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das du begangen, wieder gut machst, so ist deine Schuldhaftigkeit ausgelöscht und Gott mit dir versöhnt. Daher ziehen sich die Worte der oben angeführten Verkündigung wie ein rother Faden durch die ganze heilige Schrift 1) und liegen z. B. dem ganzen Buche Jonah zu Grunde. So spricht auch Jesaias (55, 7): „Der Frevler verlasse seinen Weg, der Mann der Sünde seine Gedanken; er kehre zum Ewigen, der wird sich seiner erbarmen, zu unserm Gotte, denn der ist reich im Vergeben". Ebenso der Psalmist (32, 5. vgl. Ps. 51): „Meine Sünde that ich dir kund, meine Schuld verdeckt' ich nicht, ich sprach: auch meine Missethat will ich dem Ewigen bekennen — da vergabst du meine Sündenschuld". Der locus classicus ist bekanntlich hierüber das Kapitel 18 des Jecheskel, aus welchem wir nur V. 21-23 anführen: „So der Frevler zurückkehrt von all' seinen Sünden, die er vollführte, und all' meine Sahungen wahret und Recht und Gerechtigkeit übet, so wird er leben, nicht sterben. All seiner Missethat, die er vollführte, wird ihm nicht gedacht, durch seine Gerechtigkeit, die er übte, wird er leben. Sollt' ich denn Wohlgefallen am Tode des Frevlers haben? spricht der Herr, der Ewige; nicht daß er zurückkehrte von seinem Wandel und lebe?" Das Judenthum begnügte sich mit der Aufstellung dieses Lehrsages nicht, sondern um seinen Bekennern ein konkretes Mittel der Mahnung und Anleitung, aus der Sünde und Sündhaftigkeit zur Läuterung und zur Versöhnung mit Gott zu kommen, zu verschaffen, setzte es den Versöhnungstag mit seinen Vorbereitungstagen, dem Drommetenfeste und den Bußtagen, ein. Die Bedeutung, welche diese vom religiös - sittlichen Standpunkte aus höchst wirkungsreiche Institution hat, liegt in der Zurückgezogenheit von allem weltlichen Leben an diesem Tage, in der alleinigen Beschäftigung mit gottesdienstlichen, insbesondere das Bekenntniß der Sünde, die Reue und die Umkehr tragenden Verrichtungen und in dem für diesen Tag vorgeschriebenen Fasten, wozu die von dem Drommetenfeste bezweckte Selbsterkenntniß und die für die Bußtage verordnete Versöhnung mit seinen Nebenmenschen vorbereiten soll. Die Religion wollte

1) 5 Mos. 4, 31. Joel 2, 13. Jouah 4, 2. Pf. 86, 15, 103, 8. 111, 4. 112, 4. 116, 5. 145, 8. Nech. 9, 17. 9, 31. 2 Chron. 20, 9; auch die Synagoge erkannte diesen Ausspruch als Bekenntnißwort an und stellte ihn an die Spitze aller Bußgebete.

also hiermit ihren Bekennern die Mittel darbieten, durch welche sie bei aufrichtiger Benuzung zur Versöhnung mit Gott, zur Ausgleichung ihrer Schuldhaftigkeit, zur Läuterung gelangen können. Ausdrücklich aber hat sie sich zu aller Zeit dagegen verwahrt, daß die bloße Werkheiligkeit, die bloße Uebung der Ceremonien, das bloße leibliche Kasteien die göttliche Versöhnung erwirke. Haben dies die Talmudisten schon durch die Wahl des Haphtorastückes für den Versöhnungstag Jes. 57, 14.-58, 14, worin der Prophet dem Fasten alle Kraft abspricht, wenn nicht die Hinwegschaffung alles Unrechts und die Uebung der wahren Menschenliebe damit verbunden ist, erwiesen, so lehren sie es auch selbst in unzweideutigen Ausdrücken. Sie sagen, daß Sünden gegen die Nebenmenschen nicht versöhnt werden können, wenn nicht eine Versöhnung des Beleidigten, eine Entschädigung des Geschädigten vorangegangen ist 1); daß, wenn der Sünder im Sinne habe, er könne sündigen, der Versöhnungstag versöhne, und dann könne er wieder fündigen, der Versöhnungstag nicht versöhne 2) u. dgl. m. Andererseits dehnen sie aber auch die Versöhnung des sündhaften Menschen mit Gott aus. Sie legen den Leiden und Schmerzen des Menschen eine ausgleichende, versöhnende Kraft bei, ebenso dem Tode des Bußfertigen. Sie sagen charakteristisch: „Kehre einen Tag vor deinem Tode um“3), um sowohl auszudrücken, daß, da der Mensch den Tag seines Todes nicht vorauswisse, er jeden Tag seines Lebens zur Umkehr vom Bösen und zur Rückkehr zu Gott verwenden solle, als auch, daß er zu jeder Zeit dazu befähigt sei und ihm der Weg zur Versöhnung alle Zeit offen gehalten werde.

So hat das Judenthum die unmittelbare Verbindung des Menschen mit Gott auch auf dem Gebiete des persönlichen sittlichen Verhaltens in nachdrücklichster Weise gelehrt, schließt keinen Menschen, und wenn er auch auf das tiefste gefallen, von der Gnade Gottes aus4), zeigt ihm überall die Möglichkeit der Rückkehr, den

1) Unter vielen Stellen nur diese Mischn. Jom. Abschnitt 8, 9:

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4) Berach. 10, 1. drückt dies charakteristisch aus: by no 170 270 1bran

Gelbft penn ba8 fdbirfe edbert fdbon auf, צוארו של אדם לא ימנע עצמו מן הרחמים

dem Nacken liegt, verzweifle nicht an der Barmherzigkeit Gottes."

Weg der Besserung und Läuterung, legt dies aber lediglich in seine eigene Hand, in aufrichtige Reue, in wahrhafte, thatsächliche Umkehr und gesteht ihm die Befreiung von seiner Schuldhaftigkeit nur zu, wenn er in Gedanken, Wort und That, in allen seinen Gefühlen und deren Ausprägung durch Handlungen von der Sünde sich entfernt, sich rein macht und läutert1).

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Das Christenthum nennt die Rückkehr zu Gott und die Vergebung der Sünden Erlösung. Auf die Pforte dieser Erlösung hat es das erschütternde Wort geschrieben: „Wer da glaubt, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt wer den;"wer an ihn glaubet, geht nicht verloren, sondern hat das ewige Leben. Wer an ihn glaubet, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubet, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes“ (Marc. 16, 16. Joh. 3, 16., 18.). Und es ist der unumstößliche Lehrsah der christlichen Kirche aller Confessionen: damit der Mensch wirklich entsündigt und begnadigt werde, ist von seiten des Menschen nothwendig, daß er an Jesus Christus und seine Lehre glaubt"). Die christliche Lehre von der Erlösung geht von der Erbsünde aus, daß also durch die Sünde des ersten Menschenpaares jeder Mensch sündig geboren werde und nun zu diesem seinem sündigen Wesen noch die eigenen Sünden hinzufügt. Keine Sinnesänderung, keine Buße, keine Besserung, kein noch so gerechter und frommer Lebenswandel vermögen. an sich die Befreiung von der Erbsünde und die Vergebung der eigenen Sünden, die Wiederherstellung der Verbindung mit Gott und die Versöhnung Gottes zu erwirken, sondern um diese zu ermöglichen und herbeizuführen, ließ Gott die zweite göttliche Persönlichkeit, seinen „eingeboren Sohn“ Mensch werden und in diesem Menschen leiden und sterben. Durch diesen Tod ist das Erlösungswerk vollbracht, und wer an diesen Gott Erlöser, an dessen Tod und an die Erlösung durch diesen Tod glaubt, dem werden sowohl die Erbsünde als auch die eigenen Sünden vergeben 3).

1) Jechest. 18, 20.

2) Wir führen als Belege zwei in den höheren preußischen Lehranstalten eingeführte Lehrbücher, für den katholischen Religionsunterricht von Dr. Dubelmann (Bonn 1862) Theil I. S. 84, für die evangelische Relionslehre von Dr. Lochmann (Göttingen 1856) S. 65 an.

3) Dubelmann S. 83. „Durch das Erlösungswerk hat uns Christus

Es ist nicht im entferntesten unsere Absicht und unsere Aufgabe, gegen diese Lehrfäße zu polemisiren. Vielmehr wollen wir nur konstatiren, daß das Christenthum die Vergebung der Sünden und die Versöhnung mit Gott allein durch dieses Erlösungswerk seines Stifters ermöglicht und von dem Glauben daran bedingt lehrt. Die Erbsünde ist ihm darum der Eckstein der ganzen Erlösungslehre1), die Menschwerdung Gottes der Mittelpunkt und das Leiden und der Tod dieses Gottes der Ausgangspunkt: Glaubenssätze, die von der Kirche selbst für Geheimnisse, Mysterien, d. h. dem Verstande unbegreiflich erklärt werden, ja, wie wir hinzufügen müssen, der Vernunft geradezu widersprechen, da der Begriff Gott durch sie völlig aufgehoben wird. Allerdings trennt das Christenthum von diesem Glauben die Entfernung von der Sünde und die Erfüllung der göttlichen Gebote nicht, allein es hält die letzteren doch für durchaus ungenügend und unzulänglich ohne den Glauben und muß dies auch, weil ja sonst jenes Erlösungswerk unnöthig gewesen wäre, damit aber auch die christliche Lehre selbst zusammenfiele.

Das Christenthum ruft also dem fündhaften Menschen, der zu Gott zurückkehren und dessen Vergebung erlangen will, zu: Verschaffe dir den Glauben an diese Erlösungslehre, und du wirst nicht allein von der Sünde, sondern auch von ihrer Strafe 2) befreit;

1) die Befreiung von aller Sünde, von der Gewalt des Teufels und von allen Strafen der Sünde und 2) die Zuwendung aller Gnaden, welche von Gott den Menschen verlichen werden, verdient“.

1) Die Erbsünde wohnt nach der Lehre der Kirche jedem Menschen durch die Abstammung von dem ersten Menschen inne, und die vermittelnde Ursache dieses sündhaften Zustandes in jedem Menschen ist nicht etwa eine Nachahmung der Sünde Adams durch Uebertretung eines göttlichen Gebotes, sondern die Abstammung von dem ersten Menschen. Dubelmann S. 50. Vgl. August. confessio Art. 2. Daß die,,Erbsünde“ durchaus nicht alttestamentarische Lehre ist, erweist sich schon daraus, daß die Kirchenlehrer keine andere Schriftstelle anzuführen wissen als die gelegentlichen Worte 1 Mos. 8, 21: , denn das Bilden des Menschenherzens ist böse von seiner Jugend an“, wo aber nicht „das Herz oder Wesen", sondern nur, das Bilden des Herzens", und nicht „von Geburt an“, sondern „von Jugend an“, als der eigentlichen Zeit des Schwankens und Irrens, steht, und nicht auf die Sünde Adams, sondern auf die große Fluth Bezug genommen ist.

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2)„Christus hat uns nicht blos von Sündenschuld, sondern auch von den Strafen der Sünde befreit". Dubelmann. S. 83.

so lange du aber diesen Glauben nicht erlangt hast, so lange er nicht in dir fest und unerschütterlich" ist, bist du gerichtet und verdammt"; mit ihm wirst du selig, ohne ihn bleibst du von der Seligkeit ausgeschlossen. Also spricht das Christenthum nicht bloß zu dem in ihm geborenen und erzogenen Menschen, sondern zu allen Menschen.

Wie aber, wenn der nach Gott verlangende Mensch zu diesem Glauben nicht kommt, nicht kommen kann, weil sein ganzes geistiges Wesen, die ganze Entwickelung seiner Geisteskräfte, alles, was er für wahr und recht hält, aus seiner innersten Natur heraus und aus der heiligen Schrift ́Israels für wahr und recht erkannt hat, sich dagegen sträubt? . . . Das Christenthum hat hierauf keine Antwort, hierauf keine Tröstung.

Allerdings hat die protestantische Kirche die Uebelstände, die mit diesem strengen Dogmatismus verbunden sind, wohl gefühlt; man weiß, wie im Laufe der Zeit in ihm der Rationalismus damit umgesprungen ist und ihn zu einer Scheinlehre umgewandelt hat. Allein er hat sich damit von seiner ganzen Basis, vom Neuen Testamente selbst völlig entfernt und wird daher immer wieder aus der Kirche hinausgewiesen. Dennoch finden wir selbst bei strenggläubigen Protestanten cine Abschwächung der Glaubenslehre, wie denn der von uns angeführte Lohmann S. 25 in der Behandlung der Dreieinigkeitslehre schließlich sagt: „Es wird diese Lehre ein Mysterium bleiben. Die Hauptsache bleibt, daß wir den wesentlich praktischen Inhalt dieser Lehre gläubig in uns aufnehmen, daß wir an Gott nicht bloß als Schöpfer, sondern auch als Erlöser und Heiligmacher glauben u. s. f." Freilich müßten wir dann fragen, was dem Christenthume gegenüber dem Judenthume dann noch übrig bliebe? Denn daß Gott nicht bloß Schöpfer, sondern auch Erlöser ) und Heiligmacher ( ich bin der Ewige, der euch heilig macht") ist, wird in unserer heiligen Schrift an tausend Stellen gesagt und in den jüdischen Gebeten täglich zwanzigmal wiederholt also als Erlöser und Heiligmacher wird Gott auch im Judenthum gedacht - ohne Trinität. Aber gehen wir einen Augenblick, sowenig wir vom Christenthume hierzu berechtigt werden, darauf ein und fragen wir: Was findet der reuige Mensch im Christenthume, wenn er es nur von der praktischethischen Seite in Betracht zieht? Wir verweisen auf das, was

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