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,,wegen des Aufenthaltes bei uns oder wegen der Rückkehr desselben, ‚wenn er sie befiehlt, in keiner Hinsicht besorgt zu sein.“

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Berengar war Kämmerer und Schulmeister an der Domkirche zu Tours 1). Diese Kirche stand unter dem Schutze des Königs 2) und deshalb mochte Graf Fulco von Anjou, obgleich er auch Graf von Touraine war, die dortigen Verhältnisse und Besitzungen Berengars ungestört lassen. Berengar genofs den Ruf eines bewunderungswürdigen Philosophen 3) und ausgezeichneten Grammatikers 4). Guitmund, welcher ihm zwar alle tiefere Erkenntnifs abspricht, bezeugt doch, dafs die Lehre Berengars besonders durch seine Schüler verbreitet worden sei 5). Ihre Zahl wird also gewifs nicht gering gewesen sein. Sogar die Art der Betonung der Wörter, welche ihm reigenthümlich war, verbreitete sich schon um die Zeit des Jahres 1047 durch seine Schüler bis nach Lüttich 6). Die Armen unter ihnen unterstützte und ernährte er, weshalb seine Gegner ihn der Bestechung beschuldigten). Nach diesen Zeugnissen gleichzeitiger Gelehrten und Geschichtsschreiber darf man sich die Schule Berengars zu Tours wohl als eine bedeutende, weit berühmte Anstalt vorE stellen. Von dieser Seite betrachtet enthält also der Entschlufs des Pabstes, seinen Verwandten nach dieser Schule zu schicken, nichts Auffallendes. Dafs aber der Pabst bei der Wahl dieser Schule an Berengars Lehre über das Abendmahl keinen Anstofs nahm, müfste auffallen, falls die Behauptung Berengars und des Grafen Gaufried Martell von Anjou, dafs Hildebrand oder Gregor VII. von der Wahr heit dieser Lehre überzeugt gewesen sei, aus der Luft gegriffen wäre. Denn durch den Brief Berengars an den Bischof Eusebius 8) und durch sein Werk gegen Lanfranc 9) ist zur Genüge bewiesen, dass er trotz des zu Rom im Jahre 1059 geleisteten Eides seine Lehre öffentlich und mit frischem Eifer wieder vortrug. Er selbst hatte dem päbstli1) Chronicon Turonense bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 349, Tom. XII. p. 461, 2) Der Erzbischof von Tours war des Königs Erzbischof, cfr. Brief No. XIV. Die Schutzherrschaft über die Kirche war von den Grafen von Anjou auf die Könige von Frankreich übergegangen, cfr. Thomassin l. c. P. I. liber III. cap. LXIV. II und IV. p. 843.

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3) Chronicon S. Petri vivi Senonensis auctore Clario monacho bei Bouquet I. c. Tom. XII. p. 279, Chronicon Willelmi Godelli bei Bouquet 1. c. Tom. XIII. p. 671.

4) Chronicon Turonense bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 349, Tom. XII. p. 461.

5) Guitmunds Werk gegen Berengar, zu Anfang des Werkes.

6) Adelmanns Brief bei Schmid 1. c. am Schlusse des Briefes.

7) Guitmunds Werk, zu Anfang.

8) Brief No. XII.

9) Werk Berengars bei Neander 1. c.

chen Stuhle, wie seine Gegner bezeugen, davon Anzeige gemacht, dafs er keinesweges beabsichtige, von dem unternommenen Werke abzulassen 1). Trotz dem läfst Gregor VII. ihn grüfsen, ihn seines Segens versichern und ihn benachrichtigen, dafs er ihm seinen Verwandten zur Erziehung anvertrauen will. Ein neuer Beweis, dafs Gregor VII. ein Anhänger der Lehre Berengars war!

Berengar erreichte den Zweck seines Briefes. Gregor VII. erliefs ein Schreiben an den Erzbischof Radulf von Tours und an den Bischof Eusebius Bruno von Angers, worin er ihnen auftrug, in seinem Namen dem Grafen Fulco von Anjou zu befehlen, dafs er den Berengar (welchen Gregor VII. als seinen liebsten Sohn bezeichnet) nicht weiter belästige. Zugleich befahl er ihnen, ihn gegen alle seine Feinde und gegen jeden Angriff zu schützen 2). Man hat angenommen, dieser päbstliche Befehl sei nach dem Concile zu Rom · 1079 erlassen, wahrscheinlich deshalb, um den Verdacht, dafs Gregor VII. den Ketzer Berengar irgend wie begünstigt habe, zu entfernen. Abgesehen davon, dafs die litterae commendatitiae, welche der Pabst im Jahre 1079 Berengar ertheilte, ein zweites Empfehlungsschreiben ganz überflüssig machten, so ist doch wohl nicht zu leugnen, dafs das eben erwähnte Schreiben des Pabstes an den Erzbischof Radulf und an den Bischof Eusebius Bruno grade die Verfügung enthält, welche Berengar im vorliegenden Briefe nachsucht. Es mufs daher dies päbstliche Schreiben auch bald auf Berengars vorliegenden Brief, wahrscheinlich schon im Jahre 1073 erfolgt sein.

No. XVII.

Berengar an den König Philipp I. von Frankreich, im Jahre 1074.

Der König von Frankreich wird hier in der Anrede dominus abbas genannt. Diese Bezeichnung bezieht sich auf die Würde des Abtes, welche die Könige von Frankreich in der Kloster - Kirche St. Martini oder Majoris Monasterii (Marmoutier) zu Tours bekleideten3). Die Buchstaben in der Anrede: P. H. B. können gelesen werden: Pio (oder Patri) Henrico Beringerius oder Philippo Beringerius. Im ersteren Falle wäre der Brief an König Heinrich 1., im anderen an König Philipp I. geschrieben.

1) Chiffletius 1. c. p.363, Ussermann 1. c. Tom. II. p. 435.
2) de Roye 1. c. p. 75 und 76, Bulaeus 1. c. p. 458.

3) d'Achery Acta Sanctoium 1. c. praefatio p. 17, Thomassin l. c. P. I. Liber III. cap. LXIV. IV. p. 843, Gesta consulum Andegavensium bei Bouquet L.c. Tom. XI. p. 271, Stäudlin 1. c. p. 4 und 5, Lessing 1. c. p. 139.

Aus den Worten gegen das Ende des Briefes: Quod molestus factus sum etc. ergiebt sich, dafs der König selbst Berengar zu diesem Briefe aufgefordert und ihn, um mehrere Punkte (proposita) der Moral befragt hatte. Berengar. erinnert ihn zu Anfang des Briefes an sein bei der Krönung oder Salbung geleistetes Gelübde, empfiehlt ihm dringend Gerechtigkeit und ermahnt ihn unter anderen zur pudicitia conjugalis. Dies sind die Stellen des Briefes, welche bei der Untersuchung, an wen und wann er geschrieben sei, Anhaltspunkte - bieten.

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Heinrich I., König von Frankreich, wurde noch zu Lebzeiten seines Vaters, am 14. Mai des Jahres 1027 gekrönet 1) und trat im Jahre 1031 die Regierung an. Nachdem seine Braut Mathilde, Tochter des Kaisers Conrad II., im Jahre 1034 gestorben war 2), heira¬ thete er Anna, eine russische Prinzessinn. Ein Chronist berichtet über diese Heirath unter dem Jahre 10363), ein anderer unter dem Jahre: 10444), noch ein anderer unter dem Jahre 10475). Das Chronicon Andegavense setzt dieselbe ins Jahr 10516), welche Nachricht die richtige ist 7). Die Königinn Anna überlebte ihren Gemahl, welcher im Jahre 1060 starb ) und heirathete den Grafen Rudolf von Valois und Crepy 9). Falls das Schreiben an Heinrich I. gerichtet wäre, so könnte dasselbe nur seit der Verheirathung des Königs, also nur zwischen den Jahren 1051 und 1060 geschrieben sein. Unwahrscheinlich ist es, dafs Heinrich I. in religiösen AngelegenheitenBerengar seit dem Jahre 1051 sollte um Rath gefragt haben, nachdem er im genannten Jahre über ihn den Bann hatte aussprechen lassen. Obgleich der König ihm darauf seine Gunst wieder zuwandte, so konnte er ihm doch gewifs nie ein solches Vertrauen schenken, dafs er ihn vor allen übrigen Geistlichen des Königreichs wegen religiöser Belehrung sollte in Anspruch genommen haben. Zudem yerliert die Hinweisung auf das bei der Krönung vom Könige geleistete Gelübde sehr von ihrem Effect, wenn zwischen demselben und dem Schreiben ein Vierteljahrhundert sollte verflossen sein.

Schwierigkeiten, wie die ebenerwähnten, stehen der Annahme,

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1) Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 481. Nota b. und p. 608. Nota a.

2) Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 564.

3) Chronicon Vezeliacense bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 384.
4) Historiae Francicae fragmentum bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p.

5) Chronicon fratris Hugonis bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 159.
6) Chronicon Andegavense bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 29.
7) Bouquet l. c. Tom. XI. p. 564 und p. 481. Nota d.

8) Bouquet 1. c. Tom. XI. P. 157.

161.

9) Historiae Francicae fragmentum bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 161 u. 499.

dafs das Schreiben an Philipp I. gerichtet sei, nicht entgegen. Philipp I., geboren im Jahre 10531), wurde bei Lebzeiten seines Vaters Heinrich 1. am 23. Mai des Jahres 1059 in der Stadt Rheims zum Könige gesalbt und gekrönet 2). Nachdem im folgenden Jahre sein Vater gestorben war, administrirte Graf Balduin von Flandern das Reich. Diese Regentschaft dauerte bis zum Jahre 10673), in welchem Balduin starb 4). Philipp I. trat also im Jahre 1067 die Regierung an. Er heirathete Berta, Tochter des Grafen: Florentius von Holland und Friesland 5). Eine Nachricht setzt dieses Ehebündnifs zu Anfang seiner Regierung 6), eine andere nach dem Tode des Grafen Balduin, also nach dem Jahre 1067 mit der Bemerkung, dafs dasselbe auf den Rath des Robert Friso geschlossen sei?), Wilhelmus Malmesburiensis 8), dem Albericus 9) folgt, behauptet, dafs Philipp I. das Ehebündniss mit Berta in Folge des Friedensschlusses mit Robert Friso eingegangen sei. Dieser Frieden aber kam im Jahre 1072 zu Stande 10). Vor dem Jahre 1072 also, vor. seinem neunzehnten Jahre war Philipp I. nicht verébelicht. Seine Ehe mit Berta dauerte wenigstens so lange, als Berengar lebte. Später verehelichte sich der König gegen die Gesetze der Kirche mit Bertradis, Gemahlinn des damals noch lebenden Grafen Fulco Rechin von Anjou, weil ihm die starke Leibesbeschaffenheit seiner Gemahlinn mifsfiel 11). Sammarthan 12) behauptet, dafs der Erzbischof Manasses von Rheims im Jahre 1074 auf einem Concile in genannter Stadt diese Ehe Philipps mit Bertradis bestätigt habe. Kein anderer Geschichtsschreiber giebt diese Nachricht. Sie ist gewifs falsch, denn noch im Jahre 1090 war Bertradis die Frau des Grafen Fulco 13) und erst im Jahre 1094 auf dem Concile zu Autun wurde Philipp I. wegen dieses gesetzwidrigen Ehebündnisses von dem päbstlichen Le

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1) Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 32, Miracula S. Benedicti abbatis ibidem p. 486.
2) Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 32 und 33.

3) Historiae Francicae fragmentum bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 161.
4) Chronicon Elnonense bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 345.

5) Miracula S. Benedicti abbatis bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 486.

6) Abbreviatio gestorum Franciae regum bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 213.

7) Chronicon fratris Hugonis bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 159.

8) Wilhelmus Malmesburiensis bei Bouquet 1. c. Tom. XI. P. 186.

9) Albericus bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 363,

10) Sigeberti Gemblacensis Chronicon bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. Albericus ibidem p. 363.

165,

11) Wilhelmus Malmesburiensis bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 186, Albericus ibidem p. 358.

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12) Sammarthan 1. c. Tom. IX. P. 72.

13) Mabillons Annales Tom. V. p. 274.

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gaten) und im Jahre 1095 auf dem Concile zu Clermont von dem Pabste Urban II. selbst 2) in den Bann gethan. Falls das Schreiben an Philipp I. gerichtet ist, so kann dasselbe aus obigen Gründen nur in der Zeit vom Jahre 1072 bis zum Jahre 1088 (dem Todesjahre Berengars) geschrieben sein. Will man die Bedeutung der im Briefe enthaltenen Hinweisung auf das Gelübde, welches der König bei seiner Krönung geleistet hatte 3), nicht schwächen, so muss man die ersten Jahre des eben gegebenen Zeitraumes, welche also dem Jahre der Krönung am nächsten sind, etwa das Jahr 1074 für die Zeit erklären, in welcher der Brief geschrieben ist 4). Philipp, von starker Leibesbeschaffenheit, der Schwelgerei und dem Schlafe erge ben 5), hatte in jenem Jahre 1074 die Zahl seiner Verbrechen so gehäuft und durch Ehebruch und Ungerechtigkeiten sich so geschändet, dafs Pabst Gregor VII. die ernstlichsten Schritte dagegen für nothwendig hielt 6). Zerfallen mit der Kirche konnte Philipp eher als sein Vater auf den Gedanken gerathen, sich an Berengar zu wenden, der, gleichfalls uneins mit der Kirche, dennoch bei einer grofsen Zahl achtungswerther Leute in hohem Ansehen stand. Er that es eben in jenem Jahre, in welchem die Kirche ihm ernstlich drohete. Er irrete sich aber, wenn er erwartet hatte, dafs seine Sünden von Berengar würden gutgeheifsen werden. Berengar ermahnt ihn hingegen sehr ernst und predigt ihm unter andern Gerechtigkeit und pudicitia conjugalis, deren Mangel grade die Veranlassung der kirchlichen Rüge gewesen war. Selbst die Bibelstellen, welche er allegirt, enthalten eben nichts Schmeichelhaftes für den König. Ueber das Abendmahl äufsert er sich weitläuftig, aber sehr behutsam. Auf Augustin sich beziehend berührt er eine Frage, ob nämlich und wann jemand

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1) Bertholdi oder Bernoldi chronicon bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 28. 2) Bertholdi oder Bernoldi chronicon bei Bouquet l. c. Tom. XI. p. 28 ̊ und p. 31. Nota a.

3) Dies Gelübde ist zu finden bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 32.

4) De Roye 1. c. p. 45 ist der Meinung, dass Berengar mit dem Könige Philipp I. sehr befreundet gewesen sei. Er gewinnt diese Ansicht aus einem Briefe Berengars an den Abt Richard, in welchem sich Berengar beklagt, dafs der König ihn nicht vor sich lasse und ihn nicht anhören wolle. De Roye hat diesen Brief nicht selbst gelesen, sondern nur von Philipp Labbeus gehört, dass ein solcher Brief sich unter den Manuscripten der Königlichen Bibliothek zu Paris befinde. Wahrscheinlich ist es die bekannte epistola Berengarii ad Richardum. In letzterer ist aber nicht von König Philipp I., sondern von dessen Vater Heinrich I. die Rede.

5) Miracula S. Benedicti abbatis bei Bouquet 1. c. Tom. XI. p. 486.

6) Gregorii papae VII. Registrum oder Epistolae, Liber I. No. XXXV., Liber II. No. V, XVIII und XXXII. bei Labbeus 1. c. Tom. X. und Harduin 1. c.

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