Obrazy na stronie
PDF
ePub

zurück: denn gnädig und barmherzig ist er, langmüthig und von großer Huld, ihn reut des Unheils." (Vgl. Jerem. 18, 11. 25, 5. 35, 15. Jechest. 33, 11. Secharj. 1, 3. 4. Mal. 3, 7.) Wir halten uns noch heute an das Anfache Wort des Herrn (2. Chron., 7, 14): So sich demüthigt mein Volk, darauf mein Name genannt wird, und sie beten und suchen mein Angesicht, und kehren um von ihren bösen Wegen: so werde ich es hören vom Himmel und ihrer Sünde vergeben."

13. Die jüdische und die christliche Messiaslehre.

Wir haben an einem anderen Orte 1) diesen interessanten und bedeutsamen Gegenstand ausführlich behandelt, und besonders sämmtliche Stellen des Alten Testamentes über die Messiasidee einer sorgfältigen Prüfung unterzogen. Indem wir diejenigen, welche das gesammte Material genauer überschauen wollen, darauf verweisen, ist es doch nicht möglich, in einer Reihe von vergleichenden Skizzen zwischen Judenthum und Christenthum diese Frage unberührt zu lassen. Geben wir daher die gewonnenen Resultate hier übersichtlich wieder.

Zwischen der antiken und der israelitischen Weltanschauung findet sich hinsichtlich der inneren, insonders sittlichen Entwickelung des Menschengeschlechts der große Unterschied, daß die erstere nach rückwärts, die letztere nach vorwärts schaut. In der antiken Welt herrschte die Ansicht vor, daß das Menschengeschlecht sich immer mehr verschlechtere, und daß es aus der Unschuld den Weg der Entartung wandele, bis es in der äußersten Verderbniß den völligen Untergang finde. Die Dichter, schon Hesiod, nach ihm Ovid, stellten dies als die vier aufeinander folgenden Zeitalter, das goldene, silberne, erzene und eiserne dar. Gerade im Gegensatz läßt die h. Schrift die Menschheit zwar in Unschuld entstehen, schildert, wie der Mensch zur Sünde kommt, dann aber zeigt sie, wie die ersten Geschlechter in die wüstesten Laster versielen, so daß sie in ihrer Entartung das moralische Motiv zur noachidischen Fluth findet, und deshalb einem besseren Geschlechte Plaß machen, welches in steigender Ent

1) S. unsere ,,Ausführliche Darstellung der israelitischen Religionslehre“ Bd. III. S. 134 ff.

wickelung vorwärts schreitet, bis es zuerst der theilweisen, dann der ganzen Annahme der Lehre und des Rechts, die Israel geoffenbart worden, zureift und so endlich zum ewigen Reiche des Rechts und des Friedens gelangt 1).

Als Moses das große Werk seines Lebens vollendet, die geoffenbarte Lehre, welche die Verbindung der Idee und der Wirklichkeit, die Identificirung der Lehre und des Lebens zu ihrem Angelpunkte hatte, dem Volke Israel übergeben hatte, lebte es ihm im Bewußtsein, daß es noch weithin sei, bis dieses Volk seine Aufgabe begreifen, sich der Lehre vollständig ergeben und sie im Leben verwirklichen würde. Er sah vorher und sprach es in erhabenster Rede aus, daß es oft abirren und abfallen würde, mahnte und verwarnte es und weissagte ihm all das Unheil, das darob über dasselbe kommen und aus dem es sich erst spät herausretten werde, aber auch da schon andeutend, daß es nicht zum Untergange bestimmt sei, sondern zur endlichen Wiederherstellung. Auf diesem Boden nun stand das ganze Prophetenthum. Es hatte den wirklichen Abfall, den religiösen und sittlichen Verfall, den immer wiederholten Rückfall in das Heidenthum vor sich, und diesem mit aller Kraft und Selbstaufopferung entgegenzutreten war sein eigentlicher Beruf. Es verkündete daher immerført den durch die religiöse und sittliche Entartung herbeigeführten Sturz Israels, den Untergang seines weltlichen Bestandes, die Verbannung in fremde Länder, die Verfolgung und Unterdrückung, die es daselbst zu ertragen haben werde. Durch dieses Strafgericht aber werde Israel geläutert, von allem Sündhaften und aller Schuld befreit und zu Gott zurückgeführt werden. Dann würde auch über die Völker, welche aus Herrsch- und Raubsucht alle diese Leiden über Ifrael gebracht, das göttliche Strafgericht ergehen und aus diesem die Wiederherstellung Israels in äußerer und innerer Größe, in äußerer Verherrlichung und innerer Heiligung erfolgen; diesem wiederhergestellten Israel würden sich die

1) Wenn im Exil sich Daniel jenes Bild der vier Zeitalter nach den vier Metallen aneignete, nämlich als vier Weltreiche, die eines das andere zertrümmern, womit er, wie’wir glauben, durchaus keine bestimmten geschichtlichen Reiche meinte, so läßt er doch auf diese menschlichen Weltreiche ein ewiges Reich folgen, welches die Versöhnung der menschlichen Wirklichkeit mit der göttlichen Idee eines vollkommenen Zustandes der Menschheit vollbringt (2, 45). Siehe unser Bibelw. Bd. III. S. 799.

Völker anschließen, von ihm die Gotteserkenntniß über alle Nationen ausstrahlen und endlich die ganze Menschheit zu einem ewigen Reiche des Rechts, der Liebe und des Friedens sich vereinigen. Dies sind die Momente, welche alle Reden und Schriftwerke der Propheten ausfüllen. Aus dieser Allgemeinheit treten sie nur zu subjektiver Aussprache hinsichtlich zweier Punkte heraus; nämlich, daß sie meist die Erfüllung dieser Verkündigungen in eine nahe Zukunft sehen und Strafgericht, Wiederherstellung und das ewige Gottesreich nur durch kürzere Zeiträume getrennt sich vorstellen, und daß sie bisweilen die Wiederherstellung Israels und das Friedensreich des ganzen Menschengeschlechts durch eine gottgesandte Persönlichkeit herbeigeführt sich denken. Diese Persönlichkeit bezogen sie dann auf einen Abkömmling des Hauses David. Es ist hierbei hervorzuheben, daß in den ältesten Prophetensprüchen die Idee der messianischen Zeit gegeben ist, daß auf diesem Hintergrunde die Anknüpfung des Eintritts des Gottesreiches an eine Persönlichkeit nur bei den älteren Propheten, wie Jesaias, klarer hervortritt, während sie bei den jüngeren Propheten wieder verklingt und bei Ezechiel und Jesais II. gänzlich verschwindet und immer schärfer in die Idee des durch die Entwickelung selbst eintretenden Friedensreiches aufgeht. Je tiefer also das Haus David sank und jemehr die Propheten in den Zusammenhang der Völker hinaustraten, destoweniger schlossen sich die großen Hoffnungen der erhabensteu und geläutertsten Zukunft an eine Persönlichkeit an, sondern vielmehr an das ganze wiederhergestellte Israel und an die durch Gott herbeigeführte Entwickelung der Völker. Die Jahrhunderte vergingen; Juda in seinem zweiten Bestande gelangte nur zu einem kümmerlichen und viel durchstürmten Dasein; die Zustände inmitten einer maßlos verworrenen und ihrem Verfalle zuschreitenden Menschenwelt gaben keine Aussichten zn einer großartigen Umgestaltung. Über das Judenthum hielt fest an der Weissagung jener großen Heilszeit, die in der ganzen Anlage seiner Lehre, in dem Wesen seiner Gotteserkenntniß und in dem Bewußtsein seines Nationalberufes wurzelte. Da griff es umsomehr zu den alten Weissagungen einer zu erwartenden, die Wiederherstellung Ifraels und das Heil der Menschheit bringenden Persönlichkeit zurück, belegte sie mit dem Namen „Gefalbter" (Messias, denn diesen Begriff hat

dieses Wort in der ganzen heiligen Schrift nicht,) erhob das dereinstige Kommen desselben zu einem Glaubensartikel, schmückte dessen Ankunft mit aller erdenklichen Herrlichkeit aus und schilderte sie mit den lebhaftesten Farben. So beherrschte der Glaube an einen persönlichen Messias das ganze jüdische Mittelalter. Je wirksamer, je trostreicher, je aufrechthaltender dieser Glaube für das zerstreute und unter dem furchtbarsten Geschicke seufzende Juda sein mußte, desto öfter wurde er aber auch gemißbraucht und für die Juden von traurigen Folgen begleitet. Wie einst die Prophetie Gelegenheit gab zu einer Unzahl falscher Propheten, von denen in der heiligen Schrift oft genug die Rede, so beuteten auch falsche Messiasse diesen Glauben aus, und Bar-Kochba und SabbathaiZwi haben ihre Namen neben vielen anderen mit dunklen Farben in die Geschichte des jüdischen Stammes eingezeichnet. Sowie aber einst die Propheten, jemehr sie aus dem engen Umkreis ihrer Heimath in die große Welt der Völker hinaustraten, von der Idee eines persönlichen Messias abließen und wieder allein die Idee der messianischen Zeit festhielten: so schwächte sich auch in den Juden der neueren Zeit, sobald sie aus ihren engen Ghettis in das große Culturleben der Völker eintraten, der Glaube an einen persönlichen Messias ab, und erweiterte sich zur festen Ueberzeugung, daß die Menschheit in ihrer Entwickelung zur reinen und ganzen. Gotteserkenntniß, wie die Religion Israels sie in ihrem Schooße trägt, und damit auch zur allgemeinen Geltung des Rechts und zum allgemeinen Frieden gelangen werde. Es ist daher im gegenwärtigen Judenthume diese Frage, ob persönlicher Messias oder messianische Zeit? -- dem Individuum zu eigener Beantwortung freigestellt - die eigentliche Idee der erhabenen und heiligen Zukunft der Menschheit, zu welcher sie die göttliche Vorsehung bestimmt hat und führt, bleibt in beiden Fällen dieselbe und ist ein unantastbares Eigenthum des Judenthums 1).

1) Von den Propheten, deren Schriften uns überliefert worden, sprechen sich über diese Vereinigung der ganzen Menschenheit in der Gotteserkenntniß, im Rechte und Frieden ihrer Zeitfolge nach aus: Amos 9, 11. 12. Jesaias I. 2, 4, welcher Ausspruch in ursprünglicherer Fassung bei Micha 4, 1 4 sich wiederfindet, und von beiden einem alten Prophetenspruche entlehnt ist, ferner Jes. K. 18 und 19; 25, 6 8, vgl. Micha 7, 12. Nur zwei Stellen knüpfen bei Jesaias I. die erhabene Zukunft der Menschheit an eine Persönlichkeit, und

2

Abgesehen nun hiervon, besteht zwischen der Messiasidee, wie sie im Judenthume lebt, und der Messiasidee, welche der Eckstein des Christenthums geworden, ein sehr großer Unterschied. Schon in den ersten Anfängen des Christenthums wurde der Messiasbegriff auf dessen Stifter übertragen. Er trat als Lehrer (Rabbi), dann als Prophet, hierauf als Messias (Christus, Xororós) auf, wobei es nicht verblieb, sondern welchen der Begriff eines göttlichen Wesens, der einen Persönlichkeit Gottes hinzugefügt wurde. Dennoch gab man, hier angelangt, die Messiaseigenschaft nicht auf, weil sonst die Fäden mit dem Alten Testamente gänzlich zerrissen wären. Alle Stellen der H. Schrift, welche einen messianischen Inhalt hatten, sollten fortwährend auf Jesus bezogen werden. So zaghaft daher

davon bedeutet unter dieser Persönlichkeit die eine 9, 5. 6, nach der Ansicht der bedeutendsten jüdischen Exegeten den Davidischen Prinzen Hiskija (Sanhedr. 94, 1. Raschi, Kimchi, Abarbanel). Fraglicher ist dies an der zweiten Stelle 11, 1 10; jedenfalls aber läßt Jesaias an diesen beiden Stellen die messianische Zeit durch eine von Gott hierzu berufene und ausgerüstete Person herbeiführen, ohne jedoch besondere Wunder hiermit zu verbinden, oder die messianische Person anders als vom göttlichen Geiste inspirirt darzustellen. Jeremias verkündet 3, 17. 16, 19 21 nur, daß alle Völker dereinst sich zum Ewigen bekennen werden. Sein Zeitgenosse Secharja I. ist es, der schon am Beginn (9, 9. 20) die kommende Zeit des Sieges und des Friedens in der Person eines, den Frieden bewirkenden Königs, dem alle Völker gehorchen werden, symbolisirt; jedoch im 14. Kapitel die messianische Zeit ohne jede symbolische Person klar verkündet. Von der zukünftigen Erkenntniß Gottes durch die Völker spricht auch Habakuk 2, 13. 14, Ezechiel 36, 23. 39, 21. 23. Vor Allem aber besaß Jesaias II. den tiefsten Einblick in die ganze Bewegung der Völker und war von dem Bewußtsein des Berufes Israels als Lehrers der Völker völlig erfüllt. Ihm ist Israel nur das Werkzeug Gottes, um das Menschengeschlecht mit der Lehre und dem Rechte bekannt zu machen, dafür zu zeugen und zu leiden; ihm ist daher die Wiederherstellung Israels nur der Durchgang zum Reiche der Erkenntniß, des Rechtes und des Friedens. 42, 1 - 7. 43, 9. 45, 6. 22 24. 52, 13 ff. 56. 66, 22. 23. Von einem persönlichen Messias ist also bei ihm keine Spur. Ebensowenig bei Secharja II. 2, 14. 15. 8, 22 - 23. Maleachi spricht weder von einem Messias noch von einer messianischen Zeit, sondern von einem Gerichte Gottes in Israel Kap. 3. Die Propheten stimmen also sämmtlich darin überein, daß die Zukunft der Menschheit in einer Vereinigung aller Völker zur lauteren Erkenntniß und Anbetung eines einzigen Gottes, zur unbedingten Uebung des Rechtes und zu einem allgemeinen Frieden bestehen werde. Nur Jesaias I. unter vielen Stellen an zwei und Secharja I. an einer Stelle knüpfen diese Zukunft an eine messianische Persönlichkeit.

« PoprzedniaDalej »