Observanz, welche deshalb so lange eine mündliche blieb, weil die besonderen Gebräuche, nach Verschiedenheit der Zeiten, Sitten und Völker, nicht wohl in eine allgemeine Regel zusammengefasst werden zu können schienen. Dieses schien erst von der Zeit an thunlich, als man sich über die kirchlichen Hochzeit - Gebräuche näher vereiniget hatte. Die orientalisch-griechische Kirche hat für die Ehestiftung drey verschiedene Acte eingeführt, welche ihre Euchologien sorgfältig von einander unterscheiden. 1) Die Verlobung (ἐπὶ μνήστροις τοῦ ἀῤῥαβῶνος). Sie geschieht in der Regel in der Kirche und sehr selten im Hause. Auch ist sie gewöhnlich ein von der Trauung durch eine unbestimmte Zwischenzeit getrennter, und nur zuweilen ein unmittelbar auf dieselbe folgender Act. Man scheint hierbey ein ähnliches Verhältniss, wie bey der Taufe und Confirmation angenommen zu haben. Das Ceremoniel ist dieses. Der Priester komint zu den im Schiff der Kirche stehenden Brautleuten, bezeichnet sie dreymal mit dem Kreuzes - Zeichen an der Stirn, giebt ihnen angezündete Wachs-Kerzen in die Hand und führet sie sodann in den Chor ein. Hier räuchert er mit einem kreuzförmigen Rauch - Fasse, wobey die gewöhnlichen Segens-Formeln gesprochen werden. Hierauf wird die grosse Collecte (ovvanıǹ) gesungen, mit den Responsorien und der Doxologie. Nach einem langen Gebete folgt hierauf die Ring - Ceremonie (δακτυλίων περίθεσις). In der Regel wird ein goldener und silberner Ring auf den Altar gelegt. Der Priester nimmt zuerst den goldenen Ring, macht damit ein Kreuz über das Haupt des Bräutigams und steckt ihn dann an dessen rechte Hand. Dabey spricht er dreymal die Formel: Αῤῥαβωνίζεται ὁ δοῦλος τοῦ Θεοῦ ὁ δεῖνα τὴν δούλην τοῦ Θεοῦ τήνδε εἰς τὸ ὄνομα τοῦ πατρὸς, καὶ τοῦ υἱοῦ, καὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος, νῦν καὶ ἀεὶ, καὶ εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων, αμήν. Dasselbe geschieht hierauf in Ansehung der Braut mit dem silbernen Ringe, wobey mutatis mutandis dieselbe Formel dreymal gesprochen wird. Hierauf nimmt der in der Nähe stehende Braut-Führer (nagáνυμφος oder νυμφαγωγός) die Auswechselung der Ringe vor, wobey der Priester in einem langen Gebete die Bedeutung der 募 Ringe erklärt. Zuletzt werden die Verlobten mit einem feyerlichen Gebete entlassen, II) Die Krönung (orepávaua, Bekränzung). Dieser eigentliche Trauungs-Act beginnt, wie die Verlobung, mit derselben Art und Weise der Einführung in den Chor; nur mit dem Unterschiede, dass dabey Psalm 128 mit Responsorien und Doxologie gesungen wird. Auf diesen Psalm folget die Predigt (okia), in welcher von der Würde und den Pflichten des Ehestandes gehandelt wird *). Nach derselben werden die Fragen wegen des Ehe - Versprechens und der Ledigkeit vorgelegt. In der nun folgenden grossen Collecle (συναπτὴ oder ἐκτίνια) sind einige Veränderungen, welche nach Zeit und Umständen bald vermehrt, bald vermindert werden. Hierauf folgt ein langes Gebet in drey Abtheilungen, deren jede vom Diakon durch die gewöhnliche Formel: τοῦ κυρίου δεήθωμεν angekündigt wird. Am Schlusse des letzten Gebets wird die Krönung vorgenommen. Der Priester nimmt die auf dem Altare liegenden Hochzeit - Kränze (vvμpixovs oteqúrovs) und setzt sie zuerst dem Bräutigam, sodann der Braut mit den Worten auf's Haupt: Στέφεται ὁ δοῦλος τοῦ Θεοῦ ὁ δεῖνα τὴν δούλην τοῦ Θεοῦ τήνδε [ἡ δούλη τοῦ Θεοῦ ἡ δεῖνα τὸν δοῦλον τοῦ Θεοῦ τόνδε] εἰς τὸ ὄνομα τοῦ πατρὸς u. s. w. Es folgen hierauf Gebete, Doxologien, Bibel-Sprüche, besonders die Hochzeit- Epistel Ephes. V, 20 33 und das Hochzeit-Evangelium Joh. II, 111., und Wechsel-Gebete des Priesters und Diakon's. Den Beschluss machen das vom Volke mitgesprochene Gebet des Herrn, die gewöhnlichen Responsorien und die liturgischen Formeln: εἰρήνη πᾶσι u. s. w. und: τὰς κεφαλὰς u. s. w. Nach solcher Beendigung der Krönung reicht der Priester, unter Gebet und Segen, den neuen Eheleuten einen Glas - Becher mit Wein, woraus er jedes dreymal trinken lässt. Zuweilen wird der Glas- Becher unmittelbar darauf zerbrochen, *) Nach King's Gebr. der Griech. Kirche in Russland. S. 228 ist jetzt die Predigt nicht mehr gebräuchlich. In Burscher's Hochzeitgebr. der griech. und morgenländischen Christen. Leipzig 1754. 4. ist die Predigt mit Stillschweigen übergangen. am durch dieses Symbol an die Vergänglichkeit alles Irdischen zu erinnern. Auf diese Ceremonie folgt eine andere, nämlich das Zusammengeben der rechten Hände. Sie weicht aber ganz von der im Occident gewöhnlichen ab. Der Priester hält nämlich die geschlossenen Hände der Eheleute zusammen und führt sie dreymal im Kreise herum, wobey von ihm und allen Anwesenden besondere Gesänge, welche das Τριόδιον, Ανθολόγιον und Kovτáxiov enthalten und welche das Volk auswendig kann, angestimmt werden. Der Braut - Führer begleitet die Eheleute während dieses Umzuges und legt die Hände auf die bekränzten Häupter. Nach der von Goar beygebrachten Erklärung des Erzbischofs Simeon von Thessalonich soll der Braut- Führer dadurch anzeigen, dass er für die neuen Eheleute die Verpflich tung zur Rechtschaffenheit und Eintracht übernehme. Er nennet ihn daher auch Ανάδοχον τῆς σωφροσύνης καὶ ὁμονοίας, und vergleicht ihn mit dem Tauf-Pathen. Dahey ist noch zu bemerken, dass dieser Braut - Führer gewöhnlich bey der Geburt des ersten Kindes zum Tauf-Zeugen oder Bürgen (ávúdoxos) erwählt wird. III) Das Abnehmen der Kränze (húgis twv otegúrar). Nur in gewissen, (aus Mangel an Nachrichten) nicht näher zu bestimmenden Fällen, erfolgt sie noch in der Krönungs-Versammlung. In der Regel erscheinen die jungen Eheleute nach acht Tagen wieder in der Kirche, wo ihnen der Priester unter ähnlichen Gebeten die Kränze abnimmt, und sie nach ertheiltem Segen entlässt. Wenn King (Gebr. der griech. Kirche in Russland. S. 221) die Vermuthung äussert:,, Bey den Juden wurde sieben Tage lang das Hochzeit - Fest gefeyert, welches vielleicht die Abnehmung der Kronen nach dieser ZwischenZeit in der griechischen Kirche kann veranlasst haben" - so wird man schwerlich viel dagegen erinnern können. Doch ist noch zu bemerken, dass bey den Griechen auch der Täufling nach acht Tagen von neuem abgewaschen ward, und dass auch bey der Salbung (zoloua) das dreymalige Umgehen des Altars gebräuchlich ist. Ueberhaupt ist unverkennbar, dass die Griechen das Sacrament der Taufe und Ehe in nähere Verbindung setzen, was auch schon daraus erhellet, dass sie den nagárvμ pos mit dem uvádogos bey der Taufe vergleichen und ihn auch so benennen. Bey der zweyten und dritten Heyrath (διγαμία und τριγαula) sind sämmtliche Ceremonien abgekürzt oder weggelassen, und an die Stelle mancher Hochzeit - Gebete traten Buss - Gebete — ganz nach den Grundsätzen des alten Disciplinar - Rigorismus, welcher die zweyte Heyrath mit Kirchenbusse belegte. Die vierte Heyrath wird durchaus nicht gestattet, sondern als Ehebruch betrachtet und mit Excommunication bestraft. Sämmtliche Formulare bey der Verlobung, Krönung, Abnahme der Kränze, und folgenden Heyrath (axoλovía els dijáμovs) findet man in Jac. Goari Euchologion p. 310-338 vollständig. In der Schrift: Von den feyerlichen Hochzeitgebräuchen der heutigen griechischen und morgenländischen Christen, von J. Fr. Burscher. Leipzig, 1754. 4. S. 11-28 sind die Hauptstellen griechisch und deutsch ausgehoben und erklärt. Eine vollständige Uebersetzung giebt J. G. King: Die Gebräuche und Ceremonien der griechischen Kirche in Russland u. 8. W. Aus dem Engl. übersetzt. Riga 1773. 4. S. 217-289. Doch fehlet die Ακολουθία εἰς διγάμους (bey Goar p. 328 seqq.), deren Burscher S. 27-28 kurz erwähnt. Die King'sche Uebersetzung ist wörtlich wiederholt in G. J. Schmitt's : Die morgenländische, griechisch russische Kirche u. s. w. Mainz 1826. 8. S. 171-190. Das Wesentliche findet man auch bey Chr. Angelus, Mich. Heineccius, A. E. Mirus u. a. Schriftstellern, welche von den Gebräuchen der orientalischen Kirche handeln. Eine lateinische Uebersetzung giebt Martens de antiq. eccl. rit. P. II. p. 651 seqq. Das Officium in Bigamos p. 660-63 ist vollständig. Drittes Kapitel. Von den kirchlichen Hochzeit - Gebräuchen *). Es giebt wenige Gegenstände des Alterthums, welche so reichhaltig und zur Erklärung der Classjker so wichtig sind, als der Punkt de ritibus nuptialibus. Die Bekanntschaft damit gewähret ein besonderes Interesse, und ist ein wichtiger Beytrag zur Menschen- und Völker - Kunde. Der Fleiss der Gelehrten älterer und neuerer Zeit hat es nicht an sorgfältigen Untersuchungen hierüber fehlen lassen. Indess würde es weit über die Grenzen dieses Werks hinausführen, wenn wir auch nur die Resultate aus diesem Theile der alten Volks- und Sitten - Geschichte mittheilen wollten. Selbst das am nächsten liegende hebräische, griechische und römische Alterthum, woraus doch die christlichen Heyraths - Gebräuche entweder geradezu geflossen oder welchen sie doch offenbar nachgebildet worden, kann hier nicht ausführlich erörtert und verglichen werden. Wir müssen uns mit einer summarischen Darstellung der Gebräuche begnügen, welche die kirchliche Handlung der Eheverbindung betreffen und mit derselben in Verbindung stehen. Von den Ceremonien der orientalisch-griechischen Kirche sind bereits die vornehmsten angeführt worden. Es wird hier aber noch ausführlicher und in Verbindung mit den occidentalischen davon zu handeln seyn. Bey den alten Schriftstellern, besonders bey Clemens Alexandrinus, Tertullianus, Augustinus, Hieronymus, Basilius, Chrysostomus u. a. finden wir zwar einzelner Gebräuche gelegentlich erwähnt, nirgends aber eine besondere Beschreibung derselben. Man muss daher die einzelnen Notizen zusammenstellen, um zu einer Uebersicht des Ganzen zu gelangen, *) Feyer der Liebe, oder Beschreibung der Verlobungs- und Hochzeits - Ceremonien aller Nationen. Th. I. II. 2. Ausg. 1824. 8. J. F. Burscher von den feyerlichen Hochzeitsgebr. der heutigen griechischen u. morgenländischen Christen. 1754. 4. Steinberg's histor. Abhandlung von den Hochzeit - Kränzen. 1764. 4. |