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v. Thummel, hört worden. Seine donnernden Flüche flogen in der Küche herum, daß der erschrockene Pfarrer mit ei nem Schauer vorbei ging, sich in sein ruhiges Mus seum setzte, und das Gesangbuch zur Hand nahm. Als ein Fremdling in seiner eigenen Behausung, ges traute er sich nicht, ist von dem Koche etwas zu es fen zu fordern; lieber versäumte er das Mittagsmahl, und tröstete sich politisch mit dem fröhlichen Souper.

Die dritte kritische Stunde des Nachmittags brach an, und lud durch ihren Glanz den Neid des ungebes tenen Superintendenten und aller Amtsbrüder auf den Hals des armen Verlobten. Strenge dich an, Muse! and hilf mir das Gewühl der Vornehmen beschreiben, die fich ist in das Haus des Pfarrers sammelten. Zuerst erschien der latirte Schlitten des Hofmarschalls, an der Spike vieler andern. Vier deutsche Hengste, chinesisch geschmückt, zogen ihn, und ein vergoldeter Jupiter regierte den schnurbärtigen Kutscher Ein musikalisches Silbergeläute hürfte auf den Rücken der Pferde,

fröhliche dem unter ihren stampfenden Füßen die

Erde davon flog. Schon von ferne erkannte

der zitternde Pfärrer seinen Gönner, und an seiner Rechten die gepußte Braut. Mit unbedachtsamer Höflichkeit ging er dem fliegenden Schlitten entgegen

aber sein wilder Führer schwenkte die knallende Peitsche, und wendete mit seinen vier Schimmeln in vollem Trabe um, daß der Magister mit verzerrtem Gesichte eilig wieder davon sprang. Mit majeståtis schem Anstande stieg nun die einnehmende Wilhelmine von dem sammtenen Siße, und da verrieth sich zu gleich auf einige süße Augenblicke für den entzückten Bräutigam, ihr kleiner vorgestreckter Fuß bis an die Höhe des seidenen Strumpfbands, auf welchem mit Pünktgen von Silber ein zårtlicher Vers des Voltaire gestickt war. Ach wohin weiß doch nicht ein französ fischer Dichter zu schleichen! Gesteht es nur, ihr Deuts schen! bis dahin ist noch keiner von euren grössten Geistern gedrungen. So bald sie ausgestiegen war, umrauschte ein buntfarbiger Stoff diese verdeckten Schönheiten. Eine schneeweisse türkische Feder blähete

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sich auf ihrem gekräuselten Haare und bog fich neus y. Thummel gierig über ihren wallenden Busen, der unter den feinen Spißen aus Brabant hervorblickte, wie der volle Mond hinter den Sprößlingen eines jungen Orangenwäldchens. Nach ihr sprang der ansehnliche Hofmarschall unter die Menge der erstaunten Bauern, die heure Arbeit und Tagelohn vergaßen, um das Fest ihres Hirten zu begaffen. Ein gewässertes Band hing schief über dem lazurblauen Sammte seines Kleides; und der milde Einfluß seines Gestirns zeigte sich auf allen Gesichtern, und nöthigte dem unhöflichsten Dres scher den Hut ab. Alle Blicke wandten sich ißt eins. zig auf den gestempelten Herrn nicht Einer fiel mehr auf Wilhelminen. Diese werden wir noch oft, dachten die Bauern, als Frau Magisterin bewundern, aber einen Hofmarschall sieht man nicht alle Tage. So vergisst man das alles bescheinende Licht des Olymps, wenn eine seltene Nebensonne erscheint, die plößlich entsteht und verschwindet.

Ein anderer Schlitten, unter dem Zeichen des Mars, der (eine seltsame Erfindung des wißigen Bilds hauers!) auf einem Ladestock ritt, lieferte zween aufs gedunsete Müssiggånger am Hofe, Kammerherren ges nannt. Einst hatten sie in ihrer Jugend als hißige Krieger einen einzelnen furchtsamen Räuber verjagt, und sich und dem geångstigten Prinzen das Leben ers rettet. Zur Belohnung hatten sie sich dieses unthätige Leben erwählt, genossen einer feistmachenden Pension, erzählten immer die große That ihres Soldatenstandes

und gönnten gern ihre lårmende Gegenwart einem jeglichen Schmause. So lebten einst die Erhalter des Kapitols, jene berühmten Gänse, von den Wohlthas ten der dankbaren Römer; ohne Furcht geschlachtet zu werden, fraßen sie den ausgesuchten Waizen von Las tiums Feldern, für einen wichtigen Dienst, den eine jede andere schnatternde Gans mit eben der Treue verrichtet hätte. Der flüchtige Merkur und vier schaaubende Rappen brachten die pigmåische Figur ei: nes affektirten Kammerjunkers gefahren Stolz auf Beisp. Samml. 5. B.

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». Thûmmel. einen eingebildeten guten Geschmack, erseßten seine -—~ reichen Kleider den Mangel seines Verstandes. Zus

versichtlich besah er heut eine glänzende Weste, die, wie die weiße Wamme eines drollichten Eichhörnchens, unter seinem rothplüschnen Rocke hervorleuchtete; und fröhlich dacht er an die Verdienste der weit kostbarern zurück, die sich noch in seiner Garderobe befanden. Ein paar blißende Steinschnallen, und eine Tose von Saint Martin erschaffen', waren ihm das, was eiz nem rechtschaffenen Manne ein gutes Gewissen ist fie machten ihn zufrieden mit sich selbst, und dreist in jeder Gesellschaft. Iht lief er gebückt in die Pfarre hinein; gebückt, als ob sein kleiner Körper befürchtete, an die altvåtrische Hausthüre zu stoßen, die gothisches Schnißwerk verbråmte. Nun aber kam unter der Anführ rung einer gefälligen Minerva ein einzelner vernünf tiger Mann gefahren, der, wenig geachtet von den Weis fen des Hofs, den Befehlen seines Herzens mit stren gem Eigensinne folgte. Nie erniedrigte er sich zu der Schmeichelei, und nie folgte er der Mode des Hofes, die das Hauptläster des Fürsten zu einer Tugend ers hebt, und durch Nachahmung billigt. Vergebens (konnt' es wohl anders seyn ?) hofft' er in diesem - Ge: tümmel ein nahes Glück, hier wo man nur durch seine Ränke gewinnt, und wo die Blicke der Großen mehr gelten, als ein richtiger Verstand und Tugend und Wahr: heit. Er war es, der Wilhelminen zuerst mit glimpse lichten Worten, vor der weiten Gefahr warnte, in die ihr Leichtsinn, und die verjährte List eines wollüs ftigen Hofs ihre Jugend verwickelte; der ihr zuerst den Gedanken erträglich und wünschenswerth machte, wier derum die heitere gesundere Luft ihres Geburtsoris zu athmen. Mit innerer Befriedigung sah er, daß der heutige Tag seine Bemühung krönte und dieses frohe Gefühl beschäftigte ihn einzig in dem Taumel einer thos rigten Gesellschaft. Ungern sah ihn der Hofmarschall in dem Kreis seiner Lust Er aber ertrug unges kränkt diese ehrende Verachtung und gab sich gern eis nem unruhigen Tage Preis, um ein verirrtes Måd. chen in einer glücklich entschlossenen Tugend zu står

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ten.

ten. Zischt ihn aus ihr Lieblinge und Weisen des Y. Thummel. Hofs! Was helfen ihm alle seine Verdienste? Daß sie einst vielleicht, in Stein gehauen, auf seinem Grab: maale sißen und weinen? O wie thōricht! den Ges boten des Himmels zu gehorchen, wo ein Fürst bes fiehlt, und auf dem einsamen Wege der Tugend zu wandeln, wo noch kein Hofmann eine fette Pfründe erreicht hat. Wenn eine falsche schwankende Uhr des Stadthauses den Vorurtheilen der Bürger gebietet, so betrügt uns oft unsere wahre Kenntniß der Zeit um ihren Gebrauch: denn hier wo ein jedes dem allgemei: nen Irrthume folget, den eine summende Glocke aus breitet, und die entfernte Conne für nichts achtet, was hilft es hier dem gewissen Sternseher, daß er sich alleine nach ihren Befehlen richtet - und den Wahn der Stadt verlachet - und seine Stunden nach der Natur missi? Mit allen seinen Calendern wird er bald sein Mittagsmahl - bald den Besuch seiner Geliebten, und den Thorschluß vers fäumen.

Zwei würdige Gesellschafter beschlossen den Eins zug in einem alten Schlitten, den ein unscheinbares Bildniß beschwerte Ob es einen nervigten Vulkan oder einen aufgeblåhten Midas vorstellte, war für die Kunstrichter ein Räthsel. Ein halbgelehrter Pas tritius, ehemaliger Hofmeister des Marschalls, am Stande, so wie an Wissenschaften, weder Pferd noch Esel nahin die eine Hälfte des breternen Sißes ein, und auf der andern saß ein graugewordener Hofs narr, der mühsam den ganzen Weg hindurch auf Einfälle dachte, in Versen und Prosa, die hohe Ges sellschaft zu erlustigen: aber sein leerer Kopf blieb ohne Erfindung. Oft weinte der arme, daß sein Alter ihm das Ruder aus den Hånden wand, das er so lange glücklich regieret, und um welches sich ißt der fürstliche Läufer, der Oberschenk und eine dicke Tyrolerin rissen.

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Thummel.

Niemand ward mehr erwartet, als die junge Comtesse. Der Hofmarschall stand unbeweglich an dem offenen Fenster, und seine feurigen Blicke fuhren, durch ein ungeduldiges Fernglas, auf den Weg hin, wo die schöne Clarisse herkommen sollte. Wim: mernd rang der angstvolle Magister die Hände, und versicherte ohne Aufhören dem argwöhnischen Hofs mann: „Die junge Dame werde gewiß kommen. "Ach! sagte er, sie hat mir ja mit der aufrichtigs ften Miene versprochen, meine schwere Bedingung „erfüllen zu helfen, und sie wird mich gewiß nicht ,,in meinen Nöthen verlassen." Unterdessen war auch schon der theure Mann angelanget, der. dieß Brautpaar fester verbinden sollte. Auf dem benach: barten Dorfe, wo niemand die Reizungen einer Wils helmine kannte, hatt' er von den drei Seiten seiner Hölzernen Kanzel trokig gefragt: Ob jemand wider das Aufgebot seines Freundes etwas einzuwenden håtte? Und dreymal hatt' er die Verläumdung mit diesen mächtigen Worten gebannt: der schweige nachs mals still! Sein frommfarbigter Mantel bedeckt' ein wildes Herz; ohne Neigung war er ein Geistlicher, und in diesem gezwungenen Stande ward er selbst in einem Amte mager, das seit dreihundert Jahren die Schwindsüchtigen fett gemacht hatte. Mosheim und Cramern kannt er nicht: er sprach aber gern von dem General Ziethen und von dem lustigen Treffen bey Rosbach. Seine Bauern, wild, wie er selbst, fonnt' er lange nicht durch die Bibel bezåhmen aber es glückte ihm nach einer neuen Methode. Denn eh* er seinen Rednerstuhl bestieg, besah er sein florentini sches Wetterglas, und rief prophetisch alle die Verans derungen von seiner Kanzel, die es ihm ankündigte. Bald wahrsagt' er der ungezogenen Gemeinde Regen und Wind in der Heuernde: bald aber beglückt' er sie, zum Troste, mit einem warmen Sonnenschein in der Weinlese. Die gerührten Bauern bewunderten den neuen Propheten, besserten ihr Leben, und besetzten seitdem alle Stühle der Kirche. Nach einer langen gefeierten Pause erschien endlich die erseufzte Göts

tin,

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