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selbe zurück; der Lebensstrom bricht aus ihm hervor und ergießt sich wieder in dasselbe zurück; indem sich das Dasein aus dem Brahma entfernt und immer unreiner wird, trägt es in sich das Streben, wieder nach ihm zurückzukommen, wieder zur Reinheit zu gelangen. Hieraus entstand das Dogma der Seelenwanderung. Der Tod ist daher nichts anderes, als eine Wiedergeburt in einem anderen Geschöpfe, und so wandert das Individuum Millionenmale durch die verschiedenartigsten Existenzen. Aber es ist keine stetige Reihe, sondern die Sphäre, in welcher die einzelne Seele wiedergeboren wird, hängt von ihrem Verdienst und ihrer Verschuldung in ihren früheren Lebensläufen ab. Hiermit hörten die Unterschiede zwischen Menschen, Thieren, Pflanzen und Mineralien auf; der Inder sagt zu ihnen: „wir sind gewesen, was ihr seid, und ihr werdet sein, was wir sind.“ Alle auf der Wanderung begriffenen Seelen aber sind vom Brahma entfernt, durch das Verlangen aus dem reinen Urwesen in die Stofflichkeit hinabgezogen, also Sünder, die für ihre Schuld in früheren Existenzen leiden. Dies ist die Erbsünde in großartigstem Maßstabe, die Welt nichts als ein unermeßlicher Kerker, eine furchtbare Strafanstalt. Benußt der Mensch das Leben nicht, zu büßen und sich zu bessern, versinkt er vielmehr in noch ärgere Sünden, dann wird er für unermeßliche Zeiträume in die Hölle versenkt, von wo er nach den gräßlichsten Qualen von Neuem die Wanderung beginnt. Auf diesem Grundbau erhob sich nun das bis in's äußerste Detail ausgearbeitete Lebenssystem der Brahmanen. Die verschiedenen Kasten mit ihren Pflichten und Rechten waren ein unabänderliches Geschick, welches der Mensch in seinen früheren Existenzen sich verdient hat. Jede Handlung, jede Thätigkeit, bis zur geringsten Geberde, wurde bestimmten Vorschriften unterworfen. Sünde und Verunreinigungen gehen aus dem geringsten Formfehler hervor, beim Essen und Trinken, beim Waschen und Baden, bei Berührung unreiner Menschen, Betreten unreiner Orte, Berühren unreiner Gefäße.

Die Folge davon war ein mannigfaltiges System von Bußen, die bis zum freiwilligen Selbstmorde gingen, wie glühend heißen Arak zu trinken, oder kochend heißen Kuhurin, bis die Eingeweide verbrannt sind, Bußen, welche übrigens, je höher die Kaste steht, desto leichter werden. An die Buße schließt sich die Askese, befonders das Leben als Einsiedler und Bettler in verschiedenen Graden

der Strenge. Der unbegrenzteste Despotismus, zuerst seitens der Priester, dann des Königthums und hierauf einer Kaste gegen die andere, die unerhörteste Knechtung, die bis zur scheußlichsten Ausstoßung ganzer Menschenklassen ging, war die Folge dieses Systems und mußte endlich Zeitrechnung Buddhismus.

wahrscheinlich um 500 vor der christlichen

eine Reaktion, eine Reform herbeiführen, d. i. den

Der Brahmanismus war die Trostlosigkeit selbst. Eine Verbesserung, ja nur eine Veränderung durch ihn selbst war nach seinem System und nach seinen Zwecken unmöglich; denn alle Zustände des Staates, der Kasten und der Individuen waren Nothwendigkeiten, unvermeidliche Wirkungen von Ursachen, die in früheren Existenzen lagen. Es kam daher darauf an, diese faktischen Zustände zu ändern und sich dabei auf Dogmen zu stüßen, welche zwar dem Geiste der indischen Race entsprachen, also sich zum Theile von den bisherigen nicht entfernten, aber so modifizirt, daß ihre Consequenzen andere seien. Nach der Legende war Buddha der Sohn eines Königs von Kapilavastu aus dem Geschlechte der Çakja an den Vorhöhen der Himalaja. Bis zu seinem 29. Jahre lebte der Prinz, sorgfältig erzogen, im vollen Genusse seines Standes, im Besize aller irdischen Herrlichkeiten. Aber der Anblick eines Kranken, eines Greises, eines Leichnams und eines elenden Dorfes brachte ihn zum Nachdenken. Er verließ heimlich die Residenz, begab sich zu brahmanischen Einsiedlern, um ihre Lehre genau zu studiren, und überließ sich den peinigendsten Kasteiungen während sechs Jahren. Aber weder die Weisheit der Brahmanen, noch die Kasteiungen beschwichtigten und befriedigten ihn; er überließ sich dem tiefsten Nachsinnen, zog zwanzig Jahre als Bettler mit dem Almosentopfe unter dem Titel Çakjamudae (Einsiedler aus dem Çafiageschlechte) herum, predigte allem Volke seine Lehre. Prüfen wir dieselbe in ihren Grundzügen.

Der Fundamentalsaß des Buddhismus ist: das Nichts, das Leere, das Wesenlose, ein Atheismus ohne Gott, aber auch ohne Natur. Nach der Lehre der Brahmanen existirt eine Weltseele, und die Weltschöpfung ist eine immer weiter vom Mittelpunkte sich entfernende Entfaltung dieses Brahma. Buddha sagt: es giebt keine Gottheit, keine Weltseele, keine Entfaltung aus ihr, es giebt keine Materie, kein Wesen, kein Sein, sondern Alles ist Nichts und nur

eine ewige Bewegung, eine ewige Veränderung, also ein ewiger Schmerz. Die Welt ist ein Rad, das immerfort rollt. Der zweite Fundamentalsatz ist demnach: Alles ist vom Uebel, Alles ist Schmerz.

Die dialektische Begründung dieser Säße ist sehr schwach, und besteht nur darin, daß, wenn die Welt von einem Princip geschaffen wäre, so müßte sie mit der ganzen Gesammtheit ihrer Wesen auf ein Mal geschaffen worden sein, während wir doch die Wesen nach einander geboren werden sehen; denn sonst müßten wir eine Aufeinanderfolge der Ursachen und Willensakte für die Schöpfung aller aufeinander folgenden einzelnen Wesen annehmen, und das hebe den Vordersag auf, daß Alles eine Ursache habe. Der Buddhismus mußte aber schon in diesen Fundamentalsäßen inconsequent sein (und darin liegt seine einfachste Widerlegung), denn wenn nichts als die Bewegung und Veränderung vorhanden, so frägt es sich: woher diese? Die Antwort, sie ist ewig, ohne Anfang, ist keine Beantwortung dieser Frage. Ebenso hätte er consequenter Weise auch sagen müssen, daß das Uebel, der Schmerz Nichts ist. Hier ist aber der eigentliche Incidenzpunkt. Für Buddha ist das ganze Leben nur Uebel, nur Schmerz. Hiervon den Menschen zu erlösen, ist sein Ziel. Diese Erlösung findet ihm aber nur durch die Einkehr in das Nichts statt; und so muß er das Nichts als den Urgrund aller Erscheinungen annehmen.

Hierin also liegt schon die Grundverschiedenheit der Weltanschauung zwischen dem Buddhismus und dem Judenthum, sowie den aus diesen entstandenen Religionen. Das Judenthum lehrt, daß die Schöpfung ein Akt des aus Allweisheit und Allliebe hervorgegangenen Willens der Gottheit, der einzigen und einheitlichen Gottheit sei, und daß daher die Welt und alle Wesen nach ihrer Art", d. h. nach ihrer Bestimmung, ihrem Zwecke, dem in ihnen verwirklichten Schöpfergedanken gemäß „sehr gut“, d. h. vollkommen geschaffen worden. Was vom Uebel erscheint, existirt nicht in der Natur, sondern nur in der Welt der Menschen, ist nur Verhältniß des Menschen selbst, und gehört dessen Ueberwindung zur Bestimmung des Menschen, die in der Entfaltung und Entwicklung seiner Kräfte beruht. Somit stehen sich diese beiden Religionen geradezu entgegen, wenn man den Buddhismus, soweit er auf dieser ersten dogmatischen Stufe steht, überhaupt mit diesem Namen bezeichnen kann. Das Christenthum hat sich von diesem mosaischen Funda

mente in so weit getrennt, als es zwar einen Gott, aber in diesem drei Persönlichkeiten annimmt, ohne daß jedoch dieses Dogma einen Einfluß auf seine Lehre von der Weltschöpfung hätte; und zweitens dadurch, daß es dem Uebel in der Welt eine wirkliche Existenz durch das Vorhandensein eines bösen Prinzips, eines selbständigen bösen Geistes, des Satans, zuschrieb. Im letteren Momente folgte ihm der Islam, während es in dem ersteren sich streng an die mosaische Lehre anschloß.

Abgesehen von jener dialektischen Inconsequenz wäre der Buddhismus in confequenter Folgerung auch mit seinem Grunddogma schon fertig gewesen. Wo Alles nichts ist und zu nichts wird, das einzig Vorhandene, die Bewegung von nichts zu nichts führt, da hätte man sich auch um nichts weiter zu kümmern. Was soll man aus dem Nichts machen? Es war unmöglich, daß auf diese Weise eine Lehre, eine Disziplin, eine Religion herausgebildet werden konnte. Während also die mosaische Weltanschauung die Wurzel eines consequent durchgeführten spiritualistischen und ma teriellen Lebenssystems werden konnte und wurde, beruht der Buddhismus von vornherein auf Inconsequenzen. Seine Theorie war ein Hintergrund, der dem indischen Geiste entsprach, um auf denselben lebensvollere Erscheinungen hinzuzeichnen.

Also kein Gott, kein Geist, keine Weltseele, keine ewige Materie, sondern nur die Weltumwälzung, die ewige Bewegung und Veränderung, ohne Anfang, ohne Ende. Der Buddhismus hat demnach über die Entstehung der Welt nichts zu sagen und keine Schöpfungsgeschichte der Welt, dafür aber eine Weltbeschreibung. Hier läßt der Inder seine ganze groteske Phantasterei los, und wir erhalten eine nach Raum und Maß sehr genaue Beschreibung der zahllosen Welten, wie sie nach ungeheuerlichen Maßen, nach ihren Kategorien ganz gleichmäßig neben einander bestehen, nach regelmäßigen Zeiträumen von Hunderttausenden von Jahren abwechselnd durch Feuer und durch Wasser wieder zerstört werden und immer wieder entstehen eine Beschreibung, die weder für die menschliche Erkenntniß, noch für die Aesthetik irgend einen Werth hat. Auf welche Weise diese gigantische und doch symetrische Ordnung gekommen? ist eine Frage, die der Buddhist weder aufwirft noch beantwortet, sondern er stellt jene nur als Thatsache hin. Aber diese unzähligen Welten sind doch nur Gesammtheiten von Wesen, die

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ewig werden und entstehen, und welche der Buddhist in sechs Klassen eintheilt. Hier ist es, wo der Buddhismus die ganze brahmanische Vielgötterei und ihren Geisterspuk wieder hereinbringt, und so dem Volkswahne wieder zurückgiebt, was er ihm eben genommen. Denn diese sechs Klassen sind, von unten gerechnet, die Höllengeschöpfe, die wiederum mit fruchtbarer Phantasie in allen ihren Schrecken geschildert und in 136 Höllen vertheilt werden. Hiernach kommen die Prêtas, die Ungeheuer des Hungers, deren Unterschied von den Höllengeistern nicht recht klar ist, dann die vernunftlosen Thiere; ferner die Asuras, titanische Geschöpfe, die mit den Göttern in ewigem Kampfe begriffen, und die vielgestaltigen Dämonen. Ueber diesen stehen die Menschen, endlich die Götter (Dêvas), in deren Reihen die sämmtlichen Namen der brahmanischen Götter wieder erstehen, wir haben hier 26 Ordnungen. Alle diese Wesen sind in ewiger Umwälzung begriffen, d. h. sie werden immer wieder geboren, vergehen und werden in verschiedenster Weise wieder geboren. Der Buddhismus nahm also aus dem Brahmanismus die Seelenwanderung herüber. Diese Wiedergeburten geschehen nun nicht nach bestimmten Geseßen, auch nicht nach den Bestimmungen einer Vorsehung oder Vergeltung, sondern nur aus sittlichen Motiven. Nach dem Buddhismus ist das Weltall in seiner Erscheinung, seinem Verlaufe, feinem Aufgange und Niedergange nur eine Folge, ein Resultat der sittlichen Zustände und des Thuns der athmenden Wesen. Erneuerung und Zerstörung der Welten und Wiedergeburt jedes einzelnen Wesens als ein anderes sind das Produkt des Verdienstes und der Schuld der beseelten Geschöpfe. Jede That, sei sie gut oder böse, wirkt durch unendliche Zeiträume fort und fort. Das jedesmalige Geschick des Einzelnen, sein Glück und Unglück, Geburt und Tod, ist nichts anderes, als die Frucht aller der Handlungen, welche er in seinen unzähligen früheren Lebensläufen begangen hat.

Wir stehen hier an der zweiten Fundamentalverschiedenheit des Buddhismus und des Judenthums. Das letztere erkennt ausdrücklich eine physikalische Weltordnung, eine physikalische Gesetzmäßigkeit an: so daß also die physischeu Erscheinungen nicht von der moralischen Welt abhängen. Alles ist von dem göttlichen Schöpfer gemessen und geordnet und in seiner Allweisheit nach bestimmten Gefeßen seinen Zwecken gemäß eingerichtet. Dies

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