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chäer aufgetreten seien, die sich zwar möglichst verborgen gehalten, aber doch emsig an der Verführung des Volkes gearbeitet hätten, so wird über den gnostischen Charakter dieser Irrlehren kaum ein Zweifel mehr gehegt werden können. Sardinien war immer ein Zufluchtsort für verfolgte oder vertriebene Afrikaner gewesen; dahin hatten sich die katholischen Bischöfe und Priester zur Zeit der arianisch-vandalischen Verfolgung geflüchtet; dahin begaben sich wohl auch die Manichäer, als sie, erst unter Hunnerich, dann unter den Saracenen bedrängt wurden.

Noch eine andere merkwürdige Nachricht weist darauf hin, dass der neue Manichäismus nicht bloss aus dem Orient, sondern auch aus Afrika nach dem Abendlande und insbesondere nach Frankreich verpflanzt wurde. Als nämlich im J. 1235 zu Montwimer in der Champagne eine überaus grosse Anzahl von geweihten Katharern gefunden und verurtheilt wurde, da erfuhr der Inquisitor Robert, dass vor mehreren Jahrhunderten ein Manichäer Fortunatus aus Afrika nach der Champagne gekommen und dort einen Häuptling Widomar nebst dessen Freibeuterschaar für seine Lehre gewonnen habe, so dass sich seitdem der Manichäismus ununterbrochen in jener Gegend erhalten. Robert, der einen afrikanischen Manichäer Fortunatus aus Augustins Schriften kannte, meinte nun, das sei eben dieser gewesen.')

Über Italien und das frühe Hervortreten der gnostischen Lehre daselbst finden sich bei dem Bischof Gerhard von Moresina einige nähere Angaben.2) Er klagt, dass in Folge der dort schon in einigen Gegenden sehr ausgebreiteten Häresie die Auferstehung der Leiber von sehr vielen geleugnet werde; mit Hinweisung auf Griechenland, welches von solchen Sekten nie rein gewesen sei, bezeichnet er Verona als einen Hauptsitz derselben,

1) Alberici chronicon, ed. Leibniz, p. 570.

2) S. Gerardi Ep. Chanad. scripta et acta ed. Balthyan, AlboCarol. 1790, p. 99.

spricht von der Ohnmacht der Bischöfe, welche, durch weltliche Gewalt gehemmt, dem um sich greifenden Übel nicht zu widerstehen vermöchten, preist aber Ravenna und Venedig, welche Städte jene Feinde Gottes nicht bei sich duldeten, während andere aus Habsucht sie nährten und schützten.

Diese neuen Manichäer wurden im südlichen Frankreich vorzüglich seit dem J. 1017 bemerkt; sie verführten dort viele Menschen, verwarfen die Taufe und die Kraft des Kreuzes Christi, lehrten die Nothwendigkeit der Enthaltung von allem Fleische, trieben aber unter der Hülle verstellter Keuschheit geheime Unzucht.1)

Auch in Toulouse zeigten sie sich; eine Versammlung aquitanischer Fürsten und Bischöfe, die deshalb im J. 1028 in dem Kloster Saint Caroff, jetzt Saint Charroux, gehalten wurde, suchte, jedoch, wie es scheint, ohne Erfolg, dem Umsichgreifen des Übels zu wehren. Zu derselben Sekte gehörte wohl auch jener Leuthard, der schon früher, um das J. 1000, in der Diöcese Chalons unter dem Vorwand göttlicher Erleuchtung Kreuze und Bilder Christi zerschlug, das Volk von der Entrichtung des Zehnten abmahnte und, gleich den monarchischen Katharern der späteren Zeit, behauptete, dass sich in den Büchern der Propheten theils Wahres, theils auch Falsches und Verwerfliches finde.")

Das grösste Aufsehen in ganz Frankreich erregte jedoch die Entdeckung, dass diese Häresie in Orleans, damals dem Sitze einer blühenden Schule, bereits tiefe

1) Castitatem simulantes, sed inter seipsos luxuriam omnem exercentes. Ademari Chron. im Recueil des hist. X, 454. Bei jenen, welche mit den zu Orleans entdeckten Manichäern zu derselben Sekte gehörten, hat diese Verübung geheimer Unzucht vielleicht stattgefunden; aber es gab wohl auch schon damals in Frankreich Häretiker, welche, gleich den nachher zu besprechenden von Monteforte, bei strengen ascetischen Grundsätzen sich davon frei erhielten. 2) Glabri Radulphi Hist. im Recueil X, 23.

Wurzeln geschlagen hatte und dass selbst die angesehensten Geistlichen der Stadt derselben zugethan waren. Ein aus Italien gekommenes Weib und ein Bauer aus Perigord hatten sie dort verbreitet. Ein normännischer Edelmann, Arefast, dessen Kaplan Herbert durch die beiden Häupter der neuen Gemeinde, den Kanonikus Stephan und den Scholastikus Lisoie, bereits gewonnen war, wurde das Werkzeug der Entdeckung. Er gab dem normännischen Grafen Richard, dieser dem Könige Robert Nachricht von dem Dasein der Sekte. Auf des Königs Befehl ging Arefast selbst nach Orleans, um sich dort nähere Kunde zu verschaffen; unterwegs rieth ihm der Priester Evrard zu Chartres, täglich am frühen Morgen in der Kirche zu beten und die heil. Communion zu empfangen; dann möge er, nachdem er sich noch mit dem Kreuze bezeichnet, den Unterricht der Häretiker als scheinbar gelehriger Schüler anhören. Von seinem Kaplan empfohlen, gelang es ihm, sie zu täuschen und zu rückhaltloser Mittheilung ihrer Lehren zu bewegen.

Diese Lehren waren die gnostisch-manichäischen ; der doketischen Ansicht gemäss, sagten sie, Christus sei nicht von der Jungfrau Maria geboren, nicht für die Menschen gestorben, weder wahrhaft begraben worden, noch auferstanden. Die Angabe des Glaber Radulph, dass sie auch eine ewige, unveränderliche Existenz der Erde und des Himmels behauptet hätten, beruht wohl auf einem Missverständniss, da sie ohne Zweifel, gleich den übrigen Häretikern, die sichtbare Welt durch den Satan gebildet werden liessen und in diesem Sinne, nach Glaber's Ausdruck, Gott als den Urheber der Geschöpfe leugneten. Auf die Frage: warum sie nicht an eine wirkliche und leibliche Geburt Christi von der Jungfrau glauben wollten, erwiderten sie: was die Natur nicht gestatte, das sei auch dieser Schöpfung stets fremd; womit sie sagen wollten, dass eine Geburt Christi von der Jungfrau, wie sie die katholische Kirche glaube, nach den

Gesetzen, die der Weltschöpfer in sein Werk gelegt, nicht stattfinden könne. Natürlich verwarfen sie auch alle Wirksamkeit der katholischen Taufe und erklärten die Mittheilung des Leibes Christi durch die Eucharistie für etwas unmögliches, die Anrufung der Heiligen für völlig nutzlos. Für begangene Sünden, lehrten sie ferner, gebe es keine Vergebung, wobei ungewiss ist, ob sie alle und jede Sündenvergebung überhaupt oder nur die in der Kirche dargebotene verwarfen. Zugleich behaupteten sie aber auch, dass Ausschweifungen der Wollust von Gott nicht gestraft würden und dass jene Handlungen, die bei den Katholischen für gute Werke gälten, überflüssig seien. Endlich räumten sie der Ehe keinen Vorzug vor jeder anderen fleischlichen Verbindung ein und betrachteten, nach der allgemeinen Ansicht der gnostischen Sekten, den Fleischgenuss als etwas den Menschen verunreinigendes.1)

Der König Robert verfügte sich im J. 1022 in Begleitung mehrerer deshalb berufener Bischöfe nach Orleans, und liess gleich am folgenden Tage die Sektirer, Arefast mit ihnen, an ihrem Versammlungsorte festneh

Über ihre Lehre befragt, suchten sie anfänglich durch Verstellung, durch unbestimmte und zweideutige Äusserungen dem geforderten Bekenntnisse zu entgehen, bis Arefast, sich gegen sie erhebend, das, was sie ihm von Christus und den Sacramenten gelehrt, offenbarte. Jetzt bekannten sie, dass diess in der That ihr Glaube sei; auf die Gegenvorstellungen der Bischöfe erwiderten sie: „Dergleichen mögt ihr den Irdischgesinnten, welche

1) Post perpetrata scelera vitiorum negabant posse recipi veniam peccatorum. Enimvero cum his assertionibus nuptiis detrahebant; a cibis etiam, quos Deus creavit, et adipe tanquam ab immunditiis abstinebant. So der Mönch Johann von Fleury an den Abt und Bischof Oliva von Auxonne, im Recueil des hist. X, 498. Die Punkte von der Verwerfung der Ehe und der Sündenvergebung gibt auch das Fragmentum historiae francicae im Recueil X, 212 an.

die auf Thierhäute geschriebenen Erdichtungen fleischlicher Menschen glauben, vortragen. Wir haben ein höheres, vom heiligen Geiste in den inneren Menschen geschriebenes Gesetz, und glauben nichts, als was wir von Gott, dem Urheber aller Wesen, gelernt haben. Machet mit uns, was ihr wollt, schon sehen wir unsern im Himmel herrschenden König, der uns mit seiner Rechten zu unsterblichen Triumphen emporhebt." Vergeblich bemühte man sich vom Morgen bis Nachmittags drei Uhr, sie zum Widerruf ihrer Irrthümer zu bewegen; nur zwei, ein Geistlicher und eine Nonne, retteten dadurch ihr Leben; die übrigen dreizehn wurden zum Feuertode verurtheilt, die Geistlichen vorher degradirt. Als man sie zu der Hütte führte, in der sie verbrannt werden sollten, zeigten sie sich ganz freudig und willig, in der sicheren Erwartung, dass eine höhere Macht sie erretten werde. Kaum aber empfanden sie, in die Hütte eingeschlossen, die Wirkung des Feuers, als sie verzweifelnd riefen: der Satan habe sie betrogen. Man eilte nun, die Thüre der Hütte zu öffnen, aber es war zu spät, sie waren schon erstickt.1)

Zu der mehr der asketischen Richtung folgenden

1) Glaber Radulphus im Recueil X, 36-38. Gesta synodi Aurel. ebend. p. 536 ff. Ademar ebend. p. 159. Dass dieser Vorgang in das Jahr 1022 zu setzen sei, kann nicht bezweifelt werden. Im Recueil X, 607 findet sich eine von König Robert dem Kloster Mici ausgestellte Urkunde mit dem Datum: Actum Aurelianis publice anno incarn. D. MXXII . . ., quando Stephanus haeresiarches et complices ejus damnati et arsi sunt Aurelianis. Wenn also Glaber Radulph sagt: tertio de vicesimo infra millesimum anno sei die Häresie zu Orleans entdeckt worden, so ist dieses ungenau oder es muss gelesen werden: tertio et vicesimo. Schmid (Mysticismus des Mittelalters S. 119) und Engelhardt (Kirchengesch. II, 170) lassen im J. 1025 noch einmal eine Entdeckung von Manichäern und eine Hinrichtung von zehn Kanonikern zu Orleans stattfinden, verleitet durch Ademar, der aber nur die im J. 1022 erfolgte meint, wie aus seiner Erzählung ganz offenbar ist.

Dollinger, Geschichte der Sekten.

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