dient das grösste Lob und zeiget von einem erfreulichen Bestreben, durch die Busse auf sittlich-religiöse Besserung zu wirken. 2) Diess ist also die so oft erwähnte Indulgentia, worüber Bingham (Antiq. VIII. p. 178) die richtige Bemerkung macht: Non fuit potestas, uti quidem nunc venditatur, liberandi animas ex poenis ignis purgatorii, per multa et magna merita, sive opera supererogationis, quae scriptores ecclesiae Romanensis Thesaurum ecclesiae vocitant, cujus summus Pontifex unus solus administrator esse perhibetur: sed antiquis temporibus indulgentia nihil erat amplius, quam haec potestas, quam unusquisque habebat Episcopus moderandi poenas canonicas, quae in decursu poenitentiae infligebantur peccatoribus, ita ut si quem Episcopus in poenitentia prae aliis videret navum et strenuum, libertatem haberet, tempus poenitentiae ejus imminuendi, hoc est, ab exercitationibus poenitentialibus aliquid relaxandi, eumque citius quam reliquos ad communionem admittendi, Bey der durch die Gefahren des Abfalls und die Zelotypie einzelner Secten und Lehrer erzeugten grossen Strenge der Kirchen-Gesetze in Betreff der Busse, war diese den Bischöfen, im Vertrauen auf ihre Philanthropie, eingeräumte Gewalt gewiss von guten Folgen; und wenn auch späterhin Missbrauch daraus entstand, so darf man doch die gute Absicht der Kirche deshalb nicht verkennen, Dass diese Indulgenz, von welcher der römische Bischof Vigilius (ep. II. ad Eleuther. c. 3) sagt: in aestimatione Pontificum per suas Dioeceses relinquatur, ut si qualitas et poenitentis devotio fuerit approbata, indulgentiae quoque remedio sit vicina dennoch nicht ganz willkührlich, sondern durch eine gewisse Observanz geregelt war, ist unter andern schon daraus zu ersehen, dass sie ordnungsmässig in der Karwoche ertheilt wurde. Kirche und Staat standen in Ansehung dieser Indulgentia Paschalis in Wechsel-Wirkung; denn, wie es nicht an Beyspielen feblet, dass durch Intercession der Regenten und Magistrate bey den Bischöfen die Buss-Strenge den Büssenden nachgelassen oder gemildert wurde, so war es schon auch vom IV. Jahrhundert an ein oft ausgeübtes Recht der Bischöfe, durch ihre Verwendung bey der weltlichen Obrigkeit gewissen Verbrechern Verzeihung oder Milderung der Strafe auszuwirken. 3) In den alten Synodal - Beschlüssen (z. B. Concil. Illiberit, c. 3. 5. 14), beym Cyprianus (ep. 54) und andern Schriftstellern findet man häufig die Benennung: Poenitentia legitima, Poen. plena, Poen. justa und ähnliche. Diess verstehen Manche theils von den festgesetzten Buss - Terminen, theils von der regelmässigen Beobachtung der Buss-Grade oder Stufen. Allein schon in Albaspinaei Observat. lib. II. c. 30. (vgl. Not, in Conc. Illib. c. 3.) ist gezeigt, dass diess nicht richtig sey. Der Verf. bemerkt:,,Ut poenitentia censeretur legitima, non satis erat explere tempus constitutum ab Episcopo, ut volunt Garsias et Binius, sed ea legitima vocabatur, quam bona fide ducebant poenitentes, et cum domi et in ecclesia noctu et interdiu perpetuis aerumnis sese exercerent, et lacrymis, fletibus et multis praeterea siguis animi dolorem clam et publice testarentur. ILlegitima autem dicebatur, quando poenitentes languidius eam subirent et parum dolerent de peccatis, quamvis praescriptum tempus explerent." Vgl. Bingham Antiq. VIII, 181-82. Es ist also dasselbe, was Chrysostom. Hom. XIV in 2 Cor. 644 mnit andern Worten sagt: Οὐ τοῦτο ζητῶ χρόνου πλῆθος, ἀλλὰ ψυχῆς διόρθωσιν· τοῦτο τοίνυν ἐπίδειξον, εἰ κατενύγησαν, ἢ μετεβάλοντο, καὶ τὸ πᾶν γέγονεν. Die Poenitentia legitimna, plena et justa ist also so viel als vera, sincera et seria, vere christiana, non simulata, veros fructus afferens etc. p. 4) Mit der eben erwähnten Indulgentia ist nahe verwandt und nur in gewisser Rücksicht verschieden die Befugniss, denjenigen Verbrechern und Excommunicirten, welche nach der Strenge der Kirchen-Zucht nicht wieder in die Kirchen-Gemeinschaft aufgenommen werden durften, in Lebens- und To→ des-Gefahr die Absolution zu ertheilen. Es wurde aber diese Absolution nicht bloss als ein Recht, sondern auch als eine Pflicht der Geistlichen angesehen; ja die Canon. Apost. can. XLIV (al. LII) bedrohen sogar die Geistlichen, welche die Absolution in solchen Fällen verweigern, mit der Absetzung. In der Regel sollte zwar jede Wieder-Aufnahme durch den Bischof geschehen; da diess aber oft nur mit der grössten Schwierigkeit, oft gar nicht geschehen konnte, so durften auch die Presbyter und Diakonen die Stelle desselben vertreten. Doch finden wir immer die Erinnerung, dass Presbyter und Diakonen hierbey nur im ausdrücklichen oder stillschweigenden Auftrage des Bischofs, und sub spe rati, handeln sollen. Concil. Carthag. II. c. 3 und 4. Ja, es fehlet sogar nicht an Beyspieleu, dass selbst Laien, ja sogar Kinder die Aussöhnung mit der Kirche bewirkt, oder Sterbenden den Frieden ertheilt haben. Einen solchen Fall erzählt Euseb. hist. eccl. lib. VI. c. 44., wo nach dem Berichte des Dionysius von Alexandrien angeführt wird: dass ein sonst wackerer, aber zur Zeit der Verfolgung abgefallener Greis, durch seinen Enkel, einen kleinen Knaben, absolvirt wurde. Als der kranke Greis sein Ende herannahen fühlte, schickte er seinen Enkel zum Presbyter, mit der Bitte: ibn schleunigst zu absolviren (Jātτóv μe àлohvσate). Da dieser auch krank war, und doch einen Bussfertigen nicht hoffnungslos aus der Welt gehen lassen wollte (was der Bischof auf's strengste verboten hatte), so übergab er dem Knaben etwas Eucharistie, mit dem Auftrage: dieselbe ein wenig anzufeuchten und dem Greise in den Mund zu geben. Der Knabe handelte der Vorschrift gemäss und der Greis verschied unmittelbar nach dem Empfange. Diese Erzählung und das hinzugefügte Urtheil des B. Dionysius ist deshalb wichtig, weil man daraus ersieht, dass schon damals die Vorstellung gefunden wurde, dass die Absolution sich nicht bloss auf die Aufhebung der Excommunication und Kirchen - Strafe, sondern auch auf die Sünden - Vergebung von Seiten Gottes beziehe - eine Vorstellung, welche späterhin die allgemein herrschende wurde. Dass man aber eine solche Kranken- Absolution (absolatio s. indulgentia in articulo mortis), welche man am richtigsten mit der sogenannten Noth- oder Jach - Taufe zu vergleichen hat, nicht für vollgültig, sondern nur für eine Art von Surrogat hielt, wird am deutlichsten durch den Umstand erwiesen, dass die Busse, in dem Falle, dass der Büssende wieder gesund wurde, aufs neue angefangen und vorschriftsmässig zu Ende gebracht werden musste. Wenn man auch in Betreff der Nach-Uebung ziemlich gelinde war und dieselbe zuweilen auch ganz erliess, so musste doch auf jeden Fall eine solche Noth - Absolution die bischöfliche Bestätigung erhalten. Diese erfolgte durch Hand- Auflegung des Bischofs, welche als die allein gültige angesehen wurde und die von andern Geistlichen ertheilte erst autorisirte, so dass letztere nur dann für gültig galt, wenn der Büssende starb und das ultimum viaticum, wie es in den Nicen. Decreten (Concil. Nic. c. 18) heisst, mit sich nahm. Dass es wenigstens in der Afrikanischen Kirche so gehalten wurde, ist aus Concil. Carthag. II. c. 3. 4. IV. c. 76-79. u. a, zu ersehen. Wenn Albaspinäus diese bischöfliche Confirmation für eine allgemeine Einrichtung der ganzen alten Kirche erklärt, so wird in Pertschen's Vers. einer Kirchenhist. des IV. Jahrb. Th. II. S. 322 diese Meinung zwar für richtig erklärt, die Einrich tung der alten Kirche aber mit harten Worten getadelt, Da fast alle neuern Schriftsteller (und darunter auch mehrere katholische) in diesen Tadel der alten Kirche einstiinmen, so erfordert die Pflicht der Unpartheylichkeit, das nicht zu verschweigen, wodurch dieses Verfahren gerechtfer tiget, oder doch wenigstens entschuldiget werden kann. Alles kommt darauf an, die Sache nach den Zeitverhältnisser zu beurtheilen. Wenn man bedenket, welchen Unfug die Intercessionen und Absolutionen der Märtyrer und Bekenner veranlassten, und wie viel Klagen über die Missbräuche, elche mit der Noth- und Kranken-Taufe (ini tñs xλívns, daher Clinici) getrieben wurden, schon längst erhoben waren, so wird man gewiss das Bestreben der Bischöfe, durch Aufrechthaltung einer strengen Ordnung ähnlichen Missbräuchen vorzubeugen, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Niemand wird läugnen können, dass durch Leichtsinn, Verstellung, Heucheley und Bestechlichkeit (wovon beym Cyprianus mehrere Beyspiele vorkommen) Resultate hervorgebracht wurden, welche die ganze Kirchen-Zucht aufzulösen drohten. Durch die bischöfliche Confirmation der von Andern für den NothFall ertheilten Absolution, sollte ja diese, wenn der NothFall wirklich eintrat, nicht ungültig werden; aber wenn man sich an die Regel hielt: cessante causa, cessat effectus, so lag darin gewiss weniger Nachtheiliges, als beym Gegentheile, wo die Vorstellung vom opus operatum viel stärker hervor trat, Hier aber erschien die ganze Handlung weit mehr in dem Gesichtspunkte einer kirchlichen Disciplinar- Anstalt. Dass aber die Bischöfe hierbey, so wie bey der ganzen Buss-Anstalt, nicht nach blosser Willkühr handeln konnten, ist theils aus mehrern Gesetzen, theils daraus zu ersehen, dass die Ausgeschlossenen das Recht hatten, sich an den Metropolitan, oder an die Provinzial-Synode zu wenden. Concil. Nicen. c. 5. Coucil. Sardic. c. 14 u. a. Vgl. 5) Eine ähnliche Bewandtniss hat es mit dem Grundsatze der alten Kirche, nach welchem die Geistlichen nur in seltenen Fällen der Kirchen-Busse unterworfen wurden. Hierüber fällt der katholische Verfasser des Aufsatzes: Versuch einer Gesch. der Kirchenbusse, in Flügge's Beytr. zur Gesch. der Rel. und Theol. Th. II. S. 63, ein Urtheil, welches zwar manches Wahre enthält, aber dennoch zu streng ist und der Absicht der alten Kirche, auch hierbey die Würde des geistlichen Standes zu erhalten, und alles, was einen Vorwurf oder Verdacht begründen könnte, möglichst zu entfernen, nicht genug Gerechtigkeit widerfahren lässt. Die Vorwürfe, welche die Novatianer, Donatisten und andere Puristen der katholischen Geistlichkeit machten, nöthigte diese zur grüssten Behutsamkeit und Strenge. Aus demselben Grunde konnte kein Geistlicher, wenn er Kirchen-Busse gethan, wieder in sein Amt eintreten, sondern musste unter den Laien bleiben. Ein Laie aber wurde durch die Kirchen-Busse unfähig, zu einem geistlichen Amte gewählt zu werden. Diess verordnen mehrere Decrete ausdrücklich, z. B. Concil. Carthag. IV. c. 68: Ex Poenitentibus, quamvis sit bonus, Clericus non ordinetur. Si per ignorantiam Episcopi factum fuerit, deponatur a clero, quia se ordinationis tempore non prodidit, fuisse poenitentem. Vgl. Concil. Aurelian. III. c. 6. Agath. c. 43. Toletan. I. c. 2. u. a. Dass aber die alte Kirche gegen die Vergehungen der Geistlichen nicht nachsichtig, vielmehr äusserst streng gewesen, beweisen fast alle Synodal - Beschlüsse, welche von der Clerical-Disciplin handeln, ganz besonders aber die Canones Apostal, can. 3 seqq., wo zugleich der Unterschied zwischen den verschiedenen Graden und Stufen der Strafen genau ange |