm doch mehr als die Form, so meisterhaft er diese zu handhaben wuste. Gleichwohl können allzu häufige Ausnahmen von der vorgeschriebenen Regel die Echtheit eines Liedes zu verdächtigen helfen. Hierauf hier näher einzugehen ist nicht nöthig, da es bei jedem einzelnen Liede zur Sprache kommt. Hier nur noch die Bemerkung, daß die von Wilmanns an vierter Stelle aufgestellte Bedingung für den fehlenden Auftact: wenn das erste Wort einen starken logischen Accent hat, in Nr. 136, 5 sogar noch das Wegfallen der folgenden Senkung gestattet, was aber weder Er noch ein anderer neuerer Herausgeber zugesteht, obgleich sie es längst hätten wißen können. Es ist auch nur die Folge zweier im Ganzen unbestrittener Sätze, nämlich daß die Senkung ausfallen kann und der Auftact fehlen.

Walthers Ruhm in alter und neuer Zeit.

Eine genauere Betrachtung würde lehren, daß Alles dieß nicht Walthersche Eigenthümlichkeiten, sondern Gesetze der echten Kunst selber sind, die uns die holländische Steifheit der Opitzischen Poeterei verkennen lehrte. Wir müßen auch hierin wie in der Gliederung der Strophe und noch in vielen andern Stücken Walthern als unsern wahren Meister anerkennen, wie er denn noch lange den Ruhm nicht wiedererworben hat,

auf den ihm seine Liederkunst Anspruch verleiht und den ihm seine Zeitgenoßen nicht verweigerten, selbst wenn sie einer andern Partei angehörten. Walther stand, was deutschen Dichtern selten begegnet, mit Königen und Kaisern im Verkehr: erst mit König Philipp, nach dessen Tode mit Kaiser Otto, zuletzt mit Friedrich II.; als Kaiser schickte ihm Friedrich Geschenke von Welschland aus; Er sendet ihm dafür seinen Rath und schwerlich wird er unbeachtet geblieben sein, da man das Gewicht kannte, das seine Lieder und Sprüche in die Wagschale warfen. Ein anderes Geschenk hatte ihm früher Herzog Ludwig von Baiern geschickt, um ihn für Ottos Sache zu gewinnen. Während der Abwesenheit des Kaisers in Welschland vertraute ihm, wie es scheint, der Reichsverweser, Bischof Engelbert von Köln, die Erziehung des jungen Königs Heinrich, wenigstens für eine kurze Zeit; der Dichter selbst brach dieses Verhältniss, weil das verwahrloste, >>selbwachsene« Kind moralisch schon so verkrümmt war, daß er es nicht mehr gerade biegen konnte. Mit demselben Bischof von Köln berieth er sich über die Faßung des Liedes Nr. 199, mit dem er die erloschene Begeisterung für den Kreuzzug wieder anzufachen gedachte. Bei Kaiser Otto legte er für den Landgrafen Herman von Thüringen Fürbitte ein und Markgraf Dietrich von Meissen verschmähte es nicht, den Kaiser seiner Treue durch den Dichter versichern zu laßen. Wie mit König Philipp steht er auch mit Herzog Leopold VII. dem Glorreichen auf Du und Du. Auch in das Volk drangen seine Lieder, sein schönes Preisgedicht der deutschen Männer und Frauen hörte Ulrich von Liechtenstein, selbst ein talentvoller Dichter, dem aber Walthers ehrenfester Sinn fehlte, auf seinem aben

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teuerlichen Zuge als Frau Venus, seinen heimkehrenden Boten singen; eine Stelle seiner Lieder ist in den Volksgesang übergegangen, in das Volkslied von dem edeln Möringer; eine andere gab die erste Veranlaßung zu der Sage vom Wartburgkrieg und in der poetischen Behandlung dieser Sage tritt er selber handelnd und singend mit auf, ja das Gedicht vom Wartburgkrieg selbst kann als eine Glorie um das Haupt Walthers und Wolframs betrachtet werden. Die großen erzählenden Dichter seiner Zeit gedenken seiner ehrenvoll: Wolfram scheint auf eins seiner verlorenen Lieder anzuspielen, ein andermal bezieht er sich auf ein uns erhaltenes; Gotfried von Straßburg will ihn nach dem Tode des Hagenauers, wahrscheinlich Reinmars des Alten, zum Führer des Nachtigallenchors, wie er die lyrischen Dichter nennt, bestellt wißen, und der welsche Gast, indem er einer Aeußerung Walthers entgegentritt, beklagt sie gerade darum, weil er weiß, wie großes Gewicht die öffentliche Meinung darauf legen wird. Der welsche Gast, der dieß Zeugniss ablegt, war ein Friauler, und wenn schon dort, an der italienischen Grenze, ein Ausspruch Walthers Tausende bestimmte, dem Gebot des Pabstes keine Folge zu leisten, wieviel größer muste dann im innern Deutschland die Wirkung seiner Sprüche sein. Andere Dichter rühmen ihn, wählen ihn zum Vorbilde, zu ihrem Meister, bekennen sich als seine Schüler, lesen Blumen in seinem Garten, betrauern und beklagen seinen Tod. Seine Worte hallen noch lange nach, sein Andenken verschwindet erst spät. Walther von der Vogelweide, wer des vergäße thät mir leide, sagt von ihm Hugo von Trimberg. Die letzten Meistersänger kennen wenigstens noch seinen Namen und rechnen ihn zu den zwölf Meistern, die,

wie sie fabelten, in den Tagen Otto des Großen gleichzeitig und ohne von einander zu wißen, gleichsam durch Eingebung des heiligen Geistes die edle Singekunst erfunden und gestiftet haben sollten. Nach der langen Nacht, die seit dem Uebergange des deutschen Reichs, und es hat seit Kaiser Friedrichs Tode, der Walthers Gönner war, nur noch ein Scheinleben geführt, alle deutsche Herrlichkeit bedeckte, war es Walthers Gestalt zuerst, die beim Anbruch eines neuen Morgens der deutschen Dichtung, wenn auch nicht gleich im alten Glanze, wie ja noch heute nicht, wieder hervortrat. Goldast hat in den paraeneticis und in andern seiner Schriften besonders auf Walthers Lieder Bezug genommen; schon Bodmer bemühte sich um die Erforschung seiner Lebensumstände, Gleim erneuerte 1773 seine Lieder, 1779 gab er ein eigenes Bändchen Gedichte nach Walther von der Vogelweide heraus, Gräter, Fülleborn, Tieck folgten ihm auf dieser Spur ohne ihn zu überbieten und ohne Walthers ganzen Werth erkennen zu lehren, was kaum 1828 Uhlands Schilderung gelang in seiner Schrift: Walther von der Vogelweide, ein altdeutscher Dichter, geschildert von L. Uhland. In der That ist Walther ein Dichter im besten Sinne des Worts, seine Lieder und Sprüche, ja auch sein Leich sind von der reinsten lyrischen Stimmung eingegeben, und wer ihn ganz empfunden hat, muß sich wundern, daß ein solcher Dichter noch so wenig erkannt und verbreitet ist, daß seine Worte nicht auf jedes Deutschen Lippen schweben und seine Gedichte erst in wenigen Ausgaben vor uns liegen. Doch das liegt an den Schicksalen der deutschen Poesie überhaupt und an dem verhängnissvollen Erbfehler der Deutschen, das Fremde anzustaunen und sich selbst

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nicht zu achten und sich hinterher wohl gar noch zu wundern, wenn ihnen andere Nationen die gebührende Achtung versagen.

Geburt und Tod.

Walthers Leben erläutert sich am Besten an seinen Gedichten; nur seine Geburt und sein Tod sollen hier noch kurz. besprochen werden. Von der Zeit seiner Geburt war schon oben die Rede; seinen Geburtsort kennen wir nicht; wir wißen nur, daß er in Oesterreich singen und sagen gelernt und sich dort der Mundart des Landes nicht ganz erwehrt hat. Wie aber daraus nicht zu folgern ist, daß er in Oesterreich geboren war, eher das Gegentheil, so kann er auch für einen Franken nicht gelten, weil er nach fünfjährigem Aufenthalt in Würzburg die fränkischen Fürsten gelegentlich seine heimischen nannte. Nach seinem Beinamen Von der Vogelweide könnte sein Geschlecht überall zu Hause sein, wo es Vogelweiden gab, und die fanden sich in allen deutschen Gauen, so daß es unbegreiflich bleibt, wie ihn Pfeiffer aus solchem Grunde für einen Tyroler ausgeben mochte. Aber Pfeiffer hat noch einen zweiten Grund: weil der Weg nach dem italienischen Hafen durch Tyrol führte, und der Dichter in Nr. 115, wo er den Wunsch verräth, am Kreuzzuge als Pilger Theil zu nehmen, auch von seiner Heimat spricht, die er kurz vorher gesehen, aber kaum wieder erkannt hat. Allein nach diesem dreisprüchigen Tone hatte der Dichter »die liebe reise« noch nicht angetreten: die Mittel fehlten ihm dazu, eben diese hatte er wohl in seinem Geburtslande aufzutreiben gehofft. Daraus folgt eher, daß er kein Tyroler war, denn seine Heimat hatte er kurz vorher gesehen; durch Tyrol würde

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