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ŏvra zai ẵnɛg ßolovra. Vgl. das Folgende. Aus der Trägheit leitet Athanasius den Hang zur Sünde ab, c. 3, p. 3: Οἱ δὲ ἄνθρωποι κατολιγωρήσαντες τῶν κρειττόνων, καὶ ὀκνήσαντες περὶ τὴν τούτων κατάληψιν, τὰ ἐγγυτέρω μᾶλλον ἑαυτῶν ἐζήτησαν. Mit der Trägheit aber steht die Sinnlichkeit im Bunde, weil eben das Nächste, wobei die Trägheit stehen bleibt, der Leib ist und das Sichtbare. Athanasius vergleicht u. a. die Seele des sündigen Menschen mit einem Wagenlenker, der statt auf das Ziel hinzutreiben, die Pferde ihrem Ungestüm überlässt. Das άuagrávεv ist recht eigentlich Verfehlen des Zieles. Eine negative Fassung der Sünde findet sich auch bei Basil. M. hexaëmeron hom. II, p. 19 (Par. Ausg. 1638): Οὐ μὴν οὐδὲ παρὰ Θεοῦ τὸ κακὸν τὴν γένεσιν ἔχειν εὐσεβές ἐστι λέγειν, διὰ τὸ μηδὲν τῶν ἐναντίων παρὰ τοῦ ἐναντίου γίνεσθαι, οὔτε γὰρ ἡ ζωὴ θάνατον γεννᾷ, οὔτε ὁ σκότος φωτός ἐστιν ἀρχὴ, οὔτε ἡ νόσος ὑγείας δημιουργός. . . Τί οὖν φαμεν; Ὅτι κακόν ἐστιν οὐχὶ οὐσία ζῶσα καὶ ἔμψυχος, ἀλλὰ διάθεσις ἐν ψυχῇ ἐναντίως ἔχουσα πρὸς ἀρετὴν διὰ τὴν ἀπὸ τοῦ καλοῦ ἀπόπτωσιν τοῖς ῥᾳθύμοις ἐγγινομένη. Greg. Nyss. orat. catechet. c. 5 (Opp. III, p. 53): Καθάπερ γὰρ ἡ ὅρασις φύσεων ἐστιν ἐνέργεια, ἡ δὲ πήρωσις στέρησίς ἐστι τῆς φυσικῆς ἐνεργείας, οὕτως καὶ ἡ ἀρετὴ πρὸς τὴν κακίαν ἀνθέστηκεν· οὐ γὰρ ἔστιν ἄλλην κακίας γένεσιν ἐννοῆσαι, ἢ ἀρετῆς ἀπου σίαν. Vgl. c. 6. 22. 28 und den dial. de anima et resurrectione. J. Müller a. a. O. S. 132.

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+ Dass das Böse im Widerspruch mit Gottes Absichten stehe, war der praktisch wichtige Satz, den die Kirche bei allen verschiedenen Bestimmungen über die Sünde festhielt. „Auch Augustinus bleibt sich in dieser Verneinung der göttlichen Urhebung des Bösen überall treu; und wenn man ihm wegen seiner Lehren vom sittlichen Unvermögen der menschlichen Natur und von der göttlichen Vorherbestimmung oft genug in älterer und neuerer Zeit die entgegengesetzte Meinung aufgebürdet hat, so gehört dies eben zu den ungegründeten Consequenzmachereien, mit denen man gegen diesen grossen Kirchenlehrer besonders freigebig gewesen ist." J. Müller a. a. O. S. 308. Bestimmter lassen sich in die Definition der Sünde die nachaugustinischen Schriftsteller ein. So unterscheidet Gregor I. zwischen peccatum und delictum: Peccatum est mala facere, delictum vero est bona relinquere, quae summopere sunt tenenda. Vel certe peccatum in opere est, delictum in cogitatione, Ezech. lib. II, hom. 9, p. 1404. Desgleichen zwischen peccatum et crimen *): jedes crimen ist ein peccatum, aber nicht umgekehrt. Niemand ist sine peccato, Viele aber sine crimine (Tit. 1, 6. 1 Joh. 1, 8). Die peccata beflecken nur die Seele, die crimina tödten sie, moral. XXI, c. 12. Auch die iniquitas, impietas u. s. w. erscheinen als Modificationen der Sünde, mor. XI, 42. XXII, 10. Die tiefste Wurzel alles Uebels ist dem Gregor der Stolz; dieser erzeugt den Neid, den Zorn u. s. w. Der Sitz der Sünde ist nach ihm sowohl in der Seele, als im Leibe, und der Teufel wirkt besonders mit zu deren Vollbringung, vgl. Lau S. 379 ff.

* Augustin versucht noch die mystische Auffassung des Paradieses mit der historischen zu vereinigen, de civ. Dei XIII, 21. Er sieht übrigens in der Ursünde alle einzelnen Sünden inbegriffen, vgl. Enchiridion ad Laur. c. 45: In illo peccato uno . . . possunt intelligi plura peccata, si unum ipsum in sua quasi membra singula dividatur. Nam et superbia est illic, quia homo in sua potius esse quam in Dei potestate dilexit, et sacrilegium, quia Deo non credidit, et homicidium, quia se praecipitavit in mortem, et fornicatio spiritalis, quia integritas mentis humanae serpentina suasione corrupta est, et furtum, quia

Diesen Unterschied machte übrigens auch schon Augustin, vgl. unten §. 111, 2.

cibus prohibitus usurpatus est, et avaritia, quia plus quam illi sufficere debuit, adpetivit, et si quid aliud in hoc uno admisso diligenti consideratione inveniri potest. Buchstäblich fasst die Geschichte Gregor d. Gr., mor. XXXI, vgl. Lau S. 377 ff. Auf dreifache Weise versuchte der Teufel die ersten Menschen: gula, vana gloria und avaritia. Der Angriff selbst war ein vierfacher: durch suggestio, delectatio, consensus und defensionis audacia, mor. IV, 27.

§. 108.

Folgen der ersten Sünde und Freiheit des Willens (nach den griechischen

Lehrern).

A. Hahn, Ephräm der Syrer über die Willens freiheit des Menschen, nebst den Theorien derjenigen Kirchenlehrer bis zu seiner Zeit, welche hier besondere Berücksichtigung verdienen (in Illgens Denkschrift der hist.-theol. Gesellsch. zu Leipzig, Lpz. 1819. Heft 2, S. 30 f.).

Dass die Sünde Adams nachtheilige Folgen für das menschliche Geschlecht gehabt habe, nahmen auch die Lehrer an, die von dem bestimmtern Einfluss des augustinischen Systems sich frei erhielten; aber diese übeln Folgen bestanden nach ihrer Ansicht (wie bei den Vätern der vorigen Periode) in der Sterblichkeit, in den Beschwerden und Mühsalen des Lebens, und auch wohl in einer Schwächung der sittlichen Kräfte. So nimmt namentlich Gregorius von Nazianz (auf den sich Augustin am liebsten berief) eine starke Trübung des vous und der yuz durch die Sünde an, und betrachtete so auch die Verwirrung des religiösen Bewusstseins in dem Götzendienste, den frühere Lehrer den Dämonen zugeschrieben hatten, als eine unausbleibliche Folge der ersten Sünde. Aber auch er war noch weit davon entfernt, eine gänzliche Verkehrung des Menschen und ein Verlorengehen des freien Willens anzunehmen 1. Vielmehr erhielt sich die Lehre von der Freiheit des menschlichen Willens in der griechischen Kirche fortwährend aufrecht2. Selbst der Vater der Orthodoxie, Athanasius, behauptet aufs Entschiedenste, dass der Mensch sich zum Guten wie zum Bösen wenden könne, und lässt sogar Ausnahmen von der Erbsünde zu, indem er annimmt, dass einzelne Individuen auch vor Christo von derselben frei geblieben seien. Auch Cyrill von Jerusalem behauptet einen sündlosen Lebensanfang des Menschen, und lässt die Sünde erst mit dem Gebrauch des freien Willens eintreten. Aehnlich Ephräm der Syrer, Gregor von Nyssa, Basilius d. Gr. u. A. 4. Am meisten hebt Chrysostomus, von seinem sittlich-praktischen Standpunkte aus, die Freiheit des Menschen und dessen sittliche Selbstbestimmung hervor, und straft die mit allem Ernste, welche ihre eigenen sittlichen Blössen damit zu decken suchten, dass sie die Sünde von Adam ableiteten 5.

1 Orat. XXXVIII, 12 p. 670; XLIV, 4 p. 837; XIV, 25 p. 275; XIX, 13 p. 372; Carmen IV, v. 98, und andere Stellen bei Ullmann S. 421 ff. Vgl. daselbst

besonders die interessante Parallele zwischen Gregor und Augustin, und zwischen des Erstern Stellen im Original und denen in der (entstellten) Uebersetzung des Letztern. S. 439 f.:,,Gregorius sprach zwar keineswegs dieselben Lehrsätze aus, die späterhin Pelagius und seine Freunde vortrugen; aber er war doch, wenn man alle seine Aeusserungen erwägt, weit mehr Pelagianer, als Augustinianer."

? Nach Methodius z. B. (bei Phot. bibl. cod. 234, p. 295) steht es zwar nicht bei dem Menschen, Begierden zu haben oder nicht (¿vývμɛiodai ǹ μỷ Evevusioα), wohl aber, sich denselben hinzugeben (zoñσ9α) oder nicht. Vgl. Nemes. de nat. hom. c. 41: Πᾶσα τοίνυν ἀνάγκη τὸν ἔχοντα τὸ βουλεύε σθαι καὶ κύριον εἶναι πράξεων. Εἰ γὰρ μὴ κύριος εἴη πράξεων, περιττῶς ἔχει τὸ βουλεύεσθαι.

3 Athanasius contra gent. c. 2, p. 2: Ἐξ ἀρχῆς μὲν οὐκ ἦν κακία, οὐδὲ γὰρ οὐδὲ νῦν ἐν τοῖς ἁγίοις ἐστὶν, οὐδ ̓ ὅλως κατ ̓ αὐτοὺς ὑπάρχει αυτή. Vgl. contra Arian. or. 3 (4) Opp. Τ. Ι, p. 582 s.: Πολλοὶ γὰρ οὖν ἅγιοι γεγόνασι και θαροὶ πάσης ἁμαρτίας (Jeremias und Johannes der Täufer; πολλοί sind das eben doch nicht). Aber nichts desto weniger habe sich (nach Röm. 5, 14) der Tod auch auf die erstreckt, die nicht in Aehnlichkeit der Uebertretung Adams gesündigt haben.

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• Cyrillus cat. IV, 19: Ἐλθόντες εἰς τόνδε τὸν κόσμον ἀναμάρτητοι, νῦν ἐκ προαιρέσεως ἁμαρτάνομεν. 21: Αὐτεξούσιός ἐστιν ἡ ψυχὴ, καὶ ὁ διάβολος τὸ μὲν ὑποβάλλειν δύναται· τὸ δὲ καὶ ἀναγκάσαι παρὰ προαίρεσιν οὐκ ἔχει τὴν ἐξουσίαν. Cat. XVI, 23: Εἰ γάρ τις ἀβλεπτῶν μὴ καταξιοῦται τῆς χάριτος, μὴ μεμφέσθω τῷ πνεύματι, ἀλλὰ τῇ ἑαυτοῦ ἀπιστία. (Vergebens suchte Oudin comm. p. 461-464 die Aechtheit der dem Semipelagianismus günstigen Katechesen zu bestreiten.) — Ueber Ephräm s. die oben angeführte Abhandlung. Basilius d. Gr. hielt eine Rede лεдì той avτεžovolov, die zwar von Garnier (T. II, p. XXVI) ihm abgesprochen, von Pelt und Rheinwald aber aufs Neue ihm vindicirt worden ist (Homiliarium patrist. I, 2 p. 192), und worin bei aller Annahme des menschlichen Verderbens doch ein Zusammenwirken der Freiheit und der göttlichen Gnade gelehrt wird. Vgl. auch die Hom. de Spir. S. und Klose S. 59 ff. Greg. Nyss. nimmt zwar eine allgemeine Neigung zum Sündigen an (de orat. dom. or. V. Opp. I, p. 751 s.), findet aber in dem Neugebornen noch keine Sünde. Or. de infantibus, qui praemature abripiuntur (Opp. III, p. 317 s.).

Siehe hom. in ep. ad Rom. XVI, p. 241; in ep. ad Hebr. hom. XII, p. $05 D; in evang. Joh. hom. XVII, p. 115 C; in I. ep. ad Cor. hom. II, p. 514 D; in Psalm. L, hom. II. (Opp. T. III, p. 869 D), sämmtlich bei Münscher, v. Cölln I, p. 363; dazu noch: hom. I. in ep. ad Phil. (namentlich zur Stelle Phil. 1, 6). „Es war dem sittlichen Eifer des Chrysostomus besonders wichtig, dem Menschen jeden Entschuldigungsgrund für den Mangel sittlicher Anstrengung zu entziehen. Sein praktischer Wirkungskreis zu Antiochia und Constantinopel beförderte diese Richtung noch mehr bei ihm; denn in diesen grossen Hauptstädten fand er Viele, welche in den Gebrechen der menschlichen Natur, in der Macht des Satans oder eines Verhängnisses einen Entschuldigungsgrund für ihren Mangel an thätigem Christenthum suchten." Neander, KG. III, 2 S. 1369 f.; vgl. dess. Chrysost. I, S. 51. 283 ff. Doch hob Chrysostomus eben so kräftig das einmal vorhandene Verderben gegen einen falschen sittlichen Hochmuth heraus, hom. VI. Montf. T. XII (bei Neander, Chrys. II, S. 36 f.). Vgl. Wiggers I, S. 442.

Hagenbach, Dogmengesch. 5. Aufl.

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§. 109.

Lateinische Lehrer vor Augustin, und dieser selbst vor dem pelagianischen Streite.

Wie schon in der vorigen Periode, so leisteten auch in dieser die Abendländer dem augustinischen Lehrbegriffe mehr Vorschub, als die Morgenländer. Schon Arnobius redet von einer angeborenen Schwäche 1. Hilarius und Ambrosius von Mailand lehrten eine Ansteckung der Sünde schon durch die Geburt, und Ambrosius wandte namentlich die Stelle Psalm 52, 7 auf die Erbsünde an, ohne jedoch den Antheil der Schuld für den Einzelnen zu bestimmen 2. Beide schliessen bei alle dem die menschliche Freiheit nicht ganz aus von dem Werke der sittlichen Besserung 3, wie denn auch Augustin selbst früher gegen die Manichäer die menschliche Freiheit vertheidigte 4.

1 Arnob. adv. gent. I, 27: Proni ad culpas et ad libidinis varios appetitus, vitio sumus infirmitatis ingenitae.

2 Hilar. tract. in Ps. 58, p. 129; in Ps. 118, litt. 22, 6 p. 366; in Matth. 18 §. 6: In unius Adae errore omne hominum genus aberravit; und andere Stellen (bei Münscher, v. Cölln S. 354), vgl. Neander, DG. S. 357. Ambros. apol. David. c. 11 (Opp. I, p. 846): Antequam nascamur, maculamur contagio, et ante usuram lucis, originis ipsius excipimus injuriam; in iniquitate concipimur: non expressit, utrum parentum, an nostra. Et in delictis generat unumquemque

mater sua: nec hic declaravit, utrum in delictis suis mater pariat, an jam sint et aliqua delicta nascentis. Sed vide, ne utrumque intelligendum sit. Nec conceptus iniquitatis exsors est, quoniam et parentes non carent lapsu. Et si nec unius diei infans sine peccato est, multo magis nec illi materni conceptus dies sine peccato sunt. Concipimur ergo in peccato parentum et in delictis eorum nascimur. Sed et ipse partus habet contagia sua, nec unum tantummodo habet ipsa natura contagium. Vgl. de poenit. I, 3 (Opp. III, p. 498): Omnes homines sub peccato nascimur, quorum ipse ortus in vitio est, sicut habes lectum, dicente David: Ecce enim in iniquitatibus conceptus sum, et in delictis peperit me mater mea. In Ev. Luc. 1, 17 (Opp. I, p. 737); epp. class. II (Opp. III, p. 1190), und noch andere Stellen (bei Münscher, v. Cölln S. 355 nach einer andern Ausgabe?).

3 Hilar. tract. in Psalm. 118, litt. 15, p. 329: Est quidem in fide manendi a Deo munus, sed incipiendi a nobis origo est. Et voluntas nostra hoc proprium ex se habere debet, ut velit. Deus incipienti incrementum dabit, quia consummationem per se infirmitas nostra non obtinet; meritum tamen adipiscendae consummationis est ex initio voluntatis. Vgl. auch Arnob. adv. gent. II, 64: Nulli Deus infert necessitatem, imperiosa formidine nullum tenet. . . . 65: Quid est enim tam injustum, quam repugnantibus, quam invitis extorquere in contrarium voluntates, inculcare quod nolint et quod refugiant animis?

4 De Gen. contra Manich. II, 43 (c. 29): Nos dicimus nulli naturae nocere peccata nisi sua; nos dicimus, nullum malum esse naturale, sed omnes naturas bonas esse. De lib. arb. III, 50 (c. 17): Aut enim et ipsa voluntas est et a radice ista voluntatis non receditur, aut non est voluntas, et peccatum nullum

habet. Aut igitur ipsa voluntas est prima causa peccandi. Non est, cui recte imputetur peccatum, nisi peccanti. Non est ergo, cui recte imputetur, nisi volenti.... Quaecunque ista causa est voluntatis: si non ei potest resisti, sine peccato ei ceditur; si autem potest, non ei cedatur, et non peccabitur. An forte fallit incautum ? Ergo caveat, ne fallatur. An tanta fallacia est, ut caveri omnino non possit? Si ita est, nulla peccata sunt: quis enim peccat in eo, quod nullo modo caveri potest? Peccatur autem; caveri igitur potest. Vgl. de duab. animab. contra Manich. 12, und dagegen die Retractationen zu den verschiedenen Stellen und de nat. et grat. 80 (c. 67). Ueber das Verhältniss der frühern Ansicht Augustins vom Wesen der Sünde und der spätern vgl. auch Baur, DG. I, 2 S. 294 ff.

§. 110. Pelagianischer Streit.

*G. F. Wiggers, Versuch einer pragmatischen Darstellung des Augustinismus und Pelagianismus, Berlin 1821. Hamb. 1833. II. 8. J. A. Lentzen, de Pelagianorum doctrinae principiis, Colon. ad Rhen. 1833. 8. J. L. Jacobi, die Lehre des Pelagius, Lpz. 1842. W. Möller, Pelagius und die pelagianischen Streitigkeiten, in Herzogs Realencyklopädie XI, S. 268 ff.

Zum Theil in Uebereinstimmung mit der bisherigen von den griechischen Lehrern festgehaltenen Ansicht, zum Theil aber auch noch weiter gehend als diese in der Leugnung eines natürlichen Verderbens, traten Caelestius und Pelagius (Brito, Morgan ?) im Abendlande auf. Die dem Caelestius von dem Presbyter Paulinus auf der Synode zu Karthago 412 Schuld gegebenen Sätze waren theils solche, die auch rechtgläubige Lehrer vor ihm vertheidigt hatten, theils aber solche, die sowohl mit der Bibellehre (der paulinischen namentlich), als auch mit dem Kirchenglauben in offenem Widerspruche standen, und sonach die evangelischen Fundamentallehren zu erschüttern drohten 2. Wie weit indessen Pelagius alle diese Behauptungen getheilt habe, lässt sich bei der Behutsamkeit, womit er sich äusserte, schwer ermitteln 3. Gewiss ist aber, dass in dem einmal so geheissenen Pelagianismus nicht sowohl einzelne Behauptungen einer einzelnen Person, als vielmehr eine ganze sittlichreligiöse Lebensansicht repräsentirt erscheint, die nun in dem Augustinismus ihren entschiedenen Gegensatz und insoweit ihren mächtigen Ueberwinder fand, als durch den Gang des Streites und durch das hohe Ansehen Augustins auch die Lehre desselben über die des Pelagius im Abendlande den Sieg davontrug 4. Eine Secte der Pelagianer gab es nicht; aber der Pelagianismus behielt auch nach seiner Verdammung um so mehr seine Anhänger, als es nur Wenigen vergönnt schien, die Consequenzen des augustinischen Systems mit innerer Ueberzeugung und Befriedigung sich anzueignen. Zur nähern Beleuchtung des Gegensatzes wird es nöthig sein, die streitige Materie selbst in drei Hauptabschnitte zu zerfällen: 1) von der Sünde, 2) von der Gnade und Freiheit, und 3) von der Prädestination.

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