Obrazy na stronie
PDF
ePub

heit intensiv immer mehr zu durchbringen, zu entwickeln, auszuarbeiten, und extensiv in immer mehr Geister zu pflanzen, in ihnen zu befestigen, zu beleben hat.

Die Reform im Judenthume bleibt daher bei der Lehre der Offenbarung stehen: die Außerweltlichkeit Gottes, die Unmittelbarkeit Gottes zum Menschen durch die Ebenbildlichkeit des Menschengeistes und durch die Offenbarung, die Unsterblichkeit der Seele, die göttliche Weltregierung, das göttliche Gericht und die Läuterung des Menschengeistes durch dasselbe hält sie als unumstößliche, durch die göttliche Offenbarung in die Menschenwelt gekommene Lehren fest.

Die Reform im Judenthume bleibt bei dem Geseze der Heiligung, wie es von der Offenbarung gegeben ist, stehen, und erkennt an, daß die Offenbarung dieses Gesezes theils als sittliches Gesetz der Liebe, theils als soziales Gesetz der unbedingten Gerechtigkeit in Menschen gleichheit, theils als Gefeß der Läuterung und Reinigkeit, um den Menschengeist zu immer größerer Gottähnlichkeit zu entwickeln, allgemein- und ewiggültig aufgestellt hat, daß sie aber die Mittel, das sind die Formen, durch welche diese Gesetze verwirklicht werden, der Zeit und Lokalität gemäß übergeben hat. (Wenn die Schrift z. B. befiehlt, die Ecken der Felder in der Ernte nicht abzuschneiden 2c., sondern sie den Armen zu überlassen, so hat sie damit dem zum Ackerbau bestimmten Volke gemäß vorgeschrieben, was nothwendigerweise auf die anderen Gewerbe übertragen werden muß; wenn sie dem Ochsen das Maul beim Dreschen zu verbinden verbietet, so ist dies lokal, wo mit Ochsen gebroschen wird, enthält aber das allgemeine Gesetz der Barmherzigkeit gegen das Vieh u. s. f. Gleiches findet nun auch in vielen Beziehungen des Kultus statt.)

Auf diese Weise hält allerdings die Reform im Judenthume die Tradition nicht für bindend, indem sie in sich selbst nur eine lebendige Fortentwickelung der starr gewordenen Tradition erkennt; auf diese Weise strebt sie zwischen dem ewigen und allgemeingültigen Wesen und Inhalt des Gesetzes und dem temporellen und lokalen Mittel oder der Form des Gesetzes zu unterscheiden, Dinge, womit die oben gezeichneten Bestrebungen der freien Lichtfreunde" Nichts zu thun haben. Auf diese Weise hält aber die Reform auch den ganzen Lehrinhalt der Offenbarung fest, und sucht diesen zu entwickeln und auszuarbeiten, was wiederum nicht Sache jener

,,freien Lichtfreunde" ist, die den ganzen Lehrinhalt derselben ver werfen, und den Gegensatz lehren.

Haben wir somit die große Kluft gezeigt, welche die Reform im Judenthume von jenen f. g. lichtfreundlichen Erklärungen trennt so können wir um so mehr zum Wesen dieser zurückkehren. Die Reform hält das Gemeinsame und Allgemeine, wie es von der Offenbarung gegeben ist, fest und strebt nur die Form von der Herrschaft des Buchstabens frei zu machen: die Lichtfreunde hingegen verwerfen Jenes ganz und gar, und setzen die Herrschaft des individuellen Bewußtseins als ihr Gemeinsames, ohne zu bedenken, daß diese beiden sich gegenseitig schon an sich zerstören.

Was nun aber den Inhalt dieser Erklärungen betrifft, se fönnen wir ihn nur mit dem, von uns schon früher gebrauchten Ausdrucke „modernes Heidenthum“ bezeichnen. Die hallenser und marburger Erklärungen unterscheiden sich hierin wesentlich. Die hallenser sett eben Nichts fest, als die unumschränkte Herrschaft des individuellen Bewußtseins, wie sie es nennen „der Geist". Die marburger kommt aber schon mit einem Inhalte, in dem sie den außerweltlichen Gott und die Unsterblichkeit der Seele leugnet, und die Seligkeit in das immer gegenwärtige Erkennen des göttlichen Wesens und in die Gerechtigkeit und Liebe des Menschen gegen den Menschen sett. Sie ist leicht zu schlagen. Denn da das Erkennen des göttlichen Wesens im Menschen nur stets ein mangelhaftes ist und sein muß, da das Unvollkommne das Vollkommne nicht vollständig begreifen kann, ja dieses Bewußtsein der Mangelhaftigkeit unsres Erkennens des göttlichen Wesens immer in uns lebendig sein muß, weil sonst die Lüge, die Selbsttäuschung in uns ist so kann die Seligkeit nach dem Begriff der Erklärung selbst niemals in uns sein. Da ferner die Gerechtigkeit und Liebe gegen den Menschen in uns im Kampfe mit der Selbstliebe ist, so kann auch hiermit die Seligkeit nicht vollkommen in uns sein, da die Identifizirung unsres Selbstes mit dem Selbste des Mitmenschen niemals sich in uns vollendet. Es liegt hiermit der pomphaften Erklärung nur die Selbstvergötterung des Menschen zum Inhalte, also das uralte Heidenthum, nur in seiner modernen Phase.

.

Endlich die Aushängeschilder dieser Erklärungen: Freiheit, allgemeines Priesterthum, Menschenverbrüderung. Man sieht, diese

Bestrebungen geben sich den ganzen messianischen Charakter, wie es denn kein kleiner Schritt zur Verwirklichung der messianischen Weissagungen in der Menschheit ist, daß die Menschen an diese zu glauben beginnen, und ihre Erfüllung als in der Zukunft heranschreitend erkennen. Das Judenthum nun braucht nicht zu erklären, daß jene drei Parolen von uralter Zeit die ihrigen sind. Die Menschheit soll Eines werden in der Erkenntniß und in der Liebe; die gesammte Menschheit soll ein Priesterreich werden, wie dies Israel sein sollte; und wo die Erkenntniß und Liebe zur vollkommnen Herrschaft gelangt sind, da kann auch keine Rede mehr von der Freiheit sein, da dann die Unfreiheit ein verlorner Begriff sein wird. Hingegen bestreitet das Judenthum, daß der Weg der gedachten Erklärungen derjenige sei, welcher zur Verwirklichung jener messianischen Momente führe. Denn ein Zersetzen, eine Auflösung alles Gemeinsamen kann keine Verbrüderung herbeiführen: sie geben ein atomistisches Nebeneinander, nicht aber eine Verbrüderung in der Anerkenntniß der ewigen Wahrheit. Eine Selbstvergötterung ist kein Priesterthum, keine allgemeine Heiligung, sondern der direkte Widerspruch mit diesem, denn das Ueberheben des Menschen über sein eigenes Wesen ist die Vernichtung aller Heiligung. Der Mensch ist dann wieder der heidnische Priester, der aus den Eingeweiden des Opferthieres hier seinen eigenen den Willen der Gott

heit, sich oder Andere täuschend, verkündet.

Wir müssen den Gegensaß unsrer Religion zu altem und neuem Heidenthume nie außer Augen verlieren.

2. Der Katechismus der freien Gemeinden.

a.

Es liegt vor uns ein Schriftchen: „Katechismus für freie Gemeinden. Herausgegeben von Joh. Schneider. Leipzig, 1849." Es versteht sich von selbst, daß hier nicht mit jenem wilden Fanatismus, mit jener Wuth und Rohheit losgefahren wird, wie sie sich in den Broklamationen der versprengten französischen und deutschen Sozia listen Luft macht, sanfter, zierlicher tritt hier das Gift auf, um sich einzustehlen.

Um so mehr gilt es einen Kampf; es gilt einen Kampf für unsere Jugend, um sie zu wahren, für die Zukunft, um sie nicht tränken zu lassen mit einer Afterweisheit, die, nachdem sie zerstört hat, Nichts zu bieten vermag, und die Herzen und Geister der Trostlosigkeit überantwortet, aus der sich Viele nur in die Arme des trunkensten Aberglaubens retten. Es gilt den Kampf, den menschlichen Verstand vor seiner eigenen Selbstvernichtung zu schützen. Wohl hören wir jezt schon die hohnlachenden Stimmen der Gegner: „Das ist der Weheruf falscher Priester! So kämpften die heidnischen Priester gegen das Christenthum - aber die Welt ging über ihre Klagen und Kämpfe hinweg, und sie waren nicht mehr!".. Geduld! Wir Juden stehen nicht auf diesem Standpunkt. Uns suchte das Heidenthum zu erbrücken, und es gelang ihm nicht. Uns suchte das Christenthum zu vernichten, und es gelang ihm nicht, das Christenthum in seinen verschiedensten Stufen und Formen. Ueber uns ging die Welt noch niemals hinweg, sondern wir schritten immer über die Gräber der Lehren hinweg, welche uns und welche wir bekämpften; über das Grab der Salmanassar und Nebukadnezzar, der Antiochus, der Titus und Hadriane, der Inquisitoren und Pietisten, über das Grab des alten Skeptizismus und des modernen, will's Gott! auch. Was unsere Lehre betrifft, haben wir noch niemals gezweifelt, ob sie bestehen bliebe. Nicht die Propheten zweifelten, als sie auf den Trümmern des Tempels standen, nicht die Talmudisten zweifelten, als sie die immer weitere Zersplitterung der jüdischen Masse sahen, selbst die gedrücktesten Rabbinen zweifelten nicht, als sie ein Joch auf den Nacken ihres Volkes sich lagern sahen, ein Joch, wie noch keines in der Geschichte der Menschheit gewesen. Und so zweifeln auch wir, die späten Enkel, nicht an dem Bestand und den Sieg unserer Lehre — aber die Propheten, die Talmudisten und die Rabbinen kämpften, und kämpfen wollen auch wir, die Söhne einer neuen Zeit, weil dieser Kampf unser schöner, heiliger Beruf ist.

Dem Judenthume gegenüber nehmen diese Helden des Unglaubens und der Selbstvergötterung eine eigene, aber nicht neue Stellung ein. Sie fertigen es ebenso ab, wie die christlichen Theologen es abfertigen: sie sagen -,,das Christenthum ist die Vollendung und damit die Vernichtung des Judenthums, das heutzutage nur eine antiquarische, nicht aber welthistorische, berechtigte Form

der Weltanschauung ist.“ (S. 21 obiger Schrift.) Nun sind sie fertig. Das Judenthum ist nicht mehr, es ist eine Mumie, es ist eine Antike 2c. zc. Wer eine große, lebenskräftige und ihre Gegensäße überwältigende Erscheinung und Existenz so abfertigt, der kann wohl von vorn herein keine andere Berechtigung fordern, als die, ein sehr oberflächliches Urtheil, eine sehr kurzsichtige Einsicht zu haben. Ich schließe die Augen, ich sehe Nichts, nun-dann ist es auch nicht mehr, denn ich sehe es ja nicht. Dies ist die ganze Weisheit dieser großen Weisen. Aber die christlichen Theologen haben sich schon eine wächserne Nase angedreht, indem sie das Judenthum für durch das Christenthum getödtet ausgaben, und die neuen Weisen borgen sich diese wächserne Nase. Aber die christlichen Theologen schreien Zeter, wenn ein Jude Lehrer an einer Schule wird, sie unterdrücken förmlich alle Erscheinungen der jüdischen Literatur, eine gemischte Ehe mit einem Juden oder selbst einer Jüdin ist ihnen ein furchtbarer Schrecken, in Preußen verboten sie einander sogar, eine Synagoge zu besuchen, überallhin klagen sie, daß der jüdische Geist, die jüdische Lehre eindringe und zerseße, nämlich ihren Geist und ihre Lehre - und doch soll das Judenthum vor zwei Jahrtausenden verstorben sein! Die neuen Weisen haben wohl Acht zu geben, daß es ihnen mit dem Judenthume nicht ebenso ergehe. Mögen sie bald erkennen, daß ihr rechter, lebenskräftigster Gegner das Judenthum ist und bleibt.

Nein, ihr irret Alle, oder vielmehr ihr wollet irren. Das Christenthum war nie die „Vollendung des Judenthums“, und da= mit ist eure ganze Schlußfolgerung falsch. Das Christenthum nahm einen Theil seiner Lehren aus dem Judenthume, für die eigentlichen und höchsten Lehren des Judenthums brachte es aber ganz andere herbei, durch die es jene vielmehr negirte. Die Lehre von der Dreieinigkeit, die Lehre von der Erbsünde, die Lehre von der Menschwerdung Gottes, die Lehre von der Erlösung durch den Tod Christi, die Lehre von der Liebe, welche das Recht verläugnet, das sind Lehren, welche unjüdisch waren und sind, welche das Judenthum nie hatte, welche das Judenthum nicht vollendeten, sondern, gerade umgekehrt, verneinten. Somit war das Christenthum zu einem Theile ein Bruchstück Judenthum, zum andern Theil Verneinung des Judenthums, also nicht eine Vollendung, sondern ein Gegner des Judenthums, also auch keine Vernichtung, denn als Gegner

« PoprzedniaDalej »