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Selbstbewußtsein als in ihre höchste Instanz zurückgenommen. Nicht die Religion als solche war wahr, sondern dasjenige, was das Selbstbewußtsein in ihr als sich und seiner eigenen Natur entsprechend vorfand.

Wie klar sich Lessing selbst über diese totale Aufhebung der Religion gewesen, zeigen sehr deutlich seine so nachdrücklichen Worte an Mendelssohn hinsichts der Antwort desselben auf die Lavatersche Aufforderung, Christ zu werden:,,Ich bitte Sie, wenn Sie darauf antworten, es mit aller möglichen Freiheit, mit allem nur ersinnlichen Nachdruck zu tun. Sie allein können und dürfen in dieser Sache so schreiben und sind daher unendlich glücklicher als andere ehrliche Leute, die den Umsturz des abscheulichsten Gebäudes von Unsinn nicht anders als unter dem Vorwande, es neu zu unterbauen, befördern können."

O, wie Recht hatte doch Göze und sein Anhang, als er Lessing für einen der frechsten Störer des öffentlichen Friedens" erklärte, der „,die Grundvesten des heiligen römischen Reiches wankend zu machen suche.“ Über die Toren, welche nicht einsehen, daß das ganze Unrecht der Gözes von damals wie heute eben nur darin besteht, recht zu haben!

Nicht minder bezeichnend war die Stellung, welche Lessing in dem durch die Wolfenbüttler Fragmente veranlaßten großen Streit gegen den flachen Rationalismus und die Aufklärungswirtschaft in der Theologie jener Zeit einnahm. Wie jeder, der einen wahrhaften Begriff zu Markte bringt, haßte Lessing die elenden Vermittlungshalbheiten weit stärker und energischer, als die alte ungeschminkte Orthodoxie. Er erklärt offen, jene entschiedene Orthodoxie als den ehrlicheren, als den minder

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Im Grunde war es nur eine Folge seiner schon be der Verteidigung Berergers gegen Mostem it not algemeinerer Gültigkeit angesprocteten Prinzipien Der mache sich sagt er daselbst - der menschlichen Verstand nur schlecat verden, der uns grote Irrtümer benimmt, de volle Wahrheit aber vorenthalt und mit einem Mitteldinge von Wahrheit und Lüge uns befriedigen will. Denn je grüber der Irrtum, desto kürzer und gerader der Weg zur Wahrheit, dahingegen der verfeinerte Irrtum uns auf ewig von der Wahrheit entfernt halten kann, je schwerer uns einleuchtet, daß er Irrtum ist." ..Wer nur darauf denkt" - schreibt Lessing aus seiner großen Natur heraus ,,die Wahrheit unter allerlei Larven und Schminken an den Mann zu bringen, der möchte wohl gern ihr Kuppler sein, nur ihr Liebhaber ist er nie gewesen), Wenn man das,,auf ewig" in dem vorletzten Satze umso längere Zeit" mildert, so ist damit dies Gesetze der geschichtlichen Bewegung gege Aber so wenig der Laokoon für unsere

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1) W. W. VIII. S. 26.

schaft, so wenig sind diese Worte Lessings für die Kuppler von heute geschrieben, welche wieder auf so vielen Gebieten des Lebens und mehr denn je, die offenen, ehrlichen Gegensätze in dem,,unreinen Wasser" ihrer elenden Vermittlungshalbheit ersäufen möchten.

Allein wenn wir den Begriff Lessings durch die Gebiete der Kunst, Religion, Geschichte durchgeführt haben, wie ist es mit der Politik? Doch fast könnte es Boshaften erscheinen, als wäre schon alles Bisherige nichts als Politik gewesen, und wem das nicht genügt, der lasse sich mit dem Lessingschen Fragmente des Spartakus genügen. Der Konsul höhnt den Spartakus :

„Ich höre, du philosophierest, Spartakus!“

Spartakus:

„Was ist das: - ‚Du philosophierest?'

Doch ich erinnere mich. Ihr habt den Menschen

verstand

In die Schule verwiesen, um ihn lächerlich machen zu können.

Wo du nicht willst, daß ich philosophieren soll Philosophieren, es macht mich lachen! Nun wohlan!

Wir wollen fechten!"

Zwei Dezennien darauf und die Prophezeiung traf ein. Rousseau hatte genug vergeblich philosophiert, und der Spartakus der französischen Revolution fing an zu fechten!

Und,,das wird auch wohl das Ende vom Liede sein in dem Handel zwischen dem Spartakus und dem Konsul der Zukunft" sagt Stahr, indem er dies Bruchstück

anführt, Bd. II, S. 327.

Doch die Größe des Gegenstandes hat uns fortgerissen. Es ist Zeit, uns endlich dem Werke selbst zuzuwenden, welches unsere Betrachtungen veranlaßt hat.

Wenn Adolph Stahr einen Lessing schrieb, so mußte dies von vornherein gewisse hochgespannte Erwartungen

erregen. Wer Stahrs Tätigkeit in u Lalogie, Archãologie, Asthetik, Geschichtsschreibung usw. vertog

der weiß, für wie besonders befähigt man ihn voraussetzen mußte, Lessings Wirken ganz zu verstehen und zur Darstellung zu bringen. Seit so geraumer Zeit auf fast allen den Feldern produktiv, in welchen Lessing sein schaffendes Genie betätigt hatte, mußte Stahr aus einer langen Erfahrung, und aus einer so detallierten, wie sie nur die eigene Beschäftigung mit einer bestimmten Fachwissenschaft erzeugt, wissen, wie unendlich viel jede dieser Disziplinen dem neugestaltenden Geiste Lessings zu danken hat.

Und indem er in jedem dieser Gebiete eine geraume Strecke an der leitenden Hand Lessings zurückzulegen genötigt war, mußte sich hieraus bei ihm die Liebe zu diesem Genius zu einer Wärme steigern, wie wir sie nur einem verehrten Lehrer gegenüber zu empfinden pflegen. Die Wirksamkeit Lessings auf die nationale Entwicklung war so bei Stahr überall zu einer Einwirkung auf seine persönliche Entwicklung, war ihm zu einem persönlichen Erlebnis geworden.

Es kam aber noch eine andere Seite hinzu, welche dazu beitragen mußte, die Erwartung zu einer ungewöhnlichen Höhe zu spannen. Schon Lessing klagte über den ungewöhnlich scharfen Gegensatz, der in Deutschland Schriftsteller und Gelehrte im engeren Sinne zu trennen pflegt.,,Unsere schönen Geister," sagt er,,,sind selten Gelehrte, und unsere Gelehrten selten schöne Geister. Jene wollen gar nicht lesen, gar nicht nachschlagen, gar nicht sammeln, kurz gar nicht arbeiten; und diese wollen nichts als das. Jenen mangelt es am Stoffe, und diesen an der Geschicklichkeit, ihrem Stoffe eine Gestalt zu erteilen." Dieser Gegensatz, der im allgemeinen heute in

noch größerer Schärfe Lais damals,

er dürfte

der gegenwärtigen Schriftsteller zu innifast Versöhnung und Ausgleichung gekommen sein, als bei Stahr, und hierin sehen wir einen Hauptdienst, welchen er der deutschen Literatur geleistet hat.

Durch das vorliegende Werk hat nun Stahr alle diese so hoch gespannten Erwartungen, er hat sich selbst bei weitem übertroffen. Es ist dasselbe weitaus die größte seiner Taten, es ist eine der geschlossensten Leistungen im Gebiete der gesamten deutschen Literatur. Keine einzige Seite dieses so reichen Stoffes, welche nicht mit jenem Sinn für das Historisch-Bedeutsame, den Stahr der modernen Philosophie verdankt, die seine Bildungsgrundlage ausmacht, behandelt und zur prägnantesten Form herausgerungen worden wäre!

Was aber die größte Seite dieses Werkes bildet, ist die, daß Stahr aus demselben ein Volksbuch hat machen wollen und gemacht hat. Aller gelehrte Ballast, welcher das verdienstvolle Danzel-Guhrauersche Werk zu einer nur für den Literaturhistoriker und Gelehrten bestimmten Quelle gemacht hat, ist von Stahr fortgelassen worden. Er hat es verstanden, die tiefsten und schwierigsten Fragen in einer Kürze, Einfachheit und Leichtigkeit zur Darstellung zu bringen, welche sie den Gebildeten, wie dem Volke fast spielend zugänglich machen und hierdurch diesem Werke die eingreifendste Wirkung auf die gesamte deutsche Nation sichern müssen. Es ist uns nicht wohl ein Buch bekannt, welches bei einer so geringen Mühe eine reellere Belehrung und tiefere Gedankenbildung hervorzubringen geeignet wäre. Dies Buch soll nicht nur ein Volksbuch werden, es wird dies auch ohne Zweifel sein. Die Gebildeten werden es anblättern wollen, um sich aus ihm bequemen Stoff zu holen, über Lessing,,mitzuspre

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