außer diesen keiner vorhanden, der so bedeutende Staatsmittel auf die Erhaltung des jüdischen Cultus verwendet, und der neue italienische Staat folgt diesem Beispiele. Aber ganz anders die katholische Kirche, welche, nachdem alle Schrecken der Inquisition und ihrer Scheiterhaufen, alle Arten der Ausschließung, alle Künste des Druckes erfolglos über die Juden gebracht worden, ihre feindlichen Geseze noch heute aufrecht erhält, ihre feindliche Gesinnung noch heute bethätigt, ihre feindlichen Vorurtheile noch heute proclamirt. Reines ihrer Dekrete, feines ihrer Verbote, keine ihrer Ausschließungen, die sie in so entsetzlicher Fülle gegen die Juden und das Judenthum geschleudert, hat sie zurückgenommen, keine ihrer judenfeindlichen Institutionen aufgehoben. Was indessen geschehen ist, $ hat sie geduldet, weil sie es nicht hindern konnte; aber wie sie die weltliche Macht von dem Augenblicke an, wo und wie sie ihr zu Gebote stand, benußte, um die Juden zu erdrücken, so hat sie dies nur seitdem und da nicht gethan, wo diese weltliche Macht sich ihrer Dienstbarkeit entzog. Würde sie heute dieselbe wieder in die Hand erhalten, es würde abermals gegen die Juden erfolgen, was so viele Jahrhunderte hindurch geschehen ist. Wir schreiben dies mit tiefer Betrübniß nieder, da durchaus keine Gehässigkeit unsere Feder führt, da es der Friede, nicht der Kampf ist, der uns als Ziel unseres Strebens vorschwebt, da die katholische Kirche nächst dem Judenthume die älteste bestehende Confession ist, und da es nicht unsere Wahl ist, nur aus der Schwächung des Einflusses der katholischen Kirche unseren Schuß und unsere Sicherheit erwarten zu müssen. Aber die Thatsachen sprechen allzu laut. Wir brauchen nicht allein an den Kirchenstaat zu erinnern, an die 4500 Juden, die im Ghetto zu Rom am fumpfigen Ufer des Tibers schmachten, und den drückendsten und verhöhnendsten Ausschließungen und Lasten unterzogen sind; nicht allein an die zahlreichen Fälle, die gerade in der neuesten Zeit geschahen, wo durch Diener der katholischen Kirche jüdischen Eltern ihre Kinder geraubt, diese widersetzlich getauft, eine solche Taufe für unaufhebbar erklärt und unter dem Vorwande der katholischen Erziehung diese Kinder ihren Eltern dauernd vorenthalten wurden. Solches geschah nicht blos im Kirchenstaate, sondern auch in Frankreich und in Rußland. In dem ersteren wurde der Vorfall von der höchsten katholischen Stelle aus sanctionirt; in Frankreich, wo dergleichen vom staatlichen Geseze bestraft wird, übt man tausendfältige Intrigue und Täuschungen aller Art, um zum Ziele zu kommen; in Rußland hofft man, daß das Staatsgesetz die Schuldigen nicht erreiche, weil es im Schooße des katholischen Polens nicht vollkräftige Werkzeuge finde. Noch heute also wird von der katholischen Kirche es als ein Recht constatirt, mit den Kindern der Juden nach Belieben, selbst der untergeordnetsten Menschen, wie Dienstmädchen, Ammen u. dgl. zu verfahren, und gegen die Eltern die schreiendste Gewaltthätigkeit zu verüben. Noch heute will man die heiligsten Ceremonien der Kirche von Ammen und Kindermädchen in gültiger Weise üben lassen, wenn sie gegen Juden geübt werden, wenn man Judenkinder dadurch in die Gewalt erhalten kann. Es ist dies eine Anklage, die nicht wir erheben, nicht wir formuliren, sondern die von den bedentendsten Geistlichen der katholischen Kirche als wirkliches kanonisches Gesetz ausgesprochen und bethätigt worden. Wir brauchen ferner kaum zu erwähnen, wie von katholischen Kirchenfürsten erst in der letzten Zeit die Verbote, daß Juden christliche Dienstboten halten, erneuert und ihren Sprengeln eingeschärft wurden. Wir weisen darauf hin, daß der katholische Clerus, der Papst an der Spize, durch Encyclica, Syllabus, Allocutionen, Bullen u. s. w. gegen die Glaubensfreiheit, die Gleichberechtigung, die Gleichstellung der Culte als Werk des Satans alle geistlichen Waffen führen, diese Prinzipien verdammen, verkezern, bekämpfen. Und würde man hierbei stehen bleiben? Wir müssen mehr sagen. Die katholische Kirche ist beslissen, alle die alten Vorurtheile, die Fanatismus und andere Leidenschaften gegen die Juden erfunden, scheußliche Mährchen, immer wieder aufzufrischen und sie ja nicht untergehen zu lassen. Hier ein Beweis. Die „Voss. 3tg." berichtet aus Brüssel vom 21. Juli 1861 Folgendes: „Eine Feierlichkeit, welche heute in der Cathedrale St. Gudula unter dem Vorsitze des Cardinal - Erzbischofs von Mecheln gehalten worden, ist die Wiedereinsegung der andächtigen Brüderschaft von den wunderbaren Hoftien. Wie Sanderus in seinem Werke: Brabantia sacra und andere Autoren erzählen, hätten die Juden aus der hiesigen Katharinenkirche ein Ciborium mit Hostien stehlen lassen, wo sie dann am Pfingsttage des Jahres 1370 in der Synagoge zusammenkamen, diese Hostien schmähten und mit Dolchen durchstießen, worauf aber klares Blut aus den Hoftien geflossen sei, worüber die Juden sich so entsegten, daß sie eine Frau mietheten, um die blutigen Hostien nach Cöln zu tragen. Die Sache wurde jedoch ruchbar, und Herzog Wenzel von Brabant ließ die Juden ergreifen, auf die Folter bringen, und sie dann lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Und die Erinnerung an diese abscheuliche Geschichte, wobei es sich nur um das Gelb der unglücklichen Schlachtopfer handelte, wird im Jahre 1861 aufgefrischt und durch eine Bruderschaft verewigt, von welcher der Herzog von Aremberg der Prevot ist, während man sogar die Stelle der Prevotin der Herzogin von Brabant zugedacht hatte, nur daß sie anzunehmen der hohen Dame von dem Könige untersagt worden ist." — So weit die Voss. Ztg." Glaubt man wirklich, der jezigen Zeit noch einreden zu können, daß die Juden jemals Hostien gestohlen, um sich an diesen für die Gräuelthaten zu rächen, die man an ihnen verübte? Wähnt man wirklich, der Welt noch heute glauben zu machen, daß aus zerstochenen Hostien Blut geflossen? und meint man in der That, daß die Welt jemals annehmen werde, der Herzog von Brabant habe aus purer Glaubensinnigkeit die wehrlosen, aber begüterten Juden gefoltert und verbrannt? Daß man noch immer einige blinde Werkzeuge für dergleichen Wahngebilde findet, möge nicht zu der Meinung verleiten, daß die Welt jemals wieder zu solchem Aberglauben zurückkehren, oder dieser sich nur durch einen großen Theil der Menschheit wieder verbreiten lassen werde! Was in obigem Vorgange stets zu erneuern sich die katholische Kirche also noch heute bereit erwiesen hat, das läßt sie, wie man voraussehen kann, überall bestehen, wo es noch bestehen bleiben. will, und an vielen Orten, z. B. in Bayern, werden noch Wallfahrten und kirchliche Feste gefeiert, die zum Andenken an wunderbare Erscheinungen eingesetzt worden, welche, man kann sich denken von was für Zeugen oft, gesehen wurden, als Juden mit Hostien ihr Spiel getrieben haben, d. h. als man Juden plündern und morden wollte. Die katholische Kirche nimmt nichts von alledem. zurück, und wenn dieser Schatz sich jezt nur langsam vermehrt, und zum größeren Theile unbenutt liegen bleibt, so ist dies nicht ihre Schuld, sondern die der schlechten, den Werken des Satans hingegebenen Welt, welche sich unterfängt, Recht und Barmherzigkeit, Vernunft und Thatsache gelten zu lassen. Die Stellung des Juden thums und der katholischen Kirche ist hierdurch bestimmt. Das Jubenthum existirt unter dem Schuße der menschheitlichen Civilisation; die katholische Kirche steht im Gegensatz zu dieser. Die Resultate der menschheitlichen Entwickelung kommen dem Judenthume zugute und es ist auf sie angewiesen; die katholische Kirche bekämpft dieselben mit aller ihr noch einwohnenden Kraft. Den weiteren Verlauf wird die Weltgeschichte verzeichnen. XVIII. Das Verhältniß des Zudenthums zur protestantischen Kirche. Die protestantische Kirche ist gegen die Juden niemals mit dem Feuer und dem Schwerte der Inquisition aufgetreten, und wenn auch von Zeit zu Zeit in protestantischen Ländern Volksaufläufe gegen die Juden vorkamen, auch hier und da an solchen ein protestantischer Geistlicher nicht ganz unbetheiligt war, so kann dies doch der Kirche selbst nicht zugeschrieben werden, welche niemals eine Vertilgung der Juden mit Stumpf und Stiel gefordert, niemals eine allgemeine Zwangstaufe verlangt, ja selbst eine Vertreibung nicht ernstlich gepredigt hat. Liegt es doch auch nicht in dem Wesen der genannten Kirche, die Taufe als niemals zurückzunehmen anzusehen, so daß auch eine protestantische Gesetzgebung die Rückkehr eines getauften Juden zu seiner väterlichen Religion nicht untersagen kann. Der von der katholischen Kirche ausgesprochene, und so weit ihr die weltliche Gewalt zu Gebote stand, konsequent festgehaltene Grundsatz der Unduldsamkeit ist in solchem Maße der protestantischen Kirche nicht zu vindiziren, wie dies auch in ihrem Ursprung und ihrer geschichtlichen Entwickelung begründet liegt. Was hingegen die bürgerliche Gleichberechtigung der Juden, oder gar die Gleichstellung des jüdischen Kultus betrifft, so steht die protestantische Kirche mit der katholischen auf gleicher Linie. Allerdings ist bekanntlich die protestantische Kirche in ihrer Doktrin durchaus keine abgeschlossene, vollständig tradirte, festgegliederte; die Geltung der Autorität ist in ihr eine sehr schwankende, und es könnte daher sehr wohl die unbedingte Toleranz von einer Partei dieser Kirche als mit ihr völlig übereinstimmend deduzirt werden; auch gab es schon protestantische Geistliche genug nennen wir |