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logie zu Erfurt, später Prediger zu Worms († 1482), u. m. a., sowie Gerhard Groot und die Kleriker des gemeinsamen Lebens, sind dieser Klasse von Männern beizuzählen. Vgl. J. G. L. Scholtz, diss. exhibens disquisitionem, qua Thomae a Kempis sententia de re christiana exponitur et cum Gerhardi et Wesselii Gansfortii sententiis comparatur, Gron. 1840. 8. Ullmann, Reformatoren vor der Ref. Bd. I.

§. 156.

Zusammenhang der Dogmengeschichte mit der Kirchen- und Weltgeschichte in

dieser Periode.

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Wenn übrigens in irgend einer Periode, so zeigt sich in dieser der innige Zusammenhang zwischen der Entwicklung des kirchlichen und allgemein menschlichen Lebens überhaupt und der Entwicklung der Lehre 1. So steht die Geschichte der Scholastik in unverkennbarem Parallelismus mit der Geschichte des Papstthums und der Hierarchie 2. Das Mönchsthum und das Cölibat konnten ebensowohl den spitzfindigen Grübelgeist der Scholastiker nähren, als die tiefere Sehnsucht der Mystiker wecken 3. Die Pracht und Fülle des katholischen Cultus wirkte auf die Kirchenlehre (namentlich auf die Lehre von den Sacramenten und von den Heiligen) in eben dem Maasse zurück, als sie selbst auch wieder ein Product derselben war. Auch in der mittelalterlichen Kunst prägte sich der dogmatische Geist der Zeit symbolisch aus 5, und aus den Kreuzzügen, die ihre Quelle selbst zum Theil in der religiösen (mystischen, Aufregung der Zeit hatten, erntete das Abendland hinwiederum Früchte sehr verschiedener Art 6. Auch wirkten die grossen Landplagen des 14. Jahrhunderts dergestalt auf die Gemüther, dass sich daraus theilweise die religiösen und mystischen Richtungen des Zeitalters (Flagellanten) begreifen lassen. Hatte der einseitige Gebrauch der lateinischen Kirchensprache die Vernachlässigung einer gründlichen Bibelexegese und eine barbarische Terminologie zur Folge gehabt, so wirkte später die Verbreitung der griechischen Litteratur seit der Eroberung von Constantinopel (1453) vortheilhaft sowohl auf das Studium der heil. Schrift nach ihren Grundsprachen, als auch auf die Form der Behandlung theologischer Gegenstände zurück. Und war es endlich dem furchtbaren Institut der Inquisition gelungen, die Geister einzuschüchtern und den freien Gedankentausch zu hemmen, so ward durch Erfindung der Buchdruckerkunst (um 1440), durch die Entdeckung von Amerika (1490), und durch den ganzen Umschwung der Geschichte eine neue Zeit vorbereitet, welche mit einem vielfach veränderten Gesichtskreise auch eine neue religiöse Lebensentwicklung nothwendig machte.

1 1 Vgl. oben die allg. Einl.

2 Es ist nicht gleichgültig, dass die Scholastik mit dem Zeitalter Gregors VII ihren ersten Anfang nimmt. Anselm war im Investiturstreite auch eine Stütze der päpstlichen Hierarchie, während etwas später Abälards Schüler, Arnold von Brescia, die freiern dogmatischen Grundsätze seines Lehrers aufs PraktischKirchliche anwandte. Ebenso vereinigt sich in Bernhard von Clairvaux der dogmatische Orthodoxismus mit der Anhänglichkeit an das päpstlich-kirchliche Institut. Gleichzeitig mit Innocenz III., der Blüthe des mittelalterlichen Papstthums, steht die Scholastik auf ihrem Höhepunkte, während die Spaltung der Schulen (Thomisten und Scotisten) eine nicht zu verkennende Parallele zu dem etwas später eintretenden päpstlichen Schisma bildet. Hatte der päpstliche Stuhl an der realistischen Richtung Anselms früher eine Stütze gehabt, so tritt der Nominalist Occam nun in offene Opposition zu demselben. Auch die Geschichte der Mystik lässt sich so verfolgen, dass die eine Seite ihres Wesens sich freundlich, die andere sich feindlich zu den Tendenzen des römischen Stuhles verhält. Wurzelt doch das Papstthum selbst (der Idee nach) in einer mystischen Weltanschauung, während es häufig durch den Widerspruch, in den es sich mit der Idee setzte, d. h. durch seine Aeusserlichkeit und Weltlichkeit, gegen die mystische (innerliche) Weltanschauung verstossen und diese gegen sich in den Kampf rufen musste. Vgl. meine (§. 149) angef. Abhandl. 3 Gewisse Verirrungen, sowohl der Scholastiker, als der Mystiker, lassen sich fast nur von dem Standpunkte einer Mönchszelle aus begreifen. Waren die frühern Scholastiker Benedictiner oder regulirte Chorherren, so nahmen später die Bettelorden (trotz des längern Widerspruchs der Pariser Universität) die theol. Lehrstühle ein, und ertheilten Grade und Würden. Dazu kommt die oben berührte Ordenseifersucht, welche tief in die Spaltungen der Scholastiker eingreift.

4 Vgl. die spec. DG. (bei der Lehre von den Heiligen und vom Abendmahl).

5 Ist es ganz zufällig, dass gerade die durch ihre Dome ausgezeichneten Städte Strassburg und Cöln die Lieblingssitze mystischer Lehrer wurden? s. Ch. Schmidt, essai p. 45 u. 52. Ebensowenig ist der Zusammenhang zwischen der romantischen Poesie und der mystischen Richtung zu verkennen (Liebner, Hugo von St. Victor S. 246), sowie endlich auch die altdeutsche Malerschule mehr im Zusammenhange mit der Mystik, und die heiterere italische Kunst mit der §. 154 erwähnten klassischen Richtung steht.

S. Heeren, Entwicklung der Folgen der Kreuzzüge für Europa (histor. Schriften, Gött. 1808. Bd. II.).

7 Vgl. Hecker, der schwarze Tod im 14. Jahrh. Berlin 1832. 8. Förstemann, die christlichen Geisslergesellschaften, Halle 1828.

8 Vgl. §. 154.

9 S. Llorente, Geschichte der Inquisition, Lpz. 1823. Neudecker in Herzogs Realencykl. VI, S. 677 ff.

B. Specielle Dogmengeschichte der dritten Periode.

ERSTER ABSCHNITT.

Apologetisch-Propädeutisches.

Wahrheit des Christenthums. Verhältniss der Vernunft zur Offenbarung. Offenbarungsquellen. Schrift und Tradition.

§. 157.

Wahrheit und Göttlichkeit des Christenthums.

Der apologetische Standpunkt, den die Christen dieser Periode den Nichtchristen gegenüber zu behaupten hatten, war ein von der ersten Zeit merklich verschiedener. Das Judenthum des Mittelalters war ein anderes, als das, welches Justin im Gespräch mit Trypho bestritt; aber auch das Christenthum der mittelalterlichen Apologeten war in mancher Beziehung ein anderes, als das der ersten Väter. Ebenso erforderte der Kampf gegen den Islam andere Waffen, als der gegen den antiken Polytheismus 2. Mehr aber noch, als die neben dem Christenthum bestehenden historischen Religionen, machte die im Schoosse der Christenheit selbst bald offener bald verdeckter hervortretende, besonders gegen das Ende der Periode erscheinende Zweifelsucht und Freidenkerei eine philosophische Vertheidigung des Christenthums nothwendig 3. Im Ganzen schlossen sich die Apologeten an die frühere Methode an. Der Wander- und Weissagungsbeweis wurde traditionell festgehalten, obwohl auch Einige zu der Einsicht gelangten, dass das Christenthum auch ohne Wunder schon durch seine innere Vortrefflichkeit sich empfehle 5.

1 Man sehe z. B. die Vorwürfe, welche Agobard den damaligen Juden macht: de insolentia Judaeorum, Opp. T. I, p. 59–66 (bei Schröckh XXI, S. 302).

2 Vgl. die oben §. 144 genannten Schriften gegen die Mahometaner, und Gieseler, DG. S. 476 ff. Gegen die Heiden (gentiles), d. h. vorzüglich gegen die heidnische Philosophie, schrieb Thomas Aqu. seine Summa catholicae fidei, die nicht mit der grössern Summa zu verwechseln ist. Auszüge bei Schröckh XXIX, S. 341 ff.

3 Anselm hegte noch den Grundsatz: Fides nostra contra impios ratione defendenda est, non contra eos, qui se christiani nominis honore gaudere fatentur; epp. lib. II, 41. Ueber die spätern Apologien des Savonarola u. Ficin s. §. 154. 155.

Den Begriff des Wunders suchte Anselm dahin zu bestimmen, dass er

einen dreifachen cursus rerum unterschied: den wunderbaren (mirabilis), den natürlichen (naturalis), und den vom creatürlichen Willen abhängigen (voluntarius). Das Wunderbare kann nicht den Bedingungen und Gesetzen der beiden andern unterliegen, sondern herrscht frei; es beeinträchtigt aber die beiden andern nicht (neque illis facit injuriam), da sie ja auch nur vom höchsten Willen, dem Willen Gottes, abhängig sind. Auch ist die Möglichkeit des Wunders darin begründet, dass die Schöpfung selbst ein Wunder d. i. eine Wirkung des göttl. Willens ist, s. de conceptu virg. et orig. peccato, c. 11. Hasse, Anselm II, S. 457. Eine Definition des Wunders giebt Thomas von Aquino P. I, quaest. 110, art. 4: Dicendum, quod miraculum proprie dicitur, cum aliquid fit praeter ordinem naturae; sed non sufficit ad notionem miraculi, si aliquid fiat praeter ordinem naturae alicujus particularis, quia sic, cum aliquis projicit lapidem sursum, miraculum faceret, cum hoc sit praeter ordinem naturae lapidis. Ex hoc ergo aliquid dicitur esse miraculum, quod fit praeter ordinem totius naturae creatae; hoc autem non potest facere nisi Deus, quia quidquid facit angelus vel quaecunque alia creatura propria virtute, hoc fit secundum ordinem naturae, et sic non est miraculum. Unde relinquitur, quod solus Deus miraculum facere possit. Von diesem objectiven Begriff des Wunders unterscheidet Thomas den subjectiven: Sed quia non omnis virtus naturae creatae est nota nobis, ideo cum aliquid fit praeter ordinem naturae creatae nobis notae per virtutem creatam nobis ignotam, est miraculum quoad nos. In dieser Beziehung unterscheidet er auch zwischen miraculum und mirum. Vgl. Baur, Trin. II, S. 749 f. † Brischar, der Wunderbegriff des h. Thomas v. Aquino, in der Tüb. Quartalschr. 1845, 3. Ritter, Gesch. der Philos. VIII, S. 266, und die dort citirte Stelle contra gent. III, 98. Rücksichtlich der Weissagungen berief man sich auch jetzt noch auf die Sibyllinen. So Ficinus u. a. Siehe Schröckh XXXIV, S. 352.

5 So unter Andern Aeneas Sylvius, s. Platina in vita Pii II. gegen das Ende. Vgl. auch Dante, div. comm. (Parad. 24, 106-108).

§. 158.

Vernunft und Offenbarung, Glauben und Wissen.

Waren auch alle Christen von der Wahrheit und Göttlichkeit ihrer Religion (auch da, wo sie ihnen durch das getrübte Medium der Kirchenlehre erschien) überzeugt, so entstand doch für den denkenden Geist die Aufgabe, über das Verhältniss des specifisch Christlichen zu dem allgemein Menschlichen, des Geoffenbarten zum natürlich Vernünftigen, des Christenthums zur Philosophie, sich ins Klare zu setzen. Schon Johannes Scotus Erigena neigt sich darin zum christlichen Rationalismus und zu einer Vereinbarung desselben mit dem Supernaturalismus, dass ihm die wahre Religion auch die wahre Philosophie ist, und dass er den innersten tiefsten Quell der religiösen Erkenntniss in dem Menschen selbst d. i. in seinem vernünftigen Bewusstsein sucht, ob er gleich die Nothwendigkeit einer positiven, von aussenher gegebenen Offenbarung nicht in Abrede stellt. Auch nach Abälard findet eine Uebereinstimmung der Philosophie und des Christenthums in der Weise statt, dass die allge

meinen Vernunftwahrheiten und die sittlichen Gesetze, welche schon die Heiden kannten, durch die höhere Autorität der göttlichen Offenbarung ihre Bestätigung und Erweiterung erhalten 2; und wenn auch Anselm den Glauben an die geoffenbarten und durch die Kirchenlehre fixirten Wahrheiten mit der subjectiven Erfahrung des Herzens vorausverlangt, so ermächtigt er doch die Vernunft, hinterher über das Geglaubte sich Rechenschaft zu geben: wobei auch er von der Voraussetzung ausgeht, dass Vernunft und Offenbarung sich nicht widersprechen können 3. Thomas von Aquino zeigte, wie die christliche Lehre einerseits aus der Vernunft erkennbar sei, andrerseits aber über die Vernunft hinausgehe1; und Duns Scotus hob die unterscheidenden Momente der Offenbarung in articulirten Sätzen hervor 5. Nur in anderer Weise als bei den Scholastikern, doch am meisten der anselmischen Theorie verwandt, fand ebenso bei den Mystikern die Annahme eines unmittelbar Gewissen im Innern des Menschen statt, doch so, dass nach den einen (den kirchlich-orthodoxen) die innern Offenbarungen mit der Kirchenlehre übereinstimmten 6, nach den andern (den schwärmerischen Mystikern) die neuen Geistesoffenbarungen nicht selten mit den historisch überlieferten Lehren, ja mit der Schriftlehre selbst sich in offenen Widerspruch setzten 7.

1 De divina praed. (ap. Mauguin T. I, c. 1, §. 1; vgl. Frommüller a. a. O. S. 50): Quid est de philosophia tractare, nisi verae religionis, qua summa et principalis omnium rerum causa et humiliter colitur et rationabiliter investigatur, regulas exponere? Conficitur inde veram esse philosophiam veram religionem conversimque veram religionem esse veram philosophiam (vgl. Aug. de vera rel. c. 5). Das Selbstbewusstsein ist ihm die letzte Quelle relig. Erkenntniss, de div. nat. V, 31 p. 268: Nulla quippe alia via est ad principalis exempli purissimam contemplationem praeter proximae sibi suae imaginis certissimam notitiam. Doch wird die Nothwendigkeit einer äussern (positiven) Offenbarung damit nicht geleugnet. Im Gegentheil II, 31 p. 85: Nisi ipsa lux initium nobis revelaverit, nostrae ratiocinationis studium ad eam revelandam nihil proficiet (vgl. unten über d. Schrift). Erigena kann sonach „in einem gewissen Sinne allerdings der Urheber des Rationalismus genannt werden; allein es ist hier ein anderer Rationalismus zu finden, als der heutige verkehrte [vulgäre?], zu dem der unseres christlichen Philosophen [nach einer Seite wenigstens] geradezu einen Widerspruch bildet." Staudenmaier, Freib. Zeitschr. a. a. O. S. 241; vgl. Ritter VII, S. 214.

2 De theol. christ. II, p. 1211 (ed. Martène): Hinc quidem facilius evangelica praedicatio a philosophis, quam a Judaeis suscepta est, cum sibi eam maxime invenirent ad finem, nec fortasse in aliquo dissonam, nisi forte in his, quae ad incarnationis vel sacramentorum vel resurrectionis mysteria pertinent *). Si enim diligenter moralia evangelii praecepta consideremus, nihil ea aliud quam

*) Also bereits eine Unterscheidung von articuli puri et mixti? Vgl. auch Thomas Aq. Note 4.

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