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verösterreichert!

Es würde nicht Deutschland

hergestellt, sondern gerade nur die eine Besonderheit zur herrschenden gemacht und indem so auch noch diejenige Ausgleichung fortfiele, welche jetzt noch in dem Dasein der verschiedenen Besonderheiten liegt, würde grade dadurch das deutsche Volk auch noch in seiner geistigen Wurzel aufgehoben.

Die Eroberung Deutschlands nicht im spezifischen Hausgeist, sondern mit freiem Aufgeben desselben in den nationalen Geist und seine Zwecke, wäre freilich ein ganz Anderes! Aber die Idealität dieser Entschließung ist es geradezu töricht von Männern zu verlangen, deren geistige Persönlichkeit doch wie die aller andern ein bestimmtes Produkt ihrer Faktoren in Erziehung, Tradition, Neigung und Geschichte ist, und die dies eben so wenig leisten können, als es einer von uns Andern leisten würde, wenn seine Bildung und Erziehung ausschließlich durch dieselben Faktoren bestimmt worden wäre. 1)

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,,Dies Alles" fährt Fichte fort ,,hat die Deutschen bisher gehindert, Deutsche zu werden: ihr Charakter liegt in der Zukunft; jetzt besteht er in der Hoffnung einer neuen und glorreichen Geschichte. Der Anfang derselben daß sie sich selbst mit Bewußtsein machen. Es wäre die glorreichste Bestimmung.“ ,,Grundcharakter der Deutschen daher: 1. Anfangen einer neuen Geschichte; 2. Zustandebringen ihrer selbst mit Freiheit. Kein bestehender Landesherr kann Deutsche machen; es werden Oesterreicher, Preußen u. s. w. Ein neuer müßte erstehen? Etwa wie Bonaparte? Dieser träte durch Erblichkeit gewiß sogleich in das Fürstensystem, und es würde wieder nur ein euro1) Wie würde Lassalle den 9. November 1918 bejubelt haben! D. H.

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päisches Volk anderen Schlages. Das sollte es gar nicht sein, Familieninteressen gar nicht kennen, in die inneren Angelegenheiten fremder Länder sich gar nicht mischen. (Fremder Bündnisse und Hülfstruppen bedarf es nicht, weil es, einmal Eins geworden, für sich selbst stark genug ist.) Aber durch seine geographische Lage kann es die andern Nationen zum Frieden zwingen, darum auch die erste dauernde Stätte der Freiheit sein. 3. Deshalb sollen die Deutschen auch nicht etwa Fortsetzung der alten deutschen Geschichte sein: diese hat eigentlich für sie gar kein Resultat gegeben, und sie selbst existiert eigentlich nur für die Gelehrten. Und bisher haben eigentlich nur diese, die Gelehrten, die künftigen Deutschen vorgebildet: durch ihre Schriftstellerei; sodann durch ihr Wandern. Sie sind, wenigstens die durchgreifenden, nicht Glieder einer besonderen Völkerschaft, sondern, sind sie überhaupt Etwas, so sind sie eben Deutsche. (Also gab es wohl Deutsche, nur nicht als Bürger, sondern über das Bürgertum hinaus, und dies ist ein großer Vorzug.) Alle großen Literaten sind gewandert, keiner ist in seinem Geburtslande zu etwas gekommen. Dies lag teils in der Anlage der erste Zug des besseren Deutschen ist ein Sträuben gegen die Enge des Geburtslandes. Sodann konnte auch nur im Auslande das Talent sich entwickeln, von seiner Volksunmittelbarkeit sich losschälen und zu seiner höheren Allgemeinheit kommen. So Leibnitz, Klopstock, Goethe, Schiller, die Schlegel. Nur Kant macht eine Ausnahme."

..Also der merkwürdige Zug im Nationalcharakter der Deutschen wäre eben ihre Existenz ohne Staat und über den Staat hinaus, ihre rein geistige Ausbildung. (Daher haben die Deutschen auch eine so gewaltige Assimilationskraft für den Ausländer, der nur Gelehrter, Denker, Dich

ter wird: Fouqué, Villers. Der Fremde bedarf gar nicht sich umzuwandeln, er bedarf nur sich zu erheben.)“

,,Da wird nun tiefer zu unterscheiden sein das Nationale, was nur durch den Staat gebildet wird (und seine Bürger darin verschlingt), und dasjenige, welches über den Staat hinausliegt. Es ist dabei nicht zu vergessen, daß alles Gemeinsame der europäischen Völkerrepublik, und Alles, was diesen Bürger allenthalben auszeichnet, Großmut, Humanität, Rittersinn, Galanterie,

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sprünglich deutsche Nationalzüge sind. Erst in späterer Zeit trennten die Deutschen sich in einzelne Völker und versumpften in sich: die inneren Kriege, die Eifersucht ihrer kleinen Fürsten gegen einander, das Verbot der Auswanderungen u. s. w. vollendete ihre Trennung und Entartung."

,,Und so wird es auch, vom Bisherigen aus betrachtet, bleiben: der Einheitsbegriff des deutschen Volkes ist noch gar nicht wirklich, er ist ein allgemeines Postulat der Zukunft. Aber er wird nicht irgend eine gesonderte Volkseigentümlichkeit zur Geltung bringen, sondern den Bürger der Freiheit verwirklichen."

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,,Dieses Postulat“ schließt Fichte die Notizen, die Worte seiner eigenen gleichzeitig verfaßten Staatslehre zitierend, ,,von einer Reichseinheit, eines innerlich und organisch durchaus verschmolzenen Staates darzustellen, sind die Deutschen berufen, und dazu da im ewigen Weltplane. In ihnen soll das Reich ausgehen von der ausgebildeten persönlichen Freiheit, nicht umgekehrt: - von der Persönlichkeit, gebildet für's erste vor allem Staate vorher, gebildet sodann in den einzelnen Staaten, in die sie dermalen zerfallen sind, und welche, als bloßes Mittel zum höheren Zwecke, sodann wegfallen müssen."

,,Und so wird von ihnen aus erst dargestellt werden ein wahrhaftes Reich des Rechts, wie es noch nie in der Welt erschienen ist, in aller der Begeisterung für Freiheit des Bürgers, die wir in der alten Welt erblicken, ohne Aufopferung der Mehrzahl der Menschen als Sklaven, ohne welche die alten Staaten nicht bestehen konnten: für Freiheit, gegründet auf Gleichheit alles dessen, was Menschengesicht trägt. Nur von den Deutschen, die seit Jahrtausenden für diesen großen Zweck da sind und ihm langsam entgegenreifen; ein anderes Element für diese Entwickelung ist in der Menschheit nicht da."

So Fichte

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und fern sei es von uns, die unerreichbare Gewalt dieser Worte durch irgend welche Hinzufügungen schwächen zu wollen!

Habe ich nun, geehrter Herr, auch Ihrem Wunsche nicht buchstäblich entsprochen, so ist doch, denke ich, Ihr Zweck erfüllt, wie der meinige.

Hochachtungsvoll

Der Ihrige

F. Lassalle.

Berlin, im Januar 1860.

DIE PHILOSOPHIE FICHTE'S

UND DIE BEDEUTUNG DES
DEUTSCHEN VOLKSGEISTES

FEST-REDE, GEHALTEN BEI DER
AM 19. MAI 1862 VON DER PHI-
LOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT
UND DEM WISSENSCHAFT-
LICHEN KUNST-VEREIN IN
DEM ARNIM'SCHEN SAALE
VERANSTALTETEN

FICHTEFEIER

VON

FERDINAND LASSALLE

ZUERST ERSCHIENEN:

VERLAG VON G. JANSEN, BERLIN 1862.

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