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einiger philosophischen Thesen und Formeln schlagen. Um so mehr ist es Zeit, diese getrennten Wege zu verlassen, und auf dem Pfade der wahren und unbefangenen Anschauung zu einer höheren Ueberzeugung zu gelangen. Der Leser folge mir hierin, so weit ich ihn zu führen vermag, und betrachten wir daher zunächst: wie der allgemeine Geist sich in der ganzen Natur manifestirt; es liegt darin zugleich die Beantwortung der Frage: ob in derselben sich ein solcher allgemeiner Geist manifestirt, ob er in ihr vorhanden ist?

Jedermann weiß, daß der Stoff für uns in unendlicher Fülle vorhanden ist. Mögen seine Grenzen für eine höhere Erkenntniß wahrnehmbar sein, für uns ist der Stoff unendlich, und keine denkbare Zahlenmasse vermag uns annähernd genügende Maße darzubieten. Indeß versuchen wir, uns von dieser unendlichen Stoffmasse wenigstens einige anschauliche Bilder zu entwerfen, damit der bloße Begriff Leben und Gestalt für uns erhalte, und beginnen wir mit unserem Erdkörper. Jedermann weiß, daß wir an demselben den Stoff in dreifachem Zustande gewahren, gas- oder luftförmig, tropfbar-flüssig und fest. Ich hebe heute, um mich nicht zu verlieren, blos den zweiten, das Wasser, hervor. Es ist bekannt, daß von der Oberfläche der Erde fast 34 mit Wasser bedeckt ist, der Boden des Meeres ist aber ganz wie eine Landschaft auf dem festen Lande, und denken wir uns das Wasser hinweg, so würden wir Berge und Thäler, Hochland und Niederung sehen, wie droben „am rosigen Lichte des Tages"; deshalb hat auch das Meer sehr verschiedene Tiefe, von der Sandbank an, die kaum die Fluth bedeckt, bis zu der, welche Kapitän Roß bisweilen mit 27,600 Fuß Senkblei noch nicht ergründen konnte, eine Tiefe, welche unsere höchsten Bergspigen übertrifft, so daß erst der Montblanc auf den Montblanc gethürmt über das Wasser hervorragen würde. Nimmt man nun das Meer zu 12,000 Fuß mittlerer Tiefe an, so enthält es 24 Billionen Kubikmeilen Wasser, und wenn es ausgeschöpft wäre, müßten alle Ströme der Erde 40,000 Jahre lang ihr Wasser hineinschütten, um das leere Becken wieder zu füllen. So unendlich dieser Wasserschwall, diese flüssige Stoffmasse ist, so unendlich auch ihr Inhalt. Ju diesem Meereswasser sind (nach Professor Schafhäutl) 44 Millionen Kubikmeilen Salze enthalten, eine Massenausdehnung, die mehr als fünf Mal so viel beträgt als die ganze Masse der Alpen; und dabei

nimmt Schafhäutl nur 900 Fuß mittlere Tiefe des Meeres nach Humboldt an, bei 3000 Fuß nach Laplace würden circa 14, bei 12,000 F. nach den neuesten Schätzungen circa 56 Millionen Kubikmeilen Salze im Meere enthalten sein. Welche ungeheure Kraft in dieser Wassermasse liegt, kann man an einem Beispiel erkennen. Der Niagara ist nur ein bescheidener Mittelfluß. Es stürzen an den Wasserfällen dieses Stromes in jeder Minute 1402,500,000 Tr. Wasser über den 160 F. hohen Felsen. Die Technik nimmt an, daß bei Anwendung von Wasserkraft ein Drittel der Kraft verloren geht. Die wirkliche Kraft des Niagarafalles entspricht daher 4,533,334 Pferdekräften. Im Jahre 1843 war die gesammte Kraft der ganzen englischen Industrie gleich 233,000 Pferdekräften, welche 6 Tage der Woche 11 Stunden täglich arbeiten, der einzige Niagarafall entwickelt also 40 mal mehr Kraft, als die gesammte englische Industrie. Anerkannt ist es aber jezt, daß das Meer an Reichthum der Bewohner das feste Land weit übertrifft. So schon die Pflanzenwelt des Meeres, obgleich diese fast ausschließlich nur von einer einzigen großen Pflanzenklasse, den Algen oder Tangarten, gebildet wird. Aber die neuere Forschung hat bereits 2000 Arten dieser submarinen Vegetation kennen gelernt, sie hat die ungeheure Größe uns gezeigt, welche die Riesen der unterseeischen Wälder erreichen, und die bis zu 1500 F. Länge wachsen. Obgleich unser Schiller vor jedem Besuche „dadrunten wo es fürchterlich", warnt, statten wir dennoch einen kurzen Besuch auf dem Grunde des Meeres ab. Da überziehen (sagt Schleiden) die kleinen Konferven und Ektokarpeen den Boden mit einem grünen Sammetteppich, auf dem der Meersalat mit seinem breiten Laube die größeren Kräuter vertritt ; dazwischen glänzen die mächtigen Blätter der mantelförmig gefalteten Frideen in prachtvollem Rosenroth oder Scharlach; mannigfaltige Tangarten bekleiden die Klippen mit dunkler Olivenfarbe, zwischen denen dann wieder die prachtvolle Meerrose hervorleuchtet; gelb, grün und roth schillernd, bald als Riesenfächer sich ausbreitend, bald als mehrere Fuß lange und breite Blätter im Strome schwankend, bilden die seltsam netförmig durchbrochenen Thalassiophyllen und Agaren die größeren Büsche dieses Waldes; als dessen Bäume erscheinen dann die oft 30 Fuß langen, breiten Bändern gleich wallenden Laminarien, wechselnd mit den buschig verzweigten Makrozystisarten mit ihren birnengroßen Blasen, die langgestielten

Alarien, über Alles die merkwürdigen Nereozysten, deren fadendünner Stiel auf 70 F. Länge zu einer mächtigen Blase anschwillt, auf der ein Büschel schmaler, bis 30 F. langer Blätter schwankt, die Palme des Meeres. Den Boden dieser Wälder beleben die Seesterne, an den Stämmen haften die Muscheln und Balanen, zwischen dem Laube jagen die gefräßigen Raubfische. Das ist die Landschaft für die spielenden Wallfische, die Heerden der Wallrosse und Seehunde, die Myriaden der Kabliaue, Häringe, Lachse und Thunfische. Noch zauberhafter ist das indische Meer geschmückt, wo die Pflanzen im märchenhaften Kolorit vom lebhaftesten Grün mit Braun oder Gelb, mit reichen Purpurschatten bis zum tiefsten Blau gemischt, wechseln, die Seeanemonen als riesengroße Kaktusblüthen auf den Felsenabsätzen ihre Kränze von Fühlern ausbreiten, als die Kolibri's des Meeres kleine Fische bald in rothem oder blauem metallischen Schimmer, bald mit goldnem Grün, bald im hellsten Silberglanz funkelnd, spielen, ja die singenden Muscheln, vom Strande her ihre sanftklagende Stimme vernehmen lassend, auch das Leben der Tonwelt zu Hülfe rufen. Wie mannigfaltig, so zahllos sind aber auch die Geschöpfe des Meeres. In der Nähe des Tajo befindet sich eine Fläche von 60 Millionen Quadratmeter scharlachroth gefärbten Wassers; die Ursache eine kleine Pflanze, von welcher 40,000 erst einen Quadratmillimeter bedecken, also etwa 40,000 Millionen die Fläche eines Quadratmeters. Nun erstreckt sich die Färbung in beträchtliche Tiefe! Ganze Berge von Seepflanzenmassen häuft jeder Sturm am Strande auf, z. B. an den Küsten des westlichen Europa's große Tanghügel, die sehr werthvollen Dünger abgeben, und aus deren Asche man die wichtige Iodine gewinnt. Aber eben so reich an thierischem Leben. In Tiefen, welche die Höhen unserer mächtigsten Gebirgsketten übersteigen, wo auf dem Festlande also längst alles Leben aufgehört hat, ist jede der auf einander gelagerten Wasserschichten mit polygastrischem Seegewürm, Zyklidien und Ophrydinen belebt. An den Küsten von Grönland zeigen sich häufig Streifen von 10 15 englischen Meilen Breite und 150-200 Meilen Länge, die durch eine kleine gefleckte Meduse dunkelbraun gefärbt sind; ein einziger Kubikfuß enthält schon 110,592 solcher Thiere; ein solcher Streifen also 1600 Billionen lebender Wesen, und was will dieser gegen das unermeßliche Weltmeer sagen! Die Zeugungskraft der Wasserthiere ist riesenhaft: die Eier der Fische

zählen alle nur nach Hunderttausenden; der Wallfisch verschluckt auf jeden Bissen Tausende der Clio borealis, fast seine einzige Nahrung. So ist auch das Wachsthum der Fische weit stärker, als das der Landthiere, und die Größe des Wallfisches übertrifft 5 mal die des größten Elephanten.

Dies ist das Meer mit seiner unermeßlichen Stoffmasse an Wasser, an Salzen, an Pflanzen und Thieren. Aber was ist das Meer gegen die Stoffmasse der Erdkugel selbst, von der jenes zwar 3/4 der Oberfläche, aber nur in einer Tiefe bedeckt, die in ihrem Mittel höchstens 1/3440 des Durchmessers der Erde einnimmt. Aber was ist nun die ganze Erde, dieser Punkt im Universum? Vergleichen wir sie mit der Stoffmasse der Sonne, mit der Gesammtmasse der Planeten und Monde, und erwägen dabei jene räthselvollen Weltkörper, die man Kometen nennt. Deren giebt es, was man gewöhnlich nicht vermuthet, eine ungezählte Schaar, so daß schon Kepler sagte: es gebe in den Welträumen mehr Kometen als Fische in den Tiefen des Meeres; obschon wir kaum erst 150 berechnete Bahnen haben, die Zahl derer, über die wir Andeutungen besigen, 6-700 ist. Allerdings hat ein Komet nur eine geringe Massenhaftigkeit, so daß man durch seinen Kern die Sterne, die sie in ihrem Laufe uns bedecken, schimmern sieht, aber sie nehmen den größten Raum ein, mit ihren oft bis auf 15 Millionen Meilen langen und weit ausgebreiteten Schweifen. Welch einen Raum durcheilen diese dünnen, und außer ihrem reflektirten Sonnenlichte auch selbständig Licht entwickelnden Weltkörper, da es wohl einige von einem 32jährigen Umlauf um die Sonne giebt, aber auch solche, welche Tausende von Jahren zum Umlauf brauchen, wie der schöne Komet von 1811: 3065, der furchtbar große von 1680 über 8800 Jahre; welcher Lettere sich 17,600 Millionen Meilen von der Sonne entfernt, aber auch da noch von der Anziehungskraft der Sonne geleitet wird so unermeßlich ist der Raum unsers Sonnensystems; denn der nächste Fixstern, also der Zentralkörper des nächsten Sonnensystems ist noch volle 250 mal weiter von unsrer Sonne entfernt, als der gedachte Komet in seiner Sonnenferne. Und wie immer mehr schrumpft unsere Erde, von der wir ausgingen, zusammen, wenn wir erwägen, daß Sir William Herschel in der Milchstraße allein 18 Millionen Fixsterne, also Sonnen sichtbar hielt, die alle wieder Mittelpunkte solcher unermeßlich großen Sonnen

systeme mit Erden und Monden sind. Und dies Alles ist doch nur was unserm, freilich bewaffneten Auge sichtbar wird. Wenn wir aber mit bewaffnetem Auge kaum 58,000 Fixsterne erhalten, wie groß werden die Zahlen der Weltkörper sein, die bei aller Ausbildung unserer Instrumente auch unserm bewaffneten Auge unsichtbar bleiben? Und dieser unendliche Raum, in welchem die großen Weltkörper doch nur wie einzelne Punkte schweben, ist er leer an Stoff? Nein! er ist des Stoffes voll, voll einer wahrscheinlich nicht selbst leuchtenden, unendlich fein zertheilten Materie, welche Widerstand leistend den Bahnen der leichten Kometen entgegengewirkt und ihre Umlaufszeit verkürzt, welche das Licht in besonderer Art innerhalb seines Laufes schwächt; einer ätherischen und kosmischen Materie, die als bewegt, troh ihrer ursprünglichen Dünnheit als gravitirend, in der Nähe des großen Sonnenkörpers verdichtet, ja seit Myriaden von Jahren, durch ausströmenden Dunst der Kometenschweife vermehrt gedacht werden kann. (Humboldt.)

Dies ist eine übersichtliche Skizze von dem Stoffe, der von dem kleinsten Seetang und der Meduse des Meeres an bis zu dem kosmischen Aether die Räume des Weltalls erfüllt, eine Skizze, die ich bei der Nothwendigkeit mich zu beschränken, nicht weiter ausdehnen durfte, die aber immerhin die Unendlichkeit des Stoffes uns in einigen frappanten Zügen veranschaulichte. Aber dieser unendliche Stoff, ist er, wie die Schrift sagt, wüst und wirre“, ein ebenso unendliches Chaos? Nein! wohin unser Blick dringt, ist er geordnet, gegliedert, in beständiger Bewegung und Veränderung, in unaufhörlicher, aber genau geregelten Zusammenseßung und Auflösung vorhanden; nirgends gewahren wir ihn in wildem Durcheinander, in todter Erstarrung, und so unermeßlich er ist, so ist er doch gemessen, so zahllos, doch gezählt, denn an Zahl und Maß ist Alles gebunden. Das ist die Wirkung des Geistes, der nicht mehr „über den Wassern webt", sondern allen Stoff durchdrungen hat, beherrscht und immerfort gestaltet. Dieser Geist giebt sich zunächst durch die allgemeinen Gesetze kund, welchen aller Stoff unterworfen ist, nach denen er immerfort sich bewegt, verändert, zusammensetzt und auflöst, diese unveränderlichen Gesetze, welche die Sterne, deren Licht 2000 Jahre braucht, um zu uns zu gelangen, ebenso beherrschen, als die Feder, die im Luftzuge schwebt, diese Vernunftgesete, denn wir können sie mit unsrer Vernunft be

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