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eigentlich gar nicht anders sprechen konnte, als in der Ausdrucksweise seiner Zeit.

Man sagt, Jesus habe einen „Aberglauben" geteilt, wenn er leibliche Krankheiten so angesehen hätte, als habe ein Dämon in dem Menschen seine Wohnung gehabt. Das ist eine merkwürdige Redeweise. Von „Aberglauben“ bei dieser Anschauung kann man doch erst dann reden, wenn jemand sich von der offenbar gewor= denen richtigen Erkenntnis nicht will überzeugen lassen, sondern bei einer unhaltbaren Ansicht früherer Zeit bleibt. Wenn man aber beachtet, daß Jesus auf das Materielle des Dämonenglaubens nie eingeht, vielmehr die Volksausdrucksweise nur zu dem Zwecke gebraucht, um ethische Wahrheiten auszudrücken, so zerfällt jener Vorwurf in sich selbst. Im Grunde genommen, sind es nur zwei Erzählungen, nach welchen Jesus gleichsam ein Gespräch mit den Dämonen der Besessenen hält, nämlich Mt. 8 und Mk. 9. Wie aber kann man mehr diesen Erzählungen entnehmen, als daß Jesus, indem er die Dämonischen heilt, sich der Sprachweise des Volkes und der Zeit bedient, da ja anders die Kranken selbst ihn kaum würden verstanden haben? Wahrlich die Person des Heilandes wird dadurch nicht in irgend einer Richtung angegriffen oder heruntergezogen, daß man der wissenschaftlichen Psychiatrie die Ehre giebt, wo sie es verlangen kann, und daß man aufhört, der Wissenschaft vom religiösen Standpunkt aus zu opponieren, wo man kein Recht dazu hat. Es wird dies zwar heutzutage von vielen Theologen anerkannt, aber doch nicht von allen. Ich schließe mit Immers und Beyschlags Stellung zu der Frage. Der erstere sagt: „Es ist ein Unterschied, ob ein Irrtum in meinem eigenen Geiste entstanden ist oder ob ich denselben bloß vermöge meines solidarischen Zusammenhangs mit meinem Volk und meinem Zeitalter überkommen habe. Nur in jenem Falle hängt mein theoretischer Irrtum notwendig mit einer praktischen Frrung zusammen. Und es ist ein Unterschied, ob ich eine an sich irrtümliche Meinung als Wahrheit behaupte oder ob dieselbe lediglich meine unbefangene Voraussetzung ist. Nur im erstern Falle ist der Irrthum imputabel. Bei Jesu fand aber in beiden Beziehungen der lettere Fall statt. Jesus hatte ohne Zweifel

(Mt. 13 24f.) die geozentrische Anschauung des Weltgebäudes. Sein wirkliches Wissen beschränkte sich auf das Verhältnis des Menschen zu Gott und Gottes zu dem Menschen. Etwas anderes prätendierte er gar nicht zu wissen.“

Endlich noch Beyschlags Ansicht in seinem „Leben Jesu“. Er sagt: Was noch immer von der Anerkennung der überwältigend klaren Sachlage (nämlich, daß es sich hier um Volksvorstellung und nicht um faktische Zustände der Besessenheit handelt) zurückhält, das ist lediglich die Angst, auch Jesum selbst des jüdischen Volks- und Zeitglaubens zu zeihen. Und allerdings so, wie es der Rationalismus gethan hat, läßt sich die Stellung Jesu zu diesen Dingen nicht denken, daß er nämlich durch geheim empfangene überlegene Bildung das Abergläubische der Volksvorstellung durchschaut und lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen sich derselben akkommodiert hätte. Jesus zeigt nirgends eine naturwissenschaftliche Beurteilung der Besessenheitszustände; er geht, wie allein seines Berufes ist, von einer religiösen Betrachtung derselben aus, indem er die Besessenen in bildlicher Rede als einen „Raub Satans" be= zeichnet; aber die krassen Volksvorstellungen von einem Heere persönlicher Dämonen hat er nicht geteilt noch bestätigt. Wer wird meinen, er habe Mt. 8 unter der Voraussetzung persönlicher Dämonen mit denselben verhandelt und dem sinnlosen, zerstörungslustigen Mutwillen derselben Einräumungen gemacht? Ebenso zeigt seine Antwort auf die Schmährede: „Er treibt die Dämonen aus durch deren Obersten", daß er persönliche Dämonen nicht kennt, ist ihm eine Selbstaustreibung Satans, eine Zerspaltung des bösen Prinzips selber, nicht ein Krieg desselben mit persönlich von ihm verschiedenen Unterthanen. Des Namens des Satans aber bedient er sich, um alles Böse in der Welt, die Sünde im Menschenherzen und Weltverkehr, das Uebel, die Zerrüttung und Verstörung im Naturleben als einheitliche Macht zusammenzufassen.“ — Vielleicht ist diese Anschauung Beyschlags manchem, der bisher von der Dämonenidee um der Person des Heilandes willen nicht loskommen konnte, noch annehmbarer als die zuerst vorgetragene.

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Das Christenthum als Weltreligion.

Von

Lic. R. Handmann,

Pfarrer in Basel.

Weltreligion nennen wir diejenige Religion, welche weder an ein bestimmtes Land noch an ein bestimmtes Volk gebunden ist, sondern sich unter den verschiedensten Völkern zur Anerkennung zu bringen und dieselben bei aller nationalen Verschiedenheit mit einem Glauben und einem Geist zu durchdringen vermag. Daß das Christenthum in diesem Sinn eine Weltreligion ist, bedarf keines Beweises, sobald wir uns daran erinnern, daß all die verschiedenen christlichen Kirchen trotz ihrer mannigfaltigen Gegensätze doch nur verschiedene Erscheinungsformen ein und derselben Religion find und nicht bloß ihren Ursprung, sondern im Wesentlichen auch ihre Ziele mit einander gemeinsam haben. Dabei kann es uns denn nicht wundern, wenn das Christenthum in der religiösen Neberzeugung seiner Bekenner als die beste und vollkommenste Religion gilt und anderen Religionen gegenüber den Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt. Dieser Anspruch wird ihm nun aber streitig gemacht, sofern es den Ruhm, Weltreligion zu sein, noch mit zwei anderen Religionen theilen muß, mit dem Buddhismus und dem Islam. Diese beiden Religionen, von welchen die eine um ebensoviel Jahrhunderte früher, wie die andere später als das Christenthum entstanden ist, haben ebenfalls eine weit über die Grenzen ihres Stammlandes hinausreichende Verbreitung gefunden und damit eine bedeutende Lebensfähigkeit an den Tag gelegt, so daß

sie im Vertrauen auf ihren Erfolg der Ausbreitung des Christenthums in ihrem Gebiet nicht bloß hartnäckigen Widerspruch entgegensehen, sondern in neuer Zeit sogar angefangen haben, im Bereich des Christenthums für ihre Religion Mission zu treiben und Anhänger zu suchen. Allein es kommt bei dem Begriff einer Weltreligion nicht bloß auf die äußere Verbreitung, auf die Zahl der Bekenner an, sondern vor allem darauf, ob die betreffende Religion das Leben der Völker und der Menschen, welche sich zu ihr bekennen, zu durchdringen und in sittlicher und religiöser Beziehung auf eine höhere Stufe zu heben vermag, ob sie demselben neue Lebenskräfte zuführt und dasselbe auf diese Weise zu fördern, zu bereichern, zu beseligen vermag. An der Hand der geschichtlichen Thatsachen kann das Lettere aber weder vom Islam noch vom Buddhismus in größerem Umfang behauptet werden, wohl aber vom Christenthum, sofern dasselbe sich von Anfang an als eine neue, den Menschen emportragende Lebenskraft bewährt hat. Während einerseits der Islam, seinem Wesen nach eine Gesezesreligion, in einem leeren Formenwesen erstarrte und eine rechte, zielbewußte Sittlichkeit nie aufkommen ließ, während er sich somit seiner Natur nach unfähig erwies, ein wirkliches Erziehungsmittel der Völker zu werden, und darum außerhalb seines Stammlandes vielfach nur ein Deckmantel ist, hinter welchem die alten heidnischen Volksreligionen in ursprünglicher Kraft weiter wuchern, — so wirkt andererseits der Buddhismus troß seiner zum Theil hohen ethischen Forderungen wie ein Betäubungsmittel auf das Culturleben seiner Bekenner. Er hat durch seinen trostlosen Pessimismus die Lebenskraft, die Thatkraft der Völker gelähmt und jede Regung eines Culturbedürfnisses niedergehalten, so daß er, was die Stellung des Menschen zur Welt betrifft, wie ein Fluch auf seinen Bekennern liegt und auch nur durch eine Vermischung mit allerlei, den älteren Religionen entnommenen, heidnischen Elementen eine weitere Verbreitung hat finden können. Wie ganz anders aber das Christenthum? Je reiner, je lauterer dasselbe zum Ausdruck kam, um so deutlicher, um so offenkundiger erwies es sich nicht bloß für den Einzelnen, sondern ebenso sehr auch für die Gesammtheit als eine wahre Segensquelle, um so mächtiger wirkte es mit an der sitt

lichen Erziehung der Menschen und damit an ihrem Wohlergehen, an ihrem Glück, um so reichlicher brachte es ihnen die Güter, wonach sie im Grunde alle verlangen, auch die Bekenner des Buddhismus und des Islam, Trost und Frieden in den Nöthen des Lebens, Vergebung, Erlösung, Gemeinschaft mit Gott. Darum darf auch das Christenthum den beiden anderen Weltreligionen gegenüber den Anspruch erheben, dem Begriff einer Weltreligion in besserer und vollkommenerer Weise zu entsprechen, als dies bei ihnen der Fall ist, und zum Beweise dafür auf seine Geschichte hinweisen, in welcher es sich als eine gewaltige, die Menschen in der mannigfaltigsten Weise fördernde Lebenskraft erwiesen hat.

Fragen wir nun, was denn dem Christenthum diese Ueberlegenheit giebt, was dasselbe über alle anderen Religionen hinaushebt und es damit zur allein wahren Weltreligion macht, so wird die Antwort vom religiösen Standpunkt aus eine leichte sein. Der Christ wird dieselbe nothwendig darin finden müssen, daß sich in Jesu Christo der Menschheit die reinste und vollkommenste Offenbarung Gottes erschlossen hat. Die lettere verbürgt nicht bloß den absoluten Wahrheitsgehalt des Christenthums, sondern ebenso auch die vollkommenste Befriedigung der religiösen Bedürfnisse. Ein lebendiger, überzeugter Christ kann darum gar nicht anders als seine Religion für die beste und höchste halten und daran die Hoffnung und die Gewißheit knüpfen, daß sie einst zum Heil der ganzen Menschheit alle anderen Religionen verdrängen werde. Denn die vollkommene Religion, welche den Anspruch auf absolute Wahrheit enthält, muß international, muß universal sein und darf nicht bloß für einen Bruchtheil der Menschheit gelten, sondern muß für alle Menschen, für alle Verhältnisse und für alle Zeiten passen, ja sie hat gerade darin den Beweis für ihre innere Wahrheit.

Man pflegt gewöhnlich, wenn man vom Christenthum als Weltreligion redet, auf dasjenige hinzuweisen, was ich den theoretischen Universalismus nennen möchte, auf die ihm zu Grunde liegenden Gedanken von der Einheit Gottes über alle Völker und Menschen, von der Einheit des göttlichen Weltzweckes, zu welchem alle Menschen berufen sind, und, was nothwendig damit zusammenhängt, von dem einen Weg des Heils, welcher für alle Menschen

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