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älteren, keinen Stifter aufzuweisen habe; Petrus de Bruys und Heinrich konnten ihm nämlich nicht als solche gelten, weil sie ihre Lehre nicht ersonnen, sondern bereits vorgefunden und einer schon länger bestehenden Sekte sich angeschlossen hatten.

Bernhard macht den Gliedern der von ihm geschilderten Sekte noch zwei, ihre moralischen Grundsätze betreffende Vorwürfe: den einen, dass sie, die das Schwören überhaupt für Sünde erklärten, doch kein Bedenken trügen, falsch zu schwören, wenn es sich um Verheimlichung ihrer Lehre handle, und dann, dass, während sie auf ihre völlige Enthaltsamkeit pochten und das eheliche Leben für etwas Unreines und Schändliches hielten,1) sie dennoch Weiber, auch solche, die ihren Männern entlaufen, mit sich herumführten und sich mit ihnen einschlössen, so dass keiner unter ihnen sei, der nicht im vertrautesten Umgange mit Personen des andern Geschlechts lebe.

So stellt es sich immer klarer heraus, dass die Sekte der Petrobrusianer oder Henricianer und die der neuen Manichäer eine und dieselbe war. Bernhard verbindet die Lehren des de Bruys mit den gnostisch-manichäischen Dogmen, er weiss nur von einer zu allen diesen Lehrpunkten sich bekennenden Partei, wie denn auch in den Nachrichten über seine Thätigkeit in Languedoc durchaus nur Einer Sekte, mit welcher er in Berührung gekommen, gedacht wird. Dreissig Jahre später war bereits ganz Languedoc mit Katharern angefüllt; von einer eigenen getrennt bestehenden Gemeinde von Henricianern findet sich nicht die geringste Spur; diese müsste demnach, wenn sie wirklich früher vorhanden gewesen, in der kurzen Zeit von zwanzig oder dreissig Jahren und ohne dass zur Unterdrückung derselben ernste und nach

barbati apud eos inter textores et textrices plerumque inventi sunt. L. c. p. 1492.

p. 1492.

1) Turpitudinem in solis existimant reputandam uxoribus. L. c.

haltige Vorkehrungen getroffen worden wären, auf unbegreifliche Weise verschwunden sein. Denn von nun an kannte man im südlichen Frankreich neben den Katharern nur noch die Verbrüderung der Valdesier. Die Namen Arrianer und Henricianer werden zwar zuweilen noch gebraucht, aber als Bezeichnungen der Katharer. So werden in einer Eidesformel, welche die Consuln von Arles dem dortigen Erzbischofe im J. 1236 schworen und in der sie sich zur Austreibung und Bestrafung der Häretiker verpflichteten, die Valdesier und die Henricianer genannt1); ohne Zweifel aber sind unter den letzteren die damals noch so zahlreichen Katharer gemeint, die sonst gewiss eigens erwähnt worden wären. Darum nennt auch die Chronik Alberichs Heinrichs Irrlehre die Häresie der Poplikaner, d. h. der Katharer. Dieselbe Chronik berichtet übrigens über Heinrichs spätere Schicksale. Gaufrid sagt, er sei zuletzt gefangen und gefesselt einem Prälaten übergeben worden; diess ergänzt Alberich durch den Zusatz, dass dieser Prälat ihn nach Rheims (zur Synode im J. 1148) vor den Papst Eugenius geführt habe. Ob er wieder frei geworden oder in der Haft gestorben sei, ist nicht bekannt. Seine Lehre, d. h. die neu-manichäische, zählte aber nicht nur in Languedoc und der Provence, sondern auch in der Gascogne Schaaren von Anhängern; in der letzteren Provinz wurden um das J. 1151 viele durch die Ermahnungen eines ekstatischen Mädchens, welches, drei Tage in jeder Woche in todesähnlichem Schlafe liegend, in diesem Zustande Offenbarungen vom heiligen Petrus zu erhalten glaubte, zum katholischen Glauben zurückgebracht.2)

1) Papon, Histoire générale de Provence. II. Preuves p. LXXVIII: Exterminare et punire ad mandatum vestrum et ecclesiae Waldenses et Henricos, credentes et fautores, receptatores, defensores, quibuscunque nominibus censeantur.

2) Robertus de Monte, App. ad Chron. Sigeberti Gemblac. in Guiberti Novigentini Opp. ed. d'Achery, Par. 1651, p. 769.

Dollinger, Geschichte der Sekten.

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Siebentes Kapitel.

Die Apostoliker. Eon de l'Etoile.

Die von Bernhard und Everwin geschilderten Irrgläubigen rühmten sich, die Lebensweise der Apostel zu führen und nannten sich die Apostoliker. Mit denselben Ansprüchen und unter demselben Namen traten damals auch in Perigueux Irrlehrer auf, an deren Spitze ein gewisser Poncius stand. Diese wussten sich mit dem ganzen Gepränge einer unerschütterlich strengen Enthaltsamkeit und einer durch Wunder beglaubigten Heiligkeit zu umgeben. Nach der Sitte der Bogomilen verrichteten sie jeden Tag eine bestimmte Zahl von Kniebeugungen; sie gingen barfuss einher, predigten ohne Unterlass, verabscheuten den Genuss des Fleisches und des Weines und trieben das Princip der völligen Armuth und Entblössung so weit, dass sie auch das Almosengeben verwarfen, weil niemand etwas besitzen solle, wovon er geben könne. Hinsichtlich der Eucharistie hegten sie die allgemeine Ansicht der jüngeren Manichäer, dass es sich darin nicht um eine Mittheilung des Leibes Christi, sondern bloss um das Essen von gesegnetem Brod handle. Statt der kirchlichen, die Dreieinigkeit bekennenden Doxologie bedienten sie sich einer eigenen, wahrscheinlich aus einem apokryphen Evangelium entnommenen: „Denn Dein ist das Reich, und Du herrschest über alle Creatur von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen." Auffallend war hier, dass eine so bedeutende Zahl von Geistlichen, Mönchen und Edelleuten, selbst mit Verlassung ihrer Besitzungen, sich der Sekte angeschlossen hatten. Um besser zu täuschen, lasen manche der abtrünnigen Priester Messe, unterliessen aber die Consecration und Communion und warfen dann die Hostie heimlich weg. Man bemerkte, dass auch der einfältigste Bauer, sobald er nur acht Tage unter ihnen geweilt, eine

ausserordentliche Fertigkeit im Disputiren und eine unerschütterliche Anhänglichkeit an die Partei und ihre Lehren zeige. Ihr heftiges Verlangen, für ihren Wahn den Tod zu leiden, scheint mit der gleichen Gesinnung der Häretiker von Monteforte aus einer Quelle geflossen zu sein. Das Volk suchten sie durch vermeintliche Wunder zu blenden; sie verwandelten Wasser in Wein, füllten ein leeres Gefäss bloss durch Eingiessung einiger Tropfen von ihrem Weine, sie verbreiteten den Ruf, dass Blinden durch sie das Gesicht, Tauben das Gehör wiedergegeben worden sei; auch wussten sie sich plötzlich wieder frei zu machen, so sorgfältig man sie auch in Kerkern und durch Fesseln verwahrt zu halten wähnte.1)

Der Hauptsitz der Sekte im nördlichen Frankreich war schon damals das den Grafen von Champagne gehörige Schloss oder Städtchen Montwimer in der Diöcese Châlons. Von dort aus verbreitete sich die manichäische Lehre schon um das J. 1144 über die benach

1) Das Schreiben des Mönches Heribert, das diesen Bericht liefert, steht bei Tissier Biblioth. PP. Cisterc. VI, 136, bei Mabillon Analect. p. 483 und bei Martene Thes. Anecd. I, 453. Die Annales de Margan bei Gale Hist. Anglicanae Scriptores II, 7 setzen noch einige Züge dazu. In dem Schreiben heisst es, die Häretiker beugten hundertmal des Tages die Kniee; beim Annalisten de Margan aber wird angegeben, sie thäten diess siebenmal des Tages und eben so oft des Nachts. Hier ist kein Widerspruch; wahrscheinlich folgten diese Manichäer der Sitte, die sie von den Bogomilen im Orient überkommen hatten, welche nach Euthymius das Vaterunser siebenmal des Tags und fünfmal zur Nachtzeit, jedesmal mit mehreren Kniebeugungen, beteten. In der ersten Angabe sind diese Genuflexionen überhaupt, in der zweiten die Gebete, die von solchen Kniebeugungen begleitet waren, gezählt. Mabillon sagt, er habe nicht herausbringen können, wer jener Heribert, der das Schreiben verfasst, gewesen sei; ihm war die Notiz von Tissier entgangen, dass es der CistercienserMönch und nachmalige Erzbischof von Torre in Sardinien gewesen, der auch das Werk De miraculis Ordinis Cisterc. et Congregationis Claraevall. geschrieben hat.

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barten Provinzen 1); dort hatte sich die Tradition erhalten, dass der Manichäer Fortunatus aus Afrika dahin gekommen sei und seine Lehre daselbst gepflanzt habe, und dort wurden noch im J. 1239 nicht weniger als hundert drei und achtzig getröstete Katharer gefunden. Auch in das Lüttich'sche Gebiet hatte die Häresie von dort aus sich verbreitet. Der Klerus von Lüttich meldete nun dem Papste Lucius II., diese Sekte habe bereits eine geordnete Verfassung und bestehe aus den drei Klassen oder Abstufungen der Hörenden oder Schüler, der Glaubenden und der Christen oder Eingeweihten; auch eine der katholischen ähnliche Hierarchie besitze sie. Übrigens waren es nur die bekannten, damals am meisten auffallenden, am wenigsten geheim zu haltenden praktischen Punkte, welche zur Kenntniss der Lütticher Geistlichen gekommen waren: Entwürdigung und Verachtung aller Sacramente, Verdammung der Ehe und des Eides. Auch hier hatte man indess die Erfahrung gemacht, dass die Häretiker aus Heuchelei, um leichter verborgen zu bleiben, sich die Sacramente reichen liessen.

Die Aussage dieser Lütticher Häretiker, dass bereits alle bedeutenderen Städte Frankreichs und Belgiens von der Irrlehre angesteckt seien, scheint nicht übertrieben gewesen zu sein; denn die Bekenner derselben kamen nun immer häufiger und in schnell wachsenden Schaaren

1) A Monte Guimari . . . quaedam haeresis per diversas terrarum partes defluxisse cognoscitur, quae adeo varia et multiplex est, ut sub unius certo vocabulo minime comprehendi posse videatur. Epist. eccl. Leod. ad Lucium P. bei Martene, Ampliss. Coll. I, 777. Die letzte Bemerkung bezieht sich auf die Menge der abweichenden Lehren und Riten. Während der Ort hier Mons Guimari genannt wird, heisst er Mons Hismerus oder Mons Ismeri bei Stephan de Borbone (bei Echard, S. Thomae Summa vindicata p. 561), Montwimer, qui ab antiquo Mons Wodemari dicitur, bei Albericus, Chron. p. 569, später Montaimé (Schmidt, Hist. des Cathares I, 32). Martene, der dieses Montwimer nicht kannte, rieth irriger Weise auf das Städtchen Montlimar in der Dauphiné. Über Fortunatus s. o. S. 61.

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