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Monarchen und die Wahl seitens des Volkes. Letztere beschränkte sich lediglich auf die Leistung des Huldigungseides, ohne welchen die Installation des Nachfolgers nicht vollendet war. Da unter solchen Umständen die Konflikte niemals ausbleiben konnten, entschied zuletzt die Gewalt. Unaufhörliche Bürgerkriege mit allen ihren schrecklichen Wirkungen waren die natürlichen Folgen. In allen diesen Entwickelungen fiel der Lehrsatz der unbedingten Prädestination mit dem Grundsatz der absoluten Despotie zusammen und beide identifizirten sich.

Insbesondere ist es die gesammte Rechtspflege, also diese Pflicht der Gesellschaft gegen die Individuen, welche nach dem Islam eben so wie nach dem Mosaismus auf religiöser Grundlage beruht und von der Religion durchdrungen sein muß. Sie wurde daher einerseits durch die Vorschriften des Korans begründet und im engsten Anschluß an diese bis ins Detail entwickelt, andererseits wird sie von allen Gläubigen als ein Ausfluß der Religion angesehen, die daher ihre Entscheidungen mit großer Ehrfurcht behandeln. Indem wir deshalb hier die uns gleichgültigeren Partien des moslemischen. Rechts übergehen, heben wir einige charakteristische Züge hervor. Das moslemische Recht stellt als Rechtsgrundsatz auf: „Bei allen Handlunger der Moslemin wird stets die gute Absicht vorausgesetzt.“ Die Schuldlosigkeit wird also vorausgesezt und der Gegenbeweis muß geführt werden. Die Beweismittel sind deshalb: Geständniß, Zeugen und der Eid. Die Zeugen werden nicht vereidet; sind solche nicht vorhanden oder werden recusirt, so wird der Beklagte zur Eidesleistung (Reinigungseid) zugelassen, und es ist daher eine zweite Rechtsregel: Dem Kläger die Zeugen, dem Beklagten der Eid." Der Eid darf nur unter Anführung des göttlichen Namens, mit dem Finger auf einem Vers des Korans aus der 9. Sure geleistet werden. Im Strafrecht spielt die Prügelstrafe die Hauptrolle, und ist nicht, wie nach dem mosaischen Strafrecht, in der Zahl der Hiebe beschränkt; in den meisten Fällen erhalten die Verurtheilten hundert Schläge; wer dreimal die Prügelstrafe erhalten hat, erleidet zum vierten Male ohne Weiteres die Todesstrafe. Der Diebstahl, der im Mosaismus mit Wiederersag und einem Fünftel Aufgeld bestraft wird, zieht entweder lebenslängliches Gefängniß oder das Abhauen von vier Fingern der rechten Hand, oder der Zehen nebst dem Fuße, daß nur der Ballen zurückbleibt, nach sich. Ein Un

gläubiger, der zum Islam übergetreten und von ihm wieder abfällt, wird mit dem Tode bestraft. Auf die Tödtung eines Freien tritt das Recht der Blutrache ein, d. h. das Leben des Mörders verfällt den Verwandten des Ermordeten, Foch muß der Getödtete ein Muselmann sein; ein Rechtgläubiger ist für die Tödtung eines Ungläubigen nicht verantwortlich. Hat Jemand einen Mörder gedungen, so ist nur jener dafür verantwortlich. Die Blutrache wird nach absolvirtem Prozeß in Ausführung gebracht. Es steht der Person, welcher das Recht der Blutrache einwohnt, zu, statt des Todes ein Sühngeld zu fordern, was bei Verstümmelungen die Regel ist. Ist kein Verwandter vorhanden, so hat der Imam das Recht, die Strafe in ein Sühngeld zu verwandeln und letzteres einzuziehen. Wir brauchen nicht hinzuzufügen, wie sehr diese Bevorzugung der Besitzenden und diese Geldmäkelei dem mosaischen Rechte widersprechen. Der Koran empfiehlt sogar, das Sühnegeld anzunehmen. Der Sklave ist, dem mosaischen Gesetze zuwider, nach dem moslemischen lediglich Sache, volles und unbeschränktes Eigenthum des Herrn und gehört in die Kategorie der beweglichen Sachen. Für die Verlegung eines Sklaven tritt kein Anrecht auf die Freilassung ein; für seine Tödtung erleidet der Herr keine Strafe, und ein flüchtiger Sklave muß zurückgeliefert werden. Hat ein Muselmann den Sklaven eines Andern getörtet, so muß er ein Sühngeld bezahlen. In allen diesen Bestimmungen lehnt sich das moslemische Recht an die altarabischen Sitten und steht mit dem Mosaismus im Widerspruch. steht es dem letteren in den Familienverhältnissen. Die Verwandtschaftsgrade, welche ein Eheverbot begründen, sind jedoch weiter ausgedehnt, und eigenthümlich ist es, daß die Verwandten einer Amme in denselben Graden verboten sind. Die Trauung ist ganz der traditionell-jüdischen ähnlich; die Ehescheidung materiell leicht, formell erschwert. Im Erbrecht haben Erstgeborene und Söhne keinen Vorzug. Ein Ungläubiger kann einen Gläubigen nicht beerben. Sehr nahe schließt sich der Islam in kultueller Beziehung dem Mosaismus, und zwar nach der jüdisch-traditionellen Entwickelung desselben, an. Das Prinzip der Reinigungen entspricht dem mosaischen gänz lich und seine Bestimmungen gleichen denen der traditionellen Casuistik in den meisten Punkten, z. B. bis auf das Waschen vor dem Genuß jeder Speise, wozu aber auch das Waschen nach dem Genusse hinzugefügt ist. In gleicher Weise ist das Schlachten der Thiere

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und mit sehr ähnlichen Vorschriften Gesetz. Desgleichen wird zwischen erlaubten und verbotenen Thieren unterschieden, wobei sich jedoch bestimmte Prinzipien weniger als bei den mosaischen Verboten erkennen lassen. Die ungeschuppten und schlangenartigen Fische, Austern, Schildkröten und Seehunde sind verboten, ebenso jeder Fisch, der todt aus dem Wasser kommt. Erlaubt sind Kameele, Ochsen und Schafe, Antilopen, Rehe und Hirsche. Als nichtverbotene, doch unangemessene Speise gelten das Pferd, der Esel und der Maulesel. Nicht gegessen werden dürfen: Hunde, Schweine, Kaßen, Mäuse, Statten und alle fleischfreffenden Raubthiere. Alle Raubvögel, welche Fänge, so wie die, welche keine Kröpfe haben und die mit ihren Flügeln die Luft gleichmäßig durchschneiden, dürfen nicht gegessen werden. Alles, was krepirt ist, und von geschlachteten Thieren das Blut, die Leber, die Gedärme und die Adern dürfen nicht gegessen werden. Von Flüssigkeiten sind verboten: alle berauschenden Getränke, das Blut, die Milch aller verbotenen Thiere. Die Todesgefahr hebt die Speisegeseze auf. Nicht minder ähnelten die Liturgie und alle Gebetvorschriften der Muselmänner denen der Juden. Das Wenden des Gesichtes beim Beten nach Jerusalem, wie es Mohamed anfangs befohlen, änderte er selbst dahin ab, daß das Gesicht nach Mekka gerichtet werden soll. Das jüdische Prinzip, daß das Gebet die früheren Opfer erseßt, ein Prinzip, welches die christliche Kirche nicht annahm, sondern eine symbolische Handlung für die Opfer für nothwendig hielt, ist auch vom Islam acceptirt.

Wir haben oben bemerkt, daß der Mosaismus zwar eine Pricsterschaft instituirte, ihr aber jede Hierarchie entzog, und so kam es, daß dieselbe sich immer mehr abschwächte, dem sich entwickelnden gelehrten Stande untergeordnet ward und mit dem Falle des Tempels so gut wie erlosch. Dieser Gelehrtenstand erlangte selbstverständlich die richterliche Gewalt, die ihm erst allmälig von den Staaten, in welchen die Juden lebten, entzogen ward. Wie er sich aber stets aus dem Volke rekrutirte, so verblieb diesem auch stets die freie Wahl der Rabbinen. Im Gegensate bildete das Christenthum, ohne es an eine Abstammung zu knüpfen, ein hierarchisches Priesterthum aus, welches mit der weltlichen Macht in einen schweren und langen Kampf um die Obmacht eintrat. An die Stelle des mosaischen Prinzipes, daß die Religion das Leben der Gesellschaft und der Individuen durchbringen und mit sich identifiziren

müsse, brachte die Kirche den Grundsaß, daß sie das Leben der Individuen und die Institutionen des Staates beherrschen müsse. Obwohl im Islam die oberste weltliche und geistliche Macht in denselben Händen lag, war es bei der Umfänglichkeit des Religionsgesetzes und seiner kasuistischen Ausarbeitung nothwendig, daß sich ebenfalls ein Gelehrtenstand bildete, der aber bald eine hierarchische Gestaltung annahm und eine priesterliche Gewalt übte, wenn er dieselbe auch aus dem Staatsoberhaupte herleitete. Hieran knüpften sich denn auch bald nach christlichem Muster zahlreiche Mönchsorden, strenge Ascethik, ein vielverbreiteter Heiligenkultus, wobei jedes Dorf fast seinen besonderen Heiligen hat, Wunder- und Aberglauben aller Art.

Wir haben schon darauf hingewiesen, daß, was jezt der Islam ist, erst aus einer viele Jahrhunderte umfassenden Entwickelung sich resultirt hat. Mohamed selbst im Koran giebt durchaus kein konsequentes Religionssystem, und seine Aussprüche neigen sich bald dieser, bald jener Richtung mehr zu. Der Koran, der ja selbst eine weitläufige Geschichte hat, war somit ein fruchtbarer Boden für die Sektenbildung. Der gewaltsam überwundene Parsismus und das überall verbreitete Judenthum gaben, wie die mohamedanischen Schriftsteller selbst anführen, vielfachen Anstoß dazu. Wie z. B. ein Jude Abdallah Ibn Saba der Urheber der Schiiten war. Hierzu famen nun die nach den Gesezen des Menschengeistes auf religiösem und philosophischem Gebiete natürlichen Richtungen, und so entwickelte sich auch im Islam ein reges Leben voll Kämpfe und Bewegungen. Den Sunniten, d. i. den sog. Orthodoxen oder Anhängern der Ueberlieferungen (Sunnaa) gegenüber bildeten sich vorzugsweise vier Sekten, zwei religiöser Natur, die Morgiten (um 700 entstanden), die Motaziliten (um 730 entstanden), welche beide die sog. Rationalisten vertreten, zwei mehr politischer Natur, die Charigiten und Schiiten, deren Hauptfrage das Imamat betraf, nämlich die absolute Gewalt des Oberhauptes. Aber ebenso machte sich der Pantheismus in den Suffiten Bahn. Zuletzt siegte die Orthodoxie, und mit ihr trat ein Stillstand des Islams ein, der bis auf den heutigen Tag vorwaltet. 1)

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1) Wir empfehlen hierüber den Rückblick“ Kremer's S. 111 nachzulesen. Er geht darin die Hauptansichten der bedeutendsten Philosophen neuerer Zeit durch und weist denselben Gang in den verschiedenen Sekten des Islams nach.

Das Resultat unserer Untersuchung stellt sich also folgendermaßen heraus. Wir erkennen im Islam das Heraustreten der religiösen Idee aus dem Judenthume in das morgenländische Heidenthum. Die Lehre eines einzigen, überweltlichen Gottes überwand das Heidenthum. Je fester aber der Islam diesen Grundgedanken hielt, desto weniger überwand er abwärts hiervon die heidnischen Elemente. Die Gottebenbildlichkeit des Menschengeistes und die in dieser gesezte Freiheit des Menschen unterlagen vor dem heidnischen Begriff der Nothwendigkeit. Die Unmittelbarkeit Gottes zum Menschen, so wie die Heiligung des Menschen in der Sittlichkeit gingen in die alleinige Geltung des Glaubens auf. Die Gleichheit des Rechts und die persönliche Freiheit gingen unter in der persönlichen Herrschaft der Gläubigen und dem Sklaventhum, in der Bekämpfung der Ungläubigen, in der Einheit der Kirche und des Staates; die Barmherzigkeit ward Almosengeben; die Unsterblichkeit des Geistes ward erdrückt von den phantastischen Bildern einer zukünftigen, unbegrenzten Sinnlichkeit. Auf diese Weise ward der Islam, der im obersten Grundsatz sich ganz an die Seite des Mosaismus sezte, in seiner ganzen übrigen Eutwickelung ein voller Gegensatz zu demselben. Gegen das Christenthum kam dadurch der Islam in ein ganz anderes Verhältniß. Weil im obersten Grundsaß der Islam mit dem Mosaismus identisch, ist das Christenthum durch die Trinitätslehre und Menschwerdung Gottes beider Gegensaz. Von da ab laufen beide Religionen eine Zeit lang neben einander in, dem Mosaismus entgegengesetzter Weise; beiden Religionen geschiehet die Rechtfertigung allein durch den Glauben, beiden erhalten die Handlungen des Menschen nur durch den Glauben einen Werth, beide schreiben die ewige Seligkeit nur den Gläubigen zu. Von da ab kehrt aber das Christenthum zur religiösen Idee zurück, während der Islam in starrer Consequenz fortläuft: das Christenthum nimmt aus der religiösen Idee die göttliche Vorsehung, die Freiheit des Menschen, die Principien der Sittlichkeit, während der Islam das Schicksal eine Nothwendigkeit sein läßt, die Sittlichkeit nur in der Ausübung bestimmter Vorschriften des Glaubens findet. Während also so der Islam in seiner Entfernung vom Mosaismus consequent ist, verstopfte er sich dadurch die Quellen der Entwickelung; der der Nothwendigkeit hingegebene Mensch kann

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