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dem Munde Mose's und der Propheten, Jesu und seiner Jünger er verwirft eine bloße Vernunftreligion, die ohne die Geschichte aus sich selbst ziehen will, was doch nur das Resultat der Geschichte ist und von der Philosophie im Stich gelassen wird.

Frägt man aber nun: was ist der Unitarismus, wenn er weder Christenthum, noch Judenthum, noch Deismus ist? so kann die Ant wort nicht schwer fallen. Er ist ein Versuch, wie er im Laufe de Jahrhunderte schon oft gemacht worden, das Christenthum seine Mysterien zu entkleiden, weil und so weit diese mit der Vernunf nicht in Uebereinstimmung zu bringen sind, und mit möglichster Schonung des geschichtlich Gegebenen aus dem Christenthume ein Vernunftreligion zu machen. Zu diesem Zwecke wird die religiöj Idee zu ihrer Reinheit und Einfachheit, wie sie im Judenthum besteht, zurückgeführt; dann aber wieder auf christlichen Boden ver pflanzt, um hier einechristlich-geschichtliche Umhüllung zu bekommen Dies geschehen, behauptet sich der Unitarismus als Christenthum coquettirt mit dem Judenthum und schmeichelt dem Deismus, troßdem es in seinem Wesen keines von allen Dreien ist. Nichts aber ist erklärlicher, als daß der Unitarismus gerade in einer Zeit wie die unsrige wieder erstehen, Terrain gewinnen und Fortgang nehmen mußte. Da er eben eine scheinbare Abfindung sowohl mit allem Gegebenen, als auch mit der Vernunft ist, konnte es nicht ausbleiben daß er ein Fund für Viele ward, die auf dem Boden ihrer Religion sich nicht mehr ganz zurechtfanden.

Was nun das Urtheil des Judenthums von seinem Standpunkte über den Unitarismus ist, so faßt es sich leicht dahin, daß jenes zu diesem sagt: was Du in Wesenheit lehrest, brauche ic nicht, da ich es längst schon habe, da Du erst ein abgeleiteter Arm aus einem Strome bist, der seine Quellen aus mir abgeleitet hat; was Du Weiteres beibehalten, widerstreitet den Aussprüchen der Propheten und meiner ganzen Geschichte. Würde das Judenthum den Unitarismus, nicht wie er in der Mehrzahl seiner Anhänger sondern wie er in dem Bekenntniß seiner Lehrer lebt, als eine ganz aufrichtige und im redlichsten, reinsten und entschiedensten Streben entwickelte und gestaltete Erscheinung ansehen können — aber es kann dies bis jetzt nicht so müßte es ihn allerdings als einen Triumph seiner eigenen Sache mehr betrachten, da in dem Hauptsaß der Unitarismus zu der Lehre des Judenthums zurückführt.

XI.

Modernes Heidenthum.

1. Die hallenser und marburger Lichtfreunde.

Im Jahre 1846 machten die Erklärungen der hallenser und ter marburger Lichtfreunde" die Runde durch die öffentlichen Blätter und wollten der Welt einmal wieder zeigen, was die Vereinigung derer, welche sich außerhalb positiver Religion stellen, zu produziren vermag. Es waren klangvolle Namen darunter.

So lange dem Judenthume die Dogmen der christlichen Kirche in ihrer strengen Fassung gegenüberstehen, hat es von diesen nichts zu fürchten. Die ganze jüdische Anschauung ist so der Gegensatz der christlichen Dogmen, der jüdische Verstand mit seiner Schärfe wirkt so zersetzend auf dieselben, daß von jeher die Zahl der Juden, welche aus Ueberzeugung zum Christenthume übergingen, anerkannter Maßen nur gering war.

Ein Andres aber, wenn sich außerhalb des Christenthums eine dasselbe auflösende Partei aufstellt; wenn mit den Lockworten der Freiheit, des allgemeinen Priesterthums, der Menschenverbrüderung 2c. die Auflösung der christlichen Kirche von einer Anzahl Männer erstrebt wird. Diese Zerseßungssucht, diese Selbständigkeit, welche sich selbst zum Gotte macht, diese Freiheitsbegierde, welche aller Forschung und allem Erwerbniß der früheren Geschlechter den Lossagebrief schreibt, hat auch für eine Menge Juben einen bedeutenden Reiz; hier sind es nicht unfaßbare Dogmen, unbegreifliche Mysterien, welche sie abschrecken, hier ist Beschäftigung des Verstandes, ja des nüchternsten Verstandes, nüchternste Gedanken werden zur Grundlage gemacht; und in dem Verwerfen aller Reli= gionen brauchen sie sich keinen Vorwurf zum achen, auch die ihrige zu verwerfen. Doch schauen wir etwas tiefer.

Was ist eigentlich der Grundgedanke aller dieser Erscheinungen? Der Gegensatz der alten und neuen Zeit läßt sich so fassen: die alte Zeit wollte in der Religion ein Allgemeines hinstellen, in welches das Bewußtsein des Einzelnen sich einzuleben habe die neue Zeit will das Bewußtsein des Einzelnen zu allgemeiner Geltung erheben.

Diesen Weg ging das Judenthum, gingen die christlichen Kirchen. Indem von jüdischer Seite die heilige Schrift, dann wieder die Tradition und der diese enthaltende Talmud, bis endlich auf den 27, den Brauch der Gemeinde, als unumstößliche Autorität hingestellt wurden, waren diese hiermit als das Gemeinsame und für die Judenheit Allgemeine aufgestellt, dem sich das Individuum, bei aller Verschiedenheit der Bildung und des Bewußtseins nicht nur zu unterwerfen, sondern auch einzuleben habe, da schon der Zweifel ein Unrecht wäre.

Gleiches im Christenthume. Die Bibel, insbesondere das s. 8. Neue Testament, und die Tradition, diese schärfer als „die Kirche“ gefaßt, als alleinige Autorität, als das Gemeinsame und Allgemeine, machten sich also sowohl in der katholischen als in der protestantischen Kirche geltend.

Der Unterschied war aber, daß im Judenthume die Lehrbegriffe einfacher und aus dem Ganzen sich von selbst ergebend waren, und sich daher die Sitte, die Bräuche, der Kultus mehr als den Inhalt dieses Allgemeinen setzten; das Christenthum hingegen sich bestimmte Dog men ausarbeitete, die in Bekenntnißformeln, symbolischen Formeln 2c. ihre Feststellung ge

wannen.

Je mehr aber durch Wissenschaft und Philosophie die Geister vom Elemente der Kritik durchdrungen wurden, je mehr dadurch eine, jenen Allgemeinheiten in der Religion entgegengesetzte Ansicht in den Geistern Raum gewann: desto heftiger wurden die Angriffe, desto stärker der Drang, die gewonnene Ueberzeugung als selbständig von der Allgemeinheit zu trennen. Im Judenthume mußte sich dies natürlich auf die Sitte, den Brauch, den Kultus werfen. Zuerst wurde die Autorität der Tradition verworfen, und diese entweder als nicht vorhanden, oder doch als nicht bindend erklärt. Dann sollte der Kultus, der im Judenthume nur jüdisch- objektiv gehalten war, für die Gefühle des Individuums Raum schaffen, und diese

mehr zur Aussprache kommen, als das Bekenntniß und die Geschichte des Jüdisch-Allgemeinen. Aber auch die Autorität der heiligen Schrift wurde angefochten, indem man zuerst das in ihr gegebene Gesez nur als palästinensisch ansah, dann eine „Fortbildung des Mosaismus" aufstellte, endlich den Begriff der Offenbarung verfälschte oder beseitigte.

War man so weit gekommen, so war auch alles Gemeinsame und Allgemeine im Judenthum zerstört, und an die Stelle eines gemeinsamen Lehrbegriffs, der nicht mehr vorhanden war, mußte sich eben das Bewußtsein des Individuums drängen, es war nichts weiter da. Zwar hielt man sich noch an das gemeinsame Bekenntniß eines Gottes; aber, wer am Schein kein Gefallen hat, muß doch bekennen, daß dies nur noch ein inhaltsloser Begriff, also nur ein Wort ist; denn die Vorstellung, was dieser eine Gott sei, bildet den Inhalt, und dieser allein kann das Wesen des Gemeinsamen ausmachen.

So lange nun das Individuum, das so weit gelangt ist, weiter nichts fordert, als den freien Bestand für sich, ist es in seinem Rechte: wenn aber eine Anzahl derselben sich zusammenthut, um das für Millionen noch bestehende Allgemeine zu bekämpfen, sich ihm gegenüber zu stellen und das Recht einer Allgemeinheit zu verlangen, so ist es außer seinem Rechte. Denn das individuelle Bewußtsein hat eben nur für das Individuum sein Recht und sein Wesen; sobald es sich aber als die Richtschnur und das Maß eines Allgemeinen sehen will, hat es keinen Inhalt, kann es keinen Inhalt angeben; denn sobald es dieses thäte, beschränkt es sich selbst wieder, zerstört sich selbst. Nur ein Nebeneinander kann das individuelle Bewußtsein fordern, durchaus aber nicht ein Miteinander. Es ist die leere Schale, die Feder nach Belieben mit einem Inhalte ausfüllen foll; diese Schale aber für das Wesen ausgeben, und das Recht eines Inhalts beanspruchen, widerspricht sich selbst.

Dies zeigt sich denn auch in den oben gedachten Erklärungen selbst. Indem sie das Gemeinsame des Judenthums und das des Christenthums verwerfen, und sich als freie Menschen erklären, d. h. wo allein jedes individuelle Bewußtsein die vollkommne Freiheit erlangt hat: geben sie sich unter der Hand schon wieder ein Gemeinsames, welches das individuelle Bewußsein beschränkt. Sie sagen: „Wir erkennen in dem Hinausrücken Gottes und des ewigen

Lebens in eine jenseitige Phantasiewelt einen, mit dem Bedürfnisse des Geistes nach der ewigen, gegenwärtigen Versöhnung in Gott kontrastirenden Dualismus, und sehen die Seligkeit allein in das immer gegenwärtige Erkennen des göttlichen Wesens und in die Gerechtig keit und Liebe des Menschen gegen den Menschen." In dem wir erkennen“ und wir seßen“ ist schon eine Bekenntnißformel wieder da, welche alles Andere ausschließt, somit die Herrschaft des individuellen Bewußtseins (das freie Menschenthum), mit der sie sich brüsten, zerstört. Denn, da sie in diesem ihren Bekenntniß die Außerweltlichkeit Gottes und die Unsterblichkeit der Seele läugnen, kann Keiner zu ihnen gehören, also ist jeder ausgeschlossen, der diese beiden Erkenntnisse in seinem Geiste trägt. Man würde daher um so eher über dieses ganze trügerische Spiel stillschweigend hinweggehen, wenn nicht zu Viele in unsrer Zeit existirten, die sich in ihrem Opposititionsgeiste gegen das Positive, zum Theil auch in ihrer Renommisterei, gar nicht die Mühe geben, das blendende Wort zu prüfen, und sich ohne Weiteres zu Sklaven einer erträumten Freiheit machen.

Man wird hier die Frage nicht umgehen können: welche ist die Stellung der Reform im Judenthume zu diesen gedachten Bestrebungen? Man kann sie darum nicht umgehen, weil die Gegner der Reform alsbald dem Volke die Identität der Reform mit jenen weiß machen wollen, oder doch mit verdrehten Augen ausrufen: dahin führt die Reform! Aber auch dies ist eine Verblendung, eine Täuschung, und darum von vorn herein zu begegnen. Man kann ja schon auf die Thatsache hinweisen, daß die Anhänger dieser Bestrebungen zu den hartnäckigsten Feinden der Reform gehören, wie es sich gezeigt hat. Man kann schon auf den Namen hinzeigen: denn Reform ist nicht Formlosigkeit, Reform ist Umgestaltung der Form, jene Bestrebungen aber wollen jede Form und jedes Gemeinsame der Religion zerstören. Wir wollen uns aber gar nicht dahinter verstecken, sondern geradezu sprechen.

Die Reform im Judenthume bleibt bei dem positiven Begriff der göttlichen Offenbarung stehen, und macht ihn zu ihrem Boden. Freilich erkennen wir die Wahrheit mit dieser nicht für abgeschlossen, wie die Gegner insinuiren wollen; sondern: die göttliche Offenbarung hat die Wahrheit gegeben, welche nun die Mensch

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