allgemeinen Ehelosigkeit das Welt-Ende herbeyführen möchte. Augustin. de bono conj. T. VI. p. 233 seqq. de nupt. et concup. T. X. p. 187. 224 u. a. Aber er vertheidiget, wie Hieronymus, und noch eifriger, den Ehestand und protestirt feyerlich dagegen, wenn man denselben sündlich nennen wollte. Ueber seine Schrift: de nuptiis et concupiscentia macht er selbst Revis. lib. II. c. 53 die Bemerkung: „Zwey Bücher habe ich an Comes Valerius geschrieben, da ich hörte, dass ihm die Pelagianer ich weiss nicht was von uns berichtet haben, als wenn wir den Ehestand verdammten, indem wir die Erbsünde behaup teten. Wir vertheidigen nämlich die Rechtmässigkeit des Ehestandes, damit man nicht meine, als wenn die Lust des Fleisches und das Gesetz in unsern Gliedern ihm zum Vorwurfe gereichte, da sich die eheliche Keuschheit dieses Uebels zur Fortpflanzung der Kinder mit Recht bedient." In dieser Schrift, so wie in der, wider den Pelagianer Julianus, und der frühern von den Vortheilen des Ehestandes und von der Heiligkeit der Jungfrauschaft (de bono conjugali contra Jovinianum; de sancta virginitate, vgl. Revis, lib. II. c. 22. 23.) sucht er seine Meinung von den Vorzügen der Jungfrauschaft mit der Empfehlung des Ehestandes in Harmonie zu bringen und sich wider die ihn gemachten Vorwürfe zu vertheidigen. In der Schrift de bono conj. kommen viele schöne Stellen über die Vorzüge, Heiligkeit und Unauflöslichkeit der Ehe vor. Obgleich die von ihm gebrauchte Benennung Sacramentum nicht in der spätern dogmatischen Bedeutung genommen wird, so ist es doch schon vou Wichtigkeit, dass die Ehe als eine heilige und ehrenwerthe Sache (honorabiles ergo nuptiae, wie es c. 8. heisst) vorgestellt wird. Und diese Ansicht ist auch in den spätern Jahrhunderten die herrschende geblieben. Ja, es ist gewiss höchst merkwürdig, dass gerade in der Periode des Mittel-Alters, wo Colibat und Mönchsthum den höchsten Gipfel erreicht hatten, dennoch die Ehe förmlich in den Rang eines Sacraments erhoben und mit einer feyerlichen liturgischen Ausstattung versehen wurde. Auf jeden Fall bleibt es wahr, dass die Ehe in der christlichen Kirche zu allen Zeiten als eine heilige Handlung and göttliche Ordnung angesehen wurde, und dass man, ungeachtet der Verirrungen einzelner Secten und der überspann ten Ideen einzelner Lehrer und Zeitalter, immer wieder zu einer gerechten und der heiligen Schrift angemessenen Würdigung dieser Anstalt zurückkehrte. II. Ursprung und Bedeutung der christlichen EheGesetze, So wahrscheinlich auch die Ableitung der christlichen Ehe-Gesetze aus den Mosaischen auf den ersten Blick scheinet, und so unläugbar auch das Daseyn Mosaischer Verordnungen in unserm kanonischen Rechte, in dem katholischen nicht weniger, als in dem protestantischen ist, so kann doch diese Meinung nicht als die richtige angenommen werden. Wenigstens findet man in der alten Kirche weit häufiger Beziehungen auf das Römische, als auf das Mosaische Ehe - Recht, und erst vom VI. und VII. Jahrhundert an erhält letzteres eine Art von Uebergewicht über ersteres. Es ist vollkommen richtig, wenn Stäudlin (Gesch. der Ehe u. s. w. S. 288.) bemerkt: „Auffallend ist es, dass man bey den Kirchenschriftstellern der ersten Jahrhunderte sehr wenig darüber antrifft, ob die Christen die Mosaischen Ehe-Verbote angenommen und befolgt haben. Nicht einmal da, wo man es am ersten erwarten sollte, namentlich in Predigten und Commentaren über die dahin gehörigen Stellen des Pentateuchs, erklären sie sich darüber. Die Apologeten begnügen sich, die Beschuldigungen der BlutSchande von den Christen abzuwälzen, ohne die sie betreffenden, unter ihnen gültigen Gesetze genauer anzugeben. Wahrscheinlich haben sich die Christen hierin im Ganzen nach den bestehenden römischen Ehe-Gesetzen gerichtet, welche sehr weise und in der Hauptsache mit den Mosaischen übereinstimmend waren. Jene waren ihnen auch deutlicher, als die Mosaischen, welche wirklich schwer zu erklären sind. Diese wurden jedoch nicht von ihnen verworfen." Was hier von den Ehe-Verboten gesagt wird, gilt von den Ehe-Gesetzen überhaupt. Es liegt auch gar nichts Auffallendes darin, sobald man sich nur in die wahre Lage der Sache versetzt und die Verhältnisse erwäget, unter welchen das Christenthum in die Welt eintrat. Es kommen hierbey hauptsächlich folgende Punkte in Betrachtung: 1) Die Befolgung der jüdischen Ehe-Gesetze und Gebräuche konnte anfangs doch nur bey den Juden - Christen vorausgesetzt werden. Für die weit zahlreichern Heiden- Christen konnten nur die römischen Gesetze, welche damals allgemeine Gültigkeit hatten, angewendet werden. Man muss daher eine gemischte Gesetzgebung hier annehmen, wie Seldenus in der gelehrten Schrift de uxore Ebraea lib. II. c. 24. 2) Aber selbst bey den Juden - Christen muss man eine Modification des Ehe-Rechts nach römischen Gesetzen annehmen. Denn, wenn es gleich Thatsache ist, dass die Polygamie im Zeitalter Christi fast ganz ausser Gebrauch gekommen war, so gab es doch kein Gesetz, wodurch dieselbe aufgehoben wurde. Ja, es ist von jeher bezweifelt worden: ob die Polygamie im N. T. verboten und die Monogamie geboten sey. Dass letztere von Christus und Paulus vorausgesetzt und empfohlen werde, wird zwar angenommen, darin aber noch kein Verbot der Polygamie gefunden. S. Pertschen's Kirchen-Hist. des ersten Jahrh. S. 564. Stäudlin's Gesch. der Ehe. S. 100. 114 u. a. Dagegen war in der römischen Gesetzgebung die Polygamie streng verboten. Dig. lib. I. 13. 1. 2. de his, qui notantur infamia. Im Cod. lib. V. tit. 5. de incestis et inutil. nuptiis heisst es: Neminem, qui sub ditione sit Romani nominis, binas uxores habere posse, vulgo patet; cum etiam in Edicto Praetoris hujusmodi viri infamia notati sint; quam rem competens judex inultam esse non patietur. Julius Cäsar wollte die Polygamie einführen; der Vorschlag aber fand allgemeinen Widerspruch. Auch das vom christlichen Kaiser Valentinianus I. erlassene Edict, wodurch jedem zwey rechtmässige Weiber zugleich zu haben erlaubt wurde (Socrat, bist, eccl. lib. IV. c. 26 [al. 27.]), ward weder in die Gesetz-Sammlung aufgenommen, noch auf die Dauer vollzogen. Es war nur gegeben, um die Bigamie des Kaisers für gesetzmässig zu erklären. Nach Aul. Gellius Noct, Att. lib. XV. c. 10 war die Polygamie unter den Griechen erlaubt; aber diess war nicht allgemein der Fall und schon Bellarmin (de sacram. matrim. I. c. 10. p. 1338) führt an, dass Aristoteles die Monogamie zur Pflicht gemacht habe. 3) Die ältesten Kirchenväter bezeugen, dass sich die Christen nicht nur nach den römischen Ehe-Gesetzen überhaupt, sondern auch nach den Hochzeit- Gebräuchen richteten. Dahin gehören Tertull. apolog. c. 6. de idolol. c. 16. de corona mil. c. 13. de pudic. c. 4. Optat. Ambros. epist. XXIV. ep. LXX. Milev. de schism. Donat. l. 16. Clem. Alex. Paedag. lib. III. c. 11. August. Epist. 234. de fide et oper. c. 19. de civit. Dei lib. 15. c. 16. u. a. Ja, selbst diejenigen, welche, wie Tertullianus, Ambrosius u. a., wider die Ehegesetze und Gebräuche der Römer eiferten, beweisen nicht nur die Befolgung derselben von den Christen ihrer Zeit, sondern tadeln eigentlich auch nur das daran, dass man diesen heidnischen Einrichtungen keine christliche Weihe geben wolle. Was hätte auch den Kirchenvätern willkommener seyn können, als das römische Ebe-Recht, welches die Polygamie schlechthin und unter Androhung bürgerlicher Ehrlosigkeit verbot! Wie erfreulich musste diess für alle Lehrer seyn, welche selbst die Bigamia successiva für sündlich erklärten! Es ist aber Thatsache, dass nicht bloss die strengen Novatianer und Montanisten (wie aus Tertullian's Schrift de Monogamia zu ersehen ist) die zweyte Heyrath für unerlaubt und Ehebruch erklärten; sondern dass auch mehrere Kirchen-Versammlungen die δευτέρους γάμους verwarfen und die διγάμους mit KirchenBusse belegten. Concil. Nic. c. 8. Ancyran. c. 19. Laodicen. c. 1. Neocaesar. c. 3. Ja, die letzte Synode hat sogar einen besondern Kanon, wodurch den Geistlichen die Theilnahme an einer bigamischen Hochzeit untersagt wird. Dass die priesterliche Einsegnung einer solchen Ehe verboten war, ist in dieser Verordnung vorausgesetzt. In den Constit. Apost. lib. III. c. 2. wird die Bigamie der Hurerey und dem Ehebruche gleichgesetzt. Vgl. Athenag. legat. p. 14. Theophil. Ant. ad Autol. lib. III. Iren, adv. haer, lib. III. c. 19 u. a. Von dieser Strenge wurde zwar in spätern Zeiten nachgelassen; aber in Ansehung der Geistlichen ward immer auf die Regel gebalten: Bigamus ne ordinetur. Vgl. Tertull. de monog. c. 11. ad uxor. lib. I. c. 7. de poenit. c. 9. Origen. Homil. XVII. in Luc. Ambros. de offic. lib. I. c. 50. Hieronym. ep. II. XI. LXXXIII. u. a. In der orient. - griechischen Kirche bestehet dieses Gesetz noch jetzt, und in der römischen Kirche ist es durch die Einführung des Cölibat's nicht aufgehoben (vgl. Innocent. ep. II. c. 5. ep. XXIII. c. 6.), sondern überflüssig gemacht worden. Auch die Schwierigkeiten, welche das römische Recht in Ansehung der Ehe-Scheidung (divortium) machte, mussten der christlichen Kirche weit eher gefallen, als die Leichtigkeit, womit nach der jüdischen Verfassung jede Ehe getrennt werden konnte, zarà nãoav altlar, wie es Matth. XIX, 3. heisst. Nun ist zwar nicht ungegründet, dass nach der spätern römischen Rechtsverfassung das divortium gar sehr erleichtert wurde; allein in den frühern Zeiten war diess anders, und die Fälle, in welchen die Trennung der Ehe erlaubt, war, werden in den XII Tafeln und nachfolgenden Gesetzen sehr genau angegeben. Es wird als etwas Merkwürdiges angeführt, dass sich ein Römer im J. 234 v. Chr. von seiner Frau wegen Unfruchtbarkeit scheiden liess. Auch herrschte späterhin niemals eine solche Willköhr und Laxität, wie bey den Juden. Die Christen konnten daher um so eher auf die römische Strenge verweisen, da sie so gut zur Rechtfertigung der christlichen Scheidungs-Verbote Matth. V, 31 ff. XIX, 7 ff. Luk. XVI, 18. u. a. dienen konnte. Aber schon der Begriff selbst, welchen das römische Recht von der Ehe aufstellet, harmonirt mit dem christlichen vollkommen. Ja, das Jus canonicum hat die in Justinian's Gesetz-Sammlung enthaltenen beyden Definitionen geradezu aufgenommen. Die erste stehet in den Instit. lib. I. tit. IX. de patr. potest, und heisst: Nuptiae sive matrimonium est viri et mulieris conjunctio, individuam vitae consuetudinem continens. Die zweyte wird in den Digest. lib. XX. de rit. nupt. tit. 2. mit folgenden Worten gegeben: Nuptiae sunt conjunctio maris et foeminae, et consortium omnis vitae, divini et humani juris communicatio. Man sollte in der That glauben, dass diese Beslimmungen nach den Ansichten des Christenthums gefasst wären." Wie hätte also die Kirche eine so harmonische Theorie verwerlen können! Aber noch übereinstimmender und beynahe in biblischen Ausdrücken fasst das altgermanische Recht den Begriff der Ehe auf. Von den Ehen der Germanen sagt |