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zum Vorschein. Hugo Metel, Canonicus in der Abtei des h. Leon zu Toul, schrieb dem Bischof, in dessen Diöcese. damals die ärgste Verwilderung herrschte: es trieben sich in seinem Sprengel gefährliche Menschen herum, die man mit Recht Bestien nennen könne, weil sie ein viehisches Leben führten; sie verabscheuten die Ehe und die Taufe und verhöhnten die Sacramente der Kirche.) Im Trierischen waren Glieder der Sekte, unter ihnen zwei Geistliche, schon im Anfange dieses Jahrhunderts entdeckt worden.) Der Chronist führt von diesen nur an, dass sie die Taufe der Kinder verworfen und die Verwandlung des Brodes in den Leib Christi geleugnet hätten, bemerkt indess, dass er ihre übrigen anstössigen Lehren zu verschweigen für besser erachte.

Dieselbe manichäische Sekte, die sich selber den Namen der Apostolischen beilegte, brach um das J. 1145 auch in der Bretagne hervor. Wir kennen sie aus der Schrift, welche Hugo d'Amiens, vom J. 1130 bis 1164 Erzbischof von Rouen, gegen sie gerichtet hat.3) Es war wieder die Taufe der Kinder, welche von den dortigen Irrlehrern zum ersten Gegenstand ihrer Angriffe gemacht wurde. Ein Sacrament, sagten sie, nütze nur Erwachsenen, nicht Kindern, nur Wissenden, nicht Unwissenden, und die Taufe sollte erst im Alter von dreissig Jahren empfangen werden, wie sie Christus erst in diesem Alter sich habe ertheilen lassen. Gegen die Auferstehung

1) bei Hugo, Sacrae antiquitatis monumenta II, 747. Die Histoire litéraire de France XII, 500 nimmt an, der Brief sei schon vor dem J. 1130 geschrieben worden. Den elenden Zustand des Sprengels von Toul schildert Metel in einem Schreiben an den Erzbischof Adalbero von Trier (1. c. p. 324), wo die Worte: Multi Christiani perambulant portantes caracterem bestiae, quos bestia impotionavit suo venenato calice, wohl von den neuen Ketzern zu verstehen sind.

P. 690.

2) Historia Trevir. bei d'Achery, Spicil. III, 221.

3) im Anhang von Guiberti Novigentini Opera, ed. d'Achery,

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wandten sie ein, es geschehe häufig, dass menschliche Leiber zerstückt, von wilden Thieren verzehrt, in Staub verwandelt und von den Winden verweht würden; nun sei es unmöglich, dass diese also zerstreuten oder in andere Substanzen verwandelten Theile sich wieder zu ihrer vorigen Gestalt vereinigen könnten, demnach sei auch an eine Auferstehung der Leiber nicht zu denken. Dass sie auch die Ehe verwarfen, ist aus der Mühe ersichtlich, die Hugo sich gibt, die göttliche Einsetzung, die Heiligkeit und höhere Bedeutung der Ehe zu erweisen. Gleich den von dem h. Bernhard bekämpften Häretikern lebten auch die bretagnischen in vertrautem Umgange mit Weibern, mit denen sie weder durch Ehe, noch durch Blutsverwandtschaft verbunden waren, gleich jenen sich auf die Worte Pauli 1. Kor. 9, 5 berufend. Wenn nun dieselben Irrlehrer das Keuschheits-Gelübde der Mönche und Kanoniker tadelten und sich dabei auf die Stelle 1. Kor. 7, 2 beriefen, so waren diess wohl nur abtrünnige Priester und Mönche, die damals häufig in der manichäischen Sekte eine Zuflucht und einen Stützpunkt suchten, nicht gerade aus Vorliebe für ihre eigenthümlichen Lehren, sondern mehr aus Hass gegen die Kirche und ihren Orden und aus Neigung zu einem ungebundenen, nach Willkür umherschweifenden Leben. Diese bedienten sich dann praktisch jener Freiheit, die den blossen Glaubenden in dieser Sekte in so vollem Masse eingeräumt wurde, und bestritten die Gelübde, die sie nicht mehr beobachteten. Aus dieser Gesinnung sowohl als aus dem Geiste des neuen Manichäismus ging auch der Hohn gegen die Kirche hervor, mit welchem nach Hugo's Bericht die Mitglieder der Sekte den Katholischen zusetzten: „Sagt uns doch, was ist denn die Kirche und wo ist sie, und warum existirt sie ?"

Es erhebt sich hier die Frage, ob denn diese bretagnischen Häretiker Anhänger jenes Eudo oder Eon de l'Etoile gewesen, der kurz vor der Abfassung von Hugo's Schrift, in den Jahren 1143-1148, als religiöser

Demagog jene Provinz in Verwirrung stürzte? Eon scheint einer jener Menschen gewesen zu sein, in denen bewusste Täuschung und trügerisches Gaukelwesen mit schwärmerischer Verblendung so gemischt sind, dass die Grenzlinie nicht mehr sichtbar ist, die Mischung aber gerade hinreicht, einen höchst gefährlichen Volksverführer zu bilden. Was Wilhelm von Newbridge) von den Gaukeleien erzählt, durch die er seinen Anhang an sich fesselte, ist offenbar ins Fabelhafte ausgemalt. Thatsache aber ist, dass er sich selbst für den Sohn Gottes, den Richter der Lebenden und Todten, den Herrn aller Dinge ausgab2) und von seinem obersten Eigenthumsrechte durch die Plünderung von Kirchen und Klöstern, die seine Anhänger auf sein Geheiss vollbrachten, praktischen Gebrauch machte. Als neue Incarnation der Gottheit ernannte er Engel und Apostel, ordinirte Bischöfe und Erzbischöfe, ward aber endlich in der Diöcese Rheims festgenommen, dann im J. 1148 auf die dortige Synode und von da auf Befehl des Regenten Suger in ein Gefängniss gebracht, in welchem er nach einiger Zeit starb. Aber eine Sekte von Eoniten erhielt sich noch einige Zeit und in dem Bisthum Alet wurden mehrere wegen beharrlicher Anhänglichkeit an Eons Irrthümer hingerichtet.3) Die Annahme liegt demnach sehr nahe, dass diess eben die von Hugo bestrittene Sekte sei, und Mabillon 4) hat diess auch behauptet. In der That redet Hugo in der seiner Schrift

I, 19.

1) Guil. Neubrig. de rebus anglicis (ed. Picard, Par. 1610)

2) Da er in der Kirche in den Worten des Exorcismus: per eum qui venturus est judicare vivos et mortuos, das eum wie Eon aussprechen hörte, sagte er zu seinen Anhängern, er sei es, der hier genannt werde. Guil. Neubrig. 1. c.; Otto Frising. De gestis Frid. I, 54. Eine bretagnische Chronik (im Recueil des hist. de la Fr. XII, 558) gibt an, dass namentlich viele Einsiedlerwohnungen auf sein Geheiss verbrannt wurden.

3) Chron. Britann. im Recueil XII, 558.

4) Annales Ord. S. Bened. VI, 420.

vorangesetzten Widmung an den Kardinal Alberich von der Häresie, die damals in Armorica (der Bretagne) verbreitet gewesen, und von dem Stifter oder Anführer der Sekte, der sich nicht in die Nähe des Kardinal-Legaten gewagi habe; dass aber eine andere als die Eonitische Sekte damals in der Bretagne bestanden, davon findet sich bei keinem Chronisten eine Spur.

Indess bleibt es immer zweifelhaft, ob Hugo die Eoniten bestritten habe, denn einmal wäre es doch seltsam, wenn er in seiner Schrift gerade das, was so allgemeines Aufsehen erregte, die göttliche Würde, die Eon sich beilegte, übergangen hätte, und anderseits erwähnt keiner der Geschichtschreiber, die von Eon reden, dass derselbe auch die von Hugo bekämpften Lehren vorgetragen habe. Eher möchte man annehmen, dass die damals so rührigen Sendboten der manichäischen Sekte sich die durch den bretagnischen Schwärmer zusammengebrachten und nach dessen Gefangennehmung ihres Haltes beraubten Eoniten als ein empfängliches Erdreich für die Einpflanzung ihrer Lehren ersahen, und wenn sie dann in der kurzen Frist von ein paar Jahren in den Gemüthern der Verführten das Andenken an den angeblichen Sohn Gottes und Weltenrichter, dessen Herrlichkeit in einem Kerker ein klägliches Ende genommen, so völlig auslöschten, dass Hugo der verrückten Anmassung weiter zu gedenken keine Veranlassung mehr hatte, so kann diess nicht befremden.

Achtes Kapitel.
Tanchelm.

Bisher sind wir, die bald erloschenen oder in Manichäer umgewandelten Eoniten abgerechnet, überall nur Verzweigungen der einen grossen neu-manichäischen

Sektenfamilie begegnet, welche, wenn auch in einzelnen Meinungen von einander abweichend, doch in den Hauptpunkten, der Verwerfung des Alten Testaments, dem Dualismus, der Leugnung der Auferstehung, der Verachtung der Sacramente und anderen, übereinstimmten. Wie jedoch gegen Ende des Jahrhunderts die dem gnostisch-manichäischen Geiste ursprünglich ganz fremden Valdesier auftraten, so zeigt sich schon vor der Mitte desselben Jahrhunderts am Niederrhein eine kleine, wenig bemerkte Sekte, die, gleichfalls von gnostischen Elementen unberührt, als die Vorläuferin der Valdesier zu betrachten ist. Der Urheber derselben war jener Tanchelm, der die Grundsätze der Donatisten und die wilde, zerstörende Schwärmerei der Circumcellionen mit dem tollkühnen Übermuth und den frechen Blasphemien eines Eon verband.

Tanchelm, ein unwissender Laie, dem aber eine mächtige, volksthümliche Beredsamkeit zu Gebote stand, war in Begleitung eines Priesters Everwacher, der ihm auch in der Folge anhing, in unbekannter Absicht nach Rom gegangen; nach seiner Rückkehr trat er in Flandern und Seeland, auf der Insel Walchern und in der Umgegend als Prediger einer neuen Religion auf. Dieser war die alte donatistische Lehre zu Grunde gelegt, dass der Werth und die Kraft der Sacramente ganz abhängig seien von der moralischen Beschaffenheit des Ausspenders, jene Lehre, die, so oft sie dem Volke in der einen oder anderen Gestalt gepredigt worden, sich als eine so furchtbare Waffe religiöser Demagogie und als ein mächtiger Hebel des Abfalls von der Kirche erwiesen hat. Tanchelm behauptete nun, der Klerus in Masse sei ausgeartet und lasterhaft, seiner ursprünglichen Bestimmung und der apostolischen Lebensweise entfremdet; daher sei die Gewalt der Kirchenvorsteher erloschen, die Succession des Priesterthums unterbrochen; in den Händen solcher Unwürdigen seien die Sacramente unrein, sacrilegische Cere

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