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umfangen,53 und oft genug wird unverhohlen diese höchste Gunst gefordert. Wenn sie ihn fragt was Minne sei, von der er so viel rede, so verheisst er sies zu lehren, wenn sie eine Weile mit ihm allein sein wolle.54

Die überschwänglichen Liebesversicherungen konnten mit Recht Zweifel an der Echtheit der Empfindungen wecken; und so verwahrt sich Hadloub gegen solche Bedenken, weil er gesund und gar nicht kränklich aussehe; 55 'ihr seid zu feist,' sagt ein anderer, wäre euch euer Liebesgram Ernst, ihr wäret lange todt.56 Es begreift sich, dass bei so überströmendem Lobe die Frauen etwas preciös werden mussten, und mit ihren Liebhabern sich allerlei Spott erlaubten: Tanhauser zählt eine Menge unmöglicher Dinge auf, die seine Geliebte von ihm verlange, ehe sie ihn erhöre.57 Ebenso erklärlich ist, dass die Männer ihrerseits die Launen satt bekamen, und mit der Dame wechselten: nach lange erlittenem Unrecht entschliesst der Sänger sich sie zu verlassen, 58 und wünscht, dass sein neues Werben ihm besser als sein früheres glücke.59 Hartmann will von ritterlichen Frauen nichts mehr wissen, bei denen er nichts gewinne als dass er müde werde vom langen Stehen, und zieht es vor die Zeit mit armen Weibern besser zu vertreiben. 60 Steimar aber, dem seine Geliebte nicht lohnen will, be schliesst die Freuden des Herbstes zu preisen.61

Die letzte Erwähnung, in der die Liebe ironisch behandelt wird, gehört der Zeit des Verfalles an; aber die Klagen über denselben beginnen schon im zwölften Jahrhundert. Walther klagt, dass Unfuge die Herrschaft erlangt und dass darum sein Singen nicht mehr so minniglich wie einst erklinge; 62 und der tugendhafte Schreiber nennt nicht Minne, sondern Unminne, was jetzt käuflich sei und Minne heisse.63 Eine Jungfrau betrauert den Untergang der alten Zeit; jetzt nenne man einen treuen Liebhaber nur spöttisch ein argez minnerlîn. Walther von Metz wünscht, es möchten treue und falsche Minner äusserlich unterschieden sein,65 und Heinrich von Veldeke klagt bereits, dass die Männer die Frauen schelten.66 Daher ist es nicht zu verwundern, wenn die Frau zweifelnd den Werbenden abweist, da seine Lieder einer andern gelten.67 Dass der mittelalterliche Liebescultus so frühe in Rohheit und Sittenlosigkeit ausartete, findet seine Haupterklärung in dem Umstande, dass verheirathete Frauen in der Regel die vom Dichter besungenen Geliebten waren. Ein Mädchen gefeiert zu sehen, gehört zu den Ausnahmen; des Kürenbergers Liebchen ist eine Jungfrau.68 Meist ist es nur niedere Minne, die sich an Mädchen knüpft: so ist das frowelîn bei Reinmar gemeint, das mit den Gespielinnen Ball wirft," und nicht

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anders bei Walther.70 Auch die von Vater und Mutter behütete Geliebte

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des Junkers gehört wohl den unteren Ständen an.

Dass in der Regel verheirathete Frauen Gegenstand der Huldigung waren, erklärt verschiedene Bräuche der Liebespoesie. Zunächst das Gesetz den Namen der Geliebten nicht zu nennen. Die Provenzalen und Franzosen bedienten sich zur Bezeichnung allegorischer Namen, und ähnlich ist wohl Veldekes Antwort auf die Frage, wer sie sei, gemeint: es ist die Wohlgethane.' 72 Sicher aber ist ein Versteckname der Schône Glanz bei Heinrich von Weissensee. 73 Walther nennt die Geliebte mit Bezug auf seinen eigenen Namen Hildegunde. 74 Wintersteten würde sie beim König verklagen; aber er darf sie nicht nennen. Der Schenk von Limburg kann sich kaum enthalten den Namen auszusprechen; aber er besinnt sich noch im rechten Augenblicke: es würde mir und ihr nicht anstehen.'76 Der Herr, der den Knecht im Verdacht hat, er liebe sein Weib, verlangt von ihm den Namen der besungenen Geliebten zu wissen."

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Sodann das häufige Erwähnen der Merker, die bereits beim Kürenberger vorkommen; 78 sie werden mit verschiedenen Namen bezeichnet, ausser merkære, merker," noch huote,80 huoter. Gegen sie richten die Dichter die stärksten Ausdrücke, weil sie in ihnen das grösste Hinderniss ihrer Wünsche sahen. Sie meint wohl Walther, wenn er diejenigen verwünscht, die ihm den Winter Freude benommen. $2 Dic argen schalke nennt sie ein anderer 83 und Hadloub verflucht sie mit ihren langen Zungen.84 Heinrich von Meissen wünscht, dass sie zu Stein werden und auf dem Meer verschlagen werden möchten. Sie sind schuld, dass von den Wangen der Geliebten Schönheit und Farbe schwindet.86 Sie zu betrügen gilt für eine Pflicht des Liebenden $7 und ihren Hass zu verdienen für eine wünschenswerthe Sache.s 88 Die Nutzlosigkeit des Behütens wird mehrfach ausgesprochen, ja wer hüte, schade nur sich selbst und verderbe die Frauen. 89

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Endlich erheischte der erwähnte Umstand die grösste Vorsicht des Liebenden. Die Geliebte unbehütet zu finden, war ein seltener Glücksfall; 9 meist durfte er ihr mit seinen Werbungen und Liedern gar nicht nahen und musste dieselben durch einen Boten in ihre Hände gelangen lassen. Entweder mit einem Briefe" oder mündlich wurde die Botschaft ausgerichtet. Der Kürenberger würde gern selbst statt des Boten zu ihr gehen, wenn es nicht ihr Schade wäre." In einer Strophe lässt Meinloh von Sevelingen den Boten die Werbung anbringen; 93 ebenso Dietmar von Aist,94

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worauf die Frau antwortet.95

Namentlich in Reinmars Liedern spielen Boten eine wichtige Rolle: die Liebende fragt den Boten nach dem Geliebten aus 96 und entbietet diesem, in seinen Wünschen sich zu bescheiden. In einem andern 97 trägt sie dem Boten auf was ihr am Herzen liegt, fügt aber am Schlusse hinzu, er möge nicht alles dem Geliebten wiedersagen. Rudolf von Rotenburg möchte tausend Boten an sie senden, damit nicht, wenn er einen schicke, dieser etwa verhindert werde; denn sie hat ihn gebeten durch Boten ihr seine Lieder zu schicken.98 Aber auch die Frau entbietet dem Manne durch einen Boten, dass er ihr hold sein möge.99 In Ermangelung eines Boten hängt Hadloub der Geliebten, als sie in der Dämmerung aus der Kirche kommt, seinen Liebesbrief an das Kleid. 100 Die komische Seite des Botendienstes zeigt uns der Taler, der das Künzlein sendet, um seiner Geliebten die Lieder zu singen; der Angeredete aber schiebt das Amt dem Heinzlein zu, worauf dieser sich mit seiner Furcht vor Ermordung im Korne losmacht. Uneigentlich wird die Minne als Bote gesendet,102 und mit poetischer Uebertragung dient auch die Nachtigall zu diesem Amte. 103

Der Botendienst, auch im dreizehnten Jahrhundert, wie wir aus Lichtenstein sehen, noch sehr im Schwange, gibt Anlass zu dramatischer Einkleidung. 10 Aber auch sonst ist diese Art des Minneliedes bei romanischen wie deutschen Dichtern beliebt: Mann und Frau sprechen Strophe um Strophe; 105 doch findet auch ein rascherer Wechsel statt, so dass jeder Redende mitunter nur ein paar oder eine Zeile spricht. Sehr geschickt und zierlich haben die Dichter von diesem Mittel Gebrauch zu machen gewusst; so Albrecht von Johansdorf 106 und der Truchsess von St. Gallen. 107 Namentlich in den neidhartischen Liedern ist die Gesprächsform häufig. Durch eine Erzählung leitet das Gespräch Wintersteten ein. 108

Die dramatische Form findet ihren eigentlichen Schwerpunkt in einer besonderen Gattung der Liebespoesie, dem Tageliede, mhd. tageliet, tagewise, 109 das das Scheiden der Liebenden nach heimlichem Zusammensein beim anbrechenden Morgen schildert. 110 Die einfachste und ursprünglichste Art desselben ist die, dass die Liebenden durch den Tag geweckt sich zum Scheiden rüsten: ein Vöglein auf der Linde ist der einzige Wächter und Wecker in dem ältesten Tageliede, das wir besitzen. Auch 98, 107 ist die Situation, wie es scheint, die, dass der Ritter die Nacht bei der Geliebten gewesen und am Morgen fortreitet. Heinrich von Morungen 112

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lässt ebenfalls die Liebenden erwachen und Strophe um Strophe mit dem Refrän'da tagte es' klagen, ohne dass ein anderer um ihr Geheimniss weiss. Dem weckenden Wächter begegnen wir bei Wolfram von Eschenbach, dessen Beispiel von entscheidendem Einflusse auf diese Gattung war: er lässt den Wächter mit seinem Rufe beginnen; daran knüpft sich im ersten Liede ein Zwiegespräch der Frau mit ihm; im zweiten folgt Erzählung wie im ersten schliesslich auch, und nur wenige Worte spricht der Ritter. Das Wechselgespräch zwischen Wächter und Frau hat der mit Wolfram etwa gleichzeitige Markgraf von Hohenburg, aber ohne erzählendes Element. Ebenso ist nur dramatisch das Tagelied Botenlaubens, 115 während der Ungenannte "16 nach einem Gespräch zwischen Frau und Wächter erzählend abschliesst. Episch hebt Frauenberg an, worauf der Wächter seinen Ruf erklingen lässt und ein Dialog zwischen ihm und der Liebenden folgt. Lichtenstein nahm an der Mitwissenschaft des Wächters Anstoss und lässt ihn durch eine Dienerin ersetzen; 118 sein Beispiel scheint den Markgrafen von Lüenz beeinflusst zu haben. 119 Die ironische Kehrseite zeigt uns ein Lied Steinmars, der den Knecht und seine Dirne durch den Hirten wecken lässt: 20 dieselbe Ironie also, die den Dichter auch das Minnelied verspotten macht.

Der niederen Minne neben der hohen sahen wir die vorzüglichsten Dichter huldigen. Bei den Romanen haben solche Verhältnisse ritterlicher Liebhaber und ländlicher Schönen eine besondere Gattung, die Pastourelle, prov. pastorela, pastoreta, veranlasst. Vereinzelte Beispiele liefert auch die deutsche Poesie. So gehört hierher das reizende Lied Walthers 111 und mehrere Lieder Neifens, der bald mit einem Garn windenden Mädchen, 122 bald mit der am Brunnen schöpfenden Magd, 123 bald mit der flachsbrechenden Schönen 124 Gespräche und Scherze anknüpft. Steinmar hat sich eine süeze selderin erwählt, die nach Gras auf die Wiese geht, 125 und eine kluge Dienerin, die hinterm Pfluge her schreitet. 126 Der Anfang einer Pastourelle ist in einer namenlosen Strophe 27 erhalten; an Walthers Lied erinnert eins von Hadloub, 128 wiewohl hier der Dichter nicht eine bäuerliche Geliebte meint.

Der Zug zum realistischen, im Gegensatz zu dem übertriebenen Idealismus der eigentlichen Minnepoesie, tritt am schärfsten in der von Neidhart begründeten höfischen Dorfpoesie hervor. Angeregt durch die romanische Pastourelle, gestaltete er das lange vor ihm im Volke vorhandene Tanzlied zu einer Unterhaltung der höfischen Kreise um, in denen er selbst lebte;

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und welchen Beifall diese neue Gattung fand, sieht man am besten aus der zahlreichen namentlich österreichischen Nachfolgerschaft. Neidharts Lieder zerfallen in Reigen und Tänze oder Sommerlieder und Winterlieder: mhd. reie 129 oder reige 130 (das Verbum reien 131 oder reigen 132) und tanz.133 Auch hovetanz (98, 500), hovetenzel (25, 440), tanzwise (33, 1. 73), tanzliet (29, 4) kommt vor. Lichtenstein nennt ein Lied 134 vrowen tanz, auch sincwise 135 ist wohl ein Tanzlied. Namen von bestimmten Tänzen sind govenanz, 136 vom französ. convenance, eigentlich also Zusammenkunft, und da bei geselligen Zusammenkünften der Tanz eine grosse Rolle spielte, auch eine Art Tanz bezeichnend; hoppaldei 137 von hoppen, hüpfen, abgeleitet; ridewanz, 138 vom böhmischen radowa, einem noch heute lebenden Tanze; trei, 139 nicht näher zu bestimmen. Auch die stampenie 140 ist vielleicht ein zur Begleitung des Tanzes gesungenes Lied. Der Tanz wird getreten, der Reigen gesprungen; 141 einer tanzt vor, der voretanzer,142 wie auch den Gesang beim Tanze ein Vorsänger anstimmt.143 Neidharts Lieder führen uns lebendig mitten in die bäuerliche Welt ein, die mit feinem Humor behandelt wird. Eine sehr häufige Form der Einkleidung ist, wie schon bemerkt, das Gespräch, entweder erzählend oder durch eine Naturbetrachtung eingeleitet. Gewöhnlich unterhalten sich die alte Bäuerin und ihre Tochter, welch letztere den von Reuenthal (den Dichter) liebt und an seiner Hand zum Tanze möchte, wogegen die Mutter vor den gefährlichen Folgen warnt. Aber auch die Alte ist oft von Tanzlust erfüllt und wetteifert mit dem Mädchen.144 Zwei Gespielinnen werden nach einer einleitenden Strophe redend eingeführt und klagen sich ihr Leid. 145 Mitunter tritt nach dem Eingange nur der Dichter erzählend hervor.146 Auch ernstere Töne lässt er hindurchklingen und berührt die trüben Zeitverhältnisse; 147 in einem Tanzliede bekennt er, wie lange er seiner Geliebten, der Weltsüsse, gedient, um deren willen er achtzig neue Weisen gesungen." Die Winterlieder, wo in der Stube getanzt wird, entwickeln andere Scenen. Da versammeln sie sich bei dem, der die grösste Stube hat; aber der Raum ist doch zu enge, als dass nicht zuweilen Zank und Schlägerei daraus entstünde. 149 Zugleich nimmt der Dichter hier Gelegenheit den üppigen Kleiderprunk der reichen Bauern zu schildern, die sich ganz wie Ritter gebärden.

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