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Zur Urkunde deffen, haben sämmtliche Bevollmächtigte den gegen wärtigen Vertrag unterzeichnet, und mit ihren Wappen besiegelt. So geschehen Wien, den achten Juni im Jahr ein tausend acht hundert und funfzehn.

(Folgen die Unterschriften.)

Die Wiener Schlußakte von 1820.

Die Bewegungen und Ereignisse nach dem Jahre der Hungersnoth 1817 veranlaßten die größeren deutschen Höfe im Jahre 1819 zur Veranstaltung des Carlsbader Congresses. Das Ergebniß desselben war der Beschluß der Bundesversammlung wegen Bestellung einer außerordentlichen Central-Untersuchungs-Commission zu Mainz, wegen Maßregeln in Ansehung der Universitäten und das provisorische Preß(Censur-) Geseß, sämmtlich vom 20. Sept. 1819.

Der darauf folgende Congreß deutscher Minister zu Wien brachte die sogenannte „Wiener-Schlußakte“ vom 15. Mai 1820 zu Stande, welche durch Beschluß der Bundesversammlung vom 8. Juni 1820

,,zu einem der Bundesakte an Kraft und Gültigkeit gleichen Grundgeseße des Bundes"

erhoben wurde.

Dieselbe lautet, wie folgt:

Die souverainen Fürsten und freien Städte Deutschlands, eingedenk ihrer bei Stiftung des deutschen Bundes übernommenen Verpflichtung, den Bestimmungen der Bundesakte durch ergänzende und erläuternde Grundgeseße eine zweckgemäße Entwickelung und hiemit dem Bundesverein selbst die erforderliche Vollendung zu sichern, überzeugt, daß sie, um das Band, welches das gesammte Deutschland in Friede und Eintracht verbindet, unauf löslich zu befestigen, nicht länger anstehen durften, jener Verpflichtung und einem allgemein gefühlten Bedürfnisse durch gemeinschaftliche Berathung Genüge zu leisten, haben zu diesem Ende nachstehende Bevollmächtigte ernannt, nämlich:

(Folgen die Namen und Titel der Bevollmächtigten.)

welche zu Wien, nach geschehener Auswechselung ihrer richtig befundenen Vollmachten, in Kabinets-Konferenzen zusammengetreten, und, nach sorgfältiger Erwägung und Ausgleichung der wechselseitigen Ansichten, Wünsche und Vorschläge ihrer Regierungen, zu einer definitiven Vereinbarung über folgende Artikel gelangt sind:

Art. 1.

Begriff und Zweck des Bundes.

Der deutsche Bund ist ein völkerrechtlicher Verein der deutschen souverainen Fürsten und freien Städte, zur Bewahrung der Unabhängigkeit und Unverlegbarkeit ihrer im Bunde begriffenen Staaten, und zur Erhaltung der innern und äußern Sicherheit Deutschlands. Art. 2.

Beziehungen nach Innen und Außen.

Dieser Verein besteht in seinem Innern als eine Gemeinschaft selbstständiger, unter sich unabhängiger Staaten, mit wechselseitigen gleichen Vertrags-Rechten und Vertrags-Obliegenheiten, in seinen äußeren Verhältnissen aber als eine in politischer Einheit verbundene Gesammt. Macht.

Art. 3.

Umfang und Schranken der Bundes - Wirksamkeit.

Der Umfang und die Schranken, welche der Bund seiner Wirksamkeit vorgezeichnet hat, sind in der Bundesakte bestimmt, die der Grundvertrag und das erste Grundgeseß dieses Vereins ist. Indem dieselbe die Zwecke des Bundes ausspricht, bedingt und begrenzt sie zugleich dessen Befugnisse und Verpflichtungen.

Art. 4.

Entwickelung und Ausbildung der Bundesakte.

Der Gesammtheit der Bundesglieder steht die Befugniß der Entwickelung und Ausbildung der Bundesakte zu, in so fern die Erfüllung der darin aufgestellten Zwecke solche nothwendig macht. Die deßhalb zu fassenden Beschlüsse dürfen aber mit dem Geiste der Bundesakte nicht im Widerspruch stehen, noch von dem Grundcharakter des Bundes abweichen.

Art. 5.
Unauflöslicher Verein.

Der Bund ist als ein unauflöslicher Verein gegründet, und es kann daher der Austritt aus diesem Verein keinem Mitgliede desselben frei stehen.

Art. 6.

Aufnahme neuer Mitglieder. Territorialänderungen. Freiwillige Abtretung von

Souverainetätsrechten.

Der Bund ist nach seiner ursprünglichen Bestimmung auf die ges genwärtig daran theilnehmenden Staaten beschränkt. Die Aufnahme eines neuen Mitgliedes kann nur statt haben, wenn die Gesammtheit der Bundesglieder solche mit den bestehenden Verhältnissen vereinbar

und dem Vortheil des Ganzen angemessen findet. Veränderungen in dem gegenwärtigen Besißstande der Bundesglieder können keine Ver. änderungen in den Rechten und Verpflichtungen derselben in Bezug auf den Bund, ohne ausdrückliche Zustimmung der Gesammtheit, be wirken. Eine freiwillige Abtretung auf einem Bundesgebiete haftender Souverainetätsrechte kann ohne solche Zustimmung nur zu Gunften eines Mitverbündeten geschehen.

Art. 7.

Repräsentation des Bundes, seines Willens und Handelns.

Die Bundesversammlung, aus den Bevollmächtigten sämmtlicher Bundesglieder gebildet, stellt den Bund in seiner Gesammtheit vor, und ist das beständige verfassungsmäßige Organ seines Willens und Handelns.

Art. 8.

Mandat der Bevollmächtigten.

Die einzelnen Bevollmächtigten am Bundestage sind von ihren Committenten unbedingt abhängig, und diesen allein wegen getreuer Befolgung der ihnen ertheilten Instruktionen, so wie wegen ihrer Geschäftsführung überhaupt, verantwortlich.

Art. 9.

Schranken der Bundes- Competenz.

Die Bundesversammlung übt ihre Rechte und Obliegenheiten nur innerhalb der ihr vorgezeichneten Schranken aus. Ihre Wirksamkeit ist zunächst durch die Vorschriften der Bundesakte, und durch die in Gemäßheit derselben beschlossenen oder ferner zu beschließenden Grundgeseze, wo aber diese nicht zureichen, durch die im Grundvertrage bezeichneten Bundeszwecke bestimmt.

Art. 10.

Selbstbestimmung dieser Competenz.

Der Gesammtwille des Bundes wird durch verfassungsmäßige Beschlüsse der Bundesversammlung ausgesprochen; verfassungsmäßig aber sind diejenigen Beschlüsse, die innerhalb der Grenzen der Com petenz der Bundesversammlung, nach vorgängiger Berathung, durch freie Abstimmung entweder im engern Rathe oder im Plenum, gefaßt werden, je nachdem das Eine oder das Andere durch die grundgeseßlichen Bestimmungen vorgeschrieben ist.

Art. 11.

Competenz des engeren Raths.

In der Regel faßt die Bundesversammlung die zur Besorgung der gemeinsamen Angelegenheiten des Bundes erforderlichen Beschlüsse im engern Rathe, nach absoluter Stimmenmehrheit. Diese Form der Schlußfassung findet in allen Fällen statt, wo bereits feststehende allgemeine Grundgeseße in Anwendung, oder beschlossene Gefeße und Einrichtungen zur Ausführung zu bringen sind, überhaupt aber bei allen Berathungs- Gegenständen, welche die Bundesakte oder spätere Beschlüsse nicht bestimmt davon ausgenommen haben.

Art. 12.

Kompetenzbestimmung des Pleni.

Nur in den in der Bundesakte ausdrücklich bezeichneten Fällen, und wo es auf eine Kriegserklärung, oder Friedensschluß - Bestätigung von Seiten des Bundes ankommt, wie auch, wenn über die Aufnahme eines neuen Mitgliedes in den Bund entschieden werden soll, bildet sich die Versammlung zu einem Plenum. Ist in einzelnen Fällen die Frage, ob ein Gegenstand vor das Plenum gehört, zweifelhaft, so steht die Entscheidung derselben dem engeren Rathe zu. Im Ple. num findet keine Erörterung noch Berathung statt, sondern es wird nur darüber abgestimmt, ob ein im engern Rathe vorbereiteter Beschluß angenommen oder verworfen werden soll. Ein gültiger Beschluß im Plenum sezt eine Mehrheit von zwei Drittheilen der Stim

men voraus.

Art. 13.

Beschlüsse durch Stimmen Einhelligkeit.

Weber folgende Gegenstände:

1. Annahme neuer Grundgeseße, oder Abänderung der bestehenden; 2. Organische Einrichtungen, das heißt bleibende Anstalten, als Mittel zur Erfüllung der ausgesprochenen Bundeszwecke;

1

3. Aufnahme neuer Mitglieder in den Bund;

4. Religions-Angelegenheiten;

findet kein Beschluß durch Stimmenmehrheit statt; jedoch kann eine definitive Abstimmung über Gegenstände dieser Art nur nach genauer Prüfung und Erörterung der den Widerspruch einzelner Bundesglieder bestimmenden Gründe, deren Darlegung in keinem Falle verweigert werden darf, erfolgen.

Art. 14.

Behandlung organischer Einrichtungen.

Was insbesondere die organischen Einrichtungen betrifft, so muß nicht nur über die Vorfrage, ob solche unter den obwaltenden Umständen nothwendig sind, sondern auch über Entwurf und Anlage derselben in ihren allgemeinen Umrissen und wesentlichen Bestimmungen, im Plenum und durch Stimmen - Einhelligkeit entschieden werden. Wenn die Entscheidung zu Gunsten der vorgeschlagenen Einrichtung ausgefallen ist, so bleiben die sämmtlichen weiteren Verhandlungen über die Ausführung im Einzelnen der engern Versammlung überlassen, welche alle dabei noch vorkommenden Fragen durch Stimmenmehrheit entscheidet, auch, nach Befinden der Umstände, eine Kommission aus ihrer Mitte anordnet, um die verschiedenen Meinungen und Anträge mit möglichster Schonung und Berücksichtigung der Verhältnisse und Wünsche der Einzelnen auszugleichen.

Art. 15.

Jura Singulorum.

In Fällen, wo die Bundesglieder nicht in ihrer vertragsmäßigen Einheit, sondern als einzelne, selbstständige und unabhängige Staaten

erscheinen, folglich jura singulorum obwalten, oder wo einzelnen Bundesgliedern eine besondere, nicht in den gemeinsamen Verpflichtungen Aller begriffene Leistung oder Verwilligung für den Bund zugemuthet werden sollte, kann ohne freie Zustimmung sämmtlicher Betheiligten kein dieselben verbindender Beschluß gefaßt werden.

Art. 16.

Stimmverhältniß bei Territorial-Einigungen im Erbgang.

Wenn die Besizungen eines souverainen deutschen Hauses durch Erbfolge auf ein anderes übergehen, so hängt es von der Gesammtheit des Bundes ab, ob und in wiefern die auf jenen Befizungen haftenden Stimmen im Plenum, da im engern Rathe kein Bundesglied mehr als eine Stimme führen kann, dem neuen Besißer beigelegt werden sollen.

Art. 17.

Interpretationsbefugniß der Bundesversammlung.

Die Bundesversammlung ist berufen, zur Aufrechthaltung des wahren Sinnes der Bundesakte, die darin enthaltenen Bestimmungen, wenn über deren Auslegung Zweifel entstehen sollten, dem Bundeszweck gemäß zu erklären, und in allen vorkommenden Fällen den Vorschriften dieser Urkunde ihre richtige Anwendung zu sichern.

Art. 18.

Erhaltung des inneren Friedens.

Da Eintracht und Friede unter den Bundesgliedern ungestört aufrecht erhalten werden soll, so hat die Bundesversammlung, wenn die innere Ruhe und Sicherheit des Bundes auf irgend eine Weise bedroht oder gestört ist, über Erhaltung oder Wiederherstellung der felben Rath zu pflegen, und die dazu geeigneten Beschlüsse nach Anleitung der in den folgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen zu fassen.

Art. 19.

Vorbeugung gegen Selbsthülfe der Bundesstaaten.

Wenn zwischen Bundesgliedern Thätlichkeiten zu besorgen, oder wirklich ausgeübt worden sind, so ist die Bundesversammlung berufen, vorläufige Maßregeln zu ergreifen, wodurch jeder Selbsthülfe vorge beugt und der bereits unternommenen Einhalt gethan werde. Zu dem Ende hat sie vor allem für Aufrechthaltung des Besißstandes Sorge zu tragen.

Art. 20.

Verfahren bei dem Schuße des Besitzftandes.

Wenn die Bundesversammlung von einem Bundesgliede zum Schuße des Besisstandes angerufen wird, und der jüngste Besißstand streitig ist, so soll sie für diesen besondern Fall befugt sein, ein bei der Sache nicht betheiligtes Bundesglied in der Nähe des zu schüßenden Gebietes aufzufordern, die Thatsache des jüngsten Besißes, und die angezeigte Störung desselben ohne Zeitverlust durch seinen ober. sten Gerichtshof summarisch untersuchen und darüber einen rechtlichen

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