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sicherer seine Bekenner festhalten werde, so daß der Traum jener Gegner, welche von der wachsenden Aufklärung den Untergang des Judenthums verkündeten, zu Schanden wird, weil sie das Wesen des Judenthums nicht kannten, da dieses in der Klärung jenes nur eine um so mehr verjüngende und erfrischende Kraft gewinnt.

9. Die Konsequenz im Judenthum und Christenthume. Konsequenz heißt die folgerichtige Durchführung der Grundbegriffe auf dem ganzen Gebiete des betreffenden Gegenstandes nach allen Richtungen hin. Durch eine solche Konsequenz werden die Grundbegriffe erst lebendig, wirksam und darum zur Wahrheit; durch sie wird ein wesenhafter Organismus hergestellt, in welchem alle Glieder und Organe zusammengehören, sich ineinanderfügen und zu einem großen ganzen Leben werden; ohne sie wird Alles Schein, jene Grundbegriffe hängen in der Luft, oder verwirklichen sich nur in unzusammenhängenden Erscheinungen, welche nicht im Stande sind, die realen Verhältnisse und Hindernisse zu überwinden.

Die israelitische Religion stellt von ihrem Beginne an ein Bild vollendeter Konsequenz dar. Sie hat zu ihrer Basis die Lehre vom einzigen Gotte, der die Welt geschaffen. Ihre erste Folgerichtigkeit bethätigte sie nun in der Lehre von Gott selbst, als dem unendlichen, unveränderlichen und ewigen, allmächtigen, allerheiligsten, d. h. vollkommensten Wesen. Ihre zweite Folgerichtigkeit war die Einheit des ganzen Weltalls und aller Wesen und Existenzen in ihr, die alle zu einem unermeßlichen Ganzen eingegliedert und zusammengefügt sind. Folgerichtig erscheint Gott in dieser Schöpfung allweise und allgütig, darum die Welt vollkommen, kein Uebel in ihr vorhanden - alles Uebel ist nur ein Verhältniß zum Menschen ein Prinzip des Bösen nicht existirend. Sie faßt den Menschen in dieser geschaffenen Welt als das sittliche Wesen, aus Körper und Geist bestehend, diese beiden zu einer harmonischen Einheit verbunden. Ihre dritte Folgerichtigkeit ist daher, den Menschen als Gott ebenbildlich zu fassen, und zwar im Selbstbewußtsein, in der Unerschöpflichkeit der Gefühle, im freien Willen und der daraus folgenden Sittlichkeit. Folgerichtig erkennt sie daher Gott in einem unmittelbaren Verhältniß zum Menschen als Vorsehuug und Ver

geltung, jene die Menschheit zur fortschreitenden Vervollkommnung führend, diese die Schuldhaftigkeit des reuigen Individuums in Barmherzigkeit auslöschend, vergebend, versöhnend. Folgerichtig bestimmt sie daher das Selbstbewußtsein des Menschen zur Erkenntniß, das Gefühl zur Liebe und den freien Willen zur Tugend und Väuterung, zur freien Selbstbestimmung für Recht und Pflicht. Folgerichtig wendet sie sich daher an alle Thätigkeiten des Menschengeistes, stellt als höchste Gesetze der Liebe auf: Liebe den Ewigen, deinen Gott, mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Vermögen“ (Herz, Vernunft, Willen), und : liebe deinen Nächsten wie dich selbst", und findet in der freien Uebung des Rechts und der Pflicht das Leben“. Ihre vierte Folgerichtigkeit besteht nämlich nun in der Auffassung des Menschengeschlechts als Einheit, alle Menschen aus einem Ursprunge als Kinder des einzigen Schöpfers und Vaters betrachtend. Folgerichtig stellt sie daher für die menschliche Gesellschaft die Grundsätze der Gleichheit, Bruderliebe und persönlichen Freiheit auf. Hier ist es aber, wo sie auf die realen Verhältnisse traf, zu deren Ueberwindung sie ihre Grundsäge niemals aufgab, aber nur auf die allmählige Entwicklung der Menschheit rechnen durfte. War sie daher gezwungen, ihre ganze Lehre inmitten aller in das Heidenthum versunkenen Völker an eine hierzu erzogene Nation zu richten, von Beginn an aber mit der Tendenz und Gewißheit, daß im Laufe der Jahrtausende die ganze Menschheit sich dieser Lehre zuwenden werde, indem von Zeit zu Zeit aus ihr große Strömungen in die Menschheit eindringen würden: so waren auch innerhalb dieser dazu bestimmten Nation die realen Hindernisse zu beachten und zu überwinden. Indem sie daher jene obersten Grundsäße für die Gesellschaft dieser Nation proklamirte, mußte sie in der folgerichtigen Verwirklichung derselben durch das Spezialgesetz an Zeit und Ort gebunden sein. Wenn sie die Gleichheit durch den Wegfall aller Geburts- und Standesunterschiede thatsächlich ausführte, so mußte sie andererseits ein Hinderniß durch die Heiligkeit des Eigenthums, das wiederum in der persönlichen Freiheit seine Vollberech tigung hatte, finden, und konnte daher nur die unaufhörlichen Schwankungen des Besizes und die daraus erfließende Ungleichheit durch die möglichste Vermeidung der Gegenfäße, d. i. des übermäßigen Reichthums und der übermäßigen Armuth, vermittelst des Gesetzes

vom Erlaß- und Jobeljahre zu vermindern suchen. Ebenso traf sie für die persönliche Freiheit auf das heidnische Sklaventhum, und fonnte dies nur dadurch zu beseitigen hoffen, daß sie dasselbe in eine zeitweise Vermiethung verwandelte, ganz wie sie den Verkauf der Erbgüter in eine zeitweise Verpachtung verwandelte, beide noch durch das beständige Lösungsrecht beschränkend. Um so freier war sie in Bezug der Bruderliebe, die sie auch dadurch vor jedem Mißverständniß sicherte, daß sie ausdrücklich hinzufügte: „Liebe den Fremdling wie dich selbst“. Sie stellt daher die Hülfeleistung für jeden Hülfsbedürftigen in Gefahr und Noth als ein volles Anrecht des Letteren auf und verkörperte dies außer der allgemeinen Aussprache im Spezialgesetz in einer Reihe von Verordnungen, die sich zunächst an die Zustände eines ackerbauenden Volkes lehnten. Weiterhin lief dieses Moment auch in die schonende Behandlung des Viehes aus und deutete noch ferner auf die Bewahrung und Beachtung aller natürlichen Einrichtungen und der naturgemäßen Einfachheit hin. Folgerichtig baute sie aber die ganze Gesellschaft auf der Familie auf, schüßte diese in ihrer ganzen Heiligkeit, indem sie insonders durch das Ehe- und Keuschheitsgesetz jede Ausschweifung und Entartung verhinderte. Hier angekommen, bethätigte sie folgerichtig jene von ihr anerkannte harmonische Einheit des Körpers und Geistes im Menschen, indem sie nachhaltige Störungen der= selben seitens des Körpers, nachtheilige Einflüsse dieses auf die Reinheit der Seele durch die Reinigkeitsgesetze, wohin auch die Speisegesetze gehören, zu beschränken suchte. Auf diese Weise innerhalb der Gesellschaft bei dem Individuum angelangt, weckte und pflegte sie in diesem vorzugsweise das Bewußtsein, Glied einer großen religiösen und nationalen Gemeinschaft zu sein, erzog es dann zu den Gefühlen der Ehrfurcht vor Gott, der Anhänglichkeit und Treue für seine Ueberzeugung, zur Unterdrückung aller bösen Begierden, zur Bekämpfung aller schlechten Leidenschaften und zur Vermeidung aller unrechten Handlungen. Es war daher schließlich die fünfte Folgerichtigkeit, daß sie diese ihre großen im Allge= meinen aufgestellten, im Spezialgeset mit Beachtung und nach Maßgabe von Zeit und Ort verarbeiteten Grundsäge durch die strengste Uebung des Rechts in der Gesellschaft vermittelst der unparteiischesten öffentlichen und mündlichen Gerichtsbarkeit, mit Ausrottung aller Selbsthülfe, Selbstrache, Foltern, Gottesurtheile 2c. und im Indivi

duum vermittelst der Verantwortlichkeit vor Gott und Menschen sicherte.

Dies ist in großen Zügen ein Bild der vollendeten Konsequenz, welche der Mosaismus als Grundlage für das Zudenthum durchführte. Es ist hier nun nicht der Ort, zu zeigen, wie dieser der israelitischen Religion aufgeprägte Charakter sich in der ganzen Geschichte des Judenthums realisirte. So viele Hindernisse die realen Verhältnisse und deren geschichtlicher Wandel auch mit sich brachten, so gab doch das Zudenthum diese Konsequenz niemals auf, was Folgen hatte, die wir weiter unten näher in Betracht ziehen werden. Stellen wir zuvörderst eine ähnliche Betrachtung hinsichtlich des Christenthums an.

Sobald wir in das Glaubensgebiet des Christenthums eintreten, treffen wir auf die erste große Inkonsequenz. Wir erkennen an, daß das christliche Glaubenssystem an sich, völlig konsequent sich auseinander entwickelt. Die Urheber der christlichen Glaubenssätze legten den Lehren, die aus dem Munde des Stifters der christlichen Religion geflossen, nicht den ausschließlichen Werth bei, um ihn genügend zu finden, ihn als einen Propheten, einen gottbegeisterten und gottgesandten Seher zur Anerkennung zu bringen. Dazu hatten in der That diese Lehren innerhalb des Judenthums nichts Neues und Besonderes genug. Es galt daher, seinem Tode und dem voraufgegangenen Leiden eine höhere Bedeutung zu geben, und zugleich eine solche, welche für schwärmerische Gemüther, zumal außerhalb des Judenthums, wo das zur Carricatur herabgesunkene Heidenthum zahllose Geister sehnsüchtig nach einer neuen Verkündigung gemacht, eine große Anziehung üben könne. Dies konnte nicht erreicht werden, indem man dieses Leiden und diesen Tod etwa blos als ein Vorbild hinstellte, wie man für seine Ueberzeugung leiden und sterben müsse, sondern indem man ihm eine ganz außerordentliche Wirkung zuschrieb: die Erlösung der sündigen Menschen, die Läuterung derselben zum ewigen Leben, selbstverständlich nur für den, der an diese Erlösung glaube. In diesem Falle konnte aber dieser Tod nicht für den eines Menschen angesehen werden, da es nicht ersichtlich sein konnte, wie dem Tode eines Menschen eine solche Kraft einwohnen konnte. Folgerichtig mußte daher dieser Stifter für mehr als einen Menschen, für einen Gott erklärt werden, der sich zwar als Mensch dem Tode hingab, aber doch zugleich als Gott darunter

litt und duldete. Nahm man nun in der Gottheit erst zwei Persönlichkeiten an, so war es folgerichtig, noch eine dritte zu constatiren, „den heiligen Geist," durch dessen Vermittelung „der Sohn“ in die menschliche Erscheinung trat, und welcher dauernd die Vermittelung zwischen Gott und den Menschengeistern vollführe. War dieses an sich folgerichtig, so traf man eben auf das Hinderniß, daß die Religion, an welche man anknüpfte, die Lehre von einem einzigen Gotte in ganz unbedingter Weise aussprach, und dieses Axiom doch dem Heidenthume gegenüber und bei der nothwendig festzuhaltenden Lehre von der Einheit der geschaffenen Welt nicht entbehrt werden konnte. Man mußte daher zu der Inkonsequenz greifen: an der Spiße der Religion einen einzigen Gott zu lehren und doch in diesem eine dreifache Persönlichkeit anzunehmen. Das Dogma von der Erlösung führt folgerichtig zu der Annahme, daß alle Menschen etwas in sich trügen, wovon sie erlöst werden müßten; daß alle Menschen von Geburt an eine Sünde in sich trügen, welche durch eigene Reue und Buße nicht gefühnt werden könne, also eine Erbsünde. Hierdurch aber gerieth man in die zweite Inkonsequenz, daß der Mensch als Gott ebenbildlich anerkannt werden mußte, und dennoch mit dieser unermeßlichen Erbsünde behaftet in die Welt trete; ferner, daß Gott allbarmherzig, ist, und dennoch diese Sünde durch sich selbst nicht versöhnen könne: endlich, daß Gott die Welt vollkommen erschaffen habe, und dennoch der Mensch mit einer durch das Individuum unverschuldeten Sünde geboren werde. Glaubte man nun diesen letzten Einwand dadurch zu beseitigen, daß man die Veranlassung zu dieser Erbsünde in der ersten Sünde des ersten Menschenpaares finden wollte, so war man doch wiederum hierdurch genöthigt, die Existenz eines bösen Prinzips“ anzunehmen, den „Satan", der im A. T. nur eine poetische Figur gespielt hatte, in den Kreis des fixirten Glaubens einzuführen und so zu dem alten persischen Dualismus zurückzukehren, der in so inkonsequenter Weise dem jüdischen Monotheismus angeheftet wurde. Drittens erkannte man die Einheit des Menschengeschlechts an, aber man gelangte aus dem Dogma von der Erlösung sofort dahin, eine Unterscheidung zwischen den „Gläubigen“ und den „Ungläubigen“ zu machen, zwischen beiden eine wesentliche Ausschließung zu constatiren. Wenn auch dogmatisch diese Unterscheidung vielmehr für den Himmel, für das jenseitige Leben gemacht wurde, so lehrt doch die Geschichte bis auf den heutigen

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