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des Orts von ihrem Schlosse nach Mailand hatte bringen. lassen, gab sich mit seinen Geistlichen viele, doch vergebliche Mühe, sie zu bekehren. Da liessen die Edelleute der Stadt auf der einen Seite ein Kreuz aufrichten, auf der anderen gegen Heriberts Willen ein grosses Feuer anzünden, worauf sie den herbeigeführten Häretikern bedeuteten, dass sie das eine oder andere wählen müssten. Nur einige entsagten ihrer Lehre; die meisten sprangen willig mit vor das Gesicht gehaltenen Händen. in die Flammen.

Da die neu-gnostische Sekte immer weiter um sich griff, so geschah es, dass einzelne aus dieser Quelle gekommene Vorstellungen und Lehren mitunter auch in weiteren Kreisen Eingang fanden, wie denn überhaupt die Neigung und der Zug zu solchen Verirrungen immer stärker wurde. Es ist daher nicht unwahrscheinlich,1) dass jene Geringschätzung und Schmähung der Sacramente, als gehaltloser Ceremonien, welche der Bischof Fulbert von Chartres in einem Briefe an den Abt Adeodat damals als einen von mehreren gehegten Irrthum rügte,') mit jener Sekte zusammenhing. Deutlicher zeigt sich dieser Einfluss etwas später an einem Schüler Fulberts, der aber von den Gesinnungen seines Meisters weit abwich, dem berühmten Berengar von Tours. Zwei Zeitgenossen, der Bischof Deoduin von Lüttich und der Mönch Guitmund 3) behaupten, dass Berengar, neben seiner Verwerfung der Verwandlungslehre, auch die Ehe und die Taufe der Kinder bestritten habe; doch scheint es, dass er diese beiden Fragen bald fallen liess, da sie fernerhin in den ihn betreffenden Streitigkeiten nicht mehr erwähnt werden.

1) wie Neander, Kirchengesch. IV, 670, meint.

2) Fulberti Epist. in der Biblioth. max. PP. XVIII, 3. $) Deoduini Epist. bei Mabillon, Anal. p. 446. Guitmundus de verit. euchar. in der Biblioth. max. PP. XVIII, 441: Legitima conjugia, quantum in ipso erat, destruens et parvulorum baptisma evertens. Deoduin erwähnt es bloss als Gerücht.

Er selbst versicherte nachher in seiner Antwort an den Bischof Adelmann, dass er von dem Wahne der Manichäer, welche nur einen scheinbaren Leib Christi annähmen, weit entfernt sei.) Indessen bediente sich Berengar eines Arguments, welches nachher die Katharer mit besonderer Vorliebe und nicht geringem Erfolge fast bei jeder Gelegenheit vorzubringen pflegten; er sagte nämlich einmal zu Angers auf der Strasse: „Wenn der Leib Christi auch so gross wäre, als der ungeheure Thurm, der sich hier vor uns erhebt, so würde er doch, von so vielen Menschen auf der ganzen Erde gegessen, längst schon aufgezehrt sein." 2)

Unter den neuen Häretikern, welche Papst Leo IX. auf der Synode zu Rheims im J. 1049 mit dem Kirchenbann belegte, ist dieselbe gnostische Sekte gemeint, die sich unaufhaltsam im südlichen wie im nördlichen Frankreich und Belgien verbreitete 3) und von da nunmehr auch in Deutschland eindrang. Von den hier Übergetretenen wurden mehrere, die man gleich an ihrem Abscheu gegen das Fleischessen als Manichäer erkannte, im J. 1052 nach Goslar gebracht, wo sie der Kaiser Heinrich III., nach dem gemeinschaftlichen Spruche der Fürsten, damit das Gift der Irrlehre nicht noch weiter um sich greife, aufknüpfen liess. 4) Ihre Weigerung, ein Huhn umzubringen, diente dazu, sie von den unschuldig Angeklagten zu unterscheiden.

Auch in der Diöcese Chalons-sur-Marne wurden Anhänger der gnostischen Lehre unter dem Landvolke zur Zeit des Bischofs Roger II. (vom J. 1043 bis 1062) gefunden. Sie hielten die Ehe, das Fleischessen, das Tödten der Thiere für sündhaft und hatten das Consola

1) Bei Mabillon, Praef. ad Acta SS. O. S. Ben. Saec. VI, P. II. 2) Petrus Venerab. contra Petrobrusianos p. 1185.

3) Mabillon, Acta SS. Saec. VI, P. I, p. 720.

*) Hermanni Contracti Chron. in Canisii Lect. antiq. ed. Basnage III, 267.

mentum. Es fiel auf, dass auch ganz rohe und unwissende Menschen, sobald sie nur der Sekte einverleibt waren, die Irrlehren mit seltener Beredsamkeit zu vertheidigen und zu beschönigen wussten, so dass selbst die bestunterrichteten Katholiken nicht gegen sie aufzukommen vermochten. Dabei hatte sich das Gerücht verbreitet, dass in ihren geheimen Versammlungen gewisse unzüchtige Handlungen vorfielen. Das Volk war dort bereits so argwöhnisch geworden, dass, wie ehemals zur Zeit des h. Hieronymus, ein ungewöhnlich blass aussehender Mann sofort für einen Manichäer galt und selbst einige Katholische dadurch um's Leben kamen. Desshalb mahnte der verehrte Bischof Wazo von Lüttich, den Roger um Rath gefragt hatte, zur Schonung, da, wie er sagte, die ohnediess zum Blutvergiesseu geneigte Leidenschaftlichkeit der Franken gezügelt werden müsse.1)

Im ferneren Verlauf des elften Jahrhunderts wird die Sekte wenig mehr erwähnt; sie zog sich, scheint es, durch die Härte der gegen sie ergriffenen Massregeln erschreckt und vorsichtiger gemacht, mehr in's Verborgene zurück; auch wurde durch die grossen kirchlichen und politischen Zerrüttungen, welche die zweite Hälfte jenes Jahrhunderts bezeichnen, die Aufmerksamkeit von diesen Häretikern und ihrem Treiben abgelenkt. Gegen das Jahr 1090 zeigten sie sich wieder im südlichen Frankreich, in der Provinz Agennois. Wie sie Radulf Ardens (der im J. 1101 starb) beschreibt, hatten sie alles das, was an den anderen verwandten Genossenschaften bemerkt wurde: Dualismus, Bildung der sichtbaren Welt durch den Satan, Verwerfung des Alten Testaments und der Sacramente, Leugnung der Auferstehung; ihre Handauflegung sollte das einzige Mittel zum Heil sein; von der Ehe sagten sie, wer seiner Frau beiwohne, begehe eine ebenso grosse Sünde, als ob es seine Mutter oder

1) Gesta episc. Leod. bei Martene, Ampliss. Coll. IV, 898.

Tochter wäre; für schwere Sünde hielten sie auch das Schwören und das Fleischessen. Radulf gibt noch zwei Züge von ihnen an, wodurch sie als eine von der Mehrzahl der sogenannten Manichäer unterschiedene Sekte erschienen sie nahmen nämlich nur einen Theil des Neuen Testaments an und beteten insgeheim den Satan an. Ist das letztere richtig, so gehörten sie zu der Sekte der Luciferianer.')

Zu derselben Sekte gehörten wohl auch jene Manichäer, deren Guibert von Nogent um das J. 1115, wo sie in der Diöcese Soissons wahrgenommen wurden, gedenkt. Sie behaupteten doketisch, die irdische Erscheinung Jesu sei ein blosses Truggebilde gewesen, verdammten Ehe, Kindertaufe und jede animalische Nahrung, verabscheuten die Eucharistie so sehr, dass sie wegen des täglichen Genusses derselben den Mund eines Priesters den Rachen der Hölle nannten. Sie selber liessen sich indess zuweilen, um nicht so leicht erkannt zu werden, öffentlich die Communion reichen, pflegten aber dann an jenem Tage nichts mehr zu essen. 2) Ihr Anhänger war der wilde und ausschweifende Graf Johann von Soissons, der, gleich den späteren Katharern, in dieser Schule die Menschwerdung Christi zu verhöhnen gelernt hatte. Man müsse, sagte er, ein Thor sein, um zu glauben, dass Gott sich in den Leib eines Weibes herabgelassen, dass er darin, wie ein anderes Kind gewachsen, von einer Jungfrau geboren worden und dann menschlichen Bedürfnissen und Gebrechen unterworfen gewesen sei.3)

1) Radulf. Ard., Hom. III. in Dom. VIII. post Trin. bei d'Argentré, Collectio judiciorum I, 9.

2) Guibertus de vita sua. Opp. p. 519 (Paris 1651).

3) Gegen ihn zunächst, zur Vertheidigung der Incarnation gegen seine Blasphemien, ist das Buch Guiberts geschrieben, welches den Titel Tractatus contra Judaeos führt, weil Guibert darin auch auf die Einwendungen der Juden antwortet. Opp. p. 264.

Sechstes Kapitel.

Peter von Bruys und Heinrich von Toulouse.

Bisher hatte sich unter den Verbreitern der neumanichäischen Lehre kein Mann gefunden, dessen Persönlichkeit so bedeutend und dessen Wirksamkeit so auffallend gewesen wäre, dass dadurch auch die Aufmerksamkeit der Katholischen auf ihn gelenkt worden wäre. Aber in der ersten Hälfte des zwölften Jahrhunderts traten im südlichen Frankreich zwei Männer auf, Petrus de Bruys und Heinrich, von denen der letztere zu seiner Zeit als einer der gefährlichsten Irrlehrer, die seit langem gegen die Kirche sich erhoben, betrachtet wurde. Beide sind schon zu ihrer Zeit und auch neuerlich als Häupter oder Stifter einer eigenen, nach ihnen Petrobrusianer oder Henricianer genannten Partei bezeichnet worden, und die meisten Neueren sind von der Ansicht ausgegangen, dass diese Partei und ihre Urheber mit den neuen Manichäern in keiner Verbindung gestanden, dass sie vielmehr eine völlig für sich bestehende und zu verschiedenen Dogmen sich bekennende Sekte gewesen, deren Richtung hauptsächlich nur gegen die Hierarchie sich. gekehrt und die als Vorläuferin der Waldesier gewirkt habe.1) Hier muss nun, da wir von dem Gegentheil überzeugt und die Gründe dafür vollständig vorzulegen gehalten sind, unsere Erzählung sich zur Untersuchung erweitern.

Von Petrus de Bruys ist nur wenig bekannt: ausser der kurzen Erwähnung bei Abälard, 2) ist es nur der Abt von Cluny, Petrus der Ehrwürdige, der in dem Werke, worin er dessen Lehren, so weit sie zu seiner Kenntniss

1) So Füsslin, Neander, Gieseler, Engelhardt, Guericke u. a., auch C. Schmidt, Hist. des Cathares I, 38, und J. J. Herzog, Abriss der Kirchengesch. II, 261.

2) Introd. ad theol., Opp. p. 1066.

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