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die Gnade des h. Geistes nach der Lehre der Katharer unverlierbar war, weshalb auch die Getrösteten oder Vollkommenen sich stets rühmten, dass sie und nur sie allein völlig sündelos seien. Da ferner diese Sekte die Auferstehung der Leiber verwarf, so hiess es mitunter, die Tröstung, durch welche die Seele aus dem Zustande der Sündhaftigkeit austrete, sei die einzige wahre Auferstehung.1)

Der zu Weihende musste versprechen, dass er keine Hoffnung des Heiles auf den Glauben der römischen Kirche und ihre Sacramente setzen wolle; 2) als strenge Verpflichtung wurde ihm auferlegt, fortan mit keinem Weibe mehr Umgang zu haben, keines auch nur zu berühren und sich aller animalischen Nahrung, also des Fleisches, der Eier, des Käse u. dgl., strenge zu enthalten. Zugleich versprach er, für seinen Glauben alles, auch den Tod erdulden zu wollen.3)

War der Aufzunehmende gesund, so fand die Tröstung in folgender Ordnung statt: Der Vorsteher der Sekte fragte zuerst: Bruder, willst du dich unserem Glauben ergeben? Dieser, noch in der Entfernung stehend, bejahte, kniete nieder mit auf den Boden gestützten Händen und sagte: Segnet mich. Der Vorsteher erwiderte: Der Herr segne dich. Dann trat der Glaubende näher und wiederholte die Kniebeugung mit der Bitte um den Segen zum zweiten und dritten Male; zuletzt fügte er bei: Bittet Gott für diesen Sünder, dass er mich zu einem guten Ende führe und mich zu einem guten Christen mache. Der Vorsteher antwortete in gleichem Sinne. Knieend versprach der Glaubende hierauf, keine animalische Speise, überhaupt keine andere Nahrung mehr zu

1) Doc. p. 131. 187. 197. Doc. p. 246 wird das Consolamen

tum mit dem Ausdrucke dare la entendensa del be bezeichnet. 2) Moneta p. 94. Doc. p. 279. 21.

3) Doc. p. 41. 271.

geniessen, als die vom Wasser und vom Holze, d. h. Fische, Öl und Vegetabilien, weder zu lügen noch zu schwören, kein Thier zu tödten, sich keiner fleischlichen Lust zu überlassen, nicht allein zu gehen, wenn er einen Gefährten seines Glaubens haben könne, nicht allein zu essen, nicht ohne Hemd und Beinkleider zu schlafen und nicht aus Furcht vor Wasser oder Feuer oder irgend einer andern Todesart den Glauben zu verleugnen. Sofort knieten alle Anwesenden mit zur Erde gekehrten Händen nieder. Der Vorsteher legte das Evangelienbuch und seine Hände auf das Haupt des zu Weihenden, las das Evangelium Im Anfange war das Wort" und ertheilte ihm durch zweimaliges Küssen auf den Mund den Frieden, welchen er auf dieselbe Weise wieder weiter gab. Waren Weiber zugegen, so nahm eine von ihnen den Frieden durch Berührung des Elbogens oder der Schulter eines Vollkommenen oder durch Küssen des Evangelienbuches 1) und theilte ihn dann den übrigen durch einen Kuss auf den Mund mit. Der Getröstete aber sprach die Gebetsformel der Sekte: „Lasset uns anbeten den Vater, den Sohn und den h. Geist",2) empfing eine dünne Schnur, sich damit über dem Hemde zu umgürten und hiess von nun an ein Eingekleideter.

So beschreibt ein Anhang zu Sacchoni 3) das Con

1) Si sint illic mulieres aliquae, aliqua illarum recipit pacem de cubito alicujus haeretici. Martene V, 1776. Mulier accepit pacem a libro et humero haereticorum. Doc. p. 34. 41. Vgl. das katharische Ritual bei Cunitz S. 28.

2) Unter dem h. Geiste verstanden sie in dieser Formel den, welchen sie den Spiritus principalis nannten, den Fürsten der Geister, der über alle Paraklete erhaben und von unaussprechlicher Schönheit, aber doch nur ein geschaffenes Wesen sei. Moneta p. 5. Vgl. S. 155.

3) Bei Martene V, 1776. In der Ausgabe des Sacchoni bei d'Argentré fehlt dieser von einer andern Hand herrührende Anhang. Von dem Anfang des Evangeliums Johannis, der hierbei gelesen wurde, heisst es Doc. p. 5: Dicit evangelium „In principio" usque ad ,caro factum est et habitavit in nobis", dagegen p. 39 (und in dem

solamentum, und was sich darüber in den Acten der Glaubensgerichte zu Carcassone und Toulouse findet, stimmt in der Hauptsache damit überein, wiewohl hier meist die Tröstung von Kranken vorkommt.1) Bei der Weihung eines Gesunden heisst es aber auch: er habe versprochen, fortan nicht mehr ohne einen Gefährten zu bleiben und nicht ohne diesen und ohne ein gemeinschaftliches Gebet zu essen; falls er aber gefangen würde und sich im Kerker allein fände, drei Tage lang nichts zu geniessen. 2) Die Vollkommenen durften nämlich keine Speise geniessen, wenn diese nicht durch ein Gebet gereinigt und der Herrschaft des bösen Gottes, zu dessen Reich sie ursprünglich gehörte, entzogen war. Wahrscheinlich durfte aber nicht der, welcher die Speise genoss, sie auch weihen, sondern diess musste der andere thun, der seinerseits wieder nur das von dem Gefährten Geweihte ass. Befand sich nun einer im Gefängniss, so sollte er, da seine Nahrung nicht geweiht werden konnte,

katharischen Ritual bei Cunitz S. 11): usque ad gratia et veritas per Jesum Christum facta est“ (Joh. 1, 17).

1) In den für das Consolamentum vorgeschriebenen Formeln in dem von E. Cunitz herausgegebenen „katharischen Ritual" (Beiträge zu den theolog. Wissenschaften, 4. Bändchen, Jena 1852, S. 3) kommen, wie in dem ganzen Rituale, nur so wenige und schwache Spuren der eigenthümlichen Anschauungen der Katharer vor, dass ohne Zweifel, wie der Herausgeber S. 70 selbst vermuthet, dieses Ritual einer Partei angehörte, welche, vielleicht durch Einwirkung waldensischer Elemente, die in Südfrankreich in so nahe Berührung mit den Katharern kamen, zu einer gemilderten Lehre sich erhoben hatte". (Ein ähnliches Gelöbniss, wie in dem Ritual, wird Doc. p. 96 als von dem Consolandus bei der Professio oder Receptio bei den Pauperes de Lugduno abzulegen erwähnt.) Jedenfalls ist das Actenstück, so weit es mit dem, was wir aus anderen Quellen wissen, nicht übereinstimmt, für die Darstellung der Lehre und der Gebräuche der eigentlichen Katharer nicht zu verwenden.

2) Promisit quod ulterius non esset atque comederet sine socio et sine oratione, et quod captus sine socio non comederet per triduum. Coll. Doat. Acta inq. Carcass. Tom. II, f. 272.

lieber, bis zum wirklichen Verhungern, des Essens sich enthalten, und wenn er versprechen musste, dieses wenigstens drei Tage lang zu thun, so galt es ohne Zweifel als verdienstlich, lieber geradezu des Hungertodes zu sterben, als ungeweihte Speise zu geniessen. Die Glaubensgerichte hatten es sich zum Grundsatze gemacht, wenn Vollkommene in ihre Gewalt fielen, sie so lange als möglich zu schonen und zuzuwarten, ob sie sich nicht doch noch bekehren würden; diese aber vereitelten nicht selten alle Bemühungen und Hoffnungen der Richter gleich in den ersten Tagen ihrer Haft, indem sie dem Grundsatz, nie allein zu essen, getreu jede Nahrung von sich wiesen und so die Inquisition nöthigten, ihre Verurtheilung zu beschleunigen. So heisst es in der Sentenz, durch welche Amelius de Perlis im J. 1309 dem weltlichen Gerichte überliefert wurde: man habe ihn zwar wiederholt ermahnt und gebeten, zum katholischen Glauben zurückzukehren, er aber wolle vielmehr zum Selbstmörder werden, indem er seit seiner Verhaftung sich hartnäckig weigere, zu essen oder zu trinken, so dass man ohne Gefahr des Todes nicht länger mehr mit ihm zuwarten könne.1) Viele hielten es indess für zulässig, dass der Katharer, namentlich wenn er krank war, für sich selbst seine Speise und seinen Trank durch Gebet reinigte, und daher pflegte man den Angehörigen des Kranken vorzuschreiben, dass sie ihm nichts zu geniessen geben sollten, wenn er nicht wenigstens noch das Vaterunser hersagen könne. Sacchoni meint, dadurch möchten wohl viele ums Leben gekommen sein, und in den Acten des Glaubensgerichts von Carcassone wird von einer Frau

1) Ad cumulum damnationis suae tanquam perditionis filius et gehennae, mortem corporalem sibi accelerans et properans ad aeternam, ab eo tempore, quo captus extitit, noluit comedere et bibere tanquam sui ipsius proprius homicida. . . nec potest ultra diutius sine mortis periculo exspectari. Liber sent. inquis. Tolos. p. 37. Doc. p. 286.

Dollinger, Geschichte der Sekten.

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berichtet, die sich nach ihrem Consolamentum in die Endura versetzte und des Hungertodes starb, bloss weil sie die Gebetsformel der Sekte nicht kannte und niemanden hatte, der sie diese gelehrt hätte.1) Auch findet sich, dass dem Kranken bei der Tröstung eingeschärft wurde, nichts zu essen, wenn er nicht das Vaterunser sagen könne.2)

Wenn, was bei weitem am häufigsten der Fall war, ein Kranker das Consolamentum empfing, so war die Form etwas verschieden. Der Vorsteher pflegte dann die Hände des Einzuweihenden zwischen den seinigen zu halten und ein Buch, in welchem das Evangelium Johannis nebst den Vorschriften der Sekte enthalten war, auf sein Haupt zu legen. War der Anfang des JohannesEvangeliums gelesen, so folgte die Handauflegung; man übergab dem Kranken einen Zettel, der das Vaterunser in der Form, in welcher die Katharer es hatten, enthielt, und wenn er es wegen Schwäche nicht selbst hersagen konnte, so musste einer der Anwesenden es für ihn thun. Darauf sagte er dreimal Benedicite mit Neigung des Hauptes und mit gefalteten Händen; der Einweihende aber und die übrigen anwesenden Vollkommenen beteten unter mehreren Prostrationen oder Kniebeugungen das Vaterunser.3) Da die Vollkommenen einander wechselseitig adorirten, so galten einige dieser Kniebeugungen dem neuen Bruder, dem hiermit zum ersten Male die

1) Doc. p. 37. Raineri Summa p. 1765. Die in der Endura Befindlichen pflegten bei dem Wasser, welches sie allein noch zu sich nahmen, das Vaterunser zu sprechen. So heisst es Sent. inq. Tolos. p. 173: Maritus suus ex tunc (nach dem Consolamentum) non comedit, sed bibebat aquam cum zucara, quam ipsa ministrabat sibi, et quando ministrabat ipsa, dicebat Pater noster. Vgl. Doc. p. 24. 2) Sent. inq. Tolos. p. 111. Doc. p. 295. 3) Doc. p. 5. 19. 27. 39. Sent. inq. Tolos. p. 186. Auch die Umgürtung mit der dünnen Schnur wird mehrmals erwähnt, z. B.

Sent. inq. Tol. p. 249.

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